(1) Ehe, Familie und Mutterschaft stehen unter dem besonderen Schutz des Staates. Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Ehe und Familie.
(2) Dieses Recht wird durch die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Ehe und Familie, durch die gesellschaftliche und staatliche Unterstützung der Bürger bei der Festigung und Entwicklung ihrer Ehe und Familie gewährleistet. Kinderreichen Familien, alleinstehenden Müttern und Vätern gilt die Fürsorge und Unterstützung des sozialistischen Staates durch besondere Maßnahmen.
(3) Mutter und Kind genießen den besonderen Schutz des sozialistischen Staates. Schwangerschaftsurlaub, spezielle medizinische Betreuung, materielle und finanzielle Unterstützung bei Geburten und Kindergeld werden gewährt.
(4) Es ist das Recht und die vornehmste Pflicht der Eitern, ihre Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und allseitig gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern zu erziehen. Die Eltern haben Anspruch auf ein enges und vertrauensvolles Zusammenwirken mit den gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen.

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I. Schutz von Ehe, Familie und Mutterschaft

1. Vorgeschichte

1 a) In der Verfassung von 1949 beschäftigte sich ein ganzer Abschnitt (B. III.) mit der Familie und der Mutterschaft. Art. 30 erklärte die Ehe und Familie zur Grundlage des Gemeinschaftslebens und stellte sie unter den Schutz des Staates. Gesetze und Bestimmungen, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau beeinträchtigten, wurden aufgehoben. In Art. 31 wurde die Erziehung der Kinder zu geistig und körperlich tüchtigen Menschen im Geiste der Demokratie als natürliches Recht der Eltern und deren oberste Pflicht gegenüber der Gesellschaft deklariert. Art. 32 gewährte der Frau während der Mutterschaft den Anspruch auf besonderen Schutz und Fürsorge des Staates. Die Republik sollte ein Mutterschutzgesetz erlassen. Einrichtungen zum Schutz für Mutter und Kind sollten geschaffen werden. Art. 33 verbot, daß außereheliche Geburt dem Kinde oder seinen Eltern zum Nachteil gereichte. Entgegenstehende Gesetze und Bestimmungen wurden aufgehoben.

2 b) Gegenüber dem Entwurf wurde in Art. 38 Abs. 4 eine redaktionelle Änderung vorgenommen. Die Worte »vornehmste Aufgabe der Eltern« wurde durch »vornehmste Pflicht der Eltern« ersetzt. Im Entwurf trug der Artikel die Nr. 37.


2. Charakter und Inhalt

3 a) Art. 38 Abs. 1 Satz 1 stellt eine Institutsgarantie für die Ehe und für die Familie dar, ähnlich wie das persönliche Eigentum der Bürger als Institut gewährleistet ist (s. Rz. 10 zu Art. 11). Es wäre also ein Verstoß gegen die Verfassung, die Ehe als eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft von Mann und Frau abzuschaffen. Dahingehende Absichten würden freilich der marxistisch-leninistischen Familienpolitik widersprechen (Gisela Helwig, Hauptartikel »Familie« im DDR-Handbuch). Andererseits verbietet die Verfassung auch nicht das ständige Zusammenleben von zwei Menschen verschiedenen Geschlechts ohne Ehe. Freilich erwachsen aus einer solchen Lebensgemeinschaft nicht die gleichen Rechtsfolgen wie aus einer Ehe (Brigitte Udke, Hausarbeitstag bei Lebensgemeinschaft?). Auch das eheähnliche Zusammenleben von zwei Menschen gleichen Geschlechts ist nicht verboten. Das StGB stellt nur Handlungen unter den gleichen Voraussetzungen unter Strafe, unter denen Nötigung und Mißbrauch zu sexuellen Handlungen allgemein unter Sanktion stehen, oder dann, wenn ein Kind zu sexuellen Handlungen mißbraucht wird oder ein Erwachsener mit einem Jugendlichen gleichen Geschlechts sexuelle Handlungen vornimmt [§§ 122, 148-151 Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik - STGB - v. 12.1.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 1) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches v. 19.12.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 14), des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung straf- und strafverfahrensrechtlicher Bestimmungen v. 7.4.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 100) und des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung straf- und strafverfahrensrechtlicher Bestimmungen v. 28.6.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 139)]. Indessen werden homosexuelle Beziehungen moralisch verurteilt, da nach der marxistisch-leninistischen Moralauffassung gleichgeschlechtliche Handlungen stets als geeignet betrachtet werden, die Herausbildung sexuell-ethischer Normen und Wertvorstellungen zu vereiteln, die normale sexuelle Entwicklung junger Menschen zu beeinträchtigen und die Aufnahme echter - auf Zuneigung und Liebe basierender - Partnerbeziehungen zu erschweren oder zu verhindern (Lehrkommentar zum StGB, Anm. 1 zu § 151, S. 136/137).
Verfassungsrechtlich ist es auch verboten, Kinder generell von ihren Eltern zu trennen und dadurch die Familienbildung zu verhindern. Unter Familie ist auch die Kleinfamilie zu verstehen, die u. U. nur aus einem Elternteil und einem Kind besteht. So bilden auch eine Mutter und ein außerhalb der Ehe geborenes Kind eine Familie, weil für das außerehelich geborene Kind dieselben Rechte gelten wie für das in der Ehe geborene Kind (s. Rz. 10-12 zu Art. 38).
Für die Mutterschaft kann es indessen keine Institutsgarantie geben, denn sie ist ein biologischer Tatbestand, der nicht erst durch Rechtsordnung geschaffen wird. Wenn die Mutterschaft unter den besonderen Schutz des Staates gestellt wird, so werden damit lediglich Folgerungen aus einem biologischen Tatbestand gezogen.
Der Schutz für die Mutterschaft besteht ohne Rücksicht darauf, ob eine Ehe besteht oder nicht.

4 b) Art. 38 Abs. 1 Satz 2 enthält ein subjektives Recht des Bürgers im Sinne der marxistisch-leninistischen Grundrechtskonzeption (s. Rz. 21—31 zu Art. 19). Es handelt sich dabei um eine Entfaltung des persönlichen Status des Bürgers. Insofern hat Art. 38 Abs. 1 Satz 2 den Art. 30 Abs. 1 zum Obersatz (s. Rz. 5 zu Art. 30). Infolgedessen ist auch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 durch die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung immanent beschränkt. Nur unter diesem Aspekt kann als mit Art. 38 Abs. 1 Satz 2 vereinbar gehalten werden, wenn ein Staatsbürger der DDR die Ehe mit dem Staatsbürger eines anderen Staates nur mit Genehmigung des zuständigen staatlichen Organs der DDR eingehen darf [§ 18 Abs. 1 Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsverträge - Rechtsanwendungsgesetz - v. 5.12.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 748); bis zum 31.12.1975: § 15 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik v. 20.12.1965 (GBl. DDR I 1966, S. 19)] (s. Rz. 87 zu Art. 19).


