(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das gleiche Recht auf Bildung. Die Bildungsstätten stehen jedermann offen. Das einheitliche sozialistische Bildungssystem gewährleistet jedem Bürger eine kontinuierliche sozialistische Erziehung, Bildung und Weiterbildung.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik sichert das Voranschreiten des Volkes zur sozialistischen Gemeinschaft allseitig gebildeter und harmonisch entwickelter Menschen, die vom Geist des sozialistischen Patriotismus und Internationalismus durchdrungen sind und über eine hohe Allgemeinbildung und Spezialbildung verfügen.
(3) Alle Bürger haben das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben. Es erlangt unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution und der Erhöhung der geistigen Anforderungen wachsende Bedeutung. Zur vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit und zur wachsenden Befriedigung der kulturellen Interessen und Bedürfnisse wird die Teilnahme der Bürger am kulturellen Leben, an der Körperkultur und am Sport durch den Staat und die Gesellschaft gefördert.
(4) In der Deutschen Demokratischen Republik besteht allgemeine zehnjährige Oberschulpflicht, die durch den Besuch der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zu erfüllen ist. In bestimmten Fällen kann die Oberschulbildung in den Einrichtungen der Berufsausbildung oder der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen beendet werden. Alle Jugendlichen haben das Recht und die Pflicht, einen Beruf zu erlernen.
(5) Für Kinder und Erwachsene mit psychischen und physischen Schädigungen bestehen Sonderschul- und ausbildungseinrichtungen.
(6) Die Lösung dieser Aufgaben wird durch den Staat und alle gesellschaftlichen Kräfte in gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsarbeit gesichert.

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I. Das Recht auf Bildung

1. Vorgeschichte

1 a) Die Verfassung von 1949 befaßte sich in den Art. 35 bis 40 mit dem Recht auf Bildung, seiner Ausgestaltung und seinen Garantien. Art. 35 Abs. 1 versprach jedem Bürger das gleiche Recht auf Bildung und verband es mit dem Recht auf freie Wahl seines Berufs. Die Bildung der Jugend sowie die geistige und fachliche Weiterbildung der Bürger sollten auf allen Gebieten des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens durch die öffentlichen Einrichtungen gesichert werden (Art. 35 Abs. 2). Art. 36 enthielt die seit 1952 wegen der Abschaffung der Länder (s. Rz. 47 zur Präambel) überholte Kompetenzverteilung zwischen diesen und der Republik auf den Gebieten des Schulwesens und der Lehrerausbildung. Art. 37 Abs. 1 und 2 legten die Erziehungsziele der Schule fest. Die Schule sollte die Jugend im Geiste der Verfassung zu selbständig denkenden, verantwortungsbewußt handelnden Menschen, die fähig und bereit wären, sich in das Leben der Gemeinschaft einzuordnen, erziehen. Als Mittlerin der Kultur wurde der Schule die Aufgabe übertragen, die Jugend im Geiste des friedlichen und freundschaftlichen Zusammenlebens der Völker und einer echten Demokratie zu wahrer Humanität zu erziehen. Art. 37 Abs. 3 verankerte die Einrichtung der Eltembeiräte in der Verfassung. Durch diese sollten die Eltern bei der Schulerziehung ihrer Kinder mitwirken. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 legte die allgemeine Schulpflicht fest. Danach bestand sie bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. In den folgenden Sätzen des ersten Absatzes des Art. 38 und den folgenden Absätzen wurden die Grundzüge des Schulsystems bestimmt. Nach Beendigung der für alle Kinder obligatorisehen Grundschule sollte die Weiterbildung in der Berufsschule oder Fachschule, in der Oberschule und anderen öffentlichen Bildungseinrichtungen erfolgen. Der Besuch der Berufsschule wurde zur Pflicht aller Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr erklärt, wenn sie keine andere Schule besuchten. Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen wurden verboten (Art. 38 Abs. 1 Sätze 2-4). Art. 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 legte die grundsätzlichen Aufgaben der Berufs- und Fachschulen sowie der Oberschulen fest. Danach sollten die Berufs- und Fachschulen der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung dienen und die Oberschulen der Vorbereitung für die Hochschulen. Art. 38 Abs. 3 Satz 2 bestimmte indessen, daß der Weg zur Hochschule nicht nur über die Oberschulen fuhren durfte, sondern auch über andere öffentliche Bildungsanstalten, die zu diesem Zwecke auszubauen oder zu schaffen wären. Dazu legte Art. 38 Abs. 4 fest, daß allen Bürgern durch Vorstudienanstalten der Besuch der Hochschule zu ermöglichen wäre. Art. 38 Abs. 5 verankerte die Volkshochschulen in der Verfassung. Durch sie sollte den Angehörigen aller Schichten die Möglichkeit gegeben werden, ohne Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit Kenntnisse in Volkshochschulen zu erwerben.
Art. 39 verfugte die Gleichheit der Bildungschancen. Jedem Kind mußte die Möglichkeit zur allseitigen Entfaltung seiner körperlichen, geistigen und sittlichen Kräfte gegeben werden. Der Bildungsgang der Jugend sollte nicht von der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Elternhauses abhängig sein. Vielmehr sollte Kindern, die durch soziale Verhältnisse benachteiligt wären, besondere Aufmerksamkeit zugewendet werden. Der Besuch der Fachschule, der Oberschule und der Hochschule sollte Begabten aus allen Schichten des Volkes ermöglicht werden. Es wurden Schulgeldfreiheit und Unentgeltlichkeit der Lernmittel an den Pflichtschulen versprochen. Im Bedarfsfälle sollte der Besuch der Fachschule, Oberschule und Hochschule durch Unterhaltsbeihilfen und andere Maßnahmen gefördert werden.
Die Verfassung von 1949 regelte ferner die Erteilung des Religionsunterrichts. Dieser wurde in Art. 40 zur Angelegenheit der Religionsgemeinschaften erklärt, denen die Ausübung des Rechts auf Erteilung des Religionsunterrichts gewährleistet wurde. Ergänzend bestimmte Art. 44, daß das Recht der Kirche auf Erteilung des Religionsunterrichts in den Räumen der Schule gewährleistet sei, dieser von den durch die Kirche ausgewählten Kräften erteilt werde und niemand dazu gezwungen oder daran gehindert werden dürfe. Die Erziehungsberechtigten hatten über die Teilnahme am Religionsunterricht zu bestimmen.

