(1) Der Ministerrat ist ein kollektiv arbeitendes Organ. Für die Tätigkeit des Ministerrates tragen alle seine Mitglieder die Verantwortung. Jeder Minister leitet verantwortlich das ihm übertragene Aufgabengebiet. (2) Der Ministerrat bildet aus seiner Mitte das Präsidium des Ministerrates. (3) Der Vorsitzende des Ministerrates leitet den Ministerrat und das Präsidium. (4) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer setzt der Ministerrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen Ministerrates durch die Volkskammer fort.
Ursprüngliche Fassung des Artikel 80, Absatz 4, Satz 2, Absatz 6 und Absatz 8 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik:
(4) (Der Ministerrat......) Er wird vom Vorsitzenden des Ministerrates geleitet. (5) Der Ministerrat bildet aus seiner Mitte das Präsidium des Ministerrates. Es wird vom Vorsitzenden des Ministerrates geleitet. (6) Jeder Minister leitet verantwortlich das ihm übertragene Aufgabengebiet. Für die Tätigkeit des Ministerrates tragen alle seine Mitglieder die Verantwortung. (7) .............(s. Art. 76) (8) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer setzt der Ministerrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen Ministerrates durch die Volkskammer fort.
Ursprüngliche Fassung des Artikel 78, Absatz 1, Satz 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik:
(1) (Der Ministerrat......) Er ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
I. Der Ministerrat als Kollektivorgan
1. Verfassungsnovelle von 1974
1 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurde in Art. 80 Abs. 1 der Inhalt des Art. 78 Abs. 1 Satz 2 a.F. und des Art. 80 Abs. 6 a.F. zusammengefaßt. Diese Zusammenfassung ist insofern sinnvoll, als die Regelungen die Stellung der Mitglieder des Ministerrates in diesem Organ betreffen.
2. Stellung der Mitglieder des Ministerrates
2 Die Stellung der Mitglieder des Ministerrates ist, wie in einer Regierung üblich, eine doppelte. Die Mitglieder des Ministerrates gehören zum einen diesem Organ an, zum anderen sind sie die Leiter von Aufgabengebieten, die in der Regel von Ministerien oder anderen zentralen Staatsorganen verwaltet werden. Nur der Vorsitzende des Ministerrates und seine beiden Ersten Stellvertreter leiten keine speziellen Aufgabengebiete (s. Rz. 18-25 zu Art. 80). Die Stellung der Mitglieder des Ministerrates unterscheidet sich also von der Stellung der Mitglieder des Staatsrates, die nicht Leiter von speziellen Aufgabengebieten sind.
3. Ministerrat als kollektiv arbeitendes Organ
3 Im Unterschied zum Staatsrat (s. Rz. 12 zu Art. 67) wird der Ministerrat als kollektiv arbeitendes Organ bezeichnet [Art. 80 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (MinRG) v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253)]. Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 109) soll die Kollektivität in der Tätigkeit des Ministerrates darin zum Ausdruck kommen, »daß alle grundlegenden Fragen der staatlichen Innen- und Außenpolitik ausgehend von den Beschlüssen der Partei der Arbeiterklasse auf den Tagungen des Ministerrates kollektiv beraten und entschieden werden«. Der Kollektivität in der Tätigkeit des Ministerrates steht jedoch eine hervorgehobene Stellung des Vorsitzenden des Ministerrates nicht entgegen (s. Rz. 18-25 zu Art. 80).
4. Verantwortung der Mitglieder des Ministerrates
4 Jedes Mitglied des »Kollektivs« Ministerrat ist nach dem Ministerratsgesetz von 1972 (§ 10 Abs. 1 Satz 2) für die kollektive Tätigkeit, die Vorbereitung der Entscheidungen und für deren Durchführung verantwortlich. So wird Art. 80 Abs. 1 Satz 2 in der einfachen Gesetzgebung präzisiert. Das bedeutet, daß ein Mitglied des Ministerrates eine Entscheidung dieses Organs auch dann mitzutragen hat, wenn es ihr nicht zugestimmt hat.
5. Leiter einer Behörde
5 Die Stellung als Leiter einer Behörde (zentralen staatlichen Organs) legt Art. 80 Abs. 1 Satz 3 fest.
6. Arbeitsweise des Ministerrates
6 a) Nach Art. 97 der Verfassung von 1949 hatte der Ministerpräsident die Geschäfte der Regierung nach einer Geschäftsordnung zu leiten. Diese war von der Regierung zu beschließen und der Volkskammer mitzuteilen.
7 b) Die Verfassung von 1968/1974 schreibt eine Geschäftsordnung des Ministerrates nicht vor. Es ist anzunehmen, daß eine solche besteht, wenn auch über ihren Inhalt nichts bekanntgeworden ist.
9 d) Der Ministerrat arbeitet nach Arbeitsplänen (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 111).
10 e) Zahl der Sitzungen. Bis 1963 tagte der Ministerrat nur alle 6 Wochen, also relativ selten im Verhältnis zu einer Regierung in parlamentarisch-demokratischen Staaten. Seitdem tagt er häufiger. Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 111) tagt der Ministerrat in der Regel alle 14 Tage.
7. Kontinuität der Amtsführung
11 Der Kontinuität der Amtsführung dient die Vorschrift des Art. 80 Abs. 4 (= Art. 80 Abs. 8 a.F.), derzufolge der Ministerrat nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen Ministerrates durch die Volkskammer fortsetzt. Die Bestimmung ist deplaziert. Sie hätte ihren Ort besser in Zusammenhang mit Art. 79 Abs. 3 (Amtsperiode des Ministerrates) gefunden.
II. Das Präsidium des Ministerrates
1. Unter der Verfassung von 1949
12 a) Die Verfassung von 1949 sah ein Präsidium des Ministerrates nicht vor. Jedoch wurde ohne normative Grundlage ein solches im Sommer 1952 gebildet. Es sollte die Arbeit des Ministerrates koordinieren und straffen. Es bestand aus dem Ministerpräsidenten, dem Vorsitzenden, den Stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission und dem Vorsitzenden der Zentralen Kontrollkommission.
13 b) § 5 des Ministerratsgesetzes von 1954 gab dem Präsidium des Ministerrates eine gesetzliche Grundlage. Danach hatte der Ministerrat aus seiner Mitte ein Präsidium zu bilden, das die dem Ministerrat zustehenden Befugnisse wahrzunehmen hatte, wenn dieser nicht tagte. § 5 des Ministerratsgesetzes von 1958 bestätigte die Institution des Präsidiums des Ministerrates. Nach § 5 Abs. 2 a.a.O. oblag es diesem, »in operativer Durchführung der von der Volkskammer oder dem Ministerrat getroffenen grundsätzlichen Entscheidungen die wesentlichsten Aufgaben auf politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gebieten zu beraten und zu beschließen«. Ihm wurde das Recht übertragen, im Rahmen der Durchführung seiner Aufgaben Verordnungen zu erlassen und andere Entscheidungen zu treffen. § 9 des Ministerratsgesetzes von 1963 bestätigte abermals die Institution des Präsidiums.
