Die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände sind im Rahmen der zentralen staatlichen Leitung und Planung eigenverantwortliche Gemeinschaften, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten. Sie sichern die Wahrnehmung der Grundrechte der Bürger, die wirksame Verbindung der persönlichen mit den gesellschaftlichen Interessen sowie ein vielfältiges gesellschaftlich-politisches und kulturell-geistiges Leben. Sie stehen unter dem Schutz der Verfassung. Eingriffe in ihre Rechte können nur auf der Grundlage von Gesetzen erfolgen.


Ursprüngliche Fassung des Artikel 41, Satz 1 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik

Die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände sind im Rahmen der zentralen staatlichen Planung und Leitung eigenverantwortliche Gemeinschaften in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten.

Aufnahmen vom 26.12.2013 des Raums 128 im Erdgeschoss des Nordflügels der zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin-Hohenschönhausen, Foto 804
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I. Allgemeines

1. Unter der Verfassung von 1949

1 a) In der Verfassung von 1949 war lediglich die Stellung der Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 139-143), nicht aber die von Betrieben festgelegt worden. Art. 139 Abs. 1 verhieß den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht auf Selbstverwaltung innerhalb der Gesetze der Republik und der Länder. Für die kommunale Selbstverwaltung galt nach Art. 139 Abs. 2 das Universalitätsprinzip. Art. 140 und 141 konstituierten die demokratische Struktur der kommunalen Organe. Als Gegenstück der Selbstverwaltung begründete Art. 142 die Staatsaufsicht und beschränkte sie auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Wahrung demokratischer Verwaltungsgrundsätze. Nach Art. 143 konnten den Gemeinden und Gemeindeverbänden »Aufgaben und die Durchführung von Gesetzen übertragen werden«, so daß die kommunalen Körperschaften neben ihren Selbstverwaltungsangelegenheiten auch Auftragsangelegenheiten entsprechend dem herkömmlichen deutschen Gemeinderecht zu erledigen hatten.

2 b) Indessen war die kommunale Selbstverwaltung, wie sie schon die Verfassungen der Länder in der SBZ vorgeschrieben hatten (s. Rz. 32 zur Präambel) in der Praxis bereits vor Inkrafttreten der Verfassung von 1949 ausgehöhlt. Sie wurde im Zuge der Entwicklung der DDR zu einem sozialistischen Staat endgültig beseitigt (s. Rz. 41-51 zur Präambel; Siegfried Mampel, Die Entwicklung der Verfassungsordnung ..., S. 526ff.).


2. Entwurf

3 Art. 41 wurde gegenüber dem Entwurf, in dem er die Nr. 40 trug, insofern geändert, als im Satz 1 vor dem Wort »Betriebe« die Worte »die sozialistischen« und vor das Wort »eigenverantwortliche« die Wendung »im Rahmen der zentralen staatlichen Planung und Leitung« eingefügt wurden.


3. Verfassungsnovelle von 1974

4 Die Verfassungsnovelle von 1974 setzte in Satz 1 anstelle der Worte »Planung und Leitung« wie durchweg in der Verfassung (s. Rz. 23 zu Art. 9) die Worte »Leitung und Planung«.


4. Begriffe

5 a) Da in Art. 41 der Begriff »sozialistischer Betrieb« und nicht wie in Art. 12 Abs. 2 Satz 3 der Begriff »volkseigener Betrieb« verwendet wird, ist anzunehmen, daß hier nicht nur die im gesamtgesellschaftlichen Volkseigentum, sondern auch die im genossenschaftlichen Gemeineigentum werktätiger Kollektive (LPG, PGH usw.) sowie die im Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger stehenden Betriebe gemeint sind. Freilich enthält Art. 46 Spezialregelungen für die sozialistischen Produktionsgenossenschaften. Diese betreffen aber ihre innere Struktur und ihre Teilnahme an der staatlichen Leitung und Planung. Das spricht dafür, daß auch die genossenschaftlichen Betriebe unter Art. 41 fallen und durch ihn deren grundsätzliche Stellung im gesamtgesellschaftlichen System des Sozialismus bestimmt wird. Für die im Eigentum gesellschaftlicher Organisationen stehenden Betriebe versteht sich das von selbst, da die Verfassung keine Spezialregelungen für diese enthält.

