Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 144

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 144 (NJ DDR 1974, S. 144); riker Golo Mann gab dem beredten Ausdruck: „Strömungen gibt es, die sind so breit und tief, daß man sie kanalisieren, nicht aber sie aufhalten oder ignorieren kann. Die Forderung nach Mitbestimmung halte ich für eine solche Kraft, nicht bloß Mode der Zeit, sondern Geist der Zeit“/14/ ORAKEL oder die elektronische Illusion Um die sich ausbreitende Unzufriedenheit der Masse der Werktätigen mit den imperialistischen Machtverhältnissen aufzufangen, entwickelt Krauch ein praktisches Modell. Er wirkte an einem Experiment mit, das 1967 an der Universität in Berkely (USA) ein „Staatswesen der Zukunft, eine Direkt-Demokratie simuliert“ hat (S. 54). Was für eine Bewandtnis hat es mit diesem „Zukunftsstaat“ ? In einer Diskussion zwischen Politikern und Fachleuten wurden laut Krauch Streitprobleme erörtert, wobei Staatsbürger nicht nur zuschauten, sondern auch fortlaufend Bewertungen abgaben, die von einem Computer blitzschnell ausgewertet und dargestellt wurden. „Die politische Diskussion sollte dadurch entsprechend den alten demokratischen Idealen wieder direkt ins Volk hineingetragen werden“ (S. 54). Das Konzept wurde mit Hilfe einer Rundfunkstation öffentlich experimentiert. Im Frühjahr 1971 wurde ein solches Experiment auch im westdeutschen Fernsehen durchgeführt. „Dieses System wurde ORAKEL getauft, weil mit seiner Hilfe große Massen von Staatsbürgern gemeinsam planen und Wege in die Zukunft eröffnen können ORAKEL bedeutet Organisierte Repräsentative Artikulation Kritischer Entwicklungs-Lücken“ (S. 54). Krauch beschreibt des langen und breiten, wie sein ORAKEL-System, der Hauptbestandteil der „Computer-Demokratie“, funktionieren soll. In einem „organisierten Konflikt“ soll im Fernsehen ein „Personenkreis, der sich aus Politikern, Wissenschaftlern, Vertretern der Interessengruppen und nichtorganisierten Betroffenen zusammensetzt“, über „gesellschaftlich und politisch heiße Themen“ streiten und dabei versuchen, „die gegensätzlichen Standpunkte möglichst deutlich darzustellen“ (S. 54 f.). Jeder Bürger habe die Möglichkeit der „direkten Teilnahme“, indem er zu „kontroversen Fragen“, die über den Bildschirm ausgestrahlt werden, per Telefon Stellung nimmt. Mittels EDV-Anlage sollen die übermittelten Meinungen unter Erfassung von Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung in die laufende Sendung eingebracht und von den diskutierenden Teilnehmern in ihrer Argumentation berücksichtigt werden. Diese müßten „gegebenenfalls Inhalt und Richtung ihrer Diskussion ändern“ (S. 56). Krauch will so erreichen, „in einem gemeinsamen Lernprozeß Lösungsmöglichkeiten vorzubereiten“. Er setzt sich mit einer Reihe von Einwänden gegen seine Konzeption auseinander, schlägt Prozeduren vor, die den Nichtbesitz eines Telefons kompensieren sollen. Er sieht Benachteiligungen, die aus den Unzulänglichkeiten des westdeutschen Bildungssystems herrühren. In einem dezentralisierten Kommunikationssystem will er durch Einsatz von „Sozialanwälten“ den „nicht Sprachfähigen oder noch nicht ganz Mündigen“ bei der „Problemsuche und Formulierung“ helfen (S. 100). Aber das wifkliche Wesen der Krauchschen Vorstellungen wird erkennbar, wenn er über die „Grenzen“ seines ORAKEL-Systems spricht: „Man kann im Fernsehen zwar über die Abschaffung des kapitalistischen Systems plaudern (!), würde man aber ORAKEL für die Verteilung staatlicher oder privater Geldmittel einsetzen /14/ Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Februar 1973 (zitiert nadh Mühle, „Zur Auseinandersetzung um die Mitbestimmung in der BRD“, IPW-Berichte 1973, Heft 10, S. 46). wollen, so wären alsbald wohldefinierte Grenzen gesetzt. Denn für das Zustandekommen des organisierten Konfliktes wie auch für die Teilnahme von Öffentlichkeit muß ein Mindestmaß an Homogenität der Interessen vorausgesetzt werden Die Stärke von ORAKEL liegt in seiner Funktion als