1.1.1989, die neue Verordnung über Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland tritt in der DDR in Kraft;
11.1.1989, in Berlin (Ost) verlassen 20 "ausreisewillige" Bürger der DDR die Ständige Vertretung Bonns in der DDR, nachdem ihnen zuvor Straffreiheit und die Überprüfung ihrer Ausreiseanträge zugesichert worden ist;
15.1.1989, die Teilnehmer des dritten KSZE-Folgetreffens in Wien sprechen sich in ihrem Schlussdokument für die konventionelle Abrüstung in Europa und die Beachtung der Menschenrechte aus; In der DDR ruft die "Initiative zur demokratischen Erneuerung unserer Gesellschaft" in Leipzig mit der Forderung nach Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit in der DDR zur Demonstaration auf, auf der es dann zu zahlreichen Festnahmen durch den Staatssicherheitsdienst der DDR kommt; Die Wiener KSZE-Folgekonferenz endet mit einer Schlussakte;
19.1.1989, der DDR Staats- und Parteichef Erich Honecker vertritt in einem mit ihm geführten Interview die Ausffassung und versichert, die Mauer werde "in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind";
20.1.1989, der Republikaner George Bush tritt die Nachfolge von Ronald Reagan als 41. Präsident der USA an;
2.2.1989, die Wiener Verhandlungen der NATO und des Warschauer Paktes über den Truppenabbau enden nach 15 Jahren ergebnislos, jedoch einvernehmlich, da die Verhandlungen durch die am 6.3.1989 beginnenden Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE) und die Verhandlungen über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) ersetzt werden;
6.2.1989, bei einem Fluchtversuch wird Chris Gueffroy an der Berliner Mauer von Grenzsoldaten der DDR erschossen; In Warschau beginnen die Gespräche zwischen 57 Vertretern von Regierung, Opposition und Kirche Polens am sogenannten Runden Tisch;
10.2.1089, das Zentralkomitee der Sozialistischen Arbeiterpartei Ungarns erörtert die Einführung eines Mehrparteiensystems in Ungarn;
15.2.1989, die letzten sowjetischen Truppen, die seit 1979 Afghanistan besetzt hatten, verlassen das Land;
24.2.1989, die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei verzichtet auf ihren in der Ungarischen Verfassung verankerten alleinigen Führungsanspruch im ungarischen Staat;
3.3.1989, das Wahlrecht in der DDR wird durch die Volkskammer mit der Gewährung des aktiven und passiven Wahlrechts für in der DDR lebende Ausländer bei den Kommunalwahlen ergänzt;
6.3.1989, in Wien beginnen Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa und zeitgleich die Verhandlungen über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen der 35 KSZE-Teilnehmerstaaten;
7.3.1989, Winfried Freudenberg stürzt mit einem von ihm selbstgebauten Ballon bei seiner geplanten Flucht aus der DDR nach Berlin (West) tödlich ab;
12.3.1989, der Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann und Bundesbauminister Oscar Schneider sagen ihren geplanten Besuch der Leipziger Frühjahrsmesse aus Protest gegen die von DDR-Soldaten zwei Tage zuvor auf flüchtende Bürger abgegebenen Schüsse ab. Am 16. März lädt die DDR Bundesumweltminister Klaus Töpfer wegen der Absagen seiner Kollegen zur Leipziger Messe ihrerseits aus;
14.3.1989, in der DDR wird eine erste Durchführungsbestimmung zur Verordnung über Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland erlassen;
26.3.1989, bei den Wahlen zum ersten sowjetischen Volksdeputiertenkongress können sich die Bürger erstmals zwischen mehreren Kandidaten entscheiden. Zahlreiche reformorientierte Politiker werden gewählt;
28.-29.3.1989, in Hamburg findet ein Treffen zwischen ranghohen Offizieren der Bundeswehr und der NVA zu einem Meinungsaustausch statt:
3.4.1989, der Minister für Nationale Verteidigung der DDR, Generaloberst Fritz Streletz, setzt durch eine "mündliche Beauflagung" den Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze aus;
8.4.1989, in der georgischen Hauptstadt Tiflis treten nationalistische Unruhen auf. Demonstranten fordern den Austritt Georgiens aus der UdSSR;
12.4.1989, in Ungarn wird das Politbüro der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei aufgelöst und verstärkt mit Reformern neu gebildet;
17.4.1989, die polnische Gewerkschaft "Solidarność" wird nach jahrelanger Untergrundarbeit legalisiert;
27.4.1989, der Beginn der im Februar angekündigten Truppenreduzierung der NVA um 10.000 Soldaten, 600 Panzer und 50 Flugzeuge in der DDR;
2.5.1989, in Ungarn wird mit dem Abbau von Grenzbefestigungen zum Nachbarland Österreich begonnen;
7.5.1989, die Kommunalwahl in der DDR finden mit einer Wahlbeteiligung von 98,78% und einer Zustimmung von 98,85% statt. Von Oppositionellen werden zum ersten Mal Kontrollen vorgenommen, vielerorts massive Wahlfälschungen festgestellt und publik gemacht; Am Abend demonstrieren auf dem Leipziger Markt etwa 1.000 Menschen gegen die Manipulation der Kommunalwahlergebnisse, und es zu zahlreichen Festnahmen kommt;
8.5.1989, in der DDR versuchen in Leipzig etwa 550 Menschen im Anschluss an das Friedensgebet erneut gegen die Fälschung der Kommunalwahlergebnisse zu demonstrieren, und es wieder kommt zu Festnahmen kommt;
15.5.1989, in Leipzig demonstrieren 150 Ausreisewillige für ihre Ausreise; Nach dreißig Jahren findet zum ersten Mal wieder ein Gipfeltreffen zwischen der Sowjetunion und China statt. Der Besuch des sowjetischen Parteichefs Michail Gorbatschow in Peking wird von Studentendemonstrationen begleitet, die die Übernahme der Perestroika auch in China fordern;
25.5.1989, in der UdSSR wird Parteichef Gorbatschow vom neugeschaffenen Kongress der Volksdeputierten zum Staatspräsidenten mit besonderen Vollmachten gewählt;
29.5.-2.6.1989, der Besuch einer Delegation von Volkskammerabgeordneten der DDR in der Bundesrepublik auf Einladung der Bundestagsfraktion der SPD;
30.5.1989, die Berliner Philharmoniker geben erstmals seit dem Mauerbau 1961 in Berlin (Ost) ein Konzert;
30.-31.5.1989, der US-amerikanische Präsident George Bush besucht die Bundesrepublik;
4.6.1989, in Peking richtet das chinesische Militär ein Blutbad unter Studenten an, die seit Wochen auf dem Platz des Himmlischen Friedens für mehr Demokratie demonstrieren. Die Angaben über die Zahl der Toten schwanken zwischen 2.500 und 7.000 Menschen. Dem Massaker schließt sich eine umfassende Verfolgungswelle an; Die Kandidaten der Solidarność gewinnen die erstmals teilweise freien Wahlen in Polen;
7.6.1989, die Eingabe an den Staatsrat wegen Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen führt zu vorübergehenden Festnahmen. In Berlin (Ost) löst der Staatssicherheitsdienst eine Demonstration gegen die Fälschung der Kommunalwahlergebnisse vom 7. Mai auf;
8.6.1989, die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik bewertet das blutige Massaker auf dem Pekinger "Platz des Himmlischen Friedens" in China als "Niederschlagung einer Konterrevolution" und zeigt Verständnis für den Einsatz des Militärs in China;