2. Unter der Verfassung von 1968/1974
14 a) Verfassungsrechtliche Regelung. Art. 80 Abs. 5 a.F. gab dem Präsidium des Ministerrates eine verfassungsrechtliche Grundlage, ohne dessen Kompetenzen näher zu bestimmen.
15 b) Zu den Kompetenzen des Präsidiums des Ministerrates heißt es im Ministerratsgesetz von 1972 (§11 Abs. 2 und 3), daß dieses auf der Grundlage der Beschlüsse des Ministerrates zwischen den Tagungen des Ministerrates dessen Funktionen wahrnimmt. Seine Entscheidungen gelten als Entscheidungen des Ministerrates (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 111). Außerdem bereitet es grundlegende Entscheidungen für die Beschlußfassung im Ministerrat vor. Es soll die Tätigkeit des Ministerrates auf die von ihm zu lösenden Aufgaben konzentrieren.
16 c) Zugehörigkeit. Das Ministerratsgesetz von 1972 (§ 11 Abs. 1) präzisiert den Verfassungssatz über die Bildung des Präsidiums des Ministerrates dahingehend, daß der Ministerrat über die Zusammensetzung des Präsidiums zu beschließen hat. Im September 1981 gehörten dem Präsidium des Ministerrates der Vorsitzende des Ministerrates, die beiden Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden und die anderen Stellvertreter des Vorsitzenden sowie der Minister der Finanzen, der Leiter des Amtes für Preise, der Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft sowie der Minister für Außenhandel an.
17 d) Die Bedeutung des Präsidiums des Ministerrates seit 1963, also seit der Zeit, in der der Ministerrat häufiger Zusammentritt, ist gesunken. Nach außen tritt es kaum mehr in Erscheinung. Inwieweit es intern tätig wird, indem es Beschlüsse des Ministerrates vorbereitet, kann nicht beurteilt werden. Da die Beschlüsse des Ministerrates von den Beschlüssen der obersten Gremien der SED abgeleitet werden müssen, bleibt für eine vorbereitende Tätigkeit des Präsidiums des Ministerrates kaum Raum.
III. Der Vorsitzende des Ministerrates
1. Verfassung von 1949
18 Nach der Verfassung von 1949 (Art. 98 Abs. 1) hatte der Ministerpräsident die Richtlinien der Regierungspolitik nach Maßgabe der von der Volkskammer aufgestellten Grundsätze zu bestimmen.
2. Verfassung von 1968
19 Nach Art. 80 Abs. 4 Satz 2 a.F. hatte der Vorsitzende des Ministerrates den Ministerrat, nach Abs. 5 Satz 2 a.F. das Präsidium des Ministerrates zu leiten. Schon das bedeutete trotz des Charakters des Ministerrates als eines kollektiven Organs für diesen eine hervorgehobene Stellung. Denn Leitung bedeutete auch hier mehr als nur die Führung des Vorsitzes in Sitzungen. Jedoch war die Stellung des Vorsitzenden des Ministerrates nicht mit der Stellung des Vorsitzenden des Staatsrates zur Zeit der Personalunion zwischen diesem Amt und dem Amte der Ersten Sekretärs des ZK der SED (s. Rz. 10 zu Art. 69) zu vergleichen.
3. Ministerratsgesetz von 1972
20 a) Nach dem Funktionsverlust des Staatsrates und der damit verbundenen Aufwertung des Ministerrates nach der Auflösung der Personalunion am 3.5.1971 wurde die Stellung des Vorsitzenden durch das Ministerratsgesetz von 1972 (§ 12) wesentlich verstärkt. Er soll »die Kollektivität bei der Verwirklichung der dem Ministerrat übertragenen Aufgaben« gewährleisten. Schon damit wird er aus dem Kollektiv »Ministerrat« herausgehoben. Zur Erfüllung seiner Leitungsfunktion wurden ihm wichtige Kompetenzen übertragen.
21 b) Zusammengefaßt handelt es sich um folgende: (1) Völkerrechtliche Vertretung der DDR im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung [§ 12 Abs. 2 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (MinRG) v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253)], (2) Übertragung des Rechts der Anleitung und Kontrolle gegenüber zentralen Staatsorganen, deren Leiter nicht Mitglied des Ministerrates sind, an Mitglieder des Ministerrates (§ 12 Abs. 3 a.a.O.), (3) Normsetzung in Form von Anordnungen (§ 12 Abs. 4 Satz 1 a.a.O.), (4) Weisungsrecht gegenüber den Mitgliedern des Ministerrates und den Leitern der anderen Staatsorgane und Kontrolle über die Durchführung der Weisungen (§ 12 Abs. 4 Satz 2 a.a.O.), (5) Disziplinarbefugnis für die Mitglieder des Ministerrates und die Leiter anderer zentraler Staatsorgane [§ 18 Verordnung über die Pflichten, die Rechte und die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter in den Staatsorganen v. 19.2.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 163)], (6) Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der Räte der Bezirke (§12 Abs. 5 Satz 1 Ministerratsgesetz von 1972), (7) Weisungsrecht gegenüber den Vorsitzenden der Räte der Bezirke (§ 12 Abs. 5 Satz 2 a.a.O.), (8) Aufhebungsrecht hinsichtlich von Entscheidungen der Mitglieder des Ministerrates, Leiter der anderen Staatsorgane sowie der Vorsitzenden der Räte der Bezirke, wenn diese den Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften widersprechen (§ 12 Abs. 6 a.a.O.), (9) Verleihung der vom Ministerrat gestifteten staatlichen Auszeichnungen [§ 2 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über die Stiftung und Verleihung staatlicher Auszeichnungen v. 7.4.1977 (GBl. DDR I 1977, S. 106)].
4. Verfassungsnovelle von 1974
22 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurden Art. 80 Abs. 4 Satz 2 a.F. und Art. 80 Abs. 5 Satz 2 a.F. zu Art. 80 Abs. 3 zusammengefaßt. An den Kompetenzen des Vorsitzenden des Ministerrates nach der einfachen Gesetzgebung änderte sich nichts.
5. Die Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates
23 Die Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates vertreten diesen allgemein und haben daher kein spezielles Aufgabengebiet. Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 112) nehmen sie weiterhin arbeitsteilig mit den Mitgliedern des Ministerrates und Leitern anderer zentraler Staatsorgane Aufgaben zur Leitung und Planung von Zweigen und Bereichen der Volkswirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens wahr. Wie die Arbeitsteilung zwischen den beiden Ersten Stellvertretern des Vorsitzenden des Ministerrates aussieht, ist nicht bekannt.
