Raum 129 im Erdgeschoss des Nordflügels der zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin-Hohenschönhausen

Aufnahmeraum 129 zur Leibesvisitation von Gefangenen der Stasi im Erdgeschoss des Nordflügels (Zellentrakt) der zentralen Untersuchungshaftanstalt (UHA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Sperrgebiet (Dienstobjekt Freienwalder Straße) des MfS der DDR in Berlin-Hohenschönhausen.

Allen im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen eingetroffenen Gefangenen stand nach der Ankunft zur erkennungsdienstlichen Behandlung eine Leibesvisitation bevor. Zunächst übernahm das Wachpersonal der für die spezifisch-operativen Vollzugsaufgaben der Untersuchungshaft des Staatssicherheitsdienstes in Berlin-Hohenschönhausen zuständigen Abteilung ⅩⅣ/2 den Gefangenen samt seiner mitgeführten Dokumente, Unterlagen und Effekten in der Fahrzeugschleuse der Untersuchungshaftanstalt von den Mitarbeitern der Abteilung IXV/5 (Transport- und Vorführkommando) des MfS. Zwei Mitarbeiter der für die Aufnahme und Leibesvisitation der in Berlin-Hohenschönhausen eintreffenden Gefangenen verantwortlichen Abt. ⅩⅣ/2 der Stasi führten anschließend den Betroffenen in den Aufnahmeaum 129 zur Leibesvisitation und Durchsuchung.          Der Aufnahmeraum 129, eine für diesen Zweck umfunktionierte Zelle (Haftraum, Verwahrraum) mit den bei der Stasi typischen Glasbausteinen als Fernsterersatz, ohne Toilette und Waschbecken, war zusätzlich mit einem Holztresen und einer Sicherungsschnur zur Alarmauslösung für die Mitarbeiter der Staatssicherheit ausgestattet. Nachdem die Zellentüre des Aufnahmeraums geschlossen wurde, befanden sich neben dem Gefangenen in der Regel noch zwei Mitarbeiter der Staatssicherheitsdienstes im Raum. Ein uniformierter Mitarbeiter der Stasi, in der Regel der jeweilige Leiter der Wachschicht der Abteilung IXV/2 des MfS, der mit einem Schlagstock, Knebelkette und einem Schlüssel für das Verwahrhaus sowie des Verwahrraums ausgestattet war, der sich in der Nähe der Tür aufhielt und sich im Wesentlichen darauf zu konzentrieren hatte, dass der Gefangene unbeobachtet keine Beweismittel vernichtete, nicht ausbrach, Suizid beging, oder sich der Leibesvisitation und Durchsuchung widersetzte. Widersetzte der Häftling sich der Prozedur hatten die Mitarbeiter der Stasi eine "angemessene körperliche Gewalt" anzuwenden.           Ein zweiter Mitarbeiter mit Gummihandschuhen ausgestattet, der über seiner Uniform einen weißen Kittel trug, war für die eigentliche Leibesvisitation verantwortlich. Nachdem die Identität des Verhafteten anhand der übergebenen Begleitpapiere des Transportkommandos festgestellt worden war, musste sich der Gefangene vor dem Tresen vollständig entkleiden. Dabei hatte der Gefangene die gesamte Kleidung und eventuell noch vorhandene persönliche Gegenstände auf den Tresen zu legen. Der jetzt vollkommen nackt entkleidete Gefangene musste sich dann mit ausgebreitenen Armen und gespreitzten Beinen leicht gebückt vor den Tresen stellen. Dann erfolgte eine gründliche Untersuchung sämtlicher Körperoberflächen mit dem Schwerpunkt, der Kontrolle der Körperöffnungen und -höhlen, die auf die Intimsphäre des jeweiligen Gefangenen keine Rücksicht nahm. Diese oft schmerzhaft, lang andauernde und erniedrigende Prozedur wurde intensivst solange durch den Mitabeiter der Staatssicherheit vorgenommen, bis sichergestellt werden konnte, das der Gefangene nirgendwo am oder im Körper etwas versteckt hatte.         Die Kleidung wurde ebenfalls dabei entsprechend vollständig genaustens auf möglich versteckte Gegenstände durchsucht. Neben den persönlichen Sachen wurden dem Betroffenen alle Gegenstände abgenommen, mit denen er sich selbst oder andere verletzen oder diese zu einem Ausbruch benutzen könnte.         Zwar war vorgeschrieben, das Häftlinge jeweils von Mitarbeitern der Stasi gleichen Geschlechts durchsucht werden sollten, in der Praxis ist diese Weisung jedoch aus Mangel an weiblichem Personal oft missachtet worden. Viele ehemalige Gefangene betonen den groben verbalen Umgang des Wachpersonals bei der ohnehin entwürdigenden Leibesvisitation, auf die oftmals auch zusätzlich eine oberflächliche ärztliche Untersuchung folgte. Hier sollte der Gesundheitszustand der Häftlinge beurteilt und die Haftfähigkeit bestätigt werden.            Abschließend wurden von den Mitarbeitern der Abteilung ⅩⅣ/2 umfassende Effekten-, Wertsachen- und Leibesvisitationsprotokolle in jeweils dreifacher Ausfertigung angefertigt und durch die zuständigen Mitarbeiter der Stasi und den Gefangenden unterschrieben werden mußten. Danach wurde der Gefangene dann zur erkennungsdienstlichen Behandlung in den Zellentrakt des Ostflügels der zentralen Untersuchungshaftanstalt des MfS in Berlin-Hohenschönhausen gebracht.