2 b) Gegenüber dem Entwurf der Verfassung sind in der Endfassung einige Änderungen zu verzeichnen. Der mit dem Recht auf Bildung zusammenhängende Komplex wurde wie der Verfassungsartikel über das Recht auf Arbeit vor die Einzelgrundrechte im politischen Bereich gerückt und erhielt dadurch anstelle der Nummer 31 die Nummer 25. Im Abs. 3 wurde das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben konstituiert, dessen wachsende Bedeutung hervorgehoben wird. Im Entwurf wurde diese Bedeutung den Objekten des Rechts: Kunst, Kultur, Körperkultur, Sport und Touristik zugerechnet. Die vollständige Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit wurde im Entwurf in Beziehung zu ihr gesetzt, während sie in der Endfassung in Beziehung zur Förderung als deren Zweck gebracht ist. Als weiterer Zweck der Förderung wird in dieser die wachsende Befriedigung der kulturellen Interessen und Bedürfnisse genannt. Anstelle der Begriffe »Kunst« und »Kultur« trat der Begriff »kulturelles Leben«. Der Begriff »Touristik« verschwand in der Endfassung.
Durch eine neue Formulierung des Abs. 4 wurde klargestellt, daß die Oberschulpflicht zehn Jahre dauert. In der Fassung des Entwurfs war die zehnklassige Oberschule als die für alle Kinder verbindliche Schule erklärt worden. Daraus hätte der Schluß gezogen werden können, daß jedes Kind, ohne Rücksicht darauf, daß es unter Umständen ein oder sogar mehrere Klassen wiederholen muß, die allgemeinbildende polytechnische Oberschule auf jeden Fall ganz durchlaufen muß, was die Schulpflicht je nach Lage des Falles um ein oder mehrere Jahre verlängert hätte. Der Entwurf kannte die Möglichkeit nicht, in bestimmten Fällen die Oberschulbildung auch in den Einrichtungen der Berufsausbildung oder der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen zu beenden. Im Entwurf war das Erlernen eines Berufs für die Jugendlichen nur eine Pflicht, nicht aber wie in der Endfassung ein Recht und eine Pflicht.
Der Satz über die Sonderschul- und -ausbildungseinrichtungen (Art. 25 Abs. 5) war im Entwurf noch nicht enthalten.