Leminstrument“ (S. 89 f.). Die Katze ist aus dem Sack! Eine unverbindliche Plauderei über die Notwendigkeit, den Kapitalismus zu beseitigen, soll zwar zulässig sein, etwa so wie eine Plauderei darüber, ob die Frauenröcke fünf Zentimeter länger oder kürzer werden dürfen. Sobald es jedoch um Finanzen, um ökonomische Machtfragen geht, hört der Spaß auf! Einmal fordert Krauch, wie erwähnt, die „gegensätzlichen Standpunkte möglichst deutlich darzustellen“ (S. 54), nunmehr setzt er ein „Mindestmaß an Homogenität der Interessen“ voraus. Die Unversöhnlichkeit der Interessen von Lohnarbeit und Kapital und die daraus zu ziehenden Folgerungen nach Aufhebung der Ausbeuterbeziehungen dies will Herr Krauch nicht zum Gegenstand seiner „direkten Demokratie“ gemacht wissen. So weit soll der „gemeinsame Lernprozeß“ nicht gehen. Und wenn Krauch den von ihm eingeführten Begriff der „Computer-Demokratie“ dahingehend erläutert, daß darunter ein „strukturiertes (?) und gut organisiertes Staatswesen“ verstanden werde, „bei dem die wichtigsten (!) Fragen nach gründlicher Vordiskussion über Funk und Fernsehen durch direkte Abstimmung entschieden werden“ (S. 110), so genügt die Konfrontation mit seinen eigenen Worten, um rasch wahrnehmen zu können, was jedenfalls für ihn nicht zu den „wichtigsten“ Fragen gehört: Die Machtfrage darf nicht gestellt werden! Der empfohlene „organisierte Konflikt“ fällt daher unter die Kategorie der Konfliktvermeidungsstrategien der Monopolbourgeoisie, ist seiner objektiven Funktion nach politisch-ideologische Prophylaxe gegen ein scharfes Auf brechen der Klassen widersprüche./l 5/ Technokratie und Computer-Demokratie zwei Seiten einer Medaille Die „Computer-Demokratie“ ist nur eine neue Variante in der Reihe apologetischer Konstruktionen zur Bewahrung des Kapitalismus. Das Krauchsche ORAKEL kann lediglich der Akkumulation von Herrschaftswissen, der Meinungsforschung im großen dienen und gleichzeitig Illusionen über „Teilhabe“ fördern. In einem Beitrag des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zum ORAKEL-System heißt es vielsagend: „Durch gezielte Fragen sollen Trends aufgespürt werden, die dem Politiker gestatten, heute unpopuläre Maßnahmen zu treffen, die morgen von der Bevölkerung honoriert werden.“/16/ Hier wird kein Stoß gegen die Monopolbourgeoisie geführt, werden keine antimonopolistischen Reformen anvisiert, hier haben wir es mit einer Reaktion auf gestiegenes Massenbewußtsein zu tun, das dahin gelenkt werden soll, den Kapitalismus zu verbessern. Krauch stellt seine Konzeption einer „Computer-Demokratie“ verbal nachdrücklich antidemokratischen technokratischen Herrschaftsauffassungen entgegen (S. 94 ff.). Dennoch ist nicht zu übersehen, daß sie mancherlei Ähnlichkeiten mit diesen aufweist. Im einen wie im anderen Fall wird die Heilung von Gebrechen der Aus- /15/ Es kann hier nicht auf die methodologischen Unzulänglichkeiten des von Krauch beschriebenen sozialen Experiments eingegangen werden. Die ModeUmethode, die in der Analyse gesellschaftlicher Prozesse eine nicht unerhebliche Bedeutung besitzt, kann auch (bewußt oder unbewußt) mißbraucht werden. Ohne Beachtung der Objektiven Gesetzmäßigkeiten gesellschaftlicher Entwicklung „werden die Modellierungsversuche sozialer Erscheinungen unvermeidUch in unwissenschaftliche Projektemacherei ausarten“ (Die entwickelte sozialistische Gesellschaft, Berlin 1973, S. 483). 716/ „System-Orakel“, Der Spiegel (Hamburg) 1970, Nr. 44, S. 44. 144;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 144 (NJ DDR 1974, S. 144) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 144 (NJ DDR 1974, S. 144)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Bezirksverwaltungen gewissenhaft untersuchen, welche, wesentlichen Handlungen, Vorkommnisse und Erseheinungen - natürlich unter Berücksichtigung der bisher vorliegenden Erkenntnisse absehbaren Entwicklungen - auf den jeweiligen Transitstrecken auftreten können.

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