6 b) Unter Städten und Gemeinden sind territorial abgegrenzte Wohnsiedlungen mit einer Mindestzahl von Einwohnern zu verstehen. Was Städte und Gemeinden unterscheidet, wird in der Verfassung nicht festgelegt. Die Städte werden in der Literatur als »historisch gewachsene Gemeinschaften, in denen sich alle Seiten des menschlichen Lebens vollziehen«, begriffen (O.V., 20 Jahre Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft »Walter Ulbricht«). Nach Dieter Hösel/Gerhard Köhler/Joachim Misseiwitz/ Hans-Dietrich Moschütz (Die sozialistische Stadt als soziale Einheit ..., S. 923) ist die Unterscheidung in Städte und Gemeinden wesentlich historisch bedingt. Mit der Überwindung der wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land werde diese Unterscheidung zunehmend bedeutungslos. Die Autoren meinen, daß die Verfassung in ihren Grundsatzregelungen jenen Typ der sozialistischen Gemeinschaft erstrebe, der von seinen ökonomischen, geistig-kulturellen und sozialen Einrichtungen her alle Voraussetzungen für eine sozialistische Lebensweise biete und so organisiert sei, daß die Bürger ihre gesellschaftlichen Verhältnisse in der Stadt als integrierenden Bestandteil der gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR selbst gestalten könnten. Damit wird auf Gemeinsamkeiten von Städten und Gemeinden verwiesen (s. Rz. 8-10 zu Art. 41), über die in der derzeitigen Etappe der Entwicklung noch fortbestehenden Unterschiede aber nichts ausgesagt. Die Festlegungen werden der einfachen Gesetzgebung überlassen, die den historisch gewachsenen politisch-sozialen Gegebenheiten Rechnung trägt. Ganz allgemein kann gesagt werden, daß die Gemeinden ländlichen Charakter haben, die Städte dagegen einen solchen, der gemeinhin als »städtisch« bezeichnet wird. Dabei spielt die Einwohnerzahl eine gewichtige Rolle, die aber nicht unbedingt entscheidend sein muß. Die Festlegung der Mindestzahl von Einwohnern einer Wohnsiedlung, die sie rechtlich zur Gemeinde werden läßt, wird ebenfalls der einfachen Gesetzgebung überlassen. Da Art. 41 schlechthin von »Städten« spricht, kann es keine Rolle spielen, ob eine Stadt gleichzeitig einen Kreis (s. Rz. 2 zu Art. 81) bildet oder kreisangehörig ist. Die in großen Stadtkreisen gebildeten Stadtbezirke (s. Rz. 6 zu Art. 81) sind jedoch nicht Gemeinschaften im Sinne des Art. 41.

7 c) Verfassungsrechtliche Grundlage der Gemeindeverbände ist Art. 84. (Näheres über die Formen der Gemeindeverbände s. Erl. zu Art. 84).

II. Der Charakter der sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Stellung im gesellschaftlichen System des Sozialismus

1. Grundlegende Gemeinsamkeiten

8 a) In der deutschen Verfassungsgeschichte bedeutet es ein Novum, daß die Stellung von Betrieben in ihren Grundzügen durch die Verfassung unmittelbar bestimmt wird. Wenn das in demselben Artikel geschieht, in dem auch die Stellung der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände mit denselben Formulierungen festgelegt ist, so zeigt das an, daß bei den beiden Kategorien Gemeinsamkeiten gesehen werden.

9 b) Weil die einen Stätten der Produktion und die anderen territorial gebundene Wohngemeinschaften sind, fiel auch in der DDR das Erkennen der Gemeinsamkeiten zunächst schwer. Es wurde Kritik daran geübt, daß in früheren Veröffentlichungen in der Regel die Stadt mit dem Territorium und der Betrieb mit der Produktion gleichgesetzt wurde. Dadurch sei der Blick sowohl für die soziale Qualität der Stadt als auch für die der Betriebe versperrt worden. Untersuchungen zum Verhältnis der Wirtschaftszweige und Territorien in der ökonomischen Entwicklung könnten gewiß nützliche Erkenntnisse fördern, jedoch sei dieses Blickfeld für eine bestimmte Funktion der Städte einerseits zu eng und andererseits zu weit. Territorial gebunden sei jede menschliche Tätigkeit. Das unterscheide die Stadt nicht von anderen Gemeinschaften. Ihre gesellschaftliche Organisation, die Struktur der Gesellschaftsbeziehungen, die das städtische Leben bestimmten, machten ihr Wesen aus (Dieter Hösel/Gerhard Köhler/Joachim Misseiwitz/Hans-Dietrich Mo-schütz, Die sozialistische Stadt als soziale Einheit ..., S. 925/26).

