(1) Die örtlichen Volksvertretungen fassen Beschlüsse, die für ihre Organe und Einrichtungen sowie für die Volksvertretungen, Gemeinschaften und Bürger ihres Gebietes verbindlich sind. Diese Beschlüsse sind zu veröffentlichen.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen haben eigene Einnahmen und verfügen über ihre Verwendung.

Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 102
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I. Vorgeschichte

1. Verfassung von 1949

1 Das im Art. 139 der Verfassung von 1949 garantierte Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf Selbstverwaltung innerhalb der Gesetze schloß die Kompetenz zur Fassung verbindlicher Beschlüsse sowie zur eigenen Haushaltswirtschaft ein.


2. Einfache Gesetzgebung

2 Die Ordnungen von 1961 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 51); ; Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe (GBl. DDR I 1961, S. 52); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe (GBl. DDR I 1961, S. 75); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen (GBl. DDR I 1961, S. 99); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (gilt auch für Gemeinden ab 5 000 Einwohner) (GBl. DDR I 1961, S. 123); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe (GBl. DDR I 1961, S. 139); Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnngen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken v. 7.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 169)] gaben den örtlichen Vertretungen aller Stufen die Kompetenz, Beschlüsse zu fassen, die für den jeweiligen Rat und seine Fachorgane, die ihm unterstellten Betriebe und Einrichtungen, die Volksvertretungen der jeweils unteren Stufen und deren Räte sowie für die diesen unterstellten Betriebe und Einrichtungen und für alle Bürger des Territoriums verbindlich waren. Sie folgten damit § 7 lit. d des Gesetzes über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen v. 18.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 65, Ber. S. 120), in dem jedoch die staatlichen Organe der jeweils unteren Stufe noch nicht aufgeführt waren.


3. Haushaltswirtschaft

3 a) Durch das Gesetz über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1201) wurde der einheitliche Staatshaushalt der DDR geschaffen, in den auch die Haushalte der Kreise und Gemeinden einbezogen wurden. Damit war die Finanzhoheit der Gemeinden abgeschafft, das Rückgrat der kommunalen Selbstverwaltung gebrochen.

4 b) Eigene Einnahmen. Mit § 13 des Gesetzes über den Staatshaushaltsplan 1951 vom 13.4.1951 (GBl. DDR 1951, S. 283) wurde den Gemeinden die Gewerbe- und die Lohnsummensteuer entzogen. Damit wurde den Gemeinden ein wesentlicher Teil der eigenen Einnahmen genommen.
Im Zuge des 1963 einsetzenden Dekonzentrationsprozesses wurden den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden im Rahmen der Mittelzuweisung wiederum eigene Einnahmen überlassen. Das jährliche Staatshaushaltsplangesetz schrieb vor, daß die Bezirke und Kreise den Anteil der Steuern der sozialistischen Genossenschaften, der volkseigenen Betriebe der privaten Wirtschaft und der Betriebe mit staatlicher Beteiligung erhalten sollten. Gewisse Steuern wurden zu Gemeindesteuern erklärt.
Der Beschluß des Staatsrates der DDR über die Weiterentwicklung der Haushalts- und Finanzwirtschaft der Städte und Gemeinden vom 15.9.1967 (GBl. DDR I 1967, S. 111) verfügte im Abschnitt I Ziff. 3 weitere Schritte zur Erhöhung der planmäßigen Einnahmen der Städte und Gemeinden und zur Reduzierung des planmäßigen Haushaltszuschusses.


4. Entwurf

5 Im Entwurf hatte Art. 82 Abs. 1 folgenden Wortlaut: »Die örtlichen Volksvertretungen sind für die Ausarbeitung, Organisierung und Kontrolle der Durchführung des Volkswirtschafts- und Haushaltsplanes ihres Gebietes verantwortlich.« Art. 82 Abs. 3 des Entwurfs wurde im endgültigen Text Art. 82 Abs. 1.

II. Die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen

6 Art. 82 Abs. 1 hob die entsprechenden Bestimmungen der Ordnungen von 1961 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 51); ; Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe (GBl. DDR I 1961, S. 52); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe (GBl. DDR I 1961, S. 75); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen (GBl. DDR I 1961, S. 99); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (gilt auch für Gemeinden ab 5 000 Einwohner) (GBl. DDR I 1961, S. 123); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe (GBl. DDR I 1961, S. 139); Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnngen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken v. 7.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 169)] in Verfassungsrang.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Am 1.9.1985 trat ein neues Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik v. 4.7.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 213) in Kraft. Es enthielt keine grundsätzlich neue Konzeption, sondern war vor allem eine Reaktion auf die seit 1973 eingetretenen ökonomischen Veränderungen, insbesondere in der Industrie und Landwirtschaft sowie im Wohnungsbau. Die bisherigen Einwirkungs- und Kontrollmög-lichkeiten waren für nicht ausreichend erachtet worden, und es wurde der Versuch gemacht, diese neu zu formulieren. Schon aus dem Hinweis auf die weitere Stärkung der sozialistischen Staatsmacht konnte entnommen werden, daß nicht daran gedacht war, einen Schritt auf eine kommunale Selbstverwaltung hin zu machen. Das Gesetz betonte auch gleich zu Anfang die Suprematie der SED. Der Aufbau der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe blieb unverändert. Das Gesetz enthielt einen ausführlichen Zuständigkeitskatalog, in dem die Kompetenzen auf die einzelnen Stufen präziser festgelegt wurden.
Es blieb aber dabei, daß die jeweils höhere Stufe eingreifen und ihr Ermessen an die Stelle der unteren setzen konnte. Im Aufgabenkatalog war die Gestaltung und der Schutz der Umwelt ausführlich behandelt. An der Funktion und der Stellung der Abgeordneten hat sich nichts geändert, ebensowenig wie am Übergewicht der örtlichen Räte über die Volksvertretungen und des Vorsitzenden über die Mitglieder der Räte (Einzelheiten in ROW 5/ 1985, S. 284-287).