12.-15.6.1989, der sowjetische Staats- und Parteichef Gorbatschow wird bei seinem Staatsbesuch in Bonn von der Bevölkerung mit großem Jubel empfangen. Zum Abschluss seines Besuchs erklärt er: "Die Mauer kann wieder verschwinden, wenn die Voraussetzungen entfallen, die sie hervorgebracht haben";
13.6.1989, in Ungarn nehmen Vertreter der Regierung und der Opposition "Gespräche am Runden Tisch" auf;
25.-27.6.1989, in einem symbolischen Akt zerschneiden der ungarische Außenminister Gyula Horn und sein österreichischer Kollege Alois Mock bei Sopron den Stacheldrahtzaun an der gemeinsamen Grenze. Beseitigt werden nur die Grenzsperren, die Grenzkontrollen bleiben. In der DDR löst dies dennoch einen verstärkten Urlauber- und Flüchtlingsstrom nach Ungarn aus;
27.-28.6.1989, der Besuch von Staats- und Parteichef Erich Honecker in der Sowjetunion zu Gesprächen mit Michail Gorbatschow, der erneut auf Reformen in der DDR drängt;
29.6.1989, die Umbenennung der in der DDR stationierten sowjetischen Truppen von "Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland" in "West-Gruppe der sowjetischen Streitkräfte";
6.7.1989, zwischen der Bundesregierung und der DDR-Regierung wird eine Umweltvereinbarung zur Säuberung der Elbe und zur Verringerung der Luftverschmutzung in der DDR geschlossen;
7.-8.7.1989, auf dem Treffen der Partei-, Regierungs- und Staatschefs der Staaten des Warschauer Vertrags, wird die Umwandlung des Bündnisses von einer militärisch-politischen in eine politisch-militärische Organisation beschlossen. Gorbatschow ruft die "eigenständige Lösung nationaler Probleme" aus und setzt damit die "Breschnew-Doktrin" endgültig außer Kraft. Erich Honecker erleidet während der Tagung einen gesundheitlichen Zusammenbruch und muss vorzeitig abreisen;
Ab 7.1989, tausende Bürger der DDR versuchen über Ungarn nach Österreich zu flüchten oder suchen in den bundesdeutschen Botschaften in Budapest und Prag, sowie in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin Zuflucht;
19.7.1989, in Warschau wird der bisherige Staatsratsvorsitzende General Wojciech Jaruzelski für eine fünfjährige Amtszeit zum Präsidenten der Volksrepublik Polen gewählt;
24.7.1989, von Markus Meckel und Martin Gutzeit wird der "Aufruf zur Bildung einer Initiativgruppe mit dem Ziel, eine sozialdemokratische Partei in der DDR ins Leben zu rufen" verfasst, dem sich die Theologen Arndt Noack und Helmut Becker sowie der Historiker Manfred Ibrahim Böhme anschließen;
27.7.1989, laut Beschluss des Obersten Sowjet erhalten die drei baltischen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen ab 1990 eine weitgehende wirtschaftliche Autonomie;
1.8.1989, die Zeitungen und Zeitschriften des Axel Springer-Verlages verzichten von nun an auf die Anführungszeichen bei der Nennung der DDR (Auf Anweisung des im September 1985 verstorbenen Axel Springer sollte damit der provisorische Charakter des Staates verdeutlicht werden);
8.8.1989, in Berlin (Ost) muss die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR wegen "Überfüllung" für den Publikumsverkehr vorübergehend geschlossen werden, da über 130 Menschen in die Vertretung geflüchtet sind, um aus der DDR auszureisen;
10.8.1989, zwischen Frankfurt am Main und Leipzig richtet die Lufthansa die erste innerdeutsche Fluglinie ein;
13.8.1989, auch in Budapest wird die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland geschlossen, in der 181 Bürger der DDR Zuflucht gesucht haben und ausreisen wollen;
14.8.1989, die Übergabe der ersten "Musterexemplare eines in der DDR produzierten 32-Bit- Mikroprozessors" aus dem Erfurter Werk Mikroelektronik an Erich Honecker, der bei seinem öffentlichen Auftritt erklärt, "Den Sozialismus in seinem Lauf, wie man bei uns zu sagen pflegt, hält weder Ochs noch Esel auf";
19.8.1989, in Sopron (Ungarn) kommt es zur größten Massenflucht von Bürgern der DDR seit dem Mauerbau, bei dem etwa 900 Menschen das von dem Präsidenten der Paneuropa-Union, Otto von Habsburg, initiierte "Paneuropäische Picknick" zur Flucht über die "grüne" ungarisch-österreichische Grenze nutzen;
21.8.1989, am 21. Jahrestag der Niederschlagung des "Prager Frühlings" fordern Demonstranten in Prag Demokratie und Freiheit, worauf von der Polizei die Demonstration gewaltsam aufgelöst wird;
22.8.1989, die Botschaft der Bundesrepublik in Prag wird wegen Überfüllung geschlossen. Die 140 Bürger der DDR wollen von dort aus ebenfalls in den Westen übersiedeln; Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen der Bundesrepublik teilt mit, dass vom 1.1. bis 31.7. dieses Jahres 55.970 Bürger aus der DDR in die Bundesrepublik gekommen sind, darunter 46.634 mit Ausreisegenehmigungen;
24.8.1989, in Budapest erhalten 108 Bürger der DDR, die in die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland geflüchtet sind, durch die ungarische Regierung als einmalige "humanitäre Aktion" die Ausreiseerlaubnis in den Westen; In Polen wird der Kandidat der "Solidarnosc", Tadeusz Mazowiecki, zum ersten nichtkommunistischen Regierungschef eines Warschauer-Pakt-Staates gewählt;
25.-26.8.1989, die Initiative zur Gründung einer sozialdemokratischen Partei in der DDR wird von Markus Meckel auf einem Seminar "Menschenwürde - Menschenrechte - Menschenpflichten" vorgestellt;
28.8.1989, der Bundespräsident Richard von Weizsäcker bekräftigt in einem Schreiben an den polnischen Staatspräsidenten Jaruzelski den Verzicht der Bundesrepublik auf Gebietsansprüche an Polen;
30.8.1989, im Freistaat Bayern wird mit den Vorbereitungen in der Bundesrepublik zur Errichtung von Notaufnahmelagern für Flüchtlinge aus der DDR begonnen;
31.8.1989, der Besuch des ungarischen Außenministers Gyula Horn bei seinem Amtskollegen Oskar Fischer sowie Günter Mittag, der den erkrankten Erich Honecker vertritt, mit der Information über den Beschluss, die Flüchtlinge aus der DDR in Ungarn nach Österreich ausreisen zu lassen;
1.9.1989, die staatliche Nachrichtenagentur der DDR, ADN, verbreitet die Meldung, das Erich Honecker nach einer erfolgreichen Gallenblasenoperation einen Genesungsurlaub angetreten hat;
2.9.1989, der Brief der Konferenz der Evangelischen Kirchen in der DDR an Erich Honecker mit der Bitte, angesichts der Ausreisewelle "längst überfällige Veränderungen in der Gesellschaft" einzuleiten;
4.9.1989, in Leipzig findet die erste Montagsdemonstration in der DDR im Anschluss an das traditionelle Friedensgebet in der Nikolaikirche statt. Die Forderungen sind die Reise-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie der Abschaffung des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR. Es kommt zu zahlreichen Verhaftungen und anschließenden Verurteilungen nach §217 des Strafgesetzbuches der DDR wegen "Zusammenrottung". Von nun an werden wöchentlich Montagsdemonstrationen in Leipzig stattfinden; Es wird die Böhlener Plattform, die Gründungserklärung der Gruppe Vereinigte Linke veröffentlicht;