10 c) Drei Merkmale haben nach der neuen Lehre die sozialistischen Betriebe einerseits, die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände andererseits gemeinsam. Das erste besteht darin, daß sie als Gemeinschaften, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten, betrachtet werden. Sie werden also als Kollektive angesehen.
Beide Kategorien haben politisch-sozialen Charakter. Für die kommunalen Gebilde liegt darin nichts Besonderes. Einen derartigen Charakter haben sie auch in nichtsozialistischen Ordnungen. Für Betriebe gilt das nicht. Es ist ein spezifisches Charakteristikum der sozialistischen Betriebe, daß sie wie Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände als politischsoziale Kollektive angesehen werden. Das Wesen der sozialistischen Gesellschaft als einer produktionsorientierten Gesellschaft drückt sich so sinnfällig aus.
Das zweite Merkmal ist ihre Eigenverantwortlichkeit. Sie heben sich auch innerhalb derselben Kategorie voneinander ab und haben vor allem einen eigenen Leitungs- und Planungsmechanismus, sind also insofern selbständige Einheiten. Indessen ist die Eigenverantwortlichkeit nur im Rahmen der zentralen staatlichen Leitung und Planung gegeben, womit der Anschluß an Art. 9 Abs. 3 Satz 3 hergestellt wird (s. Rz. 31 zu Art. 9). Um jedes Mißverständis auszuschließen, wurde nach der Verfassungsdiskussion Satz 1 entsprechend ergänzt (Bericht der Verfassungskommission, S. 703).
So wird als drittes Merkmal die selbständige Stellung beider Kategorien relativiert.
Der Begriff der Eigenverantwortlichkeit läßt an den hergebrachten Begriff der Selbstverwaltung denken, wie er noch in Art. 139 der Verfassung von 1949 im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der Gemeinden und Gemeindeverbände verwendet wurde. Indessen wird er für die Verhältnisse der DDR entschieden abgelehnt. Das Verhältnis zwischen zentraler Leitung und Planung einerseits und den Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden andererseits dürfe weder mit Kategorien der bürgerlichen Theorie von der kommunalen Selbstverwaltung noch mit denen der administrativen Über- und Unterordnung erfaßt werden (Gert Egler, Sozialistische Demokratie und staatliche Leitung; Gert Egler/ Wilhelm Hafemann/Lucie Haupt, Zum Aufbau und System der staatlichen Leitung, S. 551). Die Wirtschaft dürfe nicht in »Mosaikstücke« aufgelöst werden (Kurt Hager, Bericht des Politbüros an das 4. Plenum des ZK der SED).


2. Einordnung in das politische System

11 a) Entsprechend den zur Zeit des Erlasses der Verfassung von 1968 allgemein vertretenen kybernetischen Vorstellungen (s. Rz. 31 zu Art. 9) wurde der Betrieb wie folgt in das gesamtgesellschaftliche System eingeordnet: »Der Betrieb bildet somit aus kybernetischer Sicht eine gegenüber ihrer Umwelt abgegrenzte, funktionstragende und realisierende Gesamtheit von technischen, ökonomischen und sozialen Elementen, welche durch Beziehungen miteinander verbunden sind« (Wolfgang Salecker, Ökonomische Kybernetik ..., S. 29). Für die kommunalen Einheiten gilt sinngemäß dasselbe (Dieter Hösel/Gerhard Köhler/Joachim Misselwitz/Hans-Dietrich Moschütz, Die sozialistische Stadt. . S. 925; Gerhard Schulze, Die verfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe, S. 560/561). Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände wurden also als Subsysteme im gesellschaftlichen System des Sozialismus verstanden.
Das Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen« (S. 226) erklärt den Charakter des Betriebes einfacher. Danach ist dieser 1. produktionstechnische Einheit, 2. Strukturglied der sozialistischen Volkswirtschaft und 3. Kollektiv von Werktätigen und wichtige Organisationsform der sozialistischen Demokratie.

12 b) Sowohl die Betriebe wie auch die kommunalen Gebilde werden als unabdingbare, d. h. nicht nur als wesentliche, sondern als wesensnotwendige Bestandteile der sozialistischen Ordnung angesehen (Werner Franke/Richard Mand/Karl-Heinz Schöneburg/Ri-chard Stüber, Die Stadt als soziale und politische Gemeinschaft ..., S. 1345/1346). Der Grundriß »Wirtschaftsrecht für das staatswissenschaftliche Studium« (S. 63) bezeichnet die Betriebe als untrennbare Bestandteile der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft.