1. Ausdruck der Eigenverantwortlichkeit im Rahmen der zentralen Leitung und Planung

7 Die Kompetenz zur Fassung von verbindlichen Beschlüssen ist Ausdruck der Eigenverantwortlichkeit der örtlichen Volksvertretungen. Diese ist jedoch gemäß Art. 9 Abs. 3 nur im Rahmen der zentralen Leitung und Planung gegeben (s. Rz. 31 zu Art. 9).


2. Bindungskraft

8 a) Unterschiedliche Bindungskraft. Die von den örtlichen Volksvertretungen gefaßten Beschlüsse sind für ihre Organe und Einrichtungen sowie für die Volksvertretungen, Gemeinschaften und Bürger ihres Gebietes verbindlich. Die Verfassung verwendet in diesem Zusammenhang nicht den Begriff »allgemeinverbindlich«. Tatsächlich enthält Art. 82 Abs. 1 Satz 1 Verschiedenes.
Das Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 227-231) versucht eine Klärung. Es bringt den Begriff des »Beschlusses« unter den weitergehenden der »Entscheidung«. Es unterscheidet »normative«, »aufgabenstellende« Entscheidungen sowie »Einzelentscheidungen«. »Normative Entscheidungen sind allgemeinverbindliche Verhaltensregeln« (S. 227 a.a.O.). Aufgabenstellende Entscheidungen »ergehen entsprechend den objektiven Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung und hängen ab von den materiellen und finanziellen Mitteln, über die der sozialistische Staat verfügt« (S. 228). Derartige Entscheidungen können sowohl an eine Vielzahl von Adressaten als auch an wenige oder an einen einzelnen gerichtet sein (S. 229 a.a.O.). Einzelentscheidungen werden in vielfältiger Weise an einzelne gerichtet (S. 229 a.a.O.). Letztere entsprechen dem, was im herkömmlichen Verwaltungsrecht als Verwaltungsakt bezeichnet wird. Die beiden anderen Kategorien können mit der Rechtsverordnung und der Verwaltungsverordnung verglichen werden. Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkung dadurch, daß die erstgenannte für jedermann, die zweitgenannte nur für einen bestimmten Adressatenkreis verbindlich ist.
Das Lehrbuch »Verwaltungsrecht« entwickelt diese Unterscheidung freilich für die Tätigkeit der Räte als »vollziehend-verfügende« Organe vom Ministerrat abwärts (s. Rz. 23 zu Art. 83). Indessen kann sie auch hinsichtlich der Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen gemacht werden. Danach sind diese entweder allgemeinverbindlich (Beispiel: Stadtordnung/Ortssatzung, s. Rz. 19-21 zu Art. 82) oder nur für einen bestimmten Adressatenkreis verbindlich (Beispiel: Beschluß über den Abschluß eines Kommunalvertrages, s. Rz. 55 zu Art. 81). Das Fällen von Einzelentscheidungen ist dagegen wegen der Natur der Sache vor allem Angelegenheit der Räte und ihrer Fachorgane, obwohl wegen der konkurrierenden Kompetenzen zwischen örtlichen Volksvertretungen und Räten (s. Rz. 53 zu Art. 81) auch Einzelentscheidungen von örtlichen Volksvertretungen z. B. in Gestalt von Auflagen (Beispiel s. Rz. 21 zu Art. 82) möglich sind.

9 b) Entsprechend dem Prinzip des demokratischen Zentralismus sind die Volksvertretungen in ihrer Beschlußfassung nicht nur den staatlichen Rechtsnormen unterworfen, sondern auch an die Beschlüsse der jeweils höheren Volksvertretungen, die nicht normative Entscheidungen sind, gebunden.

10 c) Die in der Verfassung aufgeführten Organe der örtlichen Volksvertretungen sind die Räte und Kommissionen (Art. 83). Unter Einrichtungen sind Verwaltungseinheiten zu verstehen, die zur Erfüllung bestimmter Zwecke, etwa auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Fleilanstalten), des Bildungswesens (allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen), auf kulturellem Gebiet (Museen, Theater) den Volksvertretungen unterstellt sind. Die Rechtsform der Einrichtungen spielt keine Rolle; auch wenn sie zu juristischen Personen erklärt sind [wie etwa § 1 der AO über die Kunstsammlungen zu Weimar v. 14.4.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 218)], sind sie den Beschlüssen der örtlichen Volksvertretungen unterworfen.

11 d) Unter Gemeinschaften sind die eigenverantwortlichen Gemeinschaften, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten, im Sinne des Art. 41 zu verstehen (s. Rz. 5-7 zu Art. 41). Da die Volksvertretungen in den örtlichen Gemeinschaften ohnehin den Beschlüssen der höheren Volksvertretungen unterworfen sind (s. Rz. 9 zu Art. 82), hat die Aufführung der Gemeinschaften in Art. 82 Abs. 1 vor allem Bedeutung für die sozialistischen, d. h. sowohl für die volkseigenen wie auch für die genossenschaftlichen Betriebe.

12 e) Art. 82 verwendet den Begriff »Bürger ihres Gebietes«, nicht aber den Begriff »Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik«. Damit wird, wenn auch wenig geschickt, ausgedrückt, daß nicht nur die Staatsbürger der DDR den Beschlüssen der örtlichen Volksvertretungen unterworfen sind, sondern alle Menschen, die sich auf dem Territorium einer örtlichen Volksvertretung aufhalten - ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit. Der Wohnsitz ist nur entscheidend, wenn und soweit in einem Beschluß an diesen angeknüpft wird.