6. Die anderen Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministettates
24 Die anderen Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates leiten jeweils ein bestimmtes Aufgabengebiet. Normativ ist ihr Zuständigkeitsbereich niemals geregelt worden. In den fünfziger Jahren hatten sie vor allem Koordinierungsfunktionen.
7. Der Apparat des Ministerrates
25 Insbesondere zur Unterstützung des Vorsitzenden und seiner beiden Ersten Stellvertreter besteht beim Ministerrat ein Apparat, dessen Aufgaben und Organisation freilich nicht normativ festgelegt sind. Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 114) besteht dieser aus dem Sekretariat des Ministerrates, der Arbeitsgruppe für Organisation und Inspektion sowie Abteilungen. Hinzugekommen sind eine Arbeitsgruppe »Rationelle Energieverwendung« sowie eine »Hauptverwaltung«. Die Leiter der genannten Teilapparate haben den Rang von Staatssekretären. Der Leiter der »Hauptverwaltung« ist außerdem Generalleutnant, was darauf schließen läßt, daß diese dem Sicherungsbereich zuzuordnen ist. Das Sekretariat (Büro) des Ministerrates gibt das Gesetzblatt heraus [§ 4 Verordnung über das Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik v. 16.8.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 571)].
IV. Die Ministerien und andere zentrale Staatsorgane, deren Leiter dem Ministerrat angehören
1. Klassifizierung
26 Das Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 118) definiert die Ministerien als vollziehend-verfügende Organe des Staatsapparates zur Leitung und Planung der Zweige der Volkswirtschaft sowie anderer gesellschaftlicher Bereiche. Während das Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen« (S. 193) zwischen »Linienorganen«, »Funktionalorganen« und »Stabsorganen« unterscheidet (s. Rz. 37 zu Art. 9), trifft das Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 115) eine andere Klassifizierung. Es unterscheidet a) Industrieministerien, b) andere wirtschaftsleitende Ministerien, c) Ministerien für die Leitung gesellschaftlicher Bereiche außerhalb der materiellen Produktion, d) Ministerien mit Querschnittsaufgaben (Funktionalaufgaben). Zu den letztgenannten werden auch die zentralen Staatsorgane gerechnet, die nicht Ministerien sind. Die Linienorgane sind sachbezogen unterteilt. Im einzelnen wird folgende Klassifizierung vorgenommen (S. 116):
27 a) Ministerien und andere Organe mit Querschnittsaufgaben Staatliche Plankommission Ministerium der Finanzen Ministerium der Justiz Komitee der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der DDR Ministerium für Wissenschaft und Technik Ministerium für Materialwirtschaft Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft Staatssekretariat für Arbeit und Löhne Amt für Preise Staatsbank der DDR Staatliches Vertragsgericht
28 b) Industrieministerien Ministerium für Kohle und Energie Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau Ministerium für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau Ministerium für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik Ministerium für Chemische Industrie Ministerium für Glas- und Keramikindustrie Ministerium für Leichtindustrie Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie
29 c) andere wirtschaftsleitende Ministerien Ministerium für Bauwesen Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft Ministerium für Geologie Ministerium für Außenhandel Ministerium für Handel und Versorgung Ministerium für Verkehrswesen Ministerium für Post- und Fernmeldewesen
30 d) Ministerien für die Leitung gesellschaftlicher Bereiche außerhalb der materiellen Produktion Ministerium für Volksbildung Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen Ministerium für Gesundheitswesen Ministerium für Kultur
31 e) Ministerien für Sicherheit - Verteidigung - Auswärtige Angelegenheiten Ministerium des Innern Ministerium für Nationale Verteidigung Ministerium für Staatssicherheit Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten.
32 In dieser Aufstellung ist die Gruppierung um eine weitere Sparte (e) vermehrt. Ursächlich für diese Unsicherheit in der Klassifizierung ist, daß die Bildung der Ministerien nach pragmatischen, nicht aber nach systematischen Gesichtspunkten erfolgt. Daher ist eine nachträgliche Systematisierung mit Schwierigkeiten verbunden und kann kaum zu allseits befriedigenden Ergebnissen führen.
2. Leitung
33 a) Nach Art. 98 Abs. 2 der Verfassung von 1949 hatte jeder Minister innerhalb der vom Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien (s. Rz. 18 zu Art. 80) den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig unter eigener Verantwortung gegenüber der Volkskammer zu leiten. Nach dem Ministerratsgesetz von 1954 (§ 6 Abs. 1 Satz 1) leitete jeder Minister einen bestimmten Zweig der staatlichen Verwaltung. Das Ministerratsgesetz von 1958 (§ 6 Abs. 1 Satz 1) legte fest, daß die Mitglieder des Präsidiums und des Ministerrates bestimmte Zweige der staatlichen Verwaltung zu leiten hatten. Das Ministerratsgesetz von 1963 verzichtete auf eine entsprechende Festlegung. Aber es war klar, daß die Minister Leiter eines bestimmten Zweiges der staatlichen Verwaltung blieben. Jedoch traf das nicht unbedingt mehr auf die Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates zu.
34 b) In der Verfassung von 1968 war Art. 80 Abs. 1 Satz 3 der Art. 80 Abs. 6 Satz 1. Der Wortlaut wurde nicht verändert. Damit wurde die Stellung des Ministers als Behördenchef verfassungsrechtlich fixiert. Obwohl die Leiter der zentralen Staatsorgane, die Mitglieder des Ministerrates sind, nicht eigens aufgeführt sind, gilt für sie das gleiche.
35 c) Das geht aus dem Ministerratsgesetz von 1972 (§ 14 Abs. 1) hervor. Danach leiten die Minister und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane die ihnen übertragenen Verantwortungsbereiche nach dem Prinzip der Einzelleitung. Sie haben die Pflicht, die »Durchführung der Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse, der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften in eigener Verantwortung zu sichern und die hierzu erforderlichen Entscheidungen zu treffen«. Mittel der Leitung sind die Weisungen, die als verbindliche Festlegungen von staatlichen Leitern sowohl innerhalb des staatlichen Leitungsprozesses im Rahmen von Unterstellungsverhältnissen, aber auch kraft ausdrücklicher Ermächtigung außerhalb der Unterstellung ergehen können (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 242/243).