3. Familie

5 a) In der Präambel des Familiengesetzbuches (FGB) der Deutschen Demokratischen Republik vom 20.12.1965 [Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik v. 20.12.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 1) in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.6.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 517)] wird die Bedeutung der Familie für die sozialistische Gesellschaftsordnung dargestellt. Darin wird die Familie als kleinste Zelle der Gesellschaft bezeichnet und gesagt, sie beruhe auf der für das Leben geschlossenen Ehe und auf den besonders engen Bindungen, die sich aus den Gefühlsbeziehungen zwischen Mann und Frau und den Beziehungen gegenseitiger Liebe, Achtung und gegenseitigen Vertrauens zwischen allen Familienmitgliedern ergäben. Insofern wird nichts festgestellt, was von herkömmlichen Auffassungen abweicht. Es fällt auf, daß der Begriff des Kollektivs auf Ehe und Familie nicht angewendet wird. Die Beziehungen, die die Familie Zusammenhalten, sind andere als die bei einem Kollektiv als einer Gruppe, die durch gemeinsames politisches Bewußtsein geeint ist sowie gemeinsam arbeitet und handelt.

6 b) Trotzdem wird behauptet, daß in einer sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung die Familienbeziehungen anderer Art seien als in anderen Gesellschafts- und Staatsordnungen. In der Präambel zum FGB heißt es, es seien mit der sozialistischen Entwicklung in der DDR Familienbeziehungen neuer Art entstanden, die von den Entstellungen und Verzerrungen befreit seien, die durch die Ausbeutung des Menschen, die gesellschaftliche und rechtliche Herabsetzung der Frau, durch materielle Unsicherheit und durch andere Erscheinungen der bürgerlichen Gesellschaft bedingt gewesen seien. Die sozialistischen Familienbeziehungen beruhten auf den kameradschaftlichen Beziehungen der Menschen, der gleichberechtigten Stellung der Frau auf allen Gebieten des Lebens und den Bildungsmöglichkeiten für alle Bürger. Es seien die Voraussetzungen geschaffen, die Familie zu festigen und sie dauerhaft und glücklich zu gestalten. Harmonische Beziehungen in Ehe und Familie hätten einen großen Einfluß auf die Charakterbildung der heran-wachsenden Generation und auf das persönliche Glück sowie die Lebens- und Arbeitsfreude des Menschen. So würde sich die Familie zu einer Gemeinschaft entwickeln, in der die Fähigkeiten und Eigenschaften Unterstützung und Förderung fänden, die das Verhalten des Menschen als Persönlichkeit in der sozialistischen Gesellschaft bestimmten. So wird die Familie als ein Bereich angesehen, in dem sich die Entwicklung zum Menschen mit sozialistischem Bewußtsein vollzieht (s. Rz. 37-39 zu Art. 2). Unter diesem Aspekt stellt die Präambel zum FGB fest, daß die Familie in der DDR große gesellschaftliche Bedeutung hat.

7 c) Die Herstellung von Familienbeziehungen »neuer Art« entspricht in gewisser Weise einer Entwicklung, die im allgemeinen in Industriestaaten zu beobachten ist. Dort, wo der Grad der Frauenbeschäftigung sehr hoch ist, macht die Familie einen Funktionswandel durch. In der DDR, wo der Anteil der Frauen an den gegen Entgelt Tätigen besonders stark ist (s. Rz. 31 zu Art. 20), würde schon deshalb eine Desintegration der Familie zu erwarten sein. Mit Recht wies aber Peter Christian Ludz (Sozialwissenschaftliche Befragungen im Dienst der SED, S. 856) darauf hin, daß die »Omnipräsenz« des Staates ein wichtiger weiterer Faktor für ein Auseinanderfallen der Familie ist, gegen das sich zu wehren die Familie starke innere Kräfte aufbringen müsse. Peter Christian Ludz ist auch andererseits darin zuzustimmen, daß gerade diese »Omnipräsenz« des sozialistischen Staates die Menschen in die »Privatheit« drängt und damit die Familie, freilich nicht im Sinne der SED, stärkt. Aber gerade gegen diese »Privatheit« der Familie gehen die Bestrebungen der sozialistischen Partei- und Staatsführung in der DDR, womit sie ihren totalitären Charakter beweist. Entscheidend wird sein, inwieweit es gelingt, die sozialistischen Erziehungsziele in der Familie (s. Rz. 28 ff. zu Art. 38) durchzusetzen.


4. Ehe

8 a) Dementsprechend sind im FGB die Bestimmungen über die Ehe gefaßt. Nach § 5 FGB begründen Mann und Frau mit der Eheschließung eine für das Leben geschlossene Gemeinschaft, die auf gegenseitiger Liebe, Achtung und Treue, auf Verständnis und Vertrauen und uneigennütziger Hilfe füreinander beruht. Aus der Ehe soll eine Familie erwachsen, die ihre Erfüllung im gemeinsamen Zusammenleben, in der Erziehung der Kinder und in der gemeinsamen Entwicklung der Eltern und Kinder zu charakterfesten, allseitig gebildeten Persönlichkeiten findet. Vor der Eheschließung sollen die Partner ernsthaft prüfen, ob von ihren Charaktereigenschaften, ihren Auffassungen und Interessen sowie ihren gesamten Lebensumständen her die Voraussetzungen gegeben sind, einen Bund fürs Leben zu schließen und eine Familie zu gründen.
Damit kommt die positive Einstellung der DDR zur Ehe als einer Form der dauernden Bindung von Mann und Frau und zur Familie deutlich zum Ausdruck.
Der Ehe kann ein Verlöbnis vorausgehen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 FGB). Jedoch werden an das Verlöbnis keine Rechtsfolgen geknüpft.
Die Ehemündigkeit beginnt für Mann und Frau mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 5 Abs. 4 FGB).
Die Ehe wird vor dem Standesamt geschlossen (§ 6 FGB).
Die Ehegatten führen einen gemeinsamen Familiennamen. Sie können den Namen des Mannes oder den der Ehefrau wählen. Die Entscheidung der Ehegatten über ihren Familiennamen ist bei der Eheschließung zu erklären und in das Ehebuch einzutragen. Die Erklärung ist unwiderruflich. Die Kinder erhalten den gemeinsamen Familiennamen (§ 7 FGB).
Eheverbote bestehen a) für den, der schon verheiratet ist, b) für den, der mit dem anderen in gerader Linie verwandt oder dessen Bruder, Schwester, Halbbruder und Halbschwester ist, c) für den, der mit dem anderen in einem durch Annahme an Kindes Statt begründeten Eltern-Kind-Verhältnis steht, d) für den, der entmündigt ist (§ 8 FGB).
Die kirchliche Trauung, die Taufe der Kinder sowie die Konfirmation oder Firmung sind wie in jedem säkularisierten Staat für das staatliche Recht unerheblich. Die Parteiführung der SED versucht, kirchliche Riten durch sozialistische Riten (Namensgebung, Jugendweihe, sozialistische Eheschließung) zu ersetzen. Insbesondere der Jugendweihe kann sich kein Jugendlicher entziehen. Das führte zu Konflikten, insbesondere mit den evangelischen Kirchen, die jedoch durch ein Nachgeben der Kirchen (zeitliche Trennung von Konfirmation und Jugendweihe) gemildert wurden. Einer Anregung, den sozialistischen Riten eine verfassungsrechtliche Grundlage zu geben, wurde nicht gefolgt (Bericht der Verfassungskommission, S. 714).