3. Gegenstand der Beschlüsse

13 Art. 82 Abs. 1 meint alle Beschlüsse, zu deren Fassung die örtlichen Volksvertretungen kraft Aufgabenbereich (s. Rz. 39-42 zu Art. 81), Zuständigkeit (s. Rz. 43-47 zu Art. 81) und Kompetenz (s. Rz. 48-53 zu Art. 81) berechtigt sind. Vor allem fallen darunter die Beschlüsse über die Pläne für die ökonomische, kulturelle und soziale Entwicklung des jeweiligen Territoriums, die Pläne für den Städtebau und die Siedlungsentwicklung sowie die Haushaltspläne.


4. Inhalt der Beschlüsse

14 Das GöV (§ 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2) legt die grundlegenden Anforderungen an die Gestaltung der Beschlüsse fest. Sie sollen »die für die Wahrnehmung der Verantwortung der örtlichen Volksvertretungen wichtigsten Aufgaben« festlegen. Sie sollen für die Bürger verständlich gestaltet werden. »Sie bilden die Grundlage für das einheitliche und koordinierte Handeln der an ihrer Verwirklichung Beteiligten.« Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 2.1. zu § 5) haben sie klare Aufgabenstellungen, genaue Termine und die exakte Verantwortung für die Realisierung auszuweisen. »Es ist darin festzulegen, was von wem in welcher Frist mit welchem Ziel sowie mit welchen Mitteln und Kräften zu tun ist.«


5. Vorbereitung der Beschlüsse

15 Die Vorbereitung der Beschlüsse ist Sache des Rates, der dabei mit den Kommissionen Zusammenwirken und die besten Erfahrungen sowie
die Vorschläge und Hinweise der Bürger auszuwerten hat. Dabei wird besonderer Wert auf die Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen Organisationen, vor allem den Gewerkschaften und der Nationalen Front gelegt (§ 5 Abs. 3 GöV). Weil die gesellschaftlichen Organisationen unter der Suprematie der SED stehen (s. Rz. 1-28 zu Art. 3), gewinnt so diese Partei ein zusätzliches Mittel der Einwirkung auf die örtlichen Volksvertretungen, obwohl nicht verkannt werden darf, daß dadurch in einem gewissen Maße auch partikuläre Interessen artikuliert werden können.


6. Veröffentlichung der Beschlüsse

16 Art. 82 Abs. 1 Satz 2 verpflichtet, die Beschlüsse zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist nach dem GöV (§ 5 Abs. 2 Satz 3) Sache des Rates. Sie ist spätestens innerhalb von sieben Tagen vorzunehmen. Das GöV spricht von »Bekanntmachung«, die an die für die Durchführung verantwortlichen Betriebe und Einrichtungen sowie an die Bürger erfolgen soll. Das Gesetz geht also über die Verfassung hinaus, weil es neben der Bekanntmachung an die Bürger (Veröffentlichung) auch eine spezielle an die Adressaten kennt, die durch schriftliche Mitteilung an diese erfolgt (GöV-Kommentar, Anm. 2.2. zu § 5). Ursächlich für diese Differenzierung ist, daß Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen sich dadurch unterscheiden, daß sie entweder für alle Bürger verbindlich sind, also normative Wirkung entfalten, oder nur für ihre Organe und Einrichtungen, untere Volksvertretungen und Gemeinschaften (Betriebe), also »verwaltungsintern« wirksam sind (s. Rz. 8 zu Art. 82).


7. Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse

17 Die Verfassung enthält keine Norm, derzufolge die örtlichen Volksvertretungen den Grundsatz der Einheit von Beschlußfassung und Durchführung zu verwirklichen haben, wie dies nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 für die Volkskammer gilt. Da dieser Grundsatz jedoch ein allgemeines Prinzip der marxistisch-leninistischen Staatslehre ist (s. Rz. 29 zu Art. 5), galt er seit jeher auch für die örtlichen Volksvertretungen. Das GöV (§ 5 Abs. 1) gibt diesem Grundsatz nunmehr auch normativen Ausdruck, wobei der Einheit von Beschlußfassung und Durchführung auch noch die Kontrolle hinzugefügt wird: »Die örtlichen Volksvertretungen verwirklichen als arbeitende Körperschaften durch ihre Tagungen, ihre Räte, ihre Kommissionen, durch das Wirken der Abgeordneten in den Betrieben, Kombinaten, Genossenschaften und Einrichtungen sowie in den Wohngebieten die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle.« Weil indessen der technische Ablauf der Durchführung, aber auch der Kontrolle nicht von den Volksvertretungen selbst vorgenommen werden kann - das ergibt sich aus ihrer Struktur als Gremien, die aus ehrenamtlich Tätigen zusammengesetzt sind und nur relativ selten zusammentreten -, ist die Durchführung und Kontrolle vor allem Sache der Räte, die Kontrolle auch der Kommissionen (Art. 83).


8. Kompetenz zur Beschlußfassung als eigenes Recht der örtlichen Gemeinschaften

18 Art. 82 Abs. 1 legt für die örtlichen Gemeinschaften ein »Recht« im Sinne des Art. 41 Satz 4 fest, in das nur auf der Gmndlage von Gesetzen eingegriffen werden kann. Da jedoch die Volksvertretungen der örtlichen Gemeinschaften ebenfalls den Beschlüssen der jeweils höheren Volksvertretungen unterworfen sind, ist das Recht aus Art. 82 Abs. 1 mehr einschränkbar, als es Art. 41 Satz 4 vermuten ließe. Die Verfassung bringt auch an dieser Stelle nur eine Grundsatzbestimmung, mit der allein wenig anzufangen ist. Entscheidend sind die Regelungen der einfachen Gesetzgebung, durch die sowohl die Rechte als auch die zulässigen Eingriffe in diese Rechte festgelegt sind (s. Rz. 26-32 zu Art. 41). Weil Art. 82 Abs. 1 in gleicher Weise für alle örtlichen Volksvertretungen gilt, bedeutet Art. 41 Satz 4 für die Volksvertretungen in den örtlichen Gemeinschaften keinen zusätzlichen Schutz.