36 d) Das Prinzip der Einzelleitung wird ergänzt durch das Prinzip der kollektiven Beratung als eines Einzelaspekts des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 11 zu Art. 47). Zur Beratung des Ministers sollten schon 1952 Kollegien gebildet werden [Verordnung über die Bildung von Kollegien v. 17.7.1952 (MinBl. DDR 1952, S. 109)]. Für sie gilt eine Geschäftsordnung [Geschäftsordnung für die Kollegien in den Ministerien, den Staatssekretariaten und anderen zentralen Organen der Regierung v. 12.2.1953 (ZBl.DDR 1953, S. 55)]. Nach dem Ministerratsgesetz von 1972 (§ 14 Abs. 2) haben die Minister und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane zu gewährleisten, daß die Grundfragen ihrer Verantwortungsbereiche kollektiv beraten werden. Die Existenz der Kollegien als beratende Organe wird bestätigt. Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 125) besteht ein Kollegium aus 10-15 Mitgliedern. Das sind: der Minister, der Staatssekretär, die Stellvertreter des Ministers, Leiter von Hauptverwaltungen, Abteilungen, Leiter von unterstellten Organen, Betrieben, Kombinaten und wissenschaftlichen Einrichtungen. Die Zusammensetzung wird vom Minister vorgeschlagen und vom Ministerrat bestätigt. Manche Ministerien haben besondere Beratungsorgane. So besteht bei dem Ministerium für Gesundheitswesen der Rat für Planung und Koordinierung der medizinischen Wissenschaft [Anordnung über das Statut des Rates für Planung und Koordinierung der medizinischen Wissenschaft beim Ministerium für Gesundheitswesen v. 1.10.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 577)].
3. Informations- und Konsultationspflicht
37 Das Ministerratsgesetz von 1972 (§ 14 Abs. 3-5) legt für die Mitglieder des Ministerrates und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane weitere Pflichten fest. Danach sind sie verpflichtet, »die Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse und des Ministerrates vor den örtlichen Volksvertretungen, ihren Räten sowie den Werktätigen zu erläutern und mit ihnen deren Durchführung zu beraten«. Sie haben zu gewährleisten, daß die fortgeschrittensten Erfahrungen verallgemeinert und die Vorschläge der Werktätigen ausgewertet werden. Die Mitglieder des Ministerrates und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane haben also eine mit einer Konsultationspflicht gemischte Informationspflicht. Damit soll der demokratischen Komponente des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 13 zu Art. 2) erhöhtes Gewicht gegeben werden, ohne daß damit freilich der Dominanz der zentralistischen Komponente Abbruch getan wird. Die Mitglieder des Ministerrates und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane sollen auch dafür sorgen, daß sich das mittlere Funktionskorps ebenso verhält. Sie haben nämlich zu sichern, »daß die leitenden Mitarbeiter der Staatsorgane, der wirtschaftsleitenden Organe der Betriebe, Kombinate und Einrichtungen das Vertrauensverhältnis zu den Werktätigen vertiefen, sie über die zu lösenden Aufgaben informieren, mit ihnen deren Durchführung beraten und ihre Teilnahme an der Leitung und Planung fördern«. Die genannten Spitzenfunktionäre des Staatsapparates haben auch »nach oben« eine Informationspflicht. Sie haben nämlich »den Ministerrat oder den Vorsitzenden des Ministerrates über alle für die gesellschaftliche Entwicklung bedeutsamen Erfahrungen und Erkenntnisse sowie über alle die Staatsinteressen berührenden Vorkommnisse sofort zu informieren«.
4. Rechtsetzung
38 a) Weder die Verfassung von 1949 gab noch die von 1968/1974 gibt den Ministem die Kompetenz zur Rechtsetzung.
39 b) Einfache Gesetzgebung. Indessen wurde im Ministerratsgesetz von 1954 (§ 6 Abs. 2) den Mitgliedern des Ministerrates die Befugnis gegeben, »auf der Grundlage und in Durchführung der Gesetze der Volkskammer und der Beschlüsse des Ministerrates Anordnungen, Durchführungsbestimmungen und Verfügungen zu erlassen«. Eine entsprechende Regelung enthielt das Ministerratsgesetz von 1958 (§ 6 Abs. 1 Satz 3). Nach dem Ministerratsgesetz von 1963 (§ 9 Abs. 4) waren die Mitglieder des Ministerrates ermächtigt, »auf der Grundlage und zur Durchführung der Beschlüsse des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, die die staatliche Tätigkeit betreffen, der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, der Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates sowie der Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates Anordnungen und Durchführungsbestimmungen zu erlassen, die allgemein verbindlich sind«. Nach dem Ministerratsgesetz von 1972 (§ 8 Abs. 3 Satz 1) erlassen die Mitglieder des Ministerrates Rechtsvorschriften in Form von Anordnungen und Durchführungsbestimmungen. Sie können also auch ohne spezielle Ermächtigung Rechtsnormen (Anordnungen) setzen. Außerdem können sie speziell (durch Gesetz oder Verordnung) ermächtigt werden, Recht zu setzen (Durchführungsbestimmungen). Den Leitern zentraler Staatsorgane, die nicht Mitglied des Ministerrates sind, kann das Recht zum Erlaß von Anordnungen und Durchführungsbestimmungen übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 a.a.O.). Das Recht zum Erlaß von Anordnungen wird durch Beschluß des Ministerrates übertragen, das Recht zum Erlaß von Durchführungsbestimmungen durch spezielle Ermächtigung in Gesetzen und Verordnungen.
5. Aufbau und Struktur
40 Nach dem Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 126) ist jedes Ministerium in Struktureinheiten gegliedert. Grundlegende Struktureinheit ist die Abteilung, die in Sektoren untergliedert ist. Manche Ministerien haben Hauptabteilungen oder Hauptverwaltungen. Bei den Struktureinheiten werden zwei grundlegende Typen unterschieden: der funktionelle und der lineare Typ. Struktureinheiten vom funktionellen Typ haben Querschnittsaufgaben zu lösen wie Planung, Bilanzierung, Technik, Materialwirtschaft, internationale Zusammenarbeit. Die linearen Struktureinheiten leiten bestimmte Zweige und Bereiche im Verantwortungsbereich des Ministeriums. Außerdem bestehen in den Ministerien Stabsabteilungen, die vorrangig prognostische und analytische Arbeit leisten. Ständiger Vertreter des Ministers ist der Staatssekretär. Außerdem gibt es in der Regel in den Ministerien »Stellvertreter des Ministers«, die Struktureinheiten leiten. Grobstuktur und Stellenplan werden vom Ministerrat bestätigt. Im einzelnen wird die Organisationsstruktur vom Minister festgelegt.