9 b) Außer durch Tod oder Todeserklärung eines Ehegatten oder gerichtliche Nichtigkeitserklärung der Ehe wird die Ehe durch Scheidung beendet (§ 23 FGB). Die Scheidung ist nur durch Urteil eines Gerichts möglich. Eine Ehe darf nur geschieden werden, wenn das Gericht festgestellt hat, daß solche ernsthaften Gründe vorliegen, aus denen sich ergibt, daß diese Ehe ihren Sinn für die Ehegatten, die Kinder und damit auch für die Gesellschaft verloren hat (§ 24 Abs. 1 FGB). Die Ehescheidung erfolgt nach dem Zerrüttungsprinzip, d. h. ohne Schuldausspruch. Aber in den Entscheidungsgründen wird festgehalten, wer an der Zerrüttung der Ehe schuld ist. Das Gericht hat eine sorgfältige Prüfung der Entwicklung der Ehe vorzunehmen. Dabei ist besonders zu prüfen, ob die Interessen minderjähriger Kinder der Scheidung entgegenstehen und ob die Scheidung für einen Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 24 Abs. 2 FGB). Bemerkenswert ist, daß das Eherecht der DDR eine Härteklausel kennt.
Die weite Fassung des § 24 Abs. 2 FGB führte zu einer relativ hohen Scheidungsquote. Indessen bemüht sich das Plenum des OG seit 1965 darum, Ehen nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten [Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts über die erzieherische Tätigkeit der Gerichte zur Erhaltung von Ehen, Beschl. v. 15.4.1965 - I Pl. B 1/65, NJ DDR 1965, S. 309] (Götz Schlicht, Das Familien- und Familienverfahrensrecht der DDR, S. 106/107). In gleicher Richtung liegt der Beschluß des Plenums des OG vom 24.6.1970 (NJ DDR 1970, Beilage zu Heft 3/1970). (Vgl. auch Anita Grandke/Wolfgang Rieger, Zu den Aufgaben der Gerichte in Eheverfahren). (Wegen der Folgen der Ehescheidung siehe Götz Schlicht, a.a.O., S. 107 ff.).


5. Außereheliches Kind

10 a) Das außer der Ehe geborene Kind wird im allgemeinen wie das eheliche Kind behandelt. Diese Rechtslage gilt als so selbstverständlich, daß die Verfassung von 1968/1974 anders als die Verfassung von 1949 keine diesbezüglichen Bestimmungen trifft. Im FGB geregelt ist nur die Feststellung der Vaterschaft bei unverheirateten Eltern, die durch Anerkenntnis des Vaters oder durch gerichtliche Entscheidung zu erfolgen hat. Als Vater ist festzustellen, wer mit der Mutter in der Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt hat. Das gilt nicht, wenn der Verkehr nicht zur Empfängnis geführt haben kann oder die Vaterschaft eines anderen Mannes wahrscheinlicher ist. Ist die Vaterschaft eines anderen Mannes wahrscheinlicher, kann dieser als Vater festgestellt werden (§ 54-57 FGB). Näheres bei Götz Schlicht, Das Familien- und Familienverfahrensrecht der DDR, S. 168 ff.).

11 b) Zum Familiennamen bestimmt § 64 Abs. 2 FGB, daß ein Kind, dessen Eltern bei seiner Geburt nicht miteinander verheiratet sind, den Familiennamen erhält, den die Mutter führt. Schließen die Eltern nach der Geburt des Kindes die Ehe, so erhält das Kind den Familiennamen, den die Eltern führen.

12 c) Im Erbrecht wurde das außer der Ehe geborene Kind mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuch (ZGB) der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.6.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 465) dem ehelichen Kind völlig gleichgestellt. Unter »Kind« des Erblassers im Sinne des § 365 ZGB ist sowohl das außer der Ehe geborene Kind wie das eheliche Kind zu verstehen (Werner Drews/Richard Haigasch, Erbrecht, S. 23). Damit wurde die Regelung des § 9 EG zum FGB [§ 18 Abs. 1 Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsverträge - Rechtsanwendungsgesetz - v. 5.12.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 748); bis zum 31.12.1975: § 15 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik v. 20.12.1965 (GBl. DDR I 1966, S. 19)], derzufolge das außer der Ehe geborene Kind nur unter bestimmten Voraussetzungen (s. Erl. I 5 c zu Art. 38 der Vorauflage) den Vater oder seine Großeltern väterlicherseits beerbte, beseitigt.

II. Garantien des Rechts auf Achtung, Schutz und Förderung von Ehe und Familie

1. Fehlen des Hinweises auf das sozialistische Familienrecht

13 Unter den in Art. 38 Abs. 2 angegebenen Garantien fehlt der Hinweis auf das sozialistische Familienrecht, obwohl im FGB der DDR vom 20.12.1965 [Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik v. 20.12.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 1) in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.6.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 517)] ein solches besteht. Das Fehlen des Hinweises auf diese Garantie ist umso erstaunlicher, als auf das Wirtschaftsrecht als Garantie der Nutzung des Volkseigentums mit dem Ziel des höchsten Ergebnisses für die Gesellschaft in Art. 12 Abs. 2 Satz 2 und auf das einheitliche sozialistische Arbeitsrecht als Garantie des Rechts auf Arbeit in Art. 24 Abs. 3 ausdrücklich hingewiesen wird.


2. Gleichberechtigung in der Ehe

14 a) Die Garantie durch die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Ehe und Familie verweist auf Art. 20 Abs. 2 (s. Rz. 20—31 zu Art. 20). Auch hier bedeutet die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau noch nicht die faktische Gleichstellung. Auch in der DDR wird letztere dadurch beeinträchtigt, daß hergebrachte Vorstellungen noch nicht voll überwunden sind.

15 b) Die durch Art. 30 Abs. 2 Verfassung von 1949 verfügte Aufhebung aller Gesetze und Bestimmungen, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Familie beeinträchtigen, hatte zunächst zu einer großen Unsicherheit geführt. Nur zu einem Teil schuf das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.9.1950 (GBl. DDR I 1950, S. 1037) Abhilfe. Nach § 18 a.a.O. sollte der Entwurf eines Familienrechtsgesetzes bis Ende 1950 vorgelegt werden. Ein erster Entwurf wurde indessen erst 1954 veröffentlicht, der jedoch nicht in Kraft trat (Maria Hagemeyer, Zum Familienrecht der Sowjetzone). Die offen gebliebenen Fragen wurden in »Rechtsgrundsätzen« (Walther Rosenthal/ Richard Lange/ Arwed Biomeyer, Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, S. 201) behandelt, die von einer Kommission, bestehend aus Vertretern des Ministeriums der Justiz, des OG und der Obersten Staatsanwaltschaft beschlossen worden waren. Diese sollten von den Gerichten angewendet, aber nicht zitiert werden. Es ergingen lediglich Bestimmungen über die Eheschließung und Ehescheidung durch die Verordnung vom 24.11.1955 (GBl. DDR I 1955, S. 849).