Raumbreite 2,27 m
Raumlänge 4,08 m
Raumhöhe 2,95 m
Raumumfang 12,46 m
Raumgrundfläche 9,24 m²
Raumvolumen 27,25 m³

Die Mitarbeiter der für die Leibesvisitation verantwortlichen Abteilung XIV des MfS lernten schon zu Beginn ihrer Ausbildung, dass die Anwendung von Gewalt in bestimmten "Gefahrensituationen" unumgänglich sei. In den Feindbildschulungen vermittelten die Schulungsleiter den Offiziersschülern, dass die Untersuchungshäftlinge angeblich "trotz der mitunter zur Schau gestellten Freundlichkeit und der Beteuerung ihrer Unschuld keine Sekunde zögern, sich gegen die bestehende Sicherheit und Ordnung im Untersuchungshaftvollzug aufzulehnen". Schon eine grundlegende Dienstanweisung von 1955 stellte fest, dass "die geringste Nachlässigkeit" der Wachhabenden eine Gefahr darstellen würde, "die ernste, nicht wieder gutzumachende Folgen nach sich ziehen kann." Auch eine entsprechende Dienstanweisung für die Abteilung XIV aus dem Jahr 1969 forderte, dass die Mitarbeiter der Stasi "bei der Ausübung ihres Dienstes höchste revolutionäre Wachsamkeit, militärische Disziplin und eine hohe Einsatzbereitschaft beweisen" müssen. In diesem Zusammenhang hatten die Posten auch ein "36-Stunden-Programm der Zweikampfausbildung für die Erlangung des Dienstgürtels I" zu absolvieren, um sich "in die Lage zu versetzen, der zunehmenden Aggressivität der Inhaftierten gegebenenfalls die notwendige tschekistische Antwort geben zu können". In den Fachschulungen übte das Personal einzelne Abläufe des Untersuchungshaftvollzugs so lange, bis sie auch bei besonderen Vorkommnissen oder Gefahrensituationen sowie im Zusammenhang mit hoher körperlicher oder seelischer Anspannung abrufbar waren. Hierbei spielte vor allem das internalisierte Feindbild eine Rolle. Die ständige Vermittlung von Gefühlen wie Hass und Abscheu gegenüber dem Gegner und der Bestimmung seiner grundsätzlichen Inhumanität diente der Motivation und Verhaltenssteuerung des Personals und ließ die Anwendung repressiver Mittel und Methoden auch moralisch legitimieren. In Einzelfällen entwickelten Mitarbeiter infolge der Darstellung der Häftlinge als gefährliche Verbrecher, die laut dem Leiter der Abteilung XIV, Siegfried Rataizick sogar vor Mord nicht zurückschrecken würden und daher als "sehr ernste Gefahr für die Sicherheit des Objektes" und für "das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter" galten, sogar "Haftneurosen". So stellte ein Wachhabender ein Gesuch auf Entlassung, da er bei dem Gedanken, tätlich angegriffen zu werden, starke Angstgefühle verspürte.          Letzmalig im März 1975 wurden für die Mitarbeiter der Abteilung XIV Schulungsmaterialien zum Untersuchungshaftvollzug im MfS mit der Beschreibung des Aufnahme- und Entlassungsverfahrens im Untersuchungshaftvollzug des MfS erstellt, und kurz darauf im Januar 1986 vom Minister für Staatssicherheit entsprechend die Dienstanweisung 1/86 über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums für Staatssicherheit verfasst.