2. Charakter und Inhalt des Rechts

3 a) Das Recht auf Bildung steht nach der in der DDR entwickelten Grundrechtskonzeption in enger Wechselbeziehung zum Recht auf Mitgestaltung (s. Rz. 7 zu Art. 21). Eberhard Poppe (Mensch und Bildung in der DDR, S. 44) schrieb im Jahre 1965, also noch unter der Geltung der Verfassung von 1949: »Das Grundrecht auf Mitgestaltung orientiert ihn (d. h. den Bürger - der Verfasser) auf seine prinzipielle Stellung in der sozialistischen Gesellschaft, kennzeichnet ihn als Träger und Vollstrecker der Herrschaft des Volkes, bringt zum Ausdruck, daß er zu jeder Zeit und in jedem Bereich berechtigt ist, an der Machtausübung mitzuwirken. In voller Übereinstimmung damit ist auch jedem einzelnen Grundrecht die Orientierung des Bürgers auf die Mitwirkung an der Leitung des vom Grundrecht erfaßten Bereichs immanent. Das gehört zum verpflichtenden und aktivierenden Charakter des sozialistischen Grundrechts, das stets auf die Verwirklichung bestimmter gesellschaftlicher Notwendigkeiten, bestimmter Grundfragen der sozialistischen Demokratie orientiert. So gehört es zum Bildungsgrundrecht, daß es die staatlichen Organe auf die Heranziehung der Bürger an die Leitung von Volksbildung und Kultur in geeigneten Formen orientiert, aber auch die Bürger zur Inanspruchnahme der weitgebotenen Möglichkeiten zur Mitwirkung an der staatlichen und gesellschaftlichen Leitung an Volksbildung und Kultur hinfuhrt und mobilisiert. Damit ist die Mitgestaltung der gesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung vom verfassungsrechtlichen Standpunkt her gesehen nicht nur Inhalt des speziellen Mitgestaltungsgrundrechts, das eine prinzipielle Gesamtorientierung der Stellung des Bürgers im sozialistischen Staat gibt, sondern durchdringt gleichzeitig als Wesenszug der sozialistischen Demokratie jedes einzelne Grundrecht.« Er bezeichnet alsdann die Mitwirkung der Bürger an der Leitung von Bildung und Kultur als Teil des Grundrechts auf Bildung. Eberhard Poppe folgte dabei im wesentlichen Hermann Klenner, nach dem das Recht auf Bildung nicht bloß Recht auf Wissen der von anderen entdeckten Wahrheit, nicht bloß Recht auf Genuß der von anderen erarbeiteten Kulturgüter bedeute, sondern weit darüber hinausgehend im Recht des einzelnen auf wissenschaftliche und kulturelle Selbstbetätigung und im Recht auf Mitwirkung an der Leitung von Kultur und Volksbildung bestehe (Studien über die Grundrechte, S. 117). Nach Hermann Klenner koinzidieren also wissenschaftliche und kulturelle Selbstbetätigung des einzelnen mit der Mitgestaltung an der sozialistischen Gesellschaft.
Die Parallele zum Verhältnis des Rechts auf Mitgestaltung zum Recht auf Arbeit (s. Rz. 6 zu Art. 24) ist evident.

4 b) Das Verhältnis zwischen dem Recht auf Bildung und dem Recht auf Mitgestaltung findet ferner darin seinen Ausdruck, daß die Realisierung des Rechts auf Bildung ebenso wie die des Rechts auf Arbeit Voraussetzung für die Ausübung des Rechts auf Mitgestaltung ist (Frithjof Kunz, Die verfassungsmäßigen Grundrechte auf dem Gebiet der sozialistischen Arbeit, S. 741) (s. Rz. 6—12 zu Art. 24). Walter Ulbricht führte dazu bei der Begründung des Verfassungsentwurfs (Die Verfassung des sozialistischen Staates deutscher Nation, S. 355) aus, durch das Grundrecht auf Bildung werde jeder Bürger in die Lage versetzt, mit der raschen Entwicklung auf gesellschaftlichem, wissenschaftlich-technischem und geistig-kulturellem Gebiet Schritt zu halten; so könne er bewußt und mit Sachkenntnis mitarbeiten und mitentscheiden.