7.9.1989, auf dem Alexanderplatz in Berlin (Ost) wird gegen die Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen vom 7.5.1989 protestiert, woraufhin Volkspolizei und Staatssicherheit der DDR einschreiten, und etwa 80 Personen vorübergehend festgenommen werden;
9.-10.9.1989, der Gründungsaufruf des "Neuen Forum" (NF) in Grünheide bei Berlin (Ost) durch 30 Personen aus elf Bezirken der DDR, darunter Bärbel Bohley, Katja Havemann, Jutta Seidel, Sebastian Pflugbeil, Jens Reich, Hans-Jochen Tschiche, Rolf Henrich und Reinhard Schult. Das "Neue Forum" veröffentlicht daraufhin seinen Gründungsaufruf;
10-11.9.1989, die ungarische Regierung gibt am Abend des 10. September durch den ungarischen Außenminister Gyula Horn im ungarischen Fersehen den Beschluß bekannt, ab sofort Bürger der DDR in jedes Land ihrer Wahl ausreisen zu lassen. Die ungarische Nachrichtenagentur MTI verbreitet daraufhin die Meldung: »Jeder sich in Ungarn aufhaltende DDR-Bürger kann von Mitternacht an das Land in Richtung des von ihm gewünschten Zieles unter der Bedingung verlassen, daß die Behörden des Aufnahmelandes ihn aufnehmen«, und setzen damit das 1969 mit der DDR geschlossene Reiseabkommen einseitig außer Kraft. Etwa 6.500 Menschen machten sich in den folgenden Stunden auf den Weg in die Bundesrepublik. Innerhalb von drei Tagen fliehen etwa 15.000 Menschen aus der DDR über Ungarn in die Bundesrepublik. Bis Ende Oktober etwa 50.000 Menschen. Diese Grenzöffnung trägt wesentlich zur "Wende" in der DDR bei;
12.9.1989, der Aufruf der "Bürgerbewegung Demokratie Jetzt" (DJ) in der DDR mit der Forderung nach einer friedlichen demokratischen Erneuerung der DDR. Zu den Erstunterzeichnern gehören Wolfgang Ullmann, Ludwig Mehlhorn, Hans- Jürgen Fischbeck, Ulrike Poppe und Konrad Weiß;
12.-13.9.1989, die DDR protestiert gegen die vorgenommene Öffnung der ungarischen Grenze für Bürger der DDR und fordert sofortige Rücknahme der Entscheidung, DDR-Flüchtlinge ausreisen zu lassen. Die DDR bezeichnet das Vorgehen in Ungarn als "organisierten Menschenhandel";
14.9.1989, der Schriftstellerverband der DDR veranstaltet in Berlin (Ost) eine Diskussion über "40 Jahre DDR", und anschließend rund 200 Mitglieder des Verbandes für, und fünf gegen die Forderung nach einem "demokratischem Dialog auf allen Ebenen" abstimmen;
18.9.1989, in der DDR schließen sich Rockmusiker und Liedermacher in einer Resolution der Forderung des Neuen Forums nach einem Dialog im Land an, die in den folgenden Wochen von insgesamt 3000 Künstlern unterzeichnet wird, folgend aber wegen befürchteter Repressalien erst am 16.11. auf einer Protestversammlung öffentlich vorgetragen werden; In Leipzig nehmen 1.800 Menschen am Friedensgebet teil und 46 von ihnen danach verhaftet werden; Der Rechtsanwalt Rolf Henrich vom Neuen Forum appelliert in der überfüllten Ostberliner Samaritergemeinde an die Opposition, gemeinsam zu handeln;
19.9.1989, beim Ministerium des Innern in Berlin (Ost) und in weiteren elf von fünfzehn Bezirksbehörden der DDR werden Anträge auf eine offizielle Zulassung des Neuen Forum (NF) als Partei in der DDR gestellt;
20.9.1989, die Botschaft der Bundesrepublik in Warschau muss wegen Überfüllung mit ausreiseersuchenden Bürgern der DDR den Publikumsverkehr vorübergehend einstellen;
21.9.1989, die staatliche Nachrichtenagentur der DDR, ADN, verbreitet die Meldung: "Der Minister des Innern der DDR teilt mit, daß ein von zwei Personen unterzeichneter Antrag zur Bildung einer Vereinigung 'Neues Forum' eingegangen ist, geprüft und abgelehnt wurde. Ziele und Anliegen der beantragten Vereinigung widersprechen der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und stellen eine staatsfeindliche Plattform dar. Die Unterschriftensammlung zur Unterstützung der Gründung der Vereinigung war nicht genehmigt und folglich illegal. Sie ist ein Versuch, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik über die wahren Absichten der Verfasser zu täuschen";
23.9.1989, das Zentralorgan der SED "Neues Deutschland" veröffentlicht die Ablehnung des Antrags des "Neuen Forums" auf die Zulassung durch das Ministerium des Innern der DDR mit der Begründung, es handle sich um eine "staatsfeindliche Plattform" und den Gründungsmitgliedern Haftstrafen bis zu zehn Jahren drohen; Die sächsischen Superintendenten und Kirchenjuristen protestieren daraufhin gegen die Nichtzulassung des "Neuen Forum" durch das Ministerium des Innern der DDR;
24.9.1989, die Vertreter des Neuen Forum, des Demokratischen Aufbruch, der Vereinigten Linken und weiterer oppositioneller Gruppen der DDR treffen sich in Leipzig;
25.9.1989, offiziell nimmt Erich Honecker die Amtsgeschäfte wieder auf; Etwa 5.000 Menschen protestieren in Leipzig für Reformen und gegen das Verbot des Neuen Forums in der DDR;
26.9.1989, einige Bürger der DDR verlassen die deutsche Botschaft in Prag und kehren in die DDR zurück, weil ihnen die Ausreise in den Westen binnen sechs Monaten zugesichert wird. Viele Flüchtlinge bleiben jedoch in der Botschaft, da sie direkt in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen wollen;
27.9.1989, aus Furcht vor einer starken, serbisch dominierten Zentralmacht verabschiedet das slowenische Parlament Verfassungsänderungen, die der Republik den Austritt aus dem jugoslawischen Bund ermöglichen;
30.9.1989, der Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher verkündet am Abend auf dem Balkon der bundesdeutschen Botschaft in Prag, dass alle Flüchtlinge der DDR, die sich in den deutschen Botschaften in Prag und Warschau befinden, ausreisen dürfen. Offiziell werden sie aus humanitären Gründen "abgeschoben", da die humanitären und medizinischen Zustände in diesen Botschaften unhaltbar geworden seien. Die Ausreiseerlaubnis ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Außenministern der UdSSR, DDR, CSSR, Polens und der Bundesrepublik in New York am Rande der UN-Vollversammlung;
1.10.1889, die ersten Sonderzüge aus Warschau und aus Prag mit circa 6.800 DDR-Flüchtlingen durchqueren die DDR. Ausreisewillige Bürger der DDR versuchen, auf die Züge aufzuspringen; Der Kommentar der anhaltenden Flucht- und Ausreisewelle durch "ADN" in der DDR mit den Worten, "Sie alle haben durch ihr Verhalten die moralischen Werte mit Füßen getreten und sich selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt. Man sollte ihnen deshalb keine Träne nachweinen."; In der DDR findet sich die Gründungsinitiative für eine Grüne Partei zusammen; Die Reise von Egon Krenz als Mitglied des Politbüros des ZK der SED, nach China zur Feier des 40. Jahrestages des Volksrepublik wird von der DDR-Bevölkerung als eine offizielle Zustimmung zur militärischen Niederschlagung der chinesischen Reformbewegung verstanden; In der Berliner Samariterkirche soll der Demokratische Aufbruch gegründet werden. Die etwa 80 Teilnehmer werden von Sicherheitskräften am Betreten der Kirche gehindert, treffen sich dann an zwei konspirativ verabredeten Orten, um einen Aufruf, ein Programm und ein Statut zu erarbeiten;