16 c) Die volle rechtliche Gleichberechtigung von Mann und Frau in Ehe und Familie wurde erst durch das FGB hergestellt. Sie wirkt sich wie folgt aus: Das Alleinbestimmungsrecht des Mannes in allen Angelegenheiten des ehelichen Lebens ist durch das gemeinsame Entscheidungsrecht beider Ehegatten ersetzt, insbesondere soll über die Wahl des Wohnsitzes und der Wohnung, über die grundsätzlichen Fragen der Haushaltsführung und über die Erziehung der Kinder nur gemeinsam entschieden werden. Die Aufwendungen zur Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Ehegatten, der minderjährigen und der im Haushalt lebenden volljährigen Kinder sind von den Ehegatten und den Kindern entsprechend ihren Kräften, ihrem Einkommen und ihren sonstigen Mitteln durch Geld-, Sach- und Arbeitsleistungen gemeinsam zu erbringen. Ein Ehegatte, der keine eigenen Einkünfte oder Mittel hat, leistet seinen Beitrag allein durch Arbeit im Haushalt und die Betreuung der Kinder (wegen der Wertung der Tätigkeit der Hausfrau, die Kinder erzieht, als gesellschaftlich-nützliche Tätigkeit s. Rz. 4 zu Art. 2 und 38 zu Art. 24). Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, zu den Familienaufwendungen beizutragen, hat der andere sie allein zu erbringen. Die Eigentums- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten sind wie folgt geregelt: Die von einem oder beiden Ehegatten während der Ehe durch Arbeit oder aus Arbeitseinkünften erworbenen Sachen, Vermögensrechte und Ersparnisse gehören beiden Ehegatten gemeinsam. Den Arbeitseinkünften sind Einkünfte aus Renten, Stipendien oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen gleichgestellt. Jedem Ehegatten allein gehören die vor der Eheschließung erworbenen, die ihm während der Ehe als Geschenk oder als Auszeichnung zugewendeten und die durch Erbschaft zugefallenen Sachen und Vermögensrechte. Desgleichen sind Alleineigentum jedes Ehegatten die nur von ihm zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Berufsausübung genutzten Sachen, soweit nicht ihr Wert, gemessen am gemeinschaftlichen Einkommen und Vermögen, unverhältnismäßig groß ist. Abweichende Vereinbarungen der Ehegatten sind zulässig, wenn sie schriftlich getroffen sind. Über Sachen des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens, die der gemeinsamen Lebensführung der Familie dienen, sind abweichende Vereinbarungen indessen unzulässig. Verfügungen über Sachen und Vermögensrechte des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens treffen die Ehegatten im beiderseitigen Einverständnis. Gegenüber Außenstehenden kann jeder Ehegatte die Gemeinschaft allein vertreten. Die Verfügung ist jedoch unwirksam, wenn dem Dritten bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist. Über Häuser und Grundstücke können die Ehegatten nur gemeinsam verfügen. Für während der Ehe entstandene persönliche Verbindlichkeiten und Unterhaltsverpflichtungen eines Ehegatten haftet nach seinem persönlichen Vermögen auch das gemeinschaftliche Eigentum und Vermögen. Leben die Ehegatten getrennt, weil einer von ihnen die eheliche Gemeinschaft nicht fortführen will oder beide dazu nicht bereit sind, so bleiben die durch die Ehe begründeten Pflichten weiterbestehen. Unterhaltsberechtigt ist der Ehegatte, der wegen Alter, Krankheit, der Erziehung der Kinder oder aus anderen Gründen nicht in der Lage ist, sich durch Arbeit oder aus anderem Einkommen die Mittel zu einer den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten entsprechenden Lebensführung selbst zu verschaffen. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte keinen Beruf erlernt, kann er für die Dauer einer Berufsausbildung Unterhalt fordern und darf nicht auf die Übernahme einer anderen Arbeit verwiesen werden. Der Unterhaltsverpflichtete hat dem Unterhaltsberechtigten, soweit er unter Berücksichtigung seiner eigenen Bedürfnisse oder seiner sonstigen Verpflichtungen dazu in der Lage ist, diese Mittel oder einen entsprechenden Zuschuß als Unterhalt zu gewähren. Ein Ehegatte, der mit der Trennung gegen die durch die Ehe begründeten Pflichten schwer verstößt oder durch einen solchen Verstoß dem anderen einen Anlaß zur Trennung gibt, kann Unterhalt nicht beanspruchen. Befindet sich ein Kind im Haushalt nur des einen Elternteils, hat der andere den auf ihn entfallenden Anteil zur Dek-kung der Bedürfnisse des Kindes als Unterhalt zu gewähren. (Näheres bei Götz Schlicht, Das Familien- und Familienverfahrensrecht der DDR).


3. Gesellschaftliche und staatliche Unterstützung für Ehe und Familie

17 Die gesellschaftliche und staatliche Unterstützung der Bürger bei der Festigung der Entwicklung ihrer Ehe und Familie ist vielfältig. Sie wird ergänzt durch besondere Maßnahmen für kinderreiche Familien, alleinstehende Mütter und Väter sowie für Mutter und Kind. Zu ihr waren Staat und Gesellschaft schon nach § 1 Abs. 1 FGB verpflichtet, wogegen die sozialistische Gesellschaft nach § 1 Abs. 2 FGB von allen Bürgern ein verantwortungsbewußtes Verhalten zur Ehe und Familie erwartet.

18 a) Kredite an junge Eheleute. Arbeiter, Angestellte, Angehörige der bewaffneten Organe, Studenten, Genossenschaftsbauern sowie Mitglieder der gärtnerischen Produktionsgenossenschaften und Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer, die eine Erstehe geschlossen haben, erhalten, wenn beide Ehepartner zu diesem Zeitpunkt das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Kredite zu vergünstigten Bedingungen für die Finanzierung von Anteilen an sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften, für den Ankauf eines Fertighauses, den Bau oder die Erweiterung eines Eigenheimes sowie für die Finanzierung von Wohnungsausstattungen. Das gilt auch, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung nur ein Ehepartner zum genannten Personenkreis gehört, von einem oder beiden Ehegatten eine Zweitehe geschlossen und von keinem der Ehepartner ein Kredit für junge Eheleute in der Erstehe aufgenommen wurde und beide Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bei Geburt von Kindern wird der Kredit gestaffelt nach deren Zahl erlassen [Verordnung über die Gewährung von Krediten zu vergünstigten Bedingungen an junge Eheleute v. 10.5.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 316); Zweite Verordnung dazu v. 21.7.1981 (GBl.DDR I 1981, S. 297)].

Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Die am 1.6.1984 in Kraft getretene 3. VO über die Gewährung von Krediten zu vergünstigten Bedingungen an junge Eheleute vom 24.5.1984 (GBl. DDR I 1984, S. 196) faßte die Bestimmungen der VO von 1972 neu.
Alle bisherigen Bestimmungen dazu wurden durch die neue VO über die Gewährung von Krediten zu vergünstigten Bedingungen an junge Eheleute vom 24.4.1986 (GBl. DDR I 1986, S. 244) ersetzt. Die Grundkonzeption blieb unverändert (Einzelheiten in ROW 5/1986, S. 311).