5 c) Schließlich ist die Ausübung des Rechts auf Bildung eine Garantie für das Recht auf Arbeit, weil sie die Qualifikation verleiht, der entsprechend das Recht auf einen Arbeitsplatz gegeben ist (Art. 24 Abs. 3, s. Rz. 47 zu Art. 24).

6 d) Seinem Inhalt nach ist der Begriff »Bildung« im weitesten Sinne zu verstehen. Er umfaßt also auch die geistige und körperliche Ausbildung und die Erziehung (s. Rz. 12 zu Art. 17). Nach Hermann Klenner (Studien über die Grundrechte, S. 113) verhindere die Beachtung der gesellschaftlichen Funktion des Rechts auf Bildung die oft anzutreffende ökonomistische Interpretation des Rechts auf Bildung als eines ausschließlich der Vervollständigung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dienenden Grundrechts. In Wirklichkeit gehe zwar das sozialistische Bildungssystem von der ökonomischen und wissenschaftlich-technischen Zielsetzung des siegreichen Sozialismus aus, umfasse aber weit mehr als die Berufsausbildung und die Erwachsenenqualifizierung. Im Verwirklichungsprozeß des Rechts auf Bildung, in dem sich alle Rechte des Bürgers im Bereich der ideellen Produktion zusammenfassen ließen, eigneten sich die Massen immer umfassender und tiefgreifender die ideologischen Voraussetzungen für die sachkundige Anwendung der natürlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsgesetzmäßigkeiten für ihre Freiheit an und rissen die Schranken nieder, die sie vom Wissen um die Entwicklung von Natur und Gesellschaft trennten. Zur Bildung im Sinne des Art. 24 gehört also auch die Aneignung der Kenntnisse von den Lehren des Marxismus-Leninismus und des entsprechenden sozialistischen Bewußtseins. In kritischer Sicht ist also Bildung in diesem Sinne auch das Ergebnis einer ideologischen Indoktrination. Die Verfassung bringt diesen Inhalt des Begriffs Bildung in der Formulierung der Erziehungsziele in Art. 25 Abs. 2 zum Ausdruck. Die Menschen, die zur sozialistischen Gemeinschaft (s. Rz. 29ff. zu Art. 3) gehören, sollen nicht nur über eine hohe Allgemeinbildung und Spezialbildung verfügen, sondern auch vom Geist des sozialistischen Patriotismus und Internationalismus durchdrungen sein. Noch deutlicher sind die Bildungs- bzw. Erziehungsziele in § 5 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem v. 25.2.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 83) formuliert (s. Rz. 12,13 zu Art. 17).

7 e) Diese Zielsetzung beschränkt die Substanz des Rechts auf Bildung. Wie alle Grundrechte steht seine Ausübung unter der Suprematie der marxistisch-leninistischen Partei. Auch die Grenzen des Rechts auf Bildung werden von ihr bestimmt (s. Rz. 14 zu Art. 19). Die Beschränkung der Substanz besteht nicht so sehr auf dem wissenschaftlich-technischen Gebiet als einem Feld, das im wesentlichen ideologiefrei ist. Hier wird die Aneignung von Kenntnissen nach Kräften gefördert, auch wenn sie aus dem nichtsozialistischen Ausland beschafft werden müssen. Voraussetzung ist freilich, daß diese Kenntnisse der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung Nutzen versprechen. Anders ist die Lage auf allen Gebieten, bei denen politisch-ideologische Implikationen eine Rolle spielen, vor allem bei den Geisteswissenschaften. Hier wird Bildung nur vermittelt, soweit sie den Vorstellungen des Marxismus-Leninismus entspricht. Das Recht auf Bildung erstreckt sich nicht auf die Aneignung von Wissen, das die Schaffung, Erhaltung oder Stärkung des sozialistischen Bewußtseins stören könnte. Soweit in höheren Ausbildungsstufen entsprechender Stoff behandelt wird, geschieht das nicht objektiv, sondern parteilich unter dem kritischen Aspekt des Marxismus-Leninismus.