1.-3.10.1989, vor der bundesdeutschen Botschaft in Prag versammeln sich erneut 7.600 Menschen, obwohl die tschechoslowakischen Sicherheitskräfte dies zu verhindern suchen. Am 3.10. gewährt die Regierung der DDR auch ihnen die geforderte Ausreise in die Bundesrepublik;
2.10.1989, etwa 20.000 Menschen demonstrieren in Leipzig für Reformen in der DDR. Bei den brutalen Einsätzen der "Sicherheitskrafte" zur gewaltsamen Auflösung der Demonstration kommt es zu zahlreichen Verletzungen und Festnahmen; Die Konstituierung der Vereinigung "Demokratischer Aufbruch - Sozial, Ökologisch" (DA) aus verschiedenen, teilweise seit Juli aktiven Gruppen. Mitglieder sind unter anderen Rainer Eppelmann, Friedrich Schorlemmer, Wolfgang Schnur, Edelbert Richter und Erhart Neubert; In der Ostberliner Gethsemanekirche beginnt aus Protest gegen die Inhaftierung von Demonstranten der letzten Tage eine Mahnwache für die politischen Gefangenen in der DDR;
3.10.1989, die Regierung der DDR setzt den visafreien Reiseverkehr in die Tschechoslowakei für die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik aus, um die anhaltende Ausreisewelle zu stoppen. Gleichzeitig wird diese Entscheidung auch auf den Transitverkehr von Bürgern der DDR nach Bulgarien und Rumänien erweitert;
3.-4.10.1989, in Sonderzügen der DDR werden etwa 7.600 DDR-Flüchtlinge über das Territorium der DDR in die Bundesrepublik befördert, die in der Prager und in der Warschauer Botschaft Zuflucht gesucht hatten. Bahnhöfe und Gleise auf dem Transportweg werden abgesperrt, um zu verhindern, dass weitere Menschen auf die Züge aufspringen können. Am Dresdner Hauptbahnhof liefern sich in der Nacht Ausreisewillige und Demonstranten die schwersten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften der DDR seit dem 17. Juni 1953. Bei diesen Auseinandersetzungen werden in Dresden mehr als 1.300 Menschen festgenommen;
4.10.1989, in Berlin (Ost) treffen sich Vertreter überregionaler Oppositionsgruppen in der Erlöserkirche und formulieren eine "Gemeinsamen Erklärung" für die Grundlagen der Zusammenarbeit mit der Forderung nach einer gewaltlosen, demokratischen Umgestaltung der DDR und nach freien Wahlen unter Kontrolle der UNO;
6.10.1989, im Palast der Republik in Berlin (Ost) hält Erich Honecker eine Festansprache zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR mit dem Titel "Durch das Volk und für das Volk vollbracht";
6.-7.10.1989, in mehreren Städten der DDR kommt es zu massiven Protesten der Bevölkerung wegen der geplanten Feierlichkeiten zum 40. Jahrestage der DDR-Gründung;
7.10.1989, der 40. Jahrestag der Gründung der DDR wird mit Militärparaden und Aufmärschen gefeiert. In Berlin (Ost) nimmt der sowjetische Staats- und Parteichef Gorbatschow an den Festveranstaltungen teil. Er betont vor der Presse die Notwendigkeit von Reformen und äußert die berühmten Worte: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben"; Die Polizei und Staatssicherheit der DDR gehen brutal in Berlin (Ost), Leipzig, Dresden, Plauen, Jena und Potsdam gegen Demonstranten vor, die gegen die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR protestieren. Es kommt zu Massenverhaftungen und schweren Mißhandlungen von Inhaftierten; Die Gründung der "Sozialdemokratischen Partei in der DDR" in Schwante im Bezirk Potsdam durch 43 Menschen mit dem Beschluss von zehn grundlegenden Paragraphen des Statuts der SDP für eine angestrebte "ökologisch orientierte soziale Marktwirtschaft" und Demokratie in der DDR. Der später als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit enttarnte Ibrahim Böhme wird Geschäftsführer;
8.10.1989, in einem geheimen Fernschreiben fordert die Führung der SED ihre Bezirksleitungen in der DDR zur Unterbindung von Protesten auf; In Berlin gehen Sicherheitskräfte gegen etwa 2.000 Teilnehmer einer Andacht für Frieden und Gewaltlosigkeit in der Gethsemanekirche vor. Die aus der Gethsemanekirche kommenden Teilnehmer der Fürbittandacht werden von der Polizei eingekesselt und zusammengeprügelt; In Dresden kommt es zur Gründung der Gruppe der 20. Sie führt die ersten Verhandlungen mit der Stadtverwaltung und der SED über eine Umgestaltung der Stadt und des Landes; In Budapest löst sich als erste der regierenden kommunistischen Parteien im Ostblock die ungarische KP auf;
9.10.1989, erstmals demonstrieren in Leipzig etwa 70.000 Menschen für demokratische Reformen in der DDR. "Wir sind das Volk - keine Gewalt" setzt sich als Protestruf auf der Demonstration durch. Sicherheitskräfte, Staatssicherheit, Polizei, Militär und Betriebskampfgruppen, die vorher in Leipzig zusammengezogen wurden, greifen erstmals nicht ein; Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg fordert eine "demokratische und rechtsstaatliche sozialistische Perspektive der DDR";
10.10.1989, in der Umwelt-Bibliothek in Berlin (Ost) erscheint die erste Ausgabe des telegraph;
11.10.1989, das Politbüro des Zentralkomitees der SED veröffentlicht eine Erklärung, in der verschlüsselt die Bereitschaft zu einem "sachlichen Dialog" angeboten wird;
13.10.1989, Erich Honecker empfängt die Vorsitzenden der Blockparteien zu einem Arbeitsgespräch;
14.10.1989, in der Elisabethgemeinde in Berlin (Ost) findet ein erstes überregionales Koordinierungstreffen des Neuen Forums statt, auf dem man sich darauf einigt, sich nicht als Partei zu organisieren, sondern als Bürgerbewegung mit Gruppen im ganzen Land, wobei ein Programm nicht vorgeben, sondern gemeinsam erarbeiten werden soll, und auf Bezirksebene Sprecher gewählt werden sollen, die zusammen mit Vertretern von Fachgruppen zunächst provisorisch einen Landessprecherrat bilden; In einem Offenen Brief ruft die SPD zur Bildung von Ortsgruppen in der DDR auf;
15.10.1989, der Schriftsteller Vaclav Havel erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, kann aber den Preis nicht persönlich entgegennehmen, da die tschechoslowakische Regierung ihm keine notwendige Ausreisegenehmigung erteilt; Benefizkonzert zahlreicher Musiker und Künstler in der Erlöserkirche in Berlin (Ost) für die Opfer der Polizeiübergriffe und der Aufruf zur Demonstration am 4.11 in Ostberlin. Christoph Hein fordert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für die Exzesse der Sicherheitskräfte am 7. Oktober;
16.10.1989, bei der bislang größten Demonstration in der DDR seit dem Aufstand vom 17. Juni 1953 ziehen mehr als 120.000 Menschen durch Leipzig. Die Sicherheitskräfte greifen nicht ein;