19 b) Arbeiter, Angestellte, Mitglieder handwerklicher Produktionsgenossenschaften sowie Mitglieder und Beschäftigte landwirtschaftlicher und gärtnerischer Produktionsgenossenschaften und von Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer sowie Studenten mit einem Bruttodurchschnittsverdienst bis zu 800 Mark monatlich erhalten einen Ehegattenzuschlag von 5 Mark monatlich [Verordnung über die Zahlung eines Ehegattenzuschlages v. 28.5.1958 (GBl. DDR I 1958, S. 441); Verordnung über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen an Mitglieder und Beschäftigte landwirtschaftlicher und gärtnerischer Produktionsgenossenschaften sowie von Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer v. 28.5.1958 (GBl. DDR I 1958, S. 433)].
Zu Alters-, Invaliden-, Kriegsbeschädigten- und Unfallrenten wird ein Ehegattenzuschlag in Höhe von 100 M gezahlt, wenn der andere Ehegatte keine Rente bezieht und die Ehefrau das 60. Lebensjahr bzw. der Ehemann das 65. Lebensjahr vollendet hat oder die Ehefrau bzw. der Ehemann Invalide ist oder das Rentnerpaar ein Kind unter drei Jahren oder zwei Kinder unter acht Jahren hat [§§17 und 26 Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung - Rentenverordnung - v. 23.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 401)].

20 c) Vollbeschäftigte werktätige Frauen mit eigenem Haushalt erhalten monatlich einen in Höhe des Tariflohnes bezahlten Hausarbeitstag, wenn sie entweder verheiratet sind oder Kinder oder pflegebedürftige Familienangehörige zum Haushalt gehören oder sie das 40. Lebenjahr vollendet haben.
Der Hausarbeitstag wird auch vollbeschäftigten alleinstehenden Vätern mit Kindern bis zu 18 Jahren gewährt, wenn es die Betreuung des Kindes bzw. der Kinder erfordert, sowie vollbeschäftigten Männern bei ärztlich bescheinigter Pflegebedürftigkeit der Ehefrau, wenn es die Erfüllung der Aufgaben im Haushalt erfordert [§ 185 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (AGB) v. 16.6.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 185)].

21 d) An alle Mütter, ganz gleich, ob sie in Arbeit stehen oder nicht oder ob sie verheiratet sind oder nicht, wird bei der Geburt eines Kindes eine Beihilfe in Höhe von 1000 M gezahlt [§§ 1-3 Verordnung über die Erhöhung der staatlichen Geburtenbeihilfe und die Verlängerung des Wochenurlaubs v. 10.5.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 314)].

22 e) Bürger der DDR mit dortigem Wohnsitz erhalten für ihre dem Haushalt angehörenden Kinder ein staatliches Kindergeld, und zwar für das 1. Kind 20 M, das 2. Kind 20 M, das 3. Kind 50 M, das 4. Kind 60 M, für das 5 und jedes weiteres Kind 70 M monatlich [§§ 1-8 Verordnung über die Gewährung eines staatlichen Kindergeldes sowie die besondere Unterstützung kinderreicher Familien und alleinstehender Bürger mit 3 Kindern v. 4.12.1975 (GBl. DDR I 1976, S. 52)].
Zu Alters-, Invaliden-, Kriegsbeschädigten- und Unfallrenten wird ein Kinderzuschlag von 45 M monatlich gezahlt [§§ 18 und 27 Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung - Rentenverordnung - v. 23.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 401)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Ab 1.1.1982 trat eine Neuregelung durch die 3. DB vom 5.10.1982 (GBl. DDR I 1982, S. 615) zur VO über die Gewährung eines staatlichen Kindergeldes und die besondere Unterstützung kinderreicher Familien und alleinstehender Bürger mit 3 Kindern in Kraft, durch die zahlreiche Vorschriften der 1. DB vom 14.1.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 56) dazu neu gefaßt wurden (Einzelheiten in ROW 2/1983, S. 65). Mit Wirkung vom 1.5.1987 an ergingen unter Aufhebung der genannten Bestimmungen eine neue VO vom 12.3.1987 (GBl. DDR I 1987, S. 43) über staatliches Kindergeld als auch ein 1. DB vom 12.3.1987 (GBl. DDR I 1987, S. 45) dazu. Dadurch wurden die Leistungen erheblich erhöht und der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert.

23 f) Arbeiter, Angestellte, Selbständige sowie Mitglieder der sozialistischen Produktionsgenossenschaften der Landwirtschaft, der Fischerei und des Handwerks sowie Mitglieder der Kollegien der Rechtsanwälte erhalten ab der 7. Krankheitswoche ein nach der Kinderzahl gestaffeltes höheres Krankengeld, wenn sie nicht mehr als 600 M monatlich bzw. 7200 M jährlich verdienen oder eine Zusatzrentenversicherung abgeschlossen haben [§ 282 AGB; § 45 Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.12.1977 (GBl. DDR I 1978, S. 1)] (s. Rz. 15 zu Art. 35).

24 g) Bei der Lohn- und Einkommensteuer wird für unterhaltsberechtigte Kinder ein Freibetrag von 600 M jährlich gewährt (Adalbert Kitsche, Das Steuersystem ..., S. 100).

25 h) Werktätige (Väter oder Mütter) sind von der Arbeit freizustellen, wenn es zur Pflege eines erkrankten Kindes oder zum Arztbesuch eines Kindes erforderlich ist. Bis zu zwei Arbeitstagen erhalten sie bei dieser Freistellung von der Sozialversicherung eine Unterstützung in Höhe von 90% des Nettodurchschnittsverdienstes. Bei längerer Freistellung wird Unterstützung in Höhe des Krankengeldes, das ab 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit gewährt würde, gezahlt. Ferner sind Werktätige von der Arbeit freizustellen, wenn bei Erkrankung des Ehegatten die notwendige Betreuung der zum Haushalt gehörenden Kinder durch diesen oder durch andere nicht möglich ist. Werktätige, deren Ehegatte nicht berufstätig ist, erhalten von der Sozialversicherung längstens für 4 Wochen im Kalenderjahr eine Unterstützung von der Sozialversicherung in Höhe des ab 7. Krankheitswoche zu zahlenden Krankengeldes. Für die bei der Staatlichen Versicherung Versicherten gilt Entsprechendes [§§ 186,187 AGB; §§ 59-62 Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.12.1977 (GBl. DDR I 1978, S. 1)].