9. Stadtordnungen/Ortssatzungen

19 a) Rechtsgrundlagen. Eine besondere Art der Beschlüsse mit normativer Wirkung im Sinne des Art. 82 Abs. 1 sind Stadtordnungen und Ortssatzungen. Im einfachen Gesetzesrecht haben sie im GöV (§55 Abs. 6) eine generelle Rechtsgrundlage. Rechtsgrundlagen für die Regelung in bestimmten Bereichen sind in einer Reihe von gesetzlichen Bestimmungen zu finden so in § 4 Abs. 2 Gesetz über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der Deutschen Demokratischen Republik - Landeskulturgesetz - v. 14.5.1970 (GBl. DDR Ⅰ 1970, S. 67), wonach die Volksvertretungen der Städte und Gemeinden in den Ortssatzungen die Rechte und Pflichten der Betriebe und Bürger bei der Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in ihrem Territorium festlegen dürfen, oder in der Verordnung über die Erhöhung der Verantwortung der Räte der Städte und Gemeinden für Ordnung, Sauberkeit und Hygiene im Territorium vom 19.2.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 149) in der Fassung der Verordnung vom 24.6.1971 (GBl. DDR II 1971, S. 465).

20 b) Inhalt. Im allgemeinen enthalten die Stadtordnungen oder Ortssatzungen nach dem GöV-Kommentar (Anm. 6.1. zu § 55) Regelungen über
- Sauberhaltung öffentlicher Straßen, Wege, Plätze, Grünanlagen und Wälder:
Straßenreinigung,
Ordnung und Sauberkeit auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, in Wäldern und Grünanlagen sowie auf öffentlichen Verkehrsanlagen,
Anforderungen bei Schneefall und Eisglätte,
Straßenwinterdienst;
- Beseitigung von Siedlungsabfall:
Abfuhr und Lagerung von Haus- und Sperrmüll, von Bauschutt, Fäkalien und Industrieabfällen,
Erfassen von Küchenabfällen und Altstoffen;
- Gestaltung, Schutz und Pflege der heimatlichen Natur:
Gestaltung, Schutz und Pflege der Grünanlagen,
Nutzung und Schutz der Gewässer,
Schutz der Bürger vor Lärm,
Reinhaltung der Luft,
Schutz der Pflanzen- und Tierwelt, geschützte Objekte;
- Gestaltung des Stadtbildes durch Beleuchtung, Außenwerbung, Fassadengestaltung und Instandsetzung:
Leuchtwerbung und Beleuchtung,
Plakatierung und Sichtwerbung,
Errichten und Verändern von Bauwerken der Bevölkerung sowie Instandsetzung baulicher Anlagen;
- Sonderordnungen:
Sondernutzung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze,
Volksfeste, Märkte, ambulanter Handel und andere Veranstaltungen,
Tierhaltung;
- Erzieherische Maßnahmen, moralische und materielle Anerkennung, materielle und ordnungsstrafrechtliche Verantwortung:
Maßnahmen zur Durchsetzung der Stadtordnung bzw. Ortssatzung,
Sanktionen,
Rechtsmittel,
Ordnungsstrafhinweise;
- Schlußbestimmungen.

21 c) Durchsetzung. Die Städte und Gemeinden haben die Einhaltung der von ihnen erlassenen Stadtordnungen und Ortssatzungen zu kontrollieren (§55 Abs. 6 Satz 1, 2. Hälfte GöV). Sie sind deshalb berechtigt, von den Leitern der ihnen nicht unterstellten Betriebe, Kombinate und Einrichtungen Rechenschaft über die Erfüllung ihrer Pflichten zu verlangen (§ 7 Satz 5 Landeskulturgesetz). Das GöV (§ 55 Abs. 6 Satz 2) berechtigt die Stadtverordnetenversammlung bzw. Gemeindevertretung, auf der Grundlage der Rechtsvorschriften den Betrieben, Kombinaten, Genossenschaften und Einrichtungen in ihrem Territorium sowie den Bürgern Auflagen zur Sauberhaltung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zu erteilen. Die Vorsitzenden, deren Stellvertreter und die hauptamtlichen Mitglieder der Räte der Städte und Gemeinden können in den gesetzlich festgelegten Fällen wegen der Verletzung von Bestimmungen in den Stadtordnungen bzw. Ortssatzungen Ordnungsstrafverfahren durchführen und Ordnungsstrafmaßnahmen aussprechen [§ 7 Gesetz zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten - OWG - v. 12.1.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 101)]. Unter Umständen kann auch der Ersatz für Mehraufwendungen und Schäden verlangt werden (§ 38 Landeskulturgesetz).


10. Besondere Pflichten der übergeordneten Organe

22 a) Bei der Planung. Den örtlichen Volksvertretungen und ihren Organen sind rechtzeitig vor der Beschlußfassung über Pläne vollständig bilanzierte und aufeinander abgestimmte staatliche Plankennziffern und andere verbindliche Vorgaben zu übergeben. Diese Verpflichtung haben sowohl die zentralen staatlichen Organe (Ministerrat, Ministerien und andere zentrale Staatsorgane) gegenüber den Räten der Bezirke, als auch die Räte der Bezirke gegenüber den Räten der Kreise und die Räte der Kreise gegenüber den Räten der Städte und Gemeinden, damit die nachgeordneten Räte ihren Volksvertretungen die entsprechenden Vorlagen machen können. »Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Räte sind berechtigt, die Übergabe solcher Vorgaben zu fordern« (GöV-Kommentar, Anm. 4 zu § 5). Nur wenn diese Regelung eingehalten wird, sind die örtlichen Volksvertretungen in der Lage, Beschlüsse über die Pläne zu fassen, die mit den übergeordneten Plänen und vor allem mit den gesamtstaatlichen Plänen im Einklang stehen. Eine Sanktion für die Verletzung dieser Verpflichtung ist nicht vorgesehen. Es ist auch kaum vorstellbar, daß sie nicht eingehalten wird. Denn auf ihr beruht das Funktionieren der zentralen Planung.