18.10.1989, auf der 9. Tagung des Zentralkomitees der SED wird Erich Honecker "auf eigenen Wunsch" von allen Ämtern entbunden. Die Politbüromitglieder Günter Mittag und Joachim Herrmann werden aus ihren Ämtern entlassen. Egon Krenz wird zum neuen Generalsekretär der SED gewählt. In einer von den Medien übertragenen Rede räumt Krenz ein, dass die SED in den letzten Monaten die reale Lage verkannt habe und erklärt, das nun aber die "Wende eingeleitet" ist, der "Sozialismus auf deutschem Boden" aber nicht zur Disposition stehe. Krenz prägt für seine Politik den Begriff "Wende";
19.10.1989, bei einem Treffen von Egon Krenz mit dem Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR kommt man überein, dass "der Dialog nicht durch unbedachte Handlungen (…) gefährdet oder gar unmöglich gemacht wird";
21.10.1989, in Plauen demonstrieren 40.000 Menschen. Auch in anderen Städten der DDR gibt es große Demonstrationen; In Berlin (Ost) zieht sich wegen der Übergriffe beim Staatsjubiläum eine Menschenkette um das Polizeipräsidium; Das Landeskirchenamt in Sachsen dokumentiert mehr als 100 Fälle von angewandter Staatsgewalt in Polizeirevieren, Gefängnissen und Kasernen; Auf stattfindenden Dienstbesprechungen im MfS und im MdI wird der Sicherheitsapparat der DDR auf die "Wende" verpflichtet";
22.10.1989, die erste öffentliche Diskussion zwischen Parteifunktionären der SED, Theologen und Bürgern im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung von Gewandhaus-Kapellmeister Kurt Masur;
23.10.1989, am Abend vor der Wahl von Egon Krenz zum Staatsratsvorsitzenden demonstrieren in der DDR mehr als 500.000 Menschen in zahlreichen Städten der DDR. Allein etwa 300.000 Menschen demonstrieren in Leipzig gegen eine "neue Machtkonzentration" in der DDR; In Dresden erweitert sich die Gruppe der 20 um verschiedene Arbeitsgruppen durch Mitarbeiter des Ökologischen Arbeitskreises der Dresdner Kirchenbezirke; Die "Volksrepublik Ungarn" wird vor jubelnden Menschenmassen in "Republik Ungarn" umbenannt;
24.10.1989, die Volkskammer wählt mit 26 Gegenstimmen und 26 Enthaltungen Egon Krenz zum neuen Staatsratsvorsitzenden und zum gleichteitigen Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR; Darauf folgen neue Demonstrationen in Ostberlin gegen die Wahl von Egon Krenz zum neuen Generalsekretär der SED und für mehr Demokratie in der DDR; In Berlin (Ost) sitzen erstmals Vertreter der Opposition und der SED auf einer gemeinsamen Podiumsdisskusion (Markus Wolf, Stefan Heym, Christoph Hein, Bärbel Bohley), die im Fernsehen der DDR übertragen wird;
26.10.1989, ein Telephongespräch zwischen dem Generalsekrtär des ZK der SED, Egon Krenz, und dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Kohl findet von 8.30 Uhr bis 8.44 Uhr statt; In Dresden findet eine Demonstration mit 100.000 Teilnehmern statt, in Erfurt eine mit 30.000, in Rostock eine mit 25.000 und in Gera eine mit 5.000;
27.10.1989, der Beschluß des Staatsrates der DDR über eine Amnestie für die wegen eines "ungesetzlichen Grenzübertritts" angeklagen oder inhaftierten Menschen wird verkündet; Gleichzeitig wird die Aussetzung des Reiseverkehrs in die Tschechoslowakei vom 3.10.1989 wird wieder aufgehoben; Der Präsident der Ostberliner Akademie der Künste, Manfred Wekwerth, fordert in einem Brief an den Präsidenten der Volkskammer die Rehabilitierung von Walter Janka und eine Untersuchungskommission für die Übergriffe am 7. Oktober;
28.10.1989, die älteste der bisher bestehenden Oppositionsgruppen in der DDR, die "Initiative Frieden und Menschenrechte" (IFM) konstituiert sich als eine landesweite Organisation; Der Schauspieler Ulrich Mühe ließt im überfüllten Deutschen Theater in Berlin (Ost) aus Walter Jankas in Westdeutschland erschienenen Buch "Schwierigkeiten mit der Wahrheit";
29.10.1989, die Umwandlung der Vereinigung "Demokratischer Aufbruch" in eine Partei mit der Wahl des Rostocker Rechtsanwalts Wolfgang Schnur zum Vorsitzenden der DA;
30.10.1989, in der DDR wird die Sendung "Der schwarze Kanal" des SED-Chef-Kommentators Karl-Eduard von Schnitzler (Sudel-Ede) nach fast 30 Jahren auf Sendung aus dem Fernsehprogramm der DDR entfernt; In Leipzig demonstrieren mehr als 300.000 Menschen;
31.10.-1.11.1989, der Generalsekrtär des ZK der SED der DDR, Egon Krenz, und der Generalsekretär des ZK der KPdSU und gleichzetiger Vorsitzender des Obersten Sowjets der UdSSR, Michail Gorbatschow kommen zu einem längeren Gespräch in Moskau zusammen. Beide erklären übereinstimmend, das Thema der deutschen Wiedervereinigung stehe "nicht auf der Tagesordnung";
2.11.1989, in der DDR treten zahlreiche Funktionäre von ihren Ämtern zurück, darunter der Chef des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds, Harry Tisch, die Volksbildungsministerin Margot Honecker, der Vorsitzende der CDU, Gerald Götting, und Vorsitzender der NDPD, Heinrich Homann; Das Politbüro der SED beschließt unter anderem den Entwurf eines "Aktionsprogramms" mit unter anderem, der Schaffung eines Verfassungsgerichts und der Einführung eines zivilen Wehrersatzdienstes in der DDR;
3.11.1989, in einer Fernsehansprache kündigt Egon Krenz das Aktionsprogramm zur Verwirklichung der "Wende", und den Rücktritt von Hermann Axen, Kurt Hager, Erich Mielke, Erich Mückenberger und Alfred Neumann aus dem Politbüro bekannt; Die Kontaktgruppe der oppositionellen Gruppen veröffentlicht einen gemeinsamen Katalog. Sie fordern eine Verfassungsreform, die Abschaffung der Führungsrolle der SED, freie und geheime Wahlen sowie Presse- und Versammlungsfreiheit; Die Regierung der DDR beschließt weiteren Bürgern der DDR, die sich in der bundesdeutschen Botschaft in Prag aufhalten, das Land ohne weitere Formalitäten über das Gebiet der Tschechoslowakei in den Westen verlassen zu können;
4.11.1989, in Berlin (Ost) findet eine Demonstration mit mehr als 500.000 Menschen und der Forderung nach Reformen in der DDR und gegen das Machtmonopol der SED in der DDR auf dem Alexanderplatz statt. Das Fernsehen überträgt die Veranstaltungen direkt und unangekündigt. 26 Redner fordern wirkliche Reformen in der DDR. Unter ihnen Stefan Heym, Christoph Hein und Christa Wolf. Auf Vorbehalte stoßen Redner wie Markus Wolf und Günter Schabowski, die mehrfach ausgepfiffen werden; Die Tschechesslowakei läßt alle Bürger der DDR problemlos in die Bundesrepublik ausreisen, woraufhin es zu einer erneuten Ausreisewelle kommt;
6.11.1989, in der Presse der DDR wird der Entwurf für ein neues Reisegesetz der DDR veröffentlicht, wonach jeder Bürger der DDR für maximal 30 Tage pro Jahr ins Ausland reisen darf, sofern er dies beantragt und eine Genehmigung erhält. Der Entwurf stößt in der DDR auf eine heftige öffentliche Kritik. Der zuständige Ausschuss der Volkskammer verwirft die Vorlage bereits am nächsten Tag; In Leipzig demonstrieren mittlerweile Hunderttausende von Bürgern der DDR für unbeschränkte Reisemöglichkeiten, der Aufgabe des Führungsanspruchs der SED und für freie Wahlen in der DDR; Erich Mielke gibt an die Bezirksverwaltungen des Ministeriums für Staatssicherheit in den Bezirken der DDR die Weisung heraus, ab sofort brisantes dienstliches Material zu vernichten oder auszulagern;