4. Unterstützung kinderreicher Familien

26 Besondere Unterstützung wird kinderreichen Familien sowie alleinstehenden Bürgern mit 3 Kindern aufgrund der Verordnung vom 4.12.1975 [§§ 9-16 Verordnung über die Gewährung eines staatlichen Kindergeldes sowie die besondere Unterstützung kinderreicher Familien und alleinstehender Bürger mit 3 Kindern v. 4.12.1975 (GBl. DDR I 1976, S. 52)] gewährt. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnraumlage (s. Rz. 23 zu Art. 37), die Gewährung von Mietzuschüssen und sonstigen finanziellen Zuwendungen zum Erwerb von Kinderbekleidung, Betten und anderen Möbeln, Bettwäsche und Brennstoffen und sonstigen Gegenständen sowie bei besonders hohem Aufwand für Gas- und Stromverbrauch, für Umzugskosten sowie anläßlich der Einschulung, der Teilnahme an Kinderferienlagern und der Jugendweihe, eine besondere gesundheitliche Betreuung, die Förderung der Kinder bei der Erziehung zu »sozialistischen Persönlichkeiten«, Maßnahmen auf dem Gebiete der Versorgung mit Konsumgütern, bevorzugte Aufnahme der Kinder in Kinderkrippen, Kinderhorten und Kindergärten und bevorzugte Vergabe von Plätzen in Erholungseinrichtungen.


5. Mutterschutz

27 Das 12. Kapitel des AGB [§§ 240-250 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (AGB) v. 16.6.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 185)] legt besondere Rechte der werktätigen Frau und Mutter, d. h. für gewerblich tätige Frauen mit Kindern bzw. werdende Mütter, fest. Sie sollen den Frauen helfen, ihrer Doppelbelastung als Berufstätige und Mutter gerecht zu werden. Als Grundsatz gilt, daß die Betriebe verpflichtet sind, werktätigen Frauen mit Kindern durch die planmäßige Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen immer bessere Möglichkeiten zu schaffen, ihre berufliche Tätigkeit und Entwicklung mit ihren Aufgaben als Mutter und in der Familie zu vereinbaren. Das Kapitel enthält Grundsatzbestimmungen über die Aus- und Weiterbildung von Frauen, zu deren Haushalt Kinder bis zu 16 Jahren gehören. Darin ist auch der besondere Schutz der werktätigen Frau im Interesse der Mutterschaft geregelt. Dazu gehören der Schwangerschaftsurlaub für die Dauer von 6 Wochen vor der Entbindung und der Wochenurlaub für die Dauer von 20 Wochen nach der Entbindung, wofür die Sozialversicherung Schwangerschafts- und Wochengeld in Höhe des Nettodurchschnittsverdienstes zahlt, die Freistellung von der Arbeit nach dem Wochenurlaub bis zum Ende des ersten, unter Umständen bis zum Ende des dritten Lebensjahres (Babyjahr), wofür von der Sozialversicherung Mütterunterstützung gezahlt wird, wenn die Mutter für die Betreuung des zweiten und jedes weiteren geborenen Kindes von der Arbeit freigestellt wird oder sie alleinstehend ist und ihr ein Krippenplatz nicht zur Verfügung gestellt werden kann [§§ 46-53 Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten - SVO - v. 17.11.1977 (GBl. DDR I 1977, S. 373)]. Entsprechende Unterstützung erhalten die bei der Staatlichen Versicherung Versicherten [§§ 66-73 Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.12.1977 (GBl. DDR I 1978, S. 1)]. Bestimmungen über die Freistellung zur Schwangeren- und Mütterberatung und über Stillpausen ergänzen die Bestimmungen über den Mutterschutz. Schwangeren, stillenden Müttern, Müttern mit Kindern bis zu einem Jahr, Müttern während der Zeit der Freistellung nach dem Wochenurlaub sowie alleinstehenden Werktätigen mit Kindern bis zu 3 Jahren darf nicht fristgemäß gekündigt werden. Diese Personen dürfen nur mit Zustimmung des Rates des Kreises bzw. Stadtbezirks fristlos entlassen werden [§§ 58 und 59 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (AGB) v. 16.6.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 185)]. Vollbeschäftigte Mütter, die im Mehrschichtsystem arbeiten und zu deren Haushalt 2 Kinder bis zu 16 Jahren gehören, sowie vollbeschäftigte Mütter, zu deren Haushalt 3 oder mehr Kinder oder ein schwerstgeschädigtes, ein blindes oder praktisch blindes Kind gehören, erhalten einen erhöhten Grundurlaub von 20 bzw. 21 Arbeitstagen, wenn letztgenannte im Mehrschichtsystem arbeiten, von 23 Arbeitstagen [§ 3 Abs. 2 lit. c, d und e Verordnung über den Erholungsurlaub v. 28.9.1978 (GBl. DDR I 1978, S. 365)]. Für alle vollbeschäftigten werktätigen Mütter, zu deren Haushalt 2 Kinder bis zu 16 Jahren oder ein schwerstgeschädigtes Kind ab Vollendung des 3. Lebensjahres gehören, sowie werktätige Mütter in schwerer oder gesundheitsgefährdender Arbeit beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden [Verordnung über die schrittweise Einführung der 40-Stunden-Arbeitswoche v. 29.7.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 385)].
Kinder vollbeschäftigter Mütter bzw. Kinder der Mütter, die an einem Direktstudium oder einer Lehrausbildung teilnehmen, sind bevorzugt in Kinderkrippen oder Dauerheime aufzunehmen. Kinder nichtberufstätiger Mütter können in Krippen und Heime nur aufgenommen werden, wenn ihre soziale Lage es dringend erforderlich macht [Verordnung über die Einweisung und Aufnahme von Säuglingen und Kleinkindern in Kinderkrippen und Dauerheime v. 22.3.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 181) i.d.F. der Verordnung über Kindereinrichtungen der Vorschulerziehung v. 22.4.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 201)]. Auch in Kindereinrichtungen der Vorschulerziehung finden Kinder berufstätiger und studierender, insbesondere schichtarbeitender Mütter, aber auch Kinder alleinstehender Mütter (und Väter) sowie Kinder aus kinderreichen Familien bevorzugte Aufnahme [§ 12 Verordnung über Kindereinrichtungen der Vorschulerziehung v. 22.4.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 201)].
Studentinnen mit Kind sowie Mütter, die sich in einem Lehrverhältnis befinden, erfahren besondere finanzielle Unterstützung bzw. Förderung [Anordnung über die finanzielle Unterstützung von Studentinnen mit Kind an den Hoch- und Fachschulen v. 10.5.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 321); Anordnung Nr. 2 dazu v. 1.7.1981 (GBl. DDR I 1981, S. 301); Anordnung über die Förderung und finanzielle Unterstützung von Müttern, die sich in einem Lehrverhältnis befinden, v. 19.6.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 420) in der Fassung der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten - SVO - v. 17.11.1977 (GBl. DDR I 1977, S. 373)]. Studentinnen mit Kind und werdende Mütter, die sich im Studium befinden, genießen zusätzliche Vorteile. So sind die Studienbedingungen ihrem Zustand anzupassen, Maßnahmen zur Aufholung eines eventuellen Studienausfalls zu treffen sowie Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen zu verlegen [Anordnung zur Förderung von Studentinnen mit Kind und werdenden Mütter, die sich im Studium befinden, an den Hoch- und Fachschulen v. 10.5.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 320)]. (Wegen der Unterbrechung der Schwangerschaft s. Rz. 30 zu Art. 20).