23 b) Einbeziehung der nachgeordneten Volksvertretungen in die Beschlußfassung. Eine Neuerung des GöV war die Einbeziehung untergeordneter Organe in die Willensbildung der übergeordneten Organe. Es wurde damit einer neuen Deutung der demokratischen Komponente des Strukturprinzips des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 13 zu Art. 2) Rechnung getragen. So bestimmt das GöV (§ 5 Abs. 5), daß die nachgeordneten Volksvertretungen in die Ausarbeitung von Entscheidungen einzubeziehen sind, welche die materiellen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse der Bürger ihres Territoriums berühren. Es soll so erreicht werden, »daß die Entscheidungen mit denjenigen Staatsorganen vorher beraten werden, die für ihre Realisierung eine hohe Verantwortung tragen« (GöV-Kommentar, Anm. 5 zu § 5). Die Einbeziehung einer nachgeordneten Volksvertretung ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Beschluß der übergeordneten Volksvertretung. Die Regelung verstärkt lediglich das konsultative Element. Die Vorstellungen der unteren Organe können so bei der Willensbildung der höheren bis hinauf zur Volkskammer artikuliert werden. Mehr ist jedoch nicht möglich. Eine Pflicht, die Vorstellungen unterer Organe zu berücksichtigen, besteht nicht. Über die Praxis liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor. Offenbar spielt die Regelung in ihr keine große Rolle.


11. Suspensionsrecht der übergeordneten Räte

24 Der Ministerrat hat nach dem Ministerratsgesetz von 1972 [§ 8 Abs. 5 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (MinRG) v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253)] das Recht, Beschlüsse der Bezirkstage auszusetzen, die den Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften widersprechen. (Wegen des Aufhebungsrechts des Staatsrates s. Rz. 6 zu Art. 70.)
Die übergeordneten örtlichen Räte können die Durchführung von Beschlüssen, wenn diese gegen Gesetze, andere Rechtsvorschriften oder Beschlüsse höherer Volksvertretungen verstoßen, bis zur Entscheidung der höheren Volksvertretung aussetzen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 GöV). (Wegen des Aufhebungsrechts s. Rz. 52 zu Art. 81).
Damit trifft der übergeordnete Rat eine Vorentscheidung über die Aufhebung des Beschlusses einer örtlichen Volksvertretung, die nicht nachzuvollziehen der übergeordneten Volksvertretung nicht möglich ist, es sei denn, sie würde ihren Rat desavouieren wollen -ein in Anbetracht der Machtstruktur in der DDR unvorstellbarer Fall. Die Dominanz des Rates über die Volksvertretung seiner Stufe im Zeichen des demokratischen Zentralismus wird auch in dieser Regelung deutlich.

III. Haushaltswirtschaft

1. Grundsätzliches

25 a) Stärkung der eigenen Verantwortung. Das Recht auf eigene Einnahmen und zur Verfügung über ihre Verwendung soll der Stärkung der eigenen Verantwortung der örtlichen Volksvertretungen dienen. Für die Volksvertretungen der örtlichen Gemeinschaften ist dieses Recht gleichzeitig ein Recht im Sinne des Art. 41 Satz 4. Da indessen alle Volksvertretungen das Recht auf eigene Einnahmen und auf ihre Verwendung haben, stellt es die Volksvertretungen der örtlichen Gemeinschaften nicht anders als die übrigen örtlichen Volksvertretungen.

26 b) Rahmenbestimmung. Art. 82 Abs. 2 ist lediglich eine Rahmenbestimmung, die durch die einfache Gesetzgebung mit Inhalt ausgefüllt ist.


2. Haushalt

27 a) Bestandteil des Staatshaushalts. Die eigenen Einnahmen und ihre Verwendung sind grundsätzlich Gegenstand des einheitlichen Staatshaushalts, der nach § 2 Satz 1 der Staatshaushaltsordnung [Gesetz über die Staatshaushaltsordnung der Deutschen Demokratischen Republik - Kassenordnung des Staatshaushaltes - v. 13.12.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 383)] aus
(1) dem zentralen Haushalt, der die Haushalte der zentralen Staatsorgane umfaßt,
(2) den Haushalten der Bezirke und Kreise und
(3) den Haushalten der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände als eigenverantwortlicher Gemeinschaften sowie
(4) dem Haushalt der Sozialversicherung als selbständigem Bestandteil des Staatshaushalts innerhalb des zentralen Haushalts besteht (s. Rz. 82-90 zu Art. 9).
Alle Haushalte sind nach § 2 Satz 2 a.a.O. im Staatshaushalt organisch miteinander verbunden. Das gilt auch für die Haushalte der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände als eigenverantwortlicher Gemeinschaften. Daraus ergibt sich, daß alle örtlichen Volksvertretungen, auch die in den örtlichen Gemeinschaften, über ihre Einnahmen und deren Verwendung nur nach den zentral gegebenen Führungsgrößen beschließen können.