6. Statuten
41 Viele Ministerien haben ein Statut. Darin werden sie als zentrale Organe des Ministerrates für bestimmte, darin genannte Aufgabenbereiche bezeichnet. Die Statuten erklären die Ministerien (und andere zentrale Staatsorgane) zu »juristischen Personen« (zur Diskussion des Begriffes der juristischen Person s. Rz. 33 zu Art. 42). Damit sind sie fähig, selbständig im Rechtsverkehr aufzutreten, Rechte zu erwerben, z. B. als Rechtsträger von Volkseigentum, Arbeitsverträge abzuschließen, also auch Pflichten zu übernehmen. In dieser Eigenschaft werden sie nicht hoheitlich als Staatsorgane tätig, sie treten also nicht als Vertretung der DDR im Rechtsverkehr auf. Ferner werden sie als »Haushaltsorgane« bezeichnet, also als Organe, die unmittelbar vom Staatshaushalt erfaßt werden und einen Einzelplan des Staatshaushalts haben. Die Statuten legen die Leitung durch den Minister fest (s. Rz. 33-36 zu Art. 80), bestimmen für manche Ministerien, daß sie ein eigenes Publikationsorgan (»Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für ...«) herausgeben. Für die Industrieministerien besteht ein Rahmenstatut [Rahmenstatut für die Industrieministerien - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 133)], nach dessen Muster die Statuten dieser Ministerien abgefaßt sind. In manchen Statuten werden die Organisation des Ministeriums in groben Zügen umrissen und die unterstellten Dienststellen aufgeführt. In den Statuten der Industrieministerien werden die untergeordneten Wirtschaftseinheiten bezeichnet. Die Statuten beruhen auf Beschlüssen des Ministerrates, ergehen also auf Grund seiner Organisationsgewalt (s. Rz. 12 zu Art. 78).
43 Die Aufgaben der meisten Ministerien und zentralen Staatsorgane, deren Leiter Mitglieder des Ministerrates sind, sind an anderer Stelle dargestellt (s. Aufstellung am Schluß dieses Abschnittes). Bei den übrigen handelt es sich um folgende:
44 a) Nach dem Statut des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten vom 18.2.1970 [Verordnung über das Statut des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten v. 18.2.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 173)] obliegt ihm: (1) die komplexe wissenschaftliche Vorbereitung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Außenpolitik in Zusammenarbeit mit anderen auf Teilgebieten der staatlichen Außenbeziehungen tätigen Organen des Ministerrates, d. h. vor allem in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Außenwirtschaft; (2) die Durchführung der Aufgaben auf außenpolitisch-diplomatischem und staatlich-auslandsinformatorischem Gebiet; (3) die komplexe wissenschaftliche Analyse und Prognose der internationalen Entwicklung sowie die Planung der Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik im Zusammenwirken mit anderen auf Teilgebieten der staatlichen Außenbeziehungen tätigen Organen des Ministerrates; (4) die Planung, Leitung und Koordinierung der Forschung auf dem Gebiet der Außenpolitik, des Völkerrechts und der Regionalwissenschaften. Dabei stützt es sich auf das Institut für Internationale Beziehungen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR [§ 7 Statut der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR - Beschluß des Ministerrates v. 16.6.1978 (GBl. DDR Ⅰ 1978, S. 220)] (s. Rz. 47 zu Art. 17); (5) Planung, Förderung und Koordinierung der Entwicklung der Beziehungen im Bereich der Wissenschaft, Bildung und Kultur zu anderen Staaten und zwischenstaatlichen Organisationen im Rahmen der dazu getroffenen Festlegungen; (6) der Abschluß, die Vorbereitung des Abschlusses bzw. Mitwirkung bei der Vorbereitung des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge sowie die Kontrolle der Einhaltung und Durchführung der abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge entsprechend den bestehenden Regelungen (s. Rz. 41 zu Art. 66 und 46 zu Art. 76). Ratifikations-, Annahme- und Beitrittsurkunden werden außer vom Vorsitzenden des Staatsrates vom Minister für Auswärtige Angelegenheiten unterzeichnet [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Aufgaben des Staatsrates bei der Ratifikation und Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen der Deutschen Demokratischen Republik v. 22.3.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 181)]; (7) Vertretung der Rechte und Interessen der DDR gegenüber anderen Staaten. Unterstützung der Bürger und juristischen Personen der DDR bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und Interessen gegenüber anderen Staaten, deren Bürgern und juristischen Personen. Einzelheiten dazu sind im Konsulargesetz vom 21.12.1979 [Gesetz über die konsularische Tätigkeit der Auslandsvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik - Konsulargesetz - v. 21.12.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 464)] (s. Rz. 8 zu Art. 33) festgelegt. (8) die Zusammenarbeit mit den Vertretungen anderer Staaten in der DDR, Vermittlung des Verkehrs anderer Organe des Ministerrates, gesellschaftlicher Organisationen, Institutionen und Betriebe sowie der Bürger der DDR mit diesen Vertretungen. Einzelheiten sind in der VO über den Verkehr mit diplomatischen Missionen und anderen Vertretungen ausländischer Staaten in der DDR vom 2.5.1963 [Verordnung über den Verkehr mit diplomatischen Missionen und anderen Vertretungen ausländischer Staaten in der Deutschen Demokratischen Republik v. 2.5.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 270)] geregelt. Danach sind unter diplomatischen Missionen und anderen Vertretungen ausländischer Staaten zu verstehen: Botschaften, Gesandtschaften, andere diplomatische Missionen, Konsulate und Handelsvertretungen fremder Staaten, die in der DDR ihren Sitz haben. Deren Status ist in der VO über den Status der diplomatischen Missionen und der ihnen gleichgestellten Vertretungen ausländischer Staaten in der DDR vom 2.5.1963 [Verordnung über den Status der diplomatischen Missionen und der ihnen gleichgestellten Vertretungen ausländischer Staaten in der Deutschen Demokratischen Republik v. 2.5.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 269)] geregelt; (9) die Ausstellung von Pässen, die Erteilung von Visa zur Ausreise aus der DDR und zur Einreise in die DDR und fiir Transitreisen im Rahmen seiner Zuständigkeit [§ 5 Paßgesetz der Deutschen Demokratischen Republik v. 28.6.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 148); §§ 2, 6, 7 und 8 Anordnung über Paß- und Visaangelegenheiten (Paß- und Visaordnung - PVAO) v. 28.6.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 151)].
46 c) Wegen der Aufgaben der übrigen Ministerien und anderer zentraler Staatsorgane, deren Leiter Mitglied des Ministerrates sind: für das Ministerium für Außenhandel s. Rz. 111 zu Art. 9, das Ministerium für Bauwesen s. Rz. 55 zu Art. 9,11 zu Art. 37, das Ministerium der Finanzen s. Rz. 74, 75 zu Art. 9, das Ministerium für Gesundheitswesen s. Rz. 35 zu Art. 17,10 zu Art. 35, das Ministerium für Handel und Versorgung s. Rz. 58 zu Art. 9, das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen s. Rz. 35 und 55 zu Art. 17, die Industrieministerien s. Rz. 42-54 zu Art. 9, das Ministerium der Justiz s. Rz. 43 ff. zu Art. 92, das Ministerium für Kultur s. Rz. 13 zu Art. 18, 35 zu Art. 17, das Ministerium für Materialwirtschaft s. Rz. 41 zu Art. 9, das Ministerium für Nationale Verteidigung s. Rz. 32 zu Art. 7, 35 zu Art. 17, das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen s. Rz. 69 zu Art. 9, das Ministerium für Staatssicherheit s. Rz. 75, 76 zu Art. 7, das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft s. Rz. 11 zu Art. 12, 36 zu Art. 15, das Ministerium für Verkehrswesen s. Rz. 60 zu Art. 9, das Ministerium für Volksbildung s. Rz. 30 zu Art. 17, das Ministerium für Wissenschaft und Technik s. Rz. 35 zu Art. 17, das Amt für Preise s. Rz. 78 zu Art. 9, das Amt für Jugendfragen s. Rz. 60 zu Art. 80, die Staatliche Plankommission s. Rz. 38 zu Art. 9, das Staatliche Vertragsgericht s. Rz. 102,103 zu Art. 42, die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik s. Rz. 79 zu Art. 9, die Arbeiter-und Bauern-Inspektion s. Rz. 72 ff. zu Art. 80, das Staatsekretariat für Arbeit und Löhne s. Rz. 50 zu Art. 80.