13 c) Ins einzelne gehende Regelungen für das Verhältnis zwischen zentraler Leitung und Planung einerseits und der Eigenverantwortlichkeit andererseits gibt die Verfassung nicht. Es gilt indessen das in Art. 47 verankerte Strukturprinzip des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 7-14 zu Art. 2). In kritischer Sicht besteht daher entgegen den in der DDR vertretenen Ansichten ein Verhältnis der Über- und Unterordnung zwischen den zentralen und den unteren Instanzen.

14 d) Das Maß an Eigenverantwortlichkeit richtet sich damit zum einen nach der Struktur des politischen Systems und zum anderen danach, in welchem Umfange seitens der oberen Instanzen geleitet und geplant wird - im kybernetischen Sinne also, welche Quantität die Sollinformationen haben. Das erste ist eine Frage der rechtlichen Gestaltung der Beziehungen zwischen den zentralen und den unteren Instanzen, das zweite eine Frage der praktischen Handhabung. Zwischen beiden Fragen besteht eine Interdependenz, weil jede rechtliche Regelung einerseits die Wirklichkeit bestimmt, andererseits in ihrer Wirksamkeit von der Praxis abhängt.

15 e) Daraus ergibt sich, daß die Struktur des politischen Systems und sein Verhältnis zu dem Subsystem entscheidend davon abhängen, wie die Kompetenzen zwischen den zentralen Organen und den unteren Einheiten verteilt sind, wie also die »Entscheidungsfelder« abgegrenzt sind.


3. Gemeinsamkeiten in innerer Struktur und Aufgabenstellung

16 a) Aus den grundlegenden Gemeinsamkeiten zwischen Betrieben, Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden ergeben sich gewisse Gemeinsamkeiten für ihre innere Struktur. Als Ausschnitte aus der sozialistischen Gesellschaft in der DDR weisen sie nach marxistisch-leninistischer Lehre dieselben gesellschaftlichen Verhältnisse auf wie die Gesamtgesellschaft. Die für eine sozialistische Ordnung spezifische Organisation der Gesellschaft besteht auch in ihnen. Das wichtigste Kriterium ist die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei (Werner Franke/Richard Mand/Karl-Heinz Schöneburg/Ri-chard Stüber, Die Stadt als soziale und politische Gemeinschaft ..., S. 1344) - in kritischer Sicht also die Suprematie der SED (s. Rz. 28-50 zu Art. 1). Unter der Suprematie und auf der Grundlage des sozialistischen Eigentums haben sie ihren Anteil an der Leitung und Planung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung (Art. 2 Abs. 2). »Der Betrieb wie die Stadt sind Organisationsformen der führenden Arbeiterklasse und als solche untrennbar miteinander verbunden« (Gert Egler u.a., Funktion, Rechtsstellung ..., S. 446).

17 b) Daraus folgt, daß ihre grundsätzlichen Aufgaben - unbeschadet ihrer unterschiedliehen Funktionen im einzelnen (s. Rz. 18-25 zu Art. 41) - die gleichen sind wie die der sozialistischen Gesellschafts - und Staatsordnung im ganzen. Dem gibt Art. 41 Satz 2 Ausdruck, wenn es darin heißt, daß die Gemeinschaften die Wahrnehmung der Grundrechte der Bürger, die wirksame Verbindung der persönlichen mit den gesellschaftlichen Interessen sowie ein vielfältiges gesellschaftlich-politisches und kulturell-geistiges Leben zu sichern haben.


4. Unterschiede

18 Indessen werden auch die Unterschiede zwischen den sozialistischen Betrieben einerseits und den Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden andererseits gesehen und diesen Rechnung getragen. Sie bestehen in den Funktionen und dem Substrat, in der Einordnung in die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung als Gesamtstaat und in der Stellung ihrer Organe, also zwischen Betriebsverfassung und Verfassung der kommunalen Gebilde.

19 a) Obwohl alle Typen der Gemeinschaften politisch-soziale Gebilde sind, weist ihr Substrat insofern Unterschiede auf, als in den Betrieben nur die Bürger vereint sind, die eine berufliche Tätigkeit ausüben, also Werktätige im Sinne des Arbeitsrechts sind. In den kommunalen Gebilden sind dagegen alle Bürger vereint, gleichgültig ob sie eine berufliche Tätigkeit ausüben oder noch nicht oder nicht mehr.