28 b) Die Haushalts- und Finanzwirtschaft der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe steht in engstem Zusammenhang mit der Planung des »gesellschaftlichen Lebens im Territorium«. Dabei wird in zunehmendem Maße auf eine langfristige Planung Wert gelegt. Nach dem durch das GöV aufgehobenen Staatsratsbeschluß vom 16.4.1970 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik »Die weitere Gestaltung des Systems der Planung und Leitung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, der Versorgung und Betreuung der Bevölkerung in den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden« - zur Entwicklung sozialistischer Kommunalpolitik - v. 16.4.1970 (GBl. DDR I 1970, S. 39), aufgehoben durch § 74 Abs. 2 Nr. 25 GöV] mußte die zentrale staatliche Planung und Leitung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung mit der Eigen Verantwortung der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Räte auf dem Gebiet der Haushalts- und Finanzwirtschaft durch langfristige staatliche Haushaltsnormative als einer staatlichen Kennziffer verbunden werden. Obwohl die Staatshaushaltsordnung (§ 9 Abs. 2) die Volksvertretungen der Städte, Stadtbezirke, Gemeinden und Gemeindeverbände berechtigt, langfristige Haushaltspläne, unterteilt nach Jahren, aufzustellen und zu beschließen, geht das GöV (§§ 22, 37, 56) entsprechend der Staatshaushaltsordnung (§ 8 Abs. 3 Satz 1) von einem jährlichen Haushaltsplan aus, sichert aber den Volksvertretungen der Städte und Gemeinden einen für mehrere Jahre gleichbleibenden Anteil an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes oder an den Einnahmen der Bezirke zu (§§ 37 Abs. 2 Satz 3, 56 Abs. 2 Satz 2 GöV, s. Rz. 34 zu Art. 82). Eine gewisse Kontinuität in der Haushalts- und Finanzwirtschaft ergibt sich ferner daraus, daß seit 1976 Fünfjahrpläne zur gesellschaftlichen Entwicklung der Bezirke und Kreise bestehen, welche die wichtigsten Maßnahmen zur territorialen Sicherung der Leistungsentwicklung der Betriebe, Kombinate, Genossenschaften und Einrichtungen sowie zur Verbesserung der Ar-beits- und Lebensbedingungen der Werktätigen enthalten. Diese Fünfjahrpläne sind zugleich »Richtschnur für die Ausarbeitung der Jahrespläne und Haushaltspläne, die von allen örtlichen Volksvertretungen - der Bezirke, Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden - auf Vorschlag ihrer Räte beschlossen werden« (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 373).

29 c) Das GöV verweist einheitlich für den Bezirkstag und den Rat des Bezirkes (§ 22 Abs. 1 GöV), den Kreistag (Stadtverordnetenversammlung im Stadtkreis) und den Rat des Kreises (Stadtkreises) (§ 37 Abs. 1 GöV) sowie die Volksvertretungen der Städte und Gemeinden und ihre Räte (§ 56 Abs. 1 Satz 1 GöV) auf die Staatshaushaltsordnung als die normative Grundlage für die Entscheidung über die Haushalts- und Finanzwirtschaft. (Wegen der Einzelheiten dazu s. Rz. 82-90 zu Art. 9).


3. Einnahmen

30 a) Der Begriff der eigenen Einnahmen wird in der Verfassung nicht näher bestimmt. Seine Ausfüllung ist der einfachen Gesetzgebung überlassen. Es bedeutet aber auf keinen Fall, daß die örtlichen Volksvertretungen nach eigenem Ermessen über die Erschließung von Einnahmequellen beschließen dürfen. Da für die Erhebung von Steuern und Abgaben das Legalitätsprinzip gilt (s. Rz. 92 zu Art. 9), können die örtlichen Volksvertretungen Einnahmen aus Steuern und Abgaben nur auf der Grundlage von Gesetzen haben. Dazu kommen die Gewinne aus den Betrieben und Einrichtungen, die den örtlichen Volksvertretungen unterstellt sind.
Das GöV konkretisiert den Begriff der »eigenen Einnahmen«.

31 b) Für die Bezirke sind es die folgenden (§ 22 Abs. 2 GöV):
- Abführungen der den Räten der Bezirke unterstellten Betriebe und Kombinate sowie der Konsumgenossenschaften: Die Einzelheiten legt das jährliche Gesetz über den Staatshaushaltsplan fest. In der Regel sind es die Nettogewinnabführung, die Produktionsfonds- und Handelsabgabe.
- Einnahmen der Fachorgane des Rates und der unterstellten Einrichtungen:
Gebühren und Entgelte, die die Bevölkerung für die Inanspruchnahme von Leistungen zu zahlen hat.
- Anteile an Steuern und Abgaben des zentralen Haushalts: Einzelheiten dazu werden jährlich im Gesetz über den Staatshaushaltsplan festgelegt. Im Grunde handelt es sich bei diesen Einnahmen nicht um »eigene« Einnahmen.
- Anteil an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes: Hierbei handelt es sich um eine Art Finanzausgleich. Denn »mit diesem Anteil sichert der sozialistische Staat über den einheitlichen Staatshaushalt, daß alle örtlichen Staatsorgane die Aufgaben des Jahresplanes aus planmäßigen eigenen Einnahmen finanzieren können, sofern die (anderen) genannten Einnahmen dafür nicht bereits ausreichen« (GöV-Kommentar, Anm. 2.1. zu § 22).

32 c) Die Einnahmequellen der Kreise entsprechen denen der Bezirke (§ 37 Abs. 2 Satz 1 GöV). In den Stadtkreisen kommen die Gemeindeabgaben hinzu (§ 56 Abs. 1 und Abs. 3 GöV).

33 d) Die Einnahmen der Städte und Gemeinden sind folgende (§ 56 Abs. 2 und 3 GöV):
- Abführungen der den Räten der Städte und Gemeinden unterstehenden Betriebe (Betriebe der Stadt- und Gemeindewirtschaft, Baureparaturbetriebe sowie Dienstleistungsbetriebe für die Bevölkerung),
- Einnahmen aus den Gemeindeabgaben.
Diese sind
Grundsteuer [§ I Grundsteuergesetz in der Fassung v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 676)]
Vergnügungsteuer [Verordnung über die Erhebung der Vergnügungsteuer v. 18.7.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 381), Zweite Verordnung über die Erhebung der Vergnügungsteuer v. 27.5.1964 (GBl. DDR II 1964, S. 559)]
Hundesteuer [Verordnung über die Erhebung der Hundesteuer v. 18.7.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 385)]
in staatlich anerkannten Kurorten:
Kurtaxe [Erste Durchführungsbestimmung zur Kurort-VO - Staatliche Anerkennung als Kurort oder Erholungsort - v. 6.3.1968 (GBl. DDR II 1968, S. 115)]
- Mittel aus Wettspielumsätzen,
- Einnahmen der Fachorgane der Räte sowie der unterstellten Einrichtungen:
Gebühren und Entgelte, die die Bevölkerung für die Inanspruchnahme von Leistungen zu zahlen hat,
- Anteile an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes. Auch hier handelt es sich um eine Art Finanzausgleich (s. Rz. 31 zu Art. 82).