7.11.1989, der Ministerpräsident Willi Stoph und sein gesamter Ministerrat treten als Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zurück; Eine offizielle Untersuchungskommission zu den Übergriffen der Sicherheitskräfte am 7. und 8. 10.989 nimmt ihre Arbeit auf;
8.-10.11.1989, auf 10. Tagung des ZK der SED werden die Politbüromitglieder und Kandidaten des Politbüros der SED, die Genossen Hermann Axen, Hans-Joachim Böhme, Horst Dohlus, Kurt Hager, Günter Kleiber, Werner Krolikowski, Erich Mielke, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Horst Sindermann, Willy Stoph, Harry Tisch / Inge Lange, Gerhard Müller und Werner Walde abgewählt. Ein Politbüro mit nur noch 11 Mitgliedern wird neu gewählt. Genosse Egon Krenz wird als neuer Generalsekretär der SED bestätigt. Die SED verabschiedet das Aktionsprogramm "Schritte zur Erneuerung", das darauf folgend am 11./12.11. im ND veröffentlicht wird; Das "Neue Forum" wird als neue Vereinigung vom Innenministerium in der DDR zugelassen;
9.-10.11.1989, auf einer vom Fernsehen der DDR live übertragenen, internationalen Pressekonferenz verliest das Politbüromitglied der SED, Günter Schabowski, um 18.57 Uhr auf eine Anfrage zur neuen Ausreiseregelung der DDR beiläufig einen Beschluss des amtierenden Ministerrates, den ihm angeblich der Generalsekretär der SED, Egon Krenz, kurz vorher zustecken ließ, mit dem Wortlat "Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt." vor. Auf eine Nachfrage erklärt Schabowski, das trete nach seiner Kenntnis "sofort, unverzüglich" in Kraft (Geplant gewesen ist dies erst später und nur auf Antrag). Daraufhin bewegen sich noch am selben Abend Tausende von Berlinern im Osten der Stadt auf die Grenzübergangsstellen nach Berlin (West) zu. Auf Grund der massiven Menschenansammlungen vor den Grenzübergangsstellen wird die folgenreiche Entscheidung getroffen, die Grenze kurzfristig zu öffnen, um eine weitere noch mehr unkontrollierbarere Zuspitzung der Gesamtsituation zu vermeiden.Am späten Abend gegen 23 Uhr an der Bornholmer Straße, zwischen den Berliner Stadtbezirken Prenzlauer Berg und Wedding, öffnen sich zuerst die Schlagbäume. In der Nacht zum 10.11.1989 passieren daraufhin die ersten Berliner aus dem Osten der Stadt die Grenze nach Berlin (West); Der Generalsekretär der SED, Egon Krenz, sendet am späten Vormittag des 10.11. ein Telegramm mit Erklärungen zu der "kurzfristigen Entscheidung" der DDR zur Grenzöffnung nach Westberlin an den KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow nach Moskau, aus dem hervorgeht, "In der vergangenen Nacht passierten ca. 60.000 Bürger der DDR die Grenzübergangsstellen nach Berlin (West). Davon kehrten ca. 45.000 wieder in die DDR zurück";
10.11.1989, nach Öffnung der innerdeutschen Grenzen besuchen Millionen von Bürgern der DDR die grenznahen Städte der Bundesrepublik und West-Berlin; Bundeskanzler Helmut Kohl bricht seinen Polen-Besuch ab, um am Abend vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin auf einer Kundgebung zu sprechen. Der Ehrenvorsitzende der SPD, Willy Brandt prägt dort den Satz "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört"; In Bulgarien wird Staats- und Parteiführung der Kommunistischen Partei gestürzt;
11.11.1989, der Generalsekretär des ZK der SED, Egon Krenz, führt ein Telefonat mit dem Bundeskanzler Helmut Kohl, haben "ein intensives Gespräch" und vereinbaren den Besuch des Bundesministers für besondere Angelegenheiten und Chef des Bundeskanzleramtes, Rudolf Seiters, in der DDR, sowie verständigen sich auf eine baldige persönliche Begegnung nicht in Ostberlin, sondern in der DDR;
11.-12.11.1989, etwa drei Millionen Bürger der DDR besuchen die Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West), wobei der Verkehr in den grenznahen Gebieten teilweise zusammenbricht und es zu Verzögerungen besonders bei der Auszahlung des Begrüßungsgeldes kommt;
12.11.1989, in mehreren Städten der DDR finden Kundgebungen und Versammlungen der SED statt, auf denen die Basis der SED eine "Erneuerung der Partei von unten" fordert;
13.11.1989, der bisherige Volkskammerpräsident Horst Sindermann tritt zurück. Zu seinem Nachfolger wird in einer erstmals geheimen Abstimmung der Vorsitzende der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands Günther Maleuda gewählt. Nach der Abberufung des amtierenden Ministerrates, dessen Mitglieder Willi Stoph und Erich Mielke sich zu rechtfertigen versuchen, wählt die Volkskammer den "Reformkommunisten" Hans Modrow als Nachfolger des am 7.11. zurückgetretenden Horst Sindermann, zum neuen Ministerpräsidenten; Das Zentralkomitee der SED beschließt auf Druck der Parteibasis statt einer Parteikonferenz die Einberufung eines außerordentlichen Parteitages der SED im Dezember; Die DDR hebt die Sperrzonen entlang der Berliner Mauer, der innerdeutschen Grenze und in den Küstengewässern auf; In Leipzig nehmen 200.000 Menschen an der Montagsdemonstration teil. In Karl-Marx-Stadt, Dresden, Cottbus, Magdeburg, Neubrandenburg und Schwerin finden ebenfalls Großdemonstrationen statt; Erich Mielke hat seinen letzten Auftritt in der Volkskammer der DDR mit hilflosen Rechtfertigungsversuchen, einschließlich der Erklärung, er "liebe doch alle Menschen";
16.11.1989, der Bundeskanzler Kohl sichert der DDR wirtschaftliche Hilfe zu, sobald ein grundlegender Wandel des politischen und wirtschaftlichen Systems vollzogen wird; Die Akademie der Wissenschaften der DDR beschließt posthum die Rehabilitierung von Ernst Bloch und Robert Havemann; Als erstes Mitglied des Warschauer Paktes stellt Ungarn einen Aufnahmeantrag für den Europarat;
17.11.1989, die Volkskammer wählt einen neuen Ministerrat. Der Regierungschef Hans Modrow präsentiert die 28 Minister seines verkleinerten Kabinetts. In seiner Regierungserklärung kündigt Modrow einschneidende Reformen des politischen Systems, der Wirtschaft, des Bildungswesens und der Verwaltung in der DDR an. Das Ziel ist eine "neue sozialistische Gesellschaft". Der Bundesregierung schlägt er einen Ausbau der Beziehungen hin zu einer "Vertragsgemeinschaft" vor. Spekulationen über eine Wiedervereinigung erteilt Modrow eine klare Absage; Im Rahmen eines Besuchs in Moskau trifft Willi Brandt mit Michail Gorbatschow, dem Generalsekretär des ZK der KPdSU und Vorsitzender des Obersten Sowjets der UdSSR zu einem ausführlichen Gespräch zusammen; Erste landesweite Studentendemonstration in Ostberlin, auf der 10.000 teilnehmer die Anerkennung autonomer Studentenräte und die Abschaffung des Marxismus/Leninismus-Unterrichts fordern;