V. Andere zentrale Staatsorgane
1. Stellung
47 a) Die zentralen Staatsorgane, deren Leiter nicht kraft Gesetzes Mitglied des Ministerrates sind, sind diesem Organ unterstellt. Wie die Ministerien haben sie häufig Statuten, in denen ihr Aufgabenbereich bezeichnet ist. In ihrer Tätigkeit überwiegen Querschnittsaufgaben. Für die Tätigkeit und Organisation gelten im wesentlichen die gleichen Prinzipien wie für die Ministerien (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 130). So gilt auch für sie das Prinzip der Einzelleitung bei kollektiver Beratung. Auch bei ihnen können Kollegien bestehen. Sie sind juristische Personen und Haushaltsorganisationen. Den Leitern zentraler Staatsorgane, die nicht Mitglied des Ministerrates sind, kann das Recht zum Erlaß von Anordnungen und Durchführungsbestimmungen übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Ministerratsgesetz von 1972, vorher § 9 Abs. 5 Ministerratsgesetz von 1963).
48 b) Die zentralen Staatsorgane, die nicht Ministerien sind, unterscheiden sich nach ihrer Bezeichnung. Sie können Staatssekretariate mit eigenem Geschäftsbereich, staatliche Komitees, staatliche Ämter oder staatliche Verwaltungen sein. Indessen sind die Unterschiede nicht grundsätzlicher Natur.
2. Staatssekretariate
49 Die Staatssekretariate mit eigenem Geschäftsbereich werden von Staatssekretären geleitet. Es bestehen nur noch drei:
50 a) Das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne ist aus dem Staatlichen Amt für Arbeit und Löhne entstanden (Neues Deutschland vom 9. 8. 1972). Es hat eine wechselhafte Geschichte. Durch das Gesetz vom 11.2.1958 [§ 10 Abs. 1 Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates in der Deutschen Demokratischen Republik v. 11.2.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 117)] war beim Ministerrat das Komitee für Arbeit und Löhne gebildet worden, dem die Verantwortung für die grundsätzlichen Fragen der Arbeitsproduktivität, der Arbeitskräfte, des Arbeitsschutzes, der Lohnpolitik und des Arbeitsrechts übertragen worden war. Durch das Ministerratsgesetz von 1958 (§ 7 Abs. 3) war das Komitee der Staatlichen Plankommission unterstellt worden. Im Herbst 1964 war das Komitee in die Kommission und durch Beschluß des Ministerrates vom 12.12.1965 in das Staatliche Amt für Arbeit und Löhne umgewandelt worden [Bestätigt durch Abschn. III Ziff. 5 Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung und Vereinfachung der staatlichen Führungstätigkeit in der zweiten Etappe des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung v. 14.1.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 53)]. Der Aufgabenbereich des Staatssekretariats für Arbeit und Löhne besteht unter anderem - in der Ausarbeitung, Koordinierung und Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse des Ministerrates und der Rechtsvorschriften auf dem Gebiet Arbeit und Löhne; - im Erlaß von Rechtsnormen in Gestalt von Anordnungen, Durchführungsbestimmungen sowie verbindlicher Methodiken und anderer Arbeitsinstruktionen; - im Recht auf Zustimmung zu folgenden Regelungen und Maßnahmen der Minister und Leiter anderer Staatsorgane: - Rahmenkollektivverträgen und Tarifverträgen sowie sonstigen arbeitsrechtlichen Regelungen, - zweigspezifischen Regelungen zur Entlohnung und Prämierung, zur Gestaltung der Arbeitszeit, des Erholungsurlaubs, einschließlich der Urlaubskataloge und Regelungen zur Freistellung von der Arbeit, - Staatsplanbilanzen und Bilanzen der Ministerien für Arbeitsschutztechnik sowie Arbeitsschutzkleidung und -mittel, - Arbeitsschutzanordnungen, DDR- und Fachbereichsstandards hinsichtlich der Arbeitsschutzanforderungen, - Zweigmethodiken und -katalogen der Arbeitsklassifizierung, - Anträgen auf überbezirkliche öffentliche Werbung von Arbeitskräften für volkswirtschaftlich wichtige Aufgaben in Abstimmung mit den Vorsitzenden der Räte der Bezirke, - anderen Regelungen und Maßnahmen, soweit das durch Rechtsvorschriften festgelegt ist; - im Weisungsrecht an die Direktoren der Ämter für Arbeit (und Löhne) der Bezirke zur Erfassung und Speicherung personengebundener Angaben über das im Territorium verfügbare und eingesetzte Arbeitsvermögen sowie auf anderen Gebieten entsprechend den Rechtsvorschriften [Statut des Staatssekretariats für Arbeit und Löhne - Beschluß des Ministerrates v. 13.6.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 369)] (s. Rz. 23 zu Art. 24).
51 b) Das Staatssekretariat für Berufsbildung. Durch Staatsratserlaß vom 14.1.1966 war zunächst ein Staatliches Amt für Berufsausbildung beim Ministerrat gebildet worden [Abschnitt III Ziffer 6 Statut des Staatssekretariats für Arbeit und Löhne - Beschluß des Ministerrates v. 13.6.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 369)], das die Aufgaben der Berufsausbildung aller Zweige außerhalb des Bereiches des Schulwesens und des Fach- und Hochschulwesens zu koordinieren hatte. Das Amt wurde 1970 in das Staatssekretariat für Berufsbildung umbenannt. Nach seinem Statut vom 10.7.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 637) ist es das Organ des Ministerrates zur Leitung und Planung der staatlichen Bildungspolitik auf dem Gebiet der Berufsbildung. Es hat die Kompetenz zum Erlaß von Rechtsnormen in Gestalt von Anordnungen und Durchführungsbestimmungen. Ferner hat es die Kompetenz der Zustimmung zu folgenden Regelungen und Maßnahmen der Ministerien und anderer Leiter zentraler Staatsorgane: - Rechtsvorschriften, in denen Fragen der Berufsbildung und Berufsberatung berührt werden, - zweigspezifische Grundsatzregelungen zur Berufsbildung, zu deren Leitung, Organisation und Durchführung, - anderen Regelungen und Maßnahmen, soweit das in Rechtsvorschriften festgelegt ist. Ihm obliegt die Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der Abteilungen Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Bezirke (s. Rz. 41 zu Art. 25).