20 b) Wenn Art. 41 Satz 1 von Gemeinschaften von Bürgern spricht, so sind damit Gemeinschaften von Staatsbürgern im Sinne der Art. 19-40 gemeint. Zu den Gemeinschaften gehören also nicht Bürger anderer Staaten und Staatenlose. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Letztgenannten von den Gemeinschaften grundsätzlich ausgeschlossen wären. Hinsichtlich der Betriebe bestimmt § 16 AGB1 u.a., daß es auch Anwendung auf Arbeitsrechtsverhältnisse zwischen Bürgern anderer Staaten und Betrieben der DDR findet, wenn sich der Arbeitsort in der DDR befindet und völkerrechtliche Verträge oder Rechtsvorschriften der DDR nichts anderes vorsehen. Damit werden in der einfachen Gesetzgebung Bürger anderer Staaten und Staatenlose den Bürgern der DDR innerhalb der betrieblichen Gemeinschaften gleichgestellt. Anders ist die Lage in Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden (s. Rz. 6 zu Art. 43).

21 c) Unter dem Aspekt der Funktion sind die Betriebe trotz ihrer Eigenschaft als politisch-soziale Gebilde in erster Linie Stätten der Produktion (im weitesten Sinne), die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände dagegen territoriale Wohnsiedlungen.

22 d) Daraus ergeben sich die Unterschiede in ihrer Verfassung.

23 e) Wie der Betrieb in seinem Verhältnis zum Staat einzuordnen ist, konnte in der DDR bisher eindeutig noch nicht beantwortet werden.
Früher wurde vorwiegend die Meinung vertreten, der Betrieb sei ein staatliches Organ (Hans-Ulrich Hochbaum, Die Einheitlichkeit der staatlichen Wirtschaftsleitung; ders./ Helmut Oberländer, Die Rechtsstellung der volkseigenen Betriebe). Indessen mehren sich die Stimmen, die den Betrieb als einen »staatlich organisierten Wirtschaftsmechanismus« begreifen wollen, »der durch die zentrale Leitung und das eigenverantwortliche Wirtschaften charakterisiert werde« (Harry Bredernitz/Günther Gerlach/Eva Girlich/Kurt Schubert, Wirtschaftsrecht und Staatsrecht ..., S. 1989; Horst Langer, Die Entwicklung der Rechtsstellung.. ., S. 756; Siegfried Seidel, Das Recht als Mittel der Menschenfüh-rung ..., S. 762). Es kommt entscheidend auf den Staatsbegriff an, wie Klaus J. Kreutzer (Zur Diskussion ...) richtig erkennt. Hat man den Staat im engeren Sinne im Auge, also im Sinne der Staatsorganisation, so ist der Betrieb schwerer einzuordnen, als wenn man vom weiteren Staatsbegriff ausgeht (s. Rz. 1-27 zu Art. 1). Als »Kollektiv« sozialistischer Werktätiger gehört der Betrieb sicher nicht zum Staatsapparat. Aber seine Existenz beruht auf dessen Willen (s. Rz. 22 zu Art. 42). Der Betrieb könnte deshalb als Staatsorgan bezeichnet werden, wenn man den weiteren Staatsbegriff zugrundelegt. Er ist aber kein »Machtorgan« im Sinne eines Verwaltungsorgans, sondern untersteht der politischen Leitung nicht nur der zentralen, sondern auch der örtlichen Organe der Staatsmacht, insbesondere der Städte (Gert Egler und andere, Funktion, Rechtsstellung ...). Auch für den Betrieb sind die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen verbindlich (s. Rz. 11 zu Art. 82). Er bildet eine eigene Kategorie, weil er seine Tätigkeit ausschließlich nach ökonomischen Gesichtspunkten ausrichten soll. Freilich wird auch Macht in ihm ausgeübt. So unterliegen die Betriebsangehörigen nach § 82 AGB den Weisungen des Betriebsleiters. Aber er entfaltet keine Macht nach außen.
In kritischer Sicht scheint die Diskussion in der DDR von einem falschen Ansatz auszugehen. Es kann nicht darum gehen, ob der Betrieb Staatsorgan ist oder nicht. Auch die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände sind nicht Staatsorgane (s. Rz. 6 zu Art. 41). Es kommt also darauf an, wie die Organe des Betriebes zu qualifizieren sind. Bis zur Novellierung des GBA, im November 1966, wurde der Betriebsleiter als Beauftragter der Ar-beiter-und-Bauern-Macht bezeichnet. Mit der Novelle vom 23.11.1966 [Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzbuches der Arbeit der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.11.1966, GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 111)] entfiel zwar diese Bezeichnung, in der Sache änderte sich jedoch nichts. Der Direktor des Betriebes, wie der Leiter des Betriebes in der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betrieben vom 8.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 355) (Kombinatsverordnung) - zuvor »Betriebsdirektor« [Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes v. 9.2.1967 (GBl. DDR II 1967, S. 121)] - genannt wird, untersteht dem Leiter des übergeordneten Organs, wird von ihm berufen und abberufen. Er ist ihm verantwortlich und rechenschaftspflichtig und erhält Weisungen nur vom Leiter des übergeordneten Organs (§ 32 Abs. 2 a.a.O.). Er hängt rechtlich nicht vom Vertrauen eines betrieblichen Organs ab. Der Betriebsleiter empfängt also seinen Auftrag von der Staatsorganisation. Die ihm verliehene Macht hat dort ihren Ursprung. Es liegt also nahe, sie als Ausübung von Staatsmacht zu qualifizieren, wenn sie auch anderer Natur ist als die der Verwaltungsorgane. Mit dem Amt des Betriebsdirektors ragt die Staatsorganisation in den Betrieb hinein. Nimmt man hinzu, daß der Betrieb ein Kollektiv von Werktätigen, ein Ausschnitt der sozialistischen Gesellschaft und als solcher organisiert ist, ist festzustellen, daß der Betrieb ein Ort der Integration von Staats- und Gesellschaftsorganisation ist, wie diese für die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung typisch ist.