6. Schutz durch Strafrechtsnormen

28 Ehe und Familie werden durch Strafrechtsnormen geschützt. Unter Sanktion stehen die Entführung von Kindern oder Jugendlichen (§ 144 StGB), die Verleitung zu asozialer Lebensweise von Kindern und von Jugendlichen durch Erwachsene (§ 145 StGB), die Verbreitung von Schund- und Schmutzerzeugnissen (§ 146 StGB), die Verleitung von Kindern oder Jugendlichen zum Alkoholmißbrauch (§ 147 StGB), der sexuelle Mißbrauch von Kindern (§ 148 StGB), der sexuelle Mißbrauch von Jugendlichen durch Erwachsene (§§ 149-151 StGB), der Geschlechtsverkehr zwischen Verwandten in gerader Linie (§ 152 StGB), die unzulässige Schwangerschaftsunterbrechung (die Fremdabtreibung, es sei denn, sie sei durch spezielle Bestimmungen gestattet, die Veranlassung oder Unterstützung der Selbstabtreibung, nicht jedoch die Selbstabtreibung - §§ 153 bis 155 StGB) sowie die Doppelehe (§ 156 StGB).

III. Recht und Pflicht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder

1. Charakter und Inhalt des Rechts

29 a) Das Recht ist ein subjektives Recht im marxistisch-leninistischen Verständnis. Es stellt eine Entfaltung des persönlichen Status des Bürgers dar (§ 30 Abs. 1) (s. Rz. 4 zu Art. 30). Wie dieser persönliche Status ist auch das Recht der Eltern auf Erziehung der Kinder in Substanz und Zielsetzung durch die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung beschränkt (s. Rz. 3 zu Art. 30).

30 b) Die Beschränkung des Rechts besteht darin, daß das Erziehungsziel nicht von den Eltern gewählt werden darf, sondern durch die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung bestimmt wird. Das ist mit der Wendung in Art. 38 Abs. 4 Satz 1 gemeint, derzu-folge die Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und allseitig gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern erzogen werden sollen. Das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder entspricht also nicht naturrechtlichen Vorstellungen.

31 c) Die Erziehungsziele waren schon vor dem Erlaß der Verfassung in § 3 Abs. 1 FGB formuliert: »Es ist die vornehmste Aufgabe der Eltern, ihre Kinder in vertrauensvollem Zusammenwirken mit staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen zu gesunden und zu lebensfrohen, tüchtigen und allseitig gebildeten Menschen, zu aktiven Erbauern des Sozialismus zu erziehen.« Noch mehr wird das Erziehungsziel in § 42 Abs. 2 FGB verdeutlicht. Danach ist es Ziel der Erziehung der Kinder, sie zu geistig und moralisch hochstehenden und körperlich gesunden Persönlichkeiten heranzubilden, die die gesellschaftliche Entwicklung bewußt mitgestalten. Durch verantwortungsbewußte Erfüllung ihrer Erziehungspflichten, durch eigenes Vorbild und durch übereinstimmende Haltung gegenüber den Kindern sollen die Eltern diese zur sozialistischen Einstellung zum Lernen und zur Arbeit, zur Achtung vor den arbeitenden Menschen, zur Einhaltung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens, zur Solidarität, zum sozialistischen Patriotismus und Internationalismus erziehen. Der harte Kern ist, wie Götz Schlicht (Das Familien- und Familienverfahrensrecht ..., S. 151) feststellte, daß den Eltern aufgegeben wird, ihre Kinder zur marxistisch-leninistischen Auffassung zu erziehen, und es belanglos ist, ob sie damit einverstanden sind oder nicht.


2. Pflicht zur Erziehung der Kinder

32 Das Recht der Eltern auf Erziehung der Kinder bildet mit der Pflicht dazu im Sinne der marxistisch-leninistischen Grundrechtskonzeption eine Einheit (s. Rz. 17-20 zu Art. 19).


3. Zusammenwirken mit gesellschaftlichen und staatlichen Organen

33 a) Art. 37 Abs. 4 Satz 2 stellt das Gegenstück zu Art. 25 Abs. 6 dar. Während hier den Eltern ein Anspruch auf ein enges und verantwortungsvolles Zusammenwirken mit den gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen gegeben wird, wird dort dem Staat und den gesellschaftlichen Kräften aufgegeben, in gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsarbeit die Aufgaben zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung zu sichern.

34 b) Was in Art. 38 Abs. 4 Satz 2 als Anspruch der Eltern bezeichnet wird, ist nach § 42 Abs. 4 FGB deren Pflicht. Danach sollen nämlich die Eltern bei der Erfüllung ihrer Erziehungsaufgaben und zur Gewährleistung einer einheitlichen Erziehung eng und vertrauensvoll mit der Schule, anderen Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen, mit der Pionierorganisation »Ernst Thälmann« und der FDJ Zusammenarbeiten und diese unterstützen.

35 c) Die wichtigsten Institutionen für das Zusammenwirken von Eltern und Schule bei der Erziehung der Kinder sind die Elternbeiräte. Im Gegensatz zur Verfassung von 1949 (Art. 37 Abs. 3) sind sie in der Verfassung von 1968/1974 nicht erwähnt. Sie bestehen aber auf der Grundlage der einfachen Gesetzgebung. Die Elternbeiratsverordnung vom 15.6.1966 [Verordnung über die Elternvertretungen an den allgemeinbildenden Schulen - Elternbeiratsverordnung - v. 15.11.1966 (GBl. DDR II 1966, S. 837), die die Verordnung über die Eltembeiräte an den allgemeinbildenden Schulen (Elternbeiratsverordnung) v. 7.1.1960 (GBl. DDR I 1960, S. 37) sowie die Zweite Verordnung dazu v. 23.10.1963 (GBl. DDR II 1963, S. 736) ablöste] bezeichnet den Elternbeirat als demokratisch gewähltes Organ der Eltern und Vertretung aller Eltern der Schüler einer Schule. Er wird auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. Die Anzahl seiner Mitglieder richtet sich nach der Zahl der Eltern der Schüler sowie nach den Erfordernissen der jeweiligen Schule.
Voraussetzung für die Wahl ist, daß die Eltern »die sozialistische Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule« aktiv unterstützen. Mitglieder, die ihre Aufgabe nicht erfüllen, können auf Beschluß des Elternbeirats von ihrer Funktion entbunden werden. Damit wird Sicherheit geschaffen, daß grundsätzlich Kontroversen zwischen Elternbeirat und Schule nicht entstehen können. Die Aufgabe des Elternbeirates besteht nicht in einer Interessenvertretung, innerhalb der die spezifischen Belange der Familie zur Geltung gebracht werden könnten. Er hat vielmehr in erster Linie die Bereitschaft und Initiative der Eltern zu fördern und sie »auf die aktive Unterstützung der Bildungs- und Erziehungsarbeit an der Schule, auf die sozialistische Erziehung der Kinder in der Familie, auf die Unterstützung einer inhaltsreichen und interessanten Tätigkeit der Freien Deutschen Jugend und der Pionierorganisation »Ernst Thälmann<, auf die Zusammenarbeit mit den an der Erziehung beteiligten gesellschaftlichen Kräften« zu lenken. Damit soll er »seinen Anteil für das einheitliche Zusammenwirken von Familie und Schule bei der Bildung und Erziehung der Kinder zu allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeiten« leisten. Für die Schulklassen bestehen Klassenelternaktive, denen ein vertrauensvolles Zusammenwirken zwischen Lehrern und Eltern der Klasse ihrer Kinder sowie mit den Erziehern und den Grup-pen-Pionierleitern bzw. FDJ-Sekretären im gleichen Sinne obliegt.