34 e) Entscheidung über die Anteile der untergeordneten Volksvertretungen. Über den Anteil der Bezirke an Steuern und Abgaben des zentralen Haushaltes und an den Gesamteinnahmen des Staatshaushalts wird durch den jährlichen Staatshaushaltsplan durch die Volkskammer entschieden. Über die Anteile der Kreise an Steuern und Abgaben des zentralen Haushaltes und an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes, die dem Bezirk nach dem Gesetz über den Staatshaushaltsplan zustehen, sowie über die Anteile der Kreise an den Einnahmen der Bezirke entscheidet der Bezirkstag (§ 22 Abs. 2 Satz 2 GöV). Über die Anteile der Städte und Gemeinden an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes und den Einnahmen des Bezirkes, soweit sie dem Kreis entsprechend dem Beschluß des Bezirkstages zustehen, entscheidet die Volksvertretung des Kreises. Der Anteil an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes und an den Einnahmen des Bezirkes ist für mehrere Jahre gleichbleibend festzulegen (§§ 37 Abs. 2 Satz 3, 56 Abs. 2 Satz 2 GöV). Erhöhungen des Anteils an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes und Kürzungen sind jedoch auf der Grundlage der im Volkswirtschaftsplan vorgeschobenen Entwicklung zulässig bzw. dann, wenn Gesetze der Volkskammer, Verordnungen oder Beschlüsse des Ministerrates Auswirkungen auf die geplanten Einnahmen und Ausgaben haben, eine Änderung in der Unterstellung von Betrieben und Einrichtungen erfolgt oder sich die staatlichen Auflagen für die unterstellten Betriebe und Einrichtungen in den Folgejahren wesentlich verändern. Es sind also Sicherheitsventile vorhanden, um ungünstige Auswirkungen einer langfristigen Festlegung zu verhindern.


4. Einzug der Einnahmen und Leistung der Ausgaben

35 Die Erhebung von Steuern und Abgaben ist Sache der Räte der Kreise. Sie haben die nach den Rechtsvorschriften von ihnen einzuziehenden Einnahmen des zentralen Haushaltes vollständig und termingerecht »zu realisieren« und an den zentralen Haushalt abzufuhren (§ 37 Abs. 3 Satz 1 GöV). Ferner haben die Räte der Kreise die Ausgaben des zentralen Haushaltes entsprechend den Rechtsvorschriften zu leisten, abzurechnen und deren zweckentsprechende Verwendung zu kontrollieren. Dafür haben sie Fachorgane, die Abteilungen Finanzen (s. Rz. 107 zu Art. 9).


5. Verwendung der Einnahmen

36 a) Über die Verwendung der Einnahmen beschließen die örtlichen Volksvertretungen durch den Haushaltsplan entsprechend den Plänen für die gesellschaftliche Entwicklung in den Territorien. Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Räte setzen ihre finanziellen Mittel zur Finanzierung der planmäßigen Aufgaben ein (Bezirke: § 22 Abs. 3 Satz 1, Kreise: § 37 Abs. 4 Satz 1, Städte und Gemeinden: § 56 Abs. 4 Satz 1 GöV). Alle Einnahmen des Haushaltes sind allgemeine Deckungsmittel (GöV-Kommentar, Anm. 3.1. zu § 22). Jedoch kann in Rechtsvorschriften auch eine Zweckbildung angeordnet werden (GöV-Kommentar, Anm. 4.1. zu § 56).

37 b) Die Finanzierung zusätzlicher Investitionen für die Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie für Rationalisierungs- und Werterhaltungsmaßnahmen ist zulässig, aber nur, wenn dafür materielle Reserven erschlossen werden und die Erfüllung der bestätigten Investitions- und Werterhaltungspläne gesichert ist (§§ 22 Abs. 3 Satz 2, 37 Abs. 4 Satz 2, 56 Abs. 4 Satz 2 GöV). Bevor z. B. Baumaterialien oder Baukapazitäten zusätzlich eingesetzt werden, muß sichergestellt sein, daß die Planaufgaben auch erfüllt werden. Zusätzliche Erhaltungs- und Investitionsmaßnahmen können finanziert werden durch
- Mehreinnahmen bzw. Minderausgaben sowie Haushaltsreserven,
- den Fonds der Volksvertretung (s. Rz. 39 zu Art. 82).

38 c) Verfügen die Volksvertretungen am Jahresende über nicht verbrauchte Mittel aus geplanten Investitionen und Werterhaltungsmaßnahmen, die den geplanten Kassenbestand übersteigen, sind sie auf den Fonds für Grundmittel zu übertragen (§§ 22 Abs. 4 Satz 1, 37 Abs. 5 Satz 1, 56 Abs. 5 Satz 1 GöV). Dieser Fonds ist nach dem Beschluß zur Richtlinie über die Verwendung des Fonds für Grundmittel der örtlichen Staatsorgane zur Finanzierung planmäßiger Investitionen und Werterhaltungsmaßnahmen - Auszug - vom 27.2.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 253) zur Finanzierung planmäßiger Investitionen und Werterhaltungsmaßnahmen einzusetzen. Es ist nicht statthaft, diese Mittel für zusätzliche Investitionen und Werterhaltungsmaßnahmen zu verwenden (GöV-Kommentar, Anm. 5.1. zu § 56).