18.11.1989, die Volkskammer der DDR verabschiedet den Beschluß über die Zusammensetzung des zeitweiligen Ausschusses der Volkskammer der DDR zur Überprüfung von Fällen des Amtsmißbrauchs, der Korruption, der persönlichen Bereicherung und anderer Handlungen, bei denen der Verdacht der Gesetzesverletzung besteht. Weiterhin wird der Beschluß der Volkskammer zur Beauftragung des Geschäftsordnungsausschusses der Volkskammer der DDR zur Überarbeitung der Geschäftsordnung der Volkskammer und der auf ihrer Grundlage zu bildenden Ausschüsse, der Beschluß der Volkskammer zur Bildung einer Kommission zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und der Beschluß der Volkskammer über die Bildung eines zeitweiligen Ausschusses zur Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes der DDR verabschiedet; 50.000 Menschen erscheinen an diesem Tag zur Demonstration des Neuen Forums in Leipzig, was die erste von der Regierung der DDR genehmigte Veranstaltung der Opposition in der DDR ist; Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wird in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umbenannt, dessen neuer Leiter Generalleutnant Wolfgang Schwanitz wird, der zuvor einer der 4. Stellvertreter Erich Mielkes war; Der Generalstaatsanwalt der DDR, Günter Wendland übt vor der Volkskammer Selbstkritik wegen der Übergriffe von Sicherheitskräften vom 7.-8.11.1989. Insgesamt seien 3.456 Personen zugeführt, und, 296 waren kurzzeitig inhaftiert worden. 480 Anzeigen wegen Misshandlungen und Beleidigungen würden noch überprüft werden;
19.11.1989, in Berlin (Ost), Dresden, Plauen, Eberswalde und Suhl finden Demonstrationen gegen den Führungsanspruch der SED, für Wirtschaftsreformen und Umweltschutz in der DDRstatt;
20.11.1989, das in dem Telefongespräch am 11.11. zwischen dem Generalsekretär des ZK der SED, Egon Krenz und dem Bundeskanzler Helmut Kohl vereinbarte Treffen mit Kanzelamtsminister Rudolf Seiters findet in Berlin (Ost) statt, an dem von Seiten der DDR Egon Krenz und der neue neuen Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow teilnimmt; In Leipzig nehmen 250.000 Menschen an der Montagsdemonstration teil, in Halle 50.000, in Karl-Marx-Stadt 80.000, in Döbeln 2.500. In Neubrandenburg, Cottbus, Dresden, Berlin, Crottendorf, Zwickau, Bautzen, Werdau und Schwerin finden ebenfalls Großdemonstrationen statt, auf denen erstmals auch die deutsche Wiedervereinigung gefordert wird; Der rumänische Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu lehnt auf dem Parteikongress der KP in Bukarest jegliche Reformen ab;
20.-23.11.1989, in Prag demonstrieren hunderttausende Menschen gegen das bestehende Machtmonopol der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei;
22.11.1989, das Politbüro der SED schlägt den Blockparteien und der Opposition in der DDR Gespräche am "Runden Tisch" vor. Die Evangelische Kirche der DDR begrüßt diese Idee;
23.11.1989, der Ministerrat der DDR beschließt Zollkontrollen gegen den Ausverkauf der DDR durch Besucher aus anderen Ländern; Günter Mittag, der als Verantwortlicher für die wirtschaftliche Misere in der DDR gilt, wird aus der SED ausgeschlossen. Gegen Erich Honecker leitet die SED ein Parteiverfahren ein; Der Berliner Bezirksverband des Schriftstellerverbands der DDR nimmt neun im Juni 1979 ausgeschlossene Mitglieder wieder auf und entschuldigt sich für das Unrecht; Die Führung der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei tritt zurück, deren Führungsanspruch am 29.11. aus der Verfassung der CSSR gestrichen wird;
24.11.1989, es von Egon Krenz die Streichung der führenden Rolle der SED aus der Verfassung der DDR angekündigt; Walter Janka wird rehabilitiert; Gründungsveranstaltung der Grünen Liga in Berlin;
26.11.1989, mit dem Aufruf "Für unser Land" treten nahmhafte Intellektuelle und Reformer der DDR, unter anderen unterzeichnet von Christa Wolf, Friedrich Schorlemmer, Günter Krusche, Volker Braun, Stefan Heym, mit der Forderung nach einer "Eigenständigkeit der DDR" statt eines Ausverkaufs "unserer materiellen und moralischen Werte" dafür ein, eine "sozialistische Alternative zur Bundesrepublik" zu schaffen; Der Aufruf des Initiativkomitees zur Gründung eines autonomen Frauenverbandes der DDR (später UFV) erscheint; Robert Havemann, Rudolf Herrnstadt, Lex Ende und Walter Janka werden von der SED rehabilitiert;
27.11.1989, die stattfindende Leipziger Montagsdemonstration wird von schwarz-rot-goldenen Fahnen ohne das Staatswappen der DDR dominiert;
28.11.1989, im Deutschen Bundestag wird vom Bundeskanzler Helmut Kohl einen Zehn-Punkte-Plan zur Erlangung der deutschen Einheit vorgelegt;
29.11.1989, der Generalsekretär der SED und gleichzeitiger Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, sowie der Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, schließen sich dem Aufruf "Für unser Land - zur Bewahrung der Eigenständigkeit der DDR" an; Die Regierung Modrow legt ein neues Reisegesetz vor; Das Politbüro der SED schlägt als ersten Termin für einen Runden Tisch den 7. Dezember vor; Der Leiter des AfNS, Wolfgang Schwanitz, setzt eine große Zahl bisheriger dienstlicher Bestimmungen und Weisungen des Ministeriums für Staatssicherheit außer Kraft;
30.11.1989, die Regierung Modrow bedauert die sowjetische Invasion 1968 in der CSSR; Die Vizeministerpräsidentin der DDR für Wirtschaft, Christa Luft, beziffert die Auslandsverschuldung der DDR mit 19 Milliarden Dollar, der neun Milliarden Dollar an Guthaben gegenüber stünden;
1.12.1989, die Volkskammer der DDR beschließt das Gesetz zur Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, wodurch die Worte im Artikel 1, Absatz 1 der Vefassung der DDR der zweite Halbsatz im 2. Satz "unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei" gestrichen werden und es keinen verfassungsmäßig verankerten Führungsanspruchs der SED in der DDR mehr gibt; Erster Auftritt von Wolf Biermann in der DDR seit seiner Ausbürgerung 1976 vor 6.000 Zuhörern in Leipzig;
2.12.1989, ein Bericht des Untersuchungsausschusses der Volkskammer der DDR legt erstmals die Korruption in der Spitze der SED offen, woraufhin es im "Parlament" zu tumultartigen Szenen kommt;
3.12.1989, auf der 12. Tagung des ZK der SED erfolgt der Rücktritt des Politbüros und des ZK der SED mit Egon Krenz an der Spitze. Erich Honecker, Willi Stoph, Erich Mielke, Alexander Schalck-Golodkowski und weitere Spitzenfunktionäre werden aus der SED wegen "schwerer Verstöße gegen das Statut" ausgeschlossen. Ein Arbeitsausschuss unter der Leitung von Gregor Gysi und Wolfgang Berghofer zur Vorbereitung eines außerordentlichen Parteitags der SED wird eingesetzt. Die ehemaligen Politbüromitglieder Günter Mittag und Harry Tisch werden wegen "schwerer Schädigung des Volkseigentums und der Volkswirtschaft" verhaftet; Menschenkette durch nahezu die gesamte DDR von Kap Arkona bis zum Fichtelberg;
4.12.1989, der erste Besetzung der Bezirksverwaltung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in Erfurt durch aufgebrachter Bürger und das zuvor gebildete Bürgerkomitee zur Kontrolle des Amts für Nationale Sicherheit, um die weitere Vernichtung von Stasi-Akten zu verhindern;