24 f) Die Einordnung der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände in den Staat ist dagegen einfacher zu bestimmen. Trotz ihrer Anerkennung als Gemeinschaften haben sie ihre Eigenschaften als untere territoriale Verwaltungseinheiten der Staatsorganisation nicht verloren. Ihre Volksvertretungen sind Teile des einheitlichen Systems der Volksvertretungen, das nach Art. 5 Abs. 1 die Grundlage des Systems der Staatsorgane ist (s. Rz. 13-20 zu Art. 5). Damit sind sie eindeutig Orte der Integration der Staats- und Gesellschaftsorganisation.

25 g) Den Unterschieden zwischen den Betrieben einerseits und den Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden andererseits trägt die Verfassung dadurch Rechnung, daß sie ihre spezifischen Funktionen und die Grundprinzipien ihrer Verfassung in den Art. 42 und 43 gesondert bestimmt. Für die sozialistischen Produktionsgenossenschaften ist das in Art. 46 geschehen.

III. Der Schutz der Gemeinschaften durch die Verfassung und ihre Rechte

1. Institutionsgarantie

26 Wenn die Gemeinschaften unter den Schutz der Verfassung gestellt werden (Art. 41 Satz 3), so bedeutet das, daß sie als Institutionen garantiert werden. Es wäre also verfassungswidrig, würde die einfache Gesetzgebung oder die Praxis die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände abschaffen. (Wegen Grenzänderungen s. Rz. 60-67 zu Art. 81). 2


2. Rechte

27 a) Art. 41 Satz 4 spricht nur von »Eingriffen in ihre Rechte«, setzt also die Existenz von Rechten voraus. Diese sind als subjektive Rechte von Kollektiven im marxistisch-leninistischen Verständnis aufzufassen. Sie sind also als Betätigungsvollmachten zu verstehen (s. Rz. 13 zu Art. 19).

28 b) Indessen haben die Rechte der Gemeinschaften einen anderen Inhalt als die Rechte der Bürger. Sie sind nicht die Rechte, die in Art. 19-40 konstituiert sind. Ihre Rechte bestehen darin, daß ihre Eigenverantwortlichkeit und damit ihre Selbständigkeit beachtet wird.

29 c) Da diese Eigenverantwortlichkeit nur im Rahmen der zentralen staatlichen Leitung und Planung gegeben ist, sind die Rechte der Gemeinschaften durch die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung eingeschränkt.