39 d) Alle weiteren über den geplanten Kassenbestand hinaus vorhanden Mittel sind dem Fonds der Volksvertretung zuzuführen (§§ 22 Abs. 4 Satz 3, 37 Abs. 5 Satz 3, 56 Abs. 5 Satz 3 GöV). Dieser durch den Beschluß des Staatsrates der DDR über die Weiterentwicklung der Haushalts- und Finanzwirtschaft der Städte und Gemeinden vom 15.9.1967 (GBl. DDR I 1967, S. 111) geschaffene Fonds wurde durch die Staatshaushaltsordnung aufrechterhalten (§ 18). In ihm waren gewisse, früher getrennt geführte und teilweise zweckgebundene finanzielle Fonds zusammengefaßt. Der Fonds der Volksvertretung kann im Rahmen der Rechtsvorschriften für zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen eingesetzt werden. Aber auch hier besteht insofern eine Bindung, als die Mittel vorrangig zur Sicherung des Kassenbestandes eingesetzt werden müssen, wenn Rückstände in der Planerfüllung nicht aufgeholt werden können, wodurch am Jahresende der planmäßige Kassenbestand nicht erreicht wird. Immerhin ist der Fonds der Volksvertretung die einzige Möglichkeit für die örtlichen Organe, außerplanmäßig über Mittel zu verfugen. Sie ist nur bescheiden.


6. Besonderheiten für Gemeinden und kreisangehörige Städte

40 a) Aufnahme von Krediten. Die Volksvertretungen der Städte und Gemeinden können Kredite in Anspruch nehmen, »um die planmäßigen Aufgaben zu finanzieren und die Initiative der Bürger zur Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens und zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen wirksam zu fördern« (§ 56 Abs. 2 Satz 1 GöV). Einzelheiten ergeben sich aus der Verordnung vom 15.12.1970 [Verordnung über die Finanzierung des Baues volkseigener Wohnungen und des Baues staatlicher Einrichtungen v. 15.12.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 764)].

41 b) Erhöhung der finanziellen Mittel in Gemeinden und kreisangehörigen Städten. Mit dem Beschluß des Ministerrates vom 30.8.1973 [Beschluß über Maßnahmen zur Erhöhung finanzieller Mittel in Gemeinden und kreisangehörigen Städten zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürger v. 30.8.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 454)] und dem Ergänzungsbeschluß vom 27.2.1975 [Ergänzungsbeschluß dazu v. 27.2.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 254)] erhielten die Volksvertretungen und Räte der Gemeinden und kreisangehörigen Städte die Befugnis, bereits im Planentwurf mehr finanzielle Mittel aufzunehmen, als ihnen mit den staatlichen Aufgaben vom Kreis vorgegeben wurde. Voraussetzung ist, daß materielle Reserven nachgewiesen werden, die durch Initiativen der Betriebe und Bürger für die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen erschlossen werden können. Solche zusätzlichen Mittel können auch dann gewährt werden, wenn bei der Plandurchführung ein zusätzlicher Finanzbedarf durch Initiativen ausgelöst wurde, deren Auswirkungen zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Planes noch nicht exakt berechnet werden konnten. Es dürfen aber nur solche zusätzlichen Investitionen und größeren Erhaltungsmaßnahmen, soweit sie Baumaterial und Baukapazitäten erfordern, in den Plan aufgenommen werden, die vom Rat des Kreises bestätigt worden sind. Offenbar sind die Auswirkungen dieser Möglichkeiten gering. Im GöV-Kommentar (Anm. 2.3. zu § 56) heißt es dazu:
»Die bisherigen Erfahrungen zeigen, daß in den Städten und Gemeinden viel geleistet und geschaffen wurde; sie lehren aber auch, daß im Interesse der Sicherung des Planes und einer straffen Ordnung und Disziplin keine Stadt oder Gemeinde all das, was sie nicht in den Plan bekommt, trotzdem über diesen Beschluß auf diese oder jene Weise realisieren kann.«


7. Schlußfolgerung

42 Der Verfassungssatz, demzufolge die örtlichen Volksvertretungen eigene Einnahmen haben und über ihre Verwendung verfügen, erfährt durch die einfache Gesetzgebung eine so restriktive Auslegung, daß er fast zur Bedeutungslosigkeit zusammenschrumpft. Die Einordnung der örtlichen Organe in den nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 7-14 zu Art. 2) strukturierten Staat und die zentrale Leitung und Planung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung auf der Grundlage des sozialistischen Eigentums an den Produktionsmitteln und unter der Suprematie der SED (s. Rz. 29 zu Art. 2) lassen nichts anderes zu.

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 1148-1159 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅲ, Kap. 4, Art. 82, Rz. 1-42, S. 1148-1159).

Dokumentation Artikel 82 der Verfassung der DDR; Artikel 82 des Kapitels 4 (Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe) des Abschnitts Ⅲ (Aufbau und System der staatlichen Leitung) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 219) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 452). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität begangen haben, sind bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäß den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit unter Operative Personenkontrolle zu stellen. RückfluBinformation Form der Informierung auf der Grundlage von Auftragsersuchen anderer Diensteinheiten Staatssicherheit oder eigener operativ bedeutsamer Feststellungen;. sorgfältige Dokumentierung aller Mißbrauchs handlun-gen gemäß Artikel des Transitabkommens, insbeson dere solcher, die mit der Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit zur Vorbeugung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, den er zunehmend raffinierter zur Verwirklichung seiner Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition sowie zur Inspirierung und Organisierung feindlich-negativer Handlungen. Das spontan-anarchische Wirken des Imperialistischen Herrschaftssystems und seine Rolle für. das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Das Wirken der innerhalb der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sowie die Schaffung der grundlegenden Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus ist das erklärte Ziel der Politik unserer Partei.

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