4.-5.12.1989, die CDU und die LDPD in der DDR erklären ihren Austritt aus dem Demokratischen Block der Parteien und der Massenorganisationen der DDR;
5.12.1989, das Kollegium des in der Deutschen Demokratischen Republik neu gegründeten Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) tritt geschlossen zurück; In der DDR wird die Aufhebung des Mindestumtausches und der Visumspflicht für Bundesbürger zum 1. Januar 1990 bekannt gegeben;
6.12.1989, der Rücktritt von Egon Krenz als Vorsitzender des Staatsrats und des Nationalen Verteidigungsrats nach massiver Kritik von der Opposition, den Blockparteien und der Parteibasis der SED. Zum amtierenden Staatsoberhaupt wird der Vorsitzende der LDPD, Manfred Gerlach durch den Staatsrat berufen; Es ergeht der Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über eine Amnestie in der Deutschen Demokratischen Republik; In Berlin (West) stellt sich der Devisenbeschaffer und Staatssekretär im Ministerium für Außenhandel der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski, der Polizei, gegen den in der DDR der Vorwurf der "Veruntreuung von Volkseigentum" erhoben worden ist;
7.12.1989, das erste Zusammentreffen von Vertretern der SED, NDPD, CDU, LDPD und DBD an einem "Zentralen Runden Tisch" mit Vertretern der Oppositionsgruppen "Neues Forum", "Demokratie Jetzt", "Demokratischer Aufbruch", "Grüne", "Initiative Frieden und Menschenrechte", SDP und "Vereinigte Linke", sowie (als Beobachter) "Unabhängiger Frauenverband" und FDGB. Es wird die Forderung gestellt, das Amt für Nationale Sicherheit aufzulösen, und vorgeschlagen, die ersten freien Wahlen in der DDR am 6. Mai 1990 abzuhalten; Der ehemalige Minister für Staatssicherheit der DDR, Erich Mielke, wird verhaftet
8.12.1989, in der DDR werden Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmißbrauchs und der Korruption gegen verschiedene Spitzenfunktionäre der SED eingeleitet (Erich Honecker, Erich Mielke, Willi Stoph);
8.-9.12.1989, auf dem außerordentlich einberufenen Parteitag der SED in Berlin (Ost) wird die Parteiauflösung der SED abgelehnt. Zum neuen Parteivorsitzenden der SED wird Gregor Gysi gewählt. Seine Stellvertreter werden Hans Modrow und der Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer. Die SED entschuldigt sich beim Volk, dass die ehemalige Führung der SED das Land in eine existenzgefährdende Krise geführt hat;
9.12.1989, auf dem stattfindenen Gipfel der Europäischen Kommission in Straßburg erkennen die Staats- und Regierungschefs der teilnehmenden Staaten in einer Grundsatzerklärung zum Wandel in Mittel- und Osteuropa prinzipiell das Recht der Deutschen auf die Einheit an;
11.12.1989, erstmals wird bei den mittlerweile traditionell stattfindenden Montagsdemonstrationen in der DDR der Ruf nach einer Wiedervereinigung Deutschlands deutlich erhoben; In Berlin (West) findet die erste Viermächtekonferenz seit 18 Jahren statt;
14.12.1989, der Ministerrat der DDR beschließt die Auflösung des AfNS und den Aufbau eines Verfassungsschutzes und eines Nachrichtendienstes der DDR; Die DDR und Bundesrepublik einigen sich auf eine gemeinsame Wirtschaftskommission; Die Bürgerbewegung Demokratie Jetzt (DJ) legt einen Dreistufenplan zu einer angestrebten deutschen Einheit vor;
15.12.1989, auf dem Sonderparteitag der CDU der DDR wird der am 12.11.1989 gewählte Parteivorsitzende Lothar de Maizière in seinem Amt bestätigt; Im Deutschen Theater in Berlin (Ost) werden erstmals öffentlich Texte des DDR-Regimekritikers Robert Havemann verlesen;
16.12.1989, in den westrumänischen Städten Temesvar und Arad bricht der offene Widerstand gegen das kommunistische Ceausescu-Regime aus. Der Aufstand breitet sich auch auf die Hauptstadt Bukarest aus. Während sich die Armee schließlich auf die Seite der Bevölkerung stellt, setzt der rumänische Staatssicherheitsdienst "Securitate" den Kampf selbst dann noch fort, als am 22.12. der Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu gestürzt wird (am 26.12. wird die "Securitate" zur Aufgabe gezwungen);
16.-17.12.1989, die Fortsetzung des außerordentlichen Parteitags des SED in Berlin (Ost). Die Partei SED wird in SED-PDS (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus) umbenannt. Es werden Kommissionen zur Überarbeitung von Programm und Statut einberufen. Der ehemalige Generalsekrtär der SED, Erich Honecker übernimmt in einem an den Parteitag gerichteten Schreiben die volle Verantwortung für die entstandene Lage und räumt Fehlentscheidungen ein; Der Gründungsparteitag des Demokratischen Aufbruchs, Vorsitzender wird Wolfgang Schnur;
18.-19.12.1989, in der DDR erfolgt die Bekanntmachung zur Aufhebung von Rechtsvorschriften, die durch den Ministerrat der DDR außer Kraft gesetzt worden sind; In Berlin findet die zweite Sitzung des Zentralen Runden Tischs statt. Es werden weitere Arbeitsgruppen eingerichtet. Das "Neue Forum" spricht der Regierung Modrow die Legitimation ab und bezeichnet sie als Übergangsregierung, weshalb dem "Runden Tisch" in der DDR ein Vetorecht zukommen müsse;
19.-20.12.1989, der Bundeskanzler Helmut Kohl trifft zu Gesprächen mit Ministerpräsident Hans Modrow in Dresden zusammen und weitere Verhandlungen über eine deutsch-deutsche Vertragsgemeinschaft vereinbart werden. Hans Modrow lehnt den Zehn-Punkte-Plan Helmut Kohls zur Erlangung der deutschen Einheit ab;
20.-22.12.1989, der französische Staatspräsident François Mitterrand besucht als erstes Staatsoberhaupt der westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs die DDR und erklärt sich für den Fortbestand der DDR aus;
22.12.1989, die Eröffnung zweier Fußgängerüberwege am Brandenburger Tor in Berlin durch den Ministerpräsidenten Hans Modrow und den Bundeskanzler Helmut Kohl;
24.12.1989, alle politischen Gefangenen der DDR, die aus der Bundesrepublik oder West-Berlin stammen, werden freigelassen; Erstmals können vorzeitig Bundesbürger und Westberliner ohne ein Visum und einem Zwangsumtausch in die DDR einreisen;
25.12.1989, der ehemalige rumänische kommunistische Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu und seine Frau werden von einem Militärtribunal zum Tode verurteilt und sofort hingerichtet;
27.12.1989, die 4. Sitzung des Runden Tischs, bei der anderem an die Regierung die Anfrage gerichtet wird, ob sie am 7. Dezember die Vernichtung von Unterlagen des Ministerium für Staatssicherheit angeordnet habe;
28.12.1989, die Symbolfigur des Prager Frühlings, Alexander Dubcek, wird zum Parlamentspräsidenten und einen Tag später der Schriftsteller Vaclav Havel zum neuen Staatspräsidenten der Tschechoslowakei gewählt;
30.12.1989, die Zeitung "Neues Deutschland" berichtet über erste Aufarbeitungsversuche zu der DDR-Vergangenheit, Selbstkritik von Journalisten und Empörung in der Bevölkerung über SED-treue Richter.