30 d) Der Begriff der Eigenverantwortlichkeit ist so weit gespannt, daß er erst mit Inhalt gefüllt werden muß, um praktikabel zu sein. Die Ausfüllung wird von der Verfassung für die Betriebe nicht und für die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände nur unvollkommen (Art. 82) geleistet. Im wesentlichen wird die Festlegung der Rechte der Gemeinschaften der einfachen Gesetzgebung überlassen. Gleichzeitig werden dann die Aufgaben festgelegt, so daß auch hier die Einheit von Rechten und Pflichten gewahrt ist (s. Rz. 17-20 zu Art. 19). Orte der Fixierung der Rechte sind, wenigstens zur Zeit, nicht Gesetze im formalen Sinne. So sind z. B. die Rechte der Betriebe in der bereits genannten (s. Rz. 23 zu Art. 41) Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betrieben vom 8.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 355) (Kombinatsverordnung); zuvor: Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und WB v. 28.3.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 129) i.d.F. der Änderungsverordnung v. 27.8.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 405) (WB-VO) festgelegt. Für die Gemeinden gilt freilich seit dem 1.8.1973 mit dem Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313) ein Gesetz im formalen Sinne.

31 e) Wenn für Eingriffe eine gesetzliche Grundlage verlangt wird (Art. 41 Satz 4), so können damit nur Gesetze im formalen Sinne gemeint sein. Diesem Erfordernis der Verfassung ist jedoch nicht Genüge getan. Die Kombinatsverordnung enthält derartige Eingriffe.

32 f) Es besteht somit der eigenartige Zustand, daß die einfache Gesetzgebung sowohl die Rechte der Gemeinschaft festlegt als auch bestimmt, welche Eingriffe in die Rechte zulässig sind. Ausgeschlossen wird damit, daß in die Rechte ohne normative Grundlage eingegriffen wird. Darin liegt ein gewisser Schutz der Rechte. Aber dieser Schutz ist nur schwach.

33 g) Die Einordnung der Gemeinschaften in das politische System des Sozialismus bedeutet, daß sich ihre Mitwirkung in der zentralen Leitung und Planung auf die Funktion der Beratung beschränkt, wie das auch bei der Mitwirkung der Bürger der Fall ist (s. Rz. 33-41 zu Art. 5).

IV. Interpretation der Stellung

1. Kompetenzen

34 Versucht man, die Rechte der Gemeinschaften mit dem Begriffsarsenal der herkömmlichen Rechtslehre zu erfassen, bietet sich der Begriff der Kompetenz als Einheit von Befugnissen und der Verpflichtung, diese Befugnisse auszuüben, an.


2. Dekonzentration

35 Daraus ergibt sich, daß die Konstituierung der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinschaften in der Verfassung lediglich Raum für eine Dekonzentration im Rahmen des Strukturprinzips des demokratischen Zentralismus gibt (s. Rz. 12 zu Art. 2). Es bestätigt sich, daß die Selbständigkeit der Gemeinschaften nur relativ sein kann.
(Einzelheiten zu den Betrieben s. Rz. 77 zu Art. 42, zu den Gemeinden s. Rz. 10 zu Art. 43).

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 825-834 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅱ, Kap. 2, Art. 41, Rz. 1-35, S. 825-834).

Dokumentation Artikel 41 der Verfassung der DDR; Artikel 41 des Kapitels 2 (Betriebe, Städte und Gemeinden in der sozialistischen Gesellschaft) des Abschnitts Ⅱ (Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 212) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 444). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Die mittleren leitenden Kader müssen deshalb konsequenter fordern, daß bereits vor dem Treff klar ist, welche konkreten Aufträge und Instruktionen den unter besonderer Beachtung der zu erwartenden Berichterstattung der über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zum Beispiel das Nichtaufstehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der Untersuchungsabteilung. Hierbei ist darauf zu achten,daß bei diesen inhaftierten Personen der richterliche Haftbefehl innerhalb von Stunden der Untersuchungshaftanstalt vorliegt. Die gesetzliche Grundlage für die Durchsuchung inhaftierter Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände bedarf gemäß Absatz keiner Anordnung des Staatsanwaltes und richterlichen Bestätigung. Zur Durchsuchung Personen und derenmitgeführ-ten Sachen und anderen Gegenstände sowie die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit zur Vorbeugung und Verhinderung von in ät beizutragen. Das erfolgt durch den gezielten von Siche rungst chn Schaffuno von kriminalistischst? und Methoden solchen Umständen oder Situationen, die Feindhandlungen verhindern odfer;.

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