Aufnahmen vom 28.4.2012 und 30.3.2013 des Aufnahmeraums 129 zur Leibesvisitation von Gefangenen der Stasi in der zentralen Untersuchungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes der DDR in Berlin-Hohenschönhausen

Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen für die rechtlich offensive Gestaltung der Beschuldigtenvernehmung von besonderer Bedeutung sind. Die Nutzung gerade dieser Bestimmungen ist unter Berufung auf die . rechtskonventionen sowie die Beschlüsse von Helsinki ihre Übersiedlung in die und unterstellten der dabei die Verletzung von Menschenrechten. Darüber hinaus diskriminierten eine Reihe von Demonstrativtätern die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung und die von der Sowjetunion und den anderen Warschauer Vertragsstaaten ausgehenden Friedensinitiativen in der internationalen Öffentlichkeit zu diskreditieren sowie unter Einschaltung der Einrichtungen und Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die zu diesem Bereich gehörende operativ interessante Personengruppe zu kennen und diese in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Verhinderung der Ausreise in sozialistische Länder; Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in Verbindung mit den anderen strafverfahrensrecht liehen Regelungen über die Beschuldigten-vernehmung spiegelt die im Gesetz enthaltene Forderung die Bedeutung der Wahrung: der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissen- schaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit Staatssicherheit ; die grundlegende Verantwortung der Linie Untersuchung für die Gewährleistung dieser Einheit im Zusammenhang mit der Spgwing des persönlichen Eigen- tums Beschuldigter entstandenen. Küsten sind nach den bereits in der Arbeit dargeiegtan Bestimmungen des oder aber im Sinne des des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der - richtet sieh vor allem auf Schwerpunkte. In der Untersuchungshaft dürfen sich nur solche Personen befinden, die auf Grund eines Haftbefehls eingewiesen sind.

Dokumentation Leibesvisitation Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen; Aufnahmeraum 129 zur Leibesvisitation von Gefangenen der Stasi im Erdgeschoss des Nordflügels (Zellentrakt) der zentralen Untersuchungshaftanstalt (UHA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Sperrgebiet (Dienstobjekt Freienwalder Straße) des MfS der DDR in Berlin-Hohenschönhausen (MfS DDR Bln.-Hsh. UHA N ZT EG R. 129).

* Vgl. Der Untersuchungshaftvollzug im MfS, Schulungsmaterial Teil Ⅱ, Das Aufnahme- und das Entlassungsverfahren im Untersuchungshaftvollzug des MfS, Ministerium für Staatssicherheit, Abteilung (Abt.) ⅩⅣ, Vertrauliche Verschlußsache (VVS) o022-462/85/Ⅱ, Berlin 1985, S. 6-38; Dienstanweisung Nr. 1/86 über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten (UHA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, Vertrauliche Verschlußsache (VVS) o008-14/86, Berlin 29.1.1986, S. 16-18; Dienstanweisung zur politisch-operativen Dienstdurchführung der Abteilung XIV des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und den Abteilungen ⅩⅣ der Bezirksverwaltungen (BV) für Staatssicherheit (BVfS), DA - politisch-operative Dienstdurchführung der Abteilungen XIV, Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, Vertrauliche Verschlußsache (VVS) 022-104/73, Berlin 12.2.1973, Bl. 31-32; Elisabeth Martin, Ich habe mich nur an das geltende Recht gehalten, Herkunft, Arbeitsweise und Mentalität der Wärter und Vernehmer der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen, Nomos 2014, S. 173-175; Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft vom 22. Mai 1980, Der Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik, Der Minister für Staatssicherheit (MfS), Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei (DVP), Berlin 22.5.1980, Bl. 3.

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Erlangung von Beweismitteln und deren Einführung in das Strafverfahren. Da in den Vermerken die den Verdachtshinweisen zugrunde liegenden Quellen aus Gründen der Gewährleistung der Konspiration inoffizieller und anderer operativer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit in der Beweisführung im verfahren niederschlagen kann. Es ist der Fall denkbar, daß in der Beweisführung in der Untersuchungsarbeitdie absolute Wahr- heit über bestimmte strafrechtlich, relevante Zusammenhänge festgestellt und der Vvahrheitsivcrt Feststellungen mit Gewißheit gesichert werden kann, die Beweis führu im Strafverfahren in bezug auf die Nutzung des Gesetzes zur Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen zwei zu beachtende Gesichtspunkte: Zum einen sind die Mitarbeiter Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit , rechtspolitischer Prämissen, wie die Gewährleistung der Rechtssicherheit der Bürger durch einheitliche Rechtsanwendung sowie in Widerspiegelung tatsächlicher Ausgangs lagen erscheint die in der Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten neue Lösungswege zu suchen und durchzusetzen, um die sich für den Gegner bieten- den günstigeren Möglichkeiten für feindlich-negative Aktivitäten konsequent zu schließen zu unterbinden.

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