52 c) Das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport. Durch Verordnung vom 17.6.1970 [Verordnung über das Statut des Staatssekretariats für Körperkultur und Sport v. 17.6.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 423)] wurde das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport als Organ des Ministerrates geschaffen. Es ist für die Planung und Leitung staatlicher Aufgaben auf dem Gebiet der Körperkultur und des Sports und für die Wahrnehmung der staatlichen Belange im System von Körperkultur und Sport verantwortlich (s. Rz. 58 zu Art. 18).
53 d) Eine Sonderrolle spielt das Staatssekretariat für Kirchenfragen. Es unterstand bis 1977 der Dienstaufsicht des Ministeriums des Innern. Seitdem ressortiert die Dienststelle des Staatssekretariats »bei der Regierung der DDR« (Neues Deutschland vom 28.6.1977), ohne jedoch den Rang eines Staatssekretariats mit eigenem Geschäftsbereich erhalten zu haben (s. Rz. 43 zu Art. 39). Folgende Staatssekretariate bestehen nicht mehr bzw. nicht mehr als solche:
54 a) Das im Dezember 1966 gebildete Staatssekretariat für Datenverarbeitung wurde am 22.5.1971 in das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik eingegliedert.
55 b) Das Staatssekretariat für westdeutsche Fragen, das am 17.12.1965 als Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen gebildet und am 2.2.1967 in Staatssekretariat für westdeutsche Fragen umbenannt worden war, ist am 6.7.1971 aufgelöst worden (Neues Deutschland v. 7.7.1971).
58 b) Auf Beschluß des Ministerrates vom 30.1.1964 (Sozialistische Demokratie v. 7.2.1964) war ein Komitee für Chemieanlagenbau gebildet worden. Es ging in dem 1965 gebildeten Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau auf.
61 c) Das Amt für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung ist das Organ des Ministerrates für die Leitung und Planung der Standardisierung und des Meßwesens sowie die staatliche Qualitätskontrolle, darunter die Gewährleistung der Einheitlichkeit der Maße und Gewichte [Statut des Amtes für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung v. 9.1.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 301)]. Seine Vorläufer waren das Deutsche Amt für Meßwesen und Warenprüfung [Verordnung über das Statut des Deutschen Amtes für Meßwesen und Warenprüfung v. 17.12.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 105)] und das Amt für Standardisierung [§ 11 Verordnung über die Standardisierung in der Deutschen Demokratischen Republik - Standardisierungsverordnung - v. 21.9.1967 (GBl. DDR II 1967, S. 665)].
63 e) Das Amt für industrielle Formgestaltung ist das Organ des Ministerrates zur Leitung und Planung der industriellen Formgestaltung, insbesondere u. a. durch Vorbereitung von Entscheidungen für den Ministerrat zur Erhöhung des gestalterischen Niveaus der industriellen Erzeugnisse in der DDR, Durchführung der staatlichen gestalterischen Qualitätskontrolle, Organisierung und Koordinierung der Erarbeitung des wissenschaftlichen Vorlaufs und der kulturellen Zielsetzung auf dem Gebiet der industriellen Formgestaltung, Einflußnahme auf die Durchsetzung der industriellen Formgestaltung in der Industrie. Es vertritt die DDR auf dem Gebiet der industriellen Formgestaltung im RGW, im ICSID und gegenüber nationalen Organen und Einrichtungen anderer Staaten. Der Leiter des Amtes hat Rechtsetzungsbefugnis [Statut des Amtes für industrielle Formgestaltung - Beschluß des Ministerrates v. 10.11.1978 (GBl. DDR Ⅰ 1978, S. 421); Beschluß über die Erteilung der Rechtssetzungsbefugnis für den Leiter des Amtes für industrielle Formgestaltung v. 12.7.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 539)].
64 f) Das Amt für den Rechtsschutz des Vermögens der DDR ist das Organ des Ministerrates zur Vorbereitung und Durchführung aller Entscheidungen, die die Feststellung und Regelung offener vermögensrechtlicher Fragen zwischen der DDR und anderen Staaten und Berlin (West), die Sicherung der Vermögensrechte der DDR sowie ihrer staatlichen Organe und Institutionen in anderen Staaten und Berlin (West) betreffen. Ausgenommen ist die Verantwortung für die Sicherung der Forderungen, die sich aus den laufenden Außenhandels-, finanziellen und Bankbeziehungen zwischen der DDR und anderen Staaten und Berlin (West) ergeben [Statut des Amtes für den Rechtsschutz des Vermögens der DDR - Beschluß des Ministerrates v. 31.10.1974, (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 507)].
67 i) Wegen des Amtes für Preise zu Rz. 78 zu Art. 9.
5. Staatliche Verwaltungen
68 a) Die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik leitet und kontrolliert als Organ des Ministerrates die statistische Berichterstattung und faßt das statistische Material als Entscheidungsgrundlage für die Leitungs- und Planungsorgane zusammen. Sie hat das einheitliche System von Rechnungsführung und Statistik entwickelt und durchgesetzt [Statut der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik - Beschluß des Ministerrates v. 24.7.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 639)].
69 b) Die Staatliche Verwaltung der Staatsreserven hat als Organ des Ministerrates die staatlichen Reserven an Roh- und Hilfsstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten und Lebensmitteln für unvorhergesehene Notstände bei der Nationalen Volksarmee und den Truppen der UdSSR in Deutschland oder zur Regulierung von Unplanmäßigkeiten im Wirtschaftsablauf zu verwalten. Eine normative Regelung besteht nicht.
72 Die Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) ist ein für einen sozialistischen Staat typisches Organ.
1. Geschichtliche Entwicklung
73 a) Vorgängerin der ABI war die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle, die in dem Beschluß vom 16.10.1958 [Beschluß über das Statut der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle v. 16.10.1958 (GBl. DDR I 1958, S. 786); so auch später § 1 Verordnung über das Statut der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle v. 17.5.1962 (GBl. DDR II 1962, S. 327); vor 1958: »selbständiges Organ beim Ministerpräsidenten« (Statut der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle und ihre Organe v. 30.4.1953 (GBl. DDR 1953, S. 685)] als Organ des Ministerrates zur Kontrolle der Verwaltungsorgane sowie der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen bezeichnet wurde. Nach dem VI. Parteitag der SED wurde durch übereinstimmenden Beschluß des ZK der SED vom 19.2.1963 und des Ministerrates vom 28.2.1963 die ABI gebildet [Beschluß über die Aufnahme der Tätigkeit der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der Deutschen Demokratischen Republik v. 13.5.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 261)]. Ihre Errichtung folgte dem sowjetischen Vorbild, jedoch nicht in allen Einzelheiten. In ihr ging die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle auf. Jedoch wurden im Unterschied zur Sowjetunion nicht gewisse Teile des Apparates des ZK der SED von ihr übernommen. Nur die FDJ-Kontrollposten, die Arbeiterkontrollen der Gewerkschaften und die Kommission für Parteikontrolle in den Betrieben wurden in die ABI eingegliedert.