8 f) Da das Recht auf Bildung ein gleiches sein soll, gelten für dieses die Differenzierungsverbote des Art. 20 (s. Rz. 1-14 zu Art. 20). Indessen wird die Möglichkeit des Übergangs zur nächsthöheren Bildungsstufe von einer Voraussetzung abhängig gemacht, die nur nach der marxistisch-leninistischen Interpretation (s. Rz. 10 zu Art. 20) dem Gleichheitssatz nicht widerspricht (s. Rz. 1-9 zu Art. 26).

9 g) Wie das Recht auf Arbeit (s. Rz. 9 zu Art. 24) hat das Recht auf Bildung auch den Charakter eines sozialen Grundrechts(s. Rz. 35 zu Art. 19). Der Staat erbringt Leistungen, indem er die Bildungseinrichtungen kostenlos (Schulgeldfreiheit, Befreiung von Studiengebühren - Art. 26 Abs. 2 Satz 1 u. Abs. 3 Satz 1; s. Rz. 10 ff. zu Art. 26) zur Verfügung stellt und indem er Ausbildungsbeihilfen und Lernmittelfreiheit nach sozialen Gesichtspunkten (Art. 26 Abs. 2 Satz 2) sowie Stipendien und Studienbeihilfen nach sozialen Gesichtspunkten und nach Leistung (Art. 26 Abs. 3 Satz 2) gewährt.


3. Pflicht zur Bildung

10 Eine generelle Pflicht zur Bildung wird von der Verfassung nicht konstituiert. Nur partiell verknüpft sie das Recht auf Bildung mit Pflichten, und zwar für Kinder und Jugendliche mit der allgemeinen Oberschulpflicht (Art. 25 Abs. 4 Satz 1) und der Pflicht aller Jugendlichen, einen Beruf zu erlernen (Art. 25 Abs. 4 Satz 3) (s. Rz. 23—43 zu Art. 25). Dagegen wird in der Literatur die Meinung vertreten, es bestehe eine generelle Pflicht zur Bildung. So schreibt Eberhard Poppe (Mensch und Bildung in der DDR, S. 43): »Aus der Einheit von Rechten und Pflichten im Sozialismus als Ausdruck des Wesens dieser Gesellschaftsordnung folgt, daß jeder Bürger alle Möglichkeiten, aber auch die Verpflichtung hat, seine politische, fachliche und kulturell-künstlerische Bildung zu erweitern.« Ein Vorschlag des Instituts für Wirtschafts- und Arbeitsrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft »Walter Ulbricht« (s. Rz. 47 zu Art. 17), eine generelle Pflicht zur Bildung zu konstituieren (Harry Bredernitz/Alfred Baumgart, Der Verfassungsentwurf. . ., S. 166), wurde allerdings nicht akzeptiert. Weil diese generelle Pflicht also nicht rechtsnormativ begründet ist und ihre Einhaltung nicht durch staatliche Sanktionen erzwungen werden kann, ist sie nach den von der marxistisch-leninistischen Theorie entwickelten Kriterien lediglich als eine moralische Pflicht (s. Rz. 72-75 zu Art. 19) anzusehen.
Rechtsnormativ war dagegen die Pflicht jedes arbeitsfähigen Bürgers schon in § 2 Abs. 2 GBA begründet, seine Fähigkeiten zum gesellschaftlichen und eigenen Nutzen zu entwickeln. Nach § 149 Abs. 1 AGB hat jeder Werktätige im Interesse der effektiven Teilnahme am Arbeitsprozeß die ehrenvolle Pflicht, sich entsprechend den höheren Anforderungen, die sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung, insbesondere dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt, ergeben, ständig weiterzubilden. Damit wird das Recht auf Qualifizierung, als Teil des Rechts auf Bildung, zur Pflicht. Über den Charakter dieser Pflicht entwickelte sich eine Kontroverse, die gewisse Parallelen zur Diskussion über den Charakter der Pflicht zur Arbeit (s. Rz. 40 zu Art. 24) aufweist. Hans Pogodda (Die Rechtspflicht zur Qualifizierung und der Qualifizierungsvertrag; Recht auf Qualifizierung - Pflicht zur Qualifizierung) meinte, jeder Werktätige übernehme im Arbeitsvertrag die Rechtspflicht zur Qualifizierung für die von ihm übernommenen Arbeitsaufgaben. Erhard Pätzold (Zum Problem Qualifizierungspflicht und Qualifizierungsvertrag) hielt die Pflicht zur Qualifizierung nur für eine moralische; eine Rechtspflicht entstände erst mit dem Abschluß eines Qualifizierungsvertrages. Wiederum wird die Fragwürdigkeit der Unterscheidung zwischen Rechtspflichten und moralischen Pflichten (s. Rz. 72-75 zu Art. 19) offenbar. Tatsächlich fehlt im Unterschied zur Pflicht zur Arbeit die Möglichkeit, die Einhaltung der Pflicht zur Qualifizierung, wenn sie nicht ausdrücklich in einem besonderen Vertrag übernommen wurde, durch staatliche Sanktionen zu erzwingen, so daß die Pflicht zur Qualifizierung trotz ihrer rechtsnormativen Begründung eher zu den moralischen Pflichten zu zählen ist.