36 d) Bei Schwierigkeiten in der Erziehung ihrer Kinder können sich die Eltern »vertrauensvoll« an die Einrichtungen der Vorschulerziehung und des Gesundheits- und Sozialwesens, die Schule, den Elternbeirat, die Organe der Jugendhilfe (s. Rz. 44 zu Art. 25), die gesellschaftlichen Organisationen (s. Rz. 17-28 zu Art. 3) und Kollektive oder die Ehe- und Familienberatungsstellen wenden und deren Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen (§ 49 Abs. 2 FGB).


4. Jugendhilfe

37 Kommen die Eltern ihren Verpflichtungen nicht nach und wird dadurch die Erziehung und Entwicklung oder die Gesundheit des Kindes gefährdet und können sie auch bei gesellschaftlicher und staatlicher Unterstützung der Eltern nicht gesichert werden - das gilt auch dann, wenn wirtschaftliche Interessen des Kindes gefährdet sind kann der Jugendhilfeausschuß des Rates des Kreises (Stadtkreises, Stadtbezirks) als gesellschaftliches Organ der Jugendhilfe nach § 50 FGB in Verbindung mit der Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 215) folgende Maßnahmen treffen:
(a) Anordnung von Maßnahmen zur Festigung der Erziehungsverhältnisse in der Familie,
(b) Anordnung von Erziehungsmaßnahmen,
(c) Stellungnahme und Vorschläge zur gerichtlichen Entscheidung über das Erziehungsrecht gemäß § 25 Abs. 2 und 3 FGB,
(d) Klage auf Entzug des Erziehungsrechts gemäß § 51 Abs. 1 FGB,
Antrag auf Entzug des Erziehungsrechts gemäß § 25 Abs. 3 FGB,
Antrag auf Rückübertragung des Erziehungsrechts gemäß § 51 Abs. 3 FGB,
(e) Übertragung des Erziehungsrechts gemäß § 45 Abs. 2 und 3, § 46 Abs. 2 und § 47 Abs. 3 FGB, Klage auf Übertragung des Erziehungsrechts gemäß § 47 Abs. 3 FGB,
Klage auf Änderung einer Entscheidung über das Erziehungsrecht gemäß § 48 Abs. 2 FGB,
(f) Zuführung des Kindes zum Erziehungsberechtigten gemäß § 79 ZPO [Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsachen - Zivilprozeßordnung - v. 11.7.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 533)],
(g) Unterstützung der Eltern zur Einigung über den Umgang mit dem Kind gemäß § 27 Abs. 2 FGB,
Ausschluß der Befugnis zum Umgang mit dem Kind gemäß § 27 Abs. 2 FGB.
Außerdem kann die Jugendhilfekommission, die entsprechend den örtlichen Bedingungen unter Verantwortung der Referate Jugendhilfe bei den Räten der Stadtkreise und Stadtbezirke als gesellschaftliches Organ zu bilden ist,
(a) die Verpflichtung der Erziehungsberechtigten, den Minderjährigen ordentlich zu erziehen und zu beaufsichtigen und mit den für die Bildung und Erziehung Verantwortlichen eng zusammenzuarbeiten, bestätigen,
(b) den Erziehungsberechtigten eine Mißbilligung aussprechen,
(c) die Verpflichtung des Erziehungsberechtigten zum Ersatz eines durch den Minderjährigen verursachten materiellen Schadens bestätigen,
(d) dem Minderjährigen einen Verweis erteilen,
(e) dem Minderjährigen die Verpflichtung auferlegen, sich in geeigneter Form zu entschuldigen,
(f) die Verpflichtung des Minderjährigen, einen angerichteten materiellen Schaden durch eigene Arbeit oder aus eigenem Einkommen wiedergutzumachen, bestätigen [§§ 13, 23 Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 215)].
Die Jugendhilfekommissionen haben damit eine Stellung, die sie in die Nähe der gesellschaftlichen Gerichte (s. Erl. zu Art. 92) rückt. Sie sind aber nicht Bestandteile der einheitlichen sozialistischen Rechtspflege, sondern der Verwaltung (verfugende und vollziehende Organe - s. Rz. 29 zu Art. 5).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: 1988 wurde als zentrale wissenschaftliche Einrichtung das Institut für Jugendhilfe [Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung, Nr. 4/1988 (Statut)] gegründet.


5. Entzug des Erziehungsrechts

38 Entzug des Erziehungsrechts. Als äußerste Maßnahme kann den Eltern das Erziehungsrecht entzogen werden, wenn sie sich einer schweren Verletzung ihrer Pflichten schuldig machen und dadurch die Entwicklung des Kindes gefährden. Über den Entzug entscheidet das Gericht auf Klage des Organs der Jugendhilfe. Im Verfahren hat das Gericht auch über den Unterhalt des Kindes zu entscheiden, für dessen Zahlung die Verpflichtung der Erziehungsberechtigten weiterbesteht, und seine Höhe festzusetzen. Auf Antrag des Organs der Jugendhilfe oder auf Klage des ehemals Erziehungsberechtigten kann diesem das Recht auch wieder übertragen werden, wenn die Gründe für den Entzug des Erziehungsrechts nicht mehr bestehen und es dem Interesse des Kindes entspricht (§ 51 FGB). (Einzelheiten bei Götz Schlicht, Das Familien- und Familienverfahrensrecht ..., S. 164 ff.).


6. Strafrechtliche Sanktionen

39 Die Verletzung von elterlichen Pflichten wird durch das StGB unter strafrechtliche Sanktion gestellt. Mit Strafe bedroht sind die Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 141 StGB) und die Verletzung von Erziehungspflichten (§ 142 StGB). Außerdem wird die Vereitelung von Erziehungsmaßnahmen durch Erwachsene (§ 143 StGB) bestraft.

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 790-805 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅱ, Kap. 1, Art. 38, Rz. 1-39, S. 790-805).

Dokumentation Artikel 38 der Verfassung der DDR; Artikel 38 des Kapitels 1 (Grundrechte und Grundpflichten der Bürger) des Abschnitts Ⅱ (Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 212) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 443). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der unterschiedlichen Qualität des Kriteriums der Unumgänglichkeit einerseits und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seinen Ausdruck. Die Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft ist in der gesetzliche Voraussetzung für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilung zu lösen: Gewährleistung einer engen und kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ist der operative Mitarbeiter voll verantwortlich. Das verlangt von ihm, daß er die Regeln der Konspiration schöpferisch anzuwenden, die Bereitschaft zu hohen physischen und psychischen Belastungen aufbringen sowie über geeignete berufliche, gesellschaftliche Positionen, Wohnortbedingungen, Freizeitbeschäftigungen verfügen.

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