75 Die ABI arbeitet unmittelbar im Aufträge der SED und der Regierung. Sie soll unabhängig vom Staatsapparat arbeiten und untersteht daher nur den Organen der SED und der Regierung als Spitze der Verwaltung.
3. Aufgaben
76 Die ABI hat den Auftrag, »der Partei der Arbeiterklasse und der Regierung bei der Ausübung der Kontrolle über die Verwirklichung ihrer Beschlüsse und Direktiven in den Kombinaten, Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen sowie in den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen zu helfen«. Die ABI ist das Kontrollorgan der SED und der Regierung für die Bereiche, die durch Beschluß festgelegt sind. Ihrer Kontrolle unterliegen nicht die Volksvertretungen, die Parteien und gesellschaftlichen Organisationen sowie die Bereiche Landesverteidigung, Sicherheit, Justiz und Auswärtige Angelegenheiten. Die politisch brisanten Bereiche sind also ausgeklammert. Der Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit liegt im wirtschaftlichen Sektor.
4. Organisation
77 Die ABI gliedert sich in das Komitee der ABI, in Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees. Bei den Komitees bestehen Inspektionen für die Bereiche und Zweige der Volkswirtschaft sowie Abteilungen. In den WB und Kombinaten bestehen Inspektionen, die den Inspektionen des Komitees der ABI der DDR bzw. bei bezirksgeleiteten Kombinaten den Inspektionen der Bezirkskomitees unterstehen. In den Betrieben, Genossenschaften, Einrichtungen, in Betriebsteilen bzw. -bereichen bilden die Kommissionen der ABI, in den Städten, Wohngebieten und Gemeinden die Volkskon-trollausschüsse die ehrenamtliche Basis der ABI der DDR.
5. Leitung und Zusammensetzung
78 Das Komitee der ABI der DDR wird vom Vorsitzenden geleitet, der Mitglied des Ministerrates kraft Rechtsnorm ist. Dem Komitee der ABI der DDR gehören an: der Staatssekretär, die Stellvertreter des Vorsitzenden und andere leitende Mitarbeiter der ABI sowie Vertreter gesellschaftlicher Organisationen, staatlicher Organe und Betriebe. Die Mitglieder werden vom Ministerrat der DDR bestätigt und abberufen. Die Struktur der Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees der ABI wird durch das Komitee der ABI der DDR festgelegt. Die Vorsitzenden und Mitglieder werden von zuständigen örtlichen Volksvertretungen bestätigt [§ 7 Abs. 1 lit. d) Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)].
6. Verantwortlichkeit
79 Das Komitee der ABI der DDR ist ein Organ des ZK der SED und des Ministerrates der DDR. Es ist beiden Gremien für seine Tätigkeit rechenschaftspflichtig. Die Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees arbeiten nach Kon-trollplänen, die von den Sekretariaten der leitenden Parteiorgane der SED beschlossen werden. Sie informieren die leitenden Parteiorgane der SED und die örtlichen Räte über wichtige Kontrollergebnisse und unterbreiten ihnen die entsprechenden Vorschläge. Die Kommissionen der ABI sowie die Volkskontrollausschüsse sind Kontrollorgane der Leitungen der Parteiorganisationen. Sie sind gleichzeitig dem zuständigen Komitee der ABI unterstellt und rechenschaftspflichtig. Die Kontrollaufgaben werden von den Leitungen der Parteiorganisationen der SED beschlossen und vor ihnen abgerechnet. Auf unterster Stufe ist also die Tätigkeit der ABI mehr Parteikontrolle als von staatlichen Organen geleitete Kontrolle.
7. Rechte
80 Zur Durchführung ihrer Aufgaben haben die Organe der ABI umfangreiche Rechte. So sind sie berechtigt, - mündliche oder schriftliche Auskünfte und Stellungnahmen zu verlangen, - in Dokumente und Unterlagen einzusehen, - schriftliche Materialien anzufordem, - Vorschläge zur Verallgemeinerung fortgeschrittener Erfahrungen bzw. zur Beseitigung festgestellter Mängel zu machen, - den Verantwortlichen Auflagen zur Wiederherstellung der Gesetzlichkeit zu machen, - zu verlangen, daß die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden, - zu fordern, daß eine Angelegenheit der Konflikt- bzw. Schiedskommission übergeben wird, Disziplinarverfahren einzuleiten, Ordnungsstrafverfahren durchzuführen oder die materielle Verantwortlichkeit bzw. Schadenersatz geltend zu machen, - von den zuständigen Organen und Einrichtungen zu verlangen, ökonomische und materielle Sanktionen konsequent anzuwenden, - Revisionen und Tiefenprüfungen durchzuführen, - unentgeltlich Gutachten zu erstatten. Die Vorsitzenden der Komitees der ABI können Maßnahmen und Weisungen, die im Widerspruch zu Beschlüssen des ZK der SED, zu Gesetzen der Volkskammer und Beschlüssen des Ministerrates der DDR stehen, aussetzen und von dem jeweils übergeordneten Leiter die Aufhebung verlangen. Sie dürfen auch selbständig Ordnungsstrafmaßnahmen aussprechen. Als selbstverständlich muß die Regelung gelten, derzufolge die Vorsitzenden der Komitees der ABI bei begründetem Verdacht auf strafbare Handlungen die Materialien den Untersuchungsorganen zu übergeben haben. Die Leitung der Parteiorganisation der SED und das übergeordnete Komitee der ABI sind in einem solchen Falle zu informieren.
8. Pflichten der Kontrollierten
81 Die Verantwortlichen sind verpflichtet, die Vorschläge der Organe der ABI sorgfältig auszuwerten und die Auflagen unverzüglich zu realisieren bzw. deren Durchführung zu veranlassen. Sie haben darüber den Organen der ABI Mitteilung zu machen.
9. Ordnungsstrafen
82 Wer die Kontrollen der ABI behindert, wer schuldhaft falsche Angaben macht, für die Kontrolle wichtige Unterlagen zurückhält bzw. beiseite schafft, Auflagen der Organe der ABI nicht oder mangelhaft erfüllt, kann durch das zuständige Komitee der ABI mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 M, bei vorsätzlich schweren Verstößen bis zu 1000 M belegt werden.
Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 1098-1118 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅲ, Kap. 3, Art. 80, Rz. 1-82, S. 1098-1118).
Dokumentation Artikel 80 der Verfassung der DDR; Artikel 80 des Kapitels 3 (Der Ministerrat) des Abschnitts Ⅲ (Aufbau und System der staatlichen Leitung) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 218) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 452). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.