4. Garantien des Rechts

11 a) Die materielle Garantie des Rechts auf Bildung besteht in erster Linie in der Existenz des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems, wie es durch das Gesetz vom 25.2.1965 mit seinen Durchführungsbestimmungen [Vom 14.7.1965 (GBl. DDR II 1965, S. 625); vom 20.12.1968 (GBl. DDR II 1969, S. 33); vom 20.12.1968 (GBl. DDR II 1969, S. 36); vom 27.9.1971 (GBl. DDR II 1971, S. 596) und vom 1.12.1973 (GBl. DDR I 1974, S. 26)] geschaffen wurde. Ein Teil seiner Prinzipien hat in Art. 25 Abs. 4 Sätze 1 und 2, Abs. 5 und Art. 26 Verfassungsrang erhalten. Seine Einzelheiten sind bei der Erläuterung des Art. 17 Abs. 2 (s. Rz. 9-25 zu Art. 17) dargestellt.

12 b) Eine weitere materielle Garantie besteht in der Schulgeldfreiheit, in der Befreiung von den Studiengebühren für Direktstudenten, ferner in der Gewährung von Ausbildungsbeihilfen und der Lernmittelfreiheit für Schüler nach sozialen Gesichtspunkten sowie von Stipendien und Studienbeihilfen für Studenten nach sozialen Gesichtspunkten und nach Leistung (Art. 26 Abs. 2 und 3).

13 c) Arbeiter und Angestellte haben nach § 182 AGB Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zur Teilnahme an Lehrgängen zur politischen und fachlichen Weiterbildung sowie für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, die im staatlichen Interesse liegen, soweit sie nicht außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden können, ferner zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Fern- und Abendstudium. Bei Freistellungen wird ein Lohnausgleich in Höhe des Durchschnittslohnes durch den Betrieb gewährt, falls nicht Stipendien gewährt werden.

14 d) Im Gegensatz zur Verfassung von 1949 (Art. 40 und 44) fehlt in der Verfassung von 1968/1974 ein Garantieversprechen für die Erteilung des Religionsunterrichts. Ursächlich dafür ist die Veränderung im Verhältnis zwischen Staat und Kirchen, die sich seit 1949 vollzogen hat (s. Erl. zu Art. 39). Die Vermittlung von Kenntnissen auf dem Gebiet der Religion ist wegen der Beschränkung der Substanz des Rechts auf Bildung (s. Rz. 7 zu Art. 25) nicht Objekt dieses Rechts.

15 e) Nach zwei Jahren interner Vorbereitungen wurde durch eine Direktive des Ministeriums für Volksbildung vom 1.2.1978 (Wolfgang Henrich, Wehrkunde in der DDR, S. 25) mit Wirkung vom 1.9.1978 (Beginn des Schuljahres 1978/1979) in den 9- und 10. Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der Wehr kundeunterricht als Pflichtfach eingeführt, durch den die Wehrbereitschaft und Wehrfähigkeit der Schüler gefördert werden soll. Der Wehrkundeunterricht umfaßt sowohl die ideologische Indoktrination als auch Wehrausbildung bzw. Ausbildung in der Zivilverteidigung. (Wegen der Stellung der Kirchen zum Wehrkundeunterricht s. Rz. 34 zu Art. 39).

16 f) Wegen der Schulen für die sorbische Minderheit s. Rz. 7 und 9 zu Art. 40.

II. Das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben

1. Charakter und Inhalt des Rechts

17 a) Das erst in der Endfassung konstituierte Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben ist mehr als nur das Recht auf Aneignung kultureller Werte. Es umfaßt auch das Recht auf Selbstbetätigung im kulturellen Bereich und kann insoweit mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 27) koinzidieren.
Ferner geht es nicht nur auf eine Erweiterung der Bildung. Die Teilnahme am kulturellen Leben kann auch darauf gerichtet sein, einen ästhetischen Genuß zu gewinnen, womit ein psychologischer Effekt erstrebt wird.
Fraglich kann sein, ob das Recht sich auch auf die Teilnahme an Körperkultur und Sport erstreckt. Die beiden letztgenannten Gebiete werden in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 nicht ausdrücklich genannt. Dagegen erstreckt der Verfassungsauftrag auf Förderung in Art. 25 Abs. 3 Satz 3 sich auch auf diese. Jedoch wäre eine rein semantische Auslegung verfehlt.
Art. 18 Abs. 3 bezeichnet Körperkultur, Sport und Touristik als Elemente der sozialistischen Kultur. Daraus ist zu schließen, daß sich das in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 konstituierte Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben auch auf die Teilnahme an Körperkultur und Sport erstreckt.

18 b) Das Recht steht allen Bürgern zu. Es ist ein gleiches Recht, hinsichtlich dessen die Differenzierungsverbote des Art. 20 (s. Rz. 1-14 zu Art. 20) gelten.

19 c) Wie jedes Grundrecht ist es in seiner Substanz beschränkt. Es geht in seiner Zielsetzung auf die Teilnahme am kulturellen Leben, wie es die sozialistische Nationalkultur (s. Rz. 1-5 zu Art. 18) anbietet. Es kann sich nicht auf das erstrecken, was die marxistisch-leninistische Lehre als »imperialistische Unkultur« ansieht. Es schließt deshalb die Informationsfreiheit auf kulturellem Gebiet nicht ein.

20 d) Die Verfassung konstituiert keine Pflicht zur Teilnahme am kulturellen Leben. Soweit das Grundrecht im Recht auf Aneignung kultureller Werte besteht, vertrat Eberhard Poppe (Mensch und Bildung in der DDR, S. 287) bereits zur Verfassung von 1949 die Ansicht, daß auch eine Verpflichtung zur Verwirklichung dieses Rechts bestehe. Weil diese aber nicht rechtsnormativ begründet ist und ihre Einhaltung nicht durch staatliche Sanktionen gesichert wird, ist sie nach den von der marxistisch-leninistischen Theorie entwickelten Kriterien (s. Rz. 72-75 zu Art. 19) eine moralische Pflicht.

21 e) Wenn in Art. 25 Abs. 3 Satz 2 gesagt wird, daß das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution und der Erhöhung der geistigen Anforderungen wachsende Bedeutung erlange, wird das Motiv für die Einführung dieses Rechts angegeben. Zwar wird in der Endfassung diese Bedeutung dem Recht, nicht mehr seinem Gegenstand (Kunst und Kultur, Körperkultur, Sport und Touristik - Art. 31 Abs. 3 des Entwurfs) zugeschrieben. Aber das Recht könnte nicht an Bedeutung gewinnen, wenn sich nicht die Bedeutung seines Gegenstandes erhöht hätte.


2. Garantie des Rechts

22 Die Garantie zur Durchsetzung des Rechts in seiner beschränkten Substanz ist die Existenz der sozialistischen Nationalkultur und der ihr dienenden Einrichtungen. Damit ist der Zusammenhang mit Art. 18 Abs. 1 hergestellt, der die Merkmale dieser Kultur bezeichnet (s. Rz. 1-5 zu Art. 18). Der Verfassungsauftrag an Staat und Gesellschaft, die Teilnahme der Bürger am kulturellen Leben, an der Körperkultur und am Sport zu fördern (Art. 25 Abs. 3 Satz 3), ergänzt den Verfassungsauftrag zur Förderung der Künste, der künstlerischen Interessen und Fähigkeiten aller Werktätigen in Art. 18 Abs. 2 (s. Rz. 6-52 zu Art. 18) sowie den Verfassungsauftrag zur Förderung und zum Schutz der sozialistischen Kultur in Art. 18 Abs. 1 Satz 2, der auch die Förderung und den Schutz der Körperkultur, des Sports und der Touristik umfaßt (s. Rz. 53 zu Art. 18).

III. Die Schulpflicht sowie das Recht und die Pflicht der Jugendlichen, einen Beruf zu erlernen

1. Die Schulpflicht unter der Verfassung von 1949

23 a) In Ausführung des Art. 35 der Verfassung von 1949 hatte das Gesetz über Schulpflicht in der Deutschen Demokratischen Republik (Schulpflichtgesetz) v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1203) festgelegt, daß die Schulpflicht vom beginnenden 7. Lebensjahr für alle Kinder und Jugendlichen, deren Erziehungsberechtigte ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der DDR haben, besteht, nur in den staatlichen Schulen der DDR durch den Besuch a) der achtklassigen Grundschule und b) der berufsbildenden Schule bis zur Ablegung der Lehrabschlußprüfung bzw. bis zur Erreichung der Ziele der Berufs- oder Betriebsberufsschule oder c) der weiterfuhrenden allgemeinbildenden Schule (Zehnjahresschule, Oberschule) erfüllt werden kann und im übrigen mit Vollendung des 18. Lebensjahres erlischt. Die Durchführungsbestimmung vom 29.12.1950 (GBl. DDR 1951, S. 6) legte ergänzend fest, daß die Schulpflicht mit dem Datum des Schuljahranfangs für alle Kinder, die drei Monate vor Beginn des Schuljahres das 6. Lebensjahr vollendet haben, beginnt. Die Vierte Durchführungsbestimmung vom 20.1.1955 (GBl. DDR I 1955, S. 99) ordnete an, daß Schüler, die nach achtjährigem Besuch der Grundschule in der 8. Klasse die Abschlußprüfung nicht bestehen, nicht aus der Grundschule entlassen werden durften. Nur in begründeten Ausnahmefällen war eine Entlassung erlaubt. Auch Schüler, die nach achtjährigem Schulbesuch nur das Ziel der 7. Klasse erreicht hatten, durften in der Regel nicht aus der Schule entlassen werden. Ausnahmen waren zulässig, wenn ein Lehr- oder Anlern- bzw. Arbeitsverhältnis nachgewiesen werden konnte. Schüler, die nach achtjährigem Schulbesuch nicht das Ziel der 7. Klasse erreicht hatten und nur bis zur 7. oder einer niedrigeren Klasse geführt wurden, sollten in der Regel entlassen werden, wenn ein Lehr-, Anlern- oder Arbeitsverhältnis nachgewiesen werden konnte.

24 b) Mit dem Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik v. 2.12.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 859) wurde die Schulpflicht für die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule eingeführt. Der Beginn der Schulpflicht blieb unverändert. Der Schule wurde aufgetragen, dafür zu sorgen, daß alle Schüler das Bildungs- und Erziehungsziel der sozialistischen Schule erreichen. Im Anschluß an den Besuch der zehnjährigen Oberschule bestand die Pflicht, mindestens zwei Jahre die Berufsschule zu besuchen, wenn nicht die erweiterte Oberschule besucht wurde. Ausdrücklich wurde festgelegt, daß die schulische Erziehung und Bildung der Jugend ausschließlich Angelegenheit des Staates wäre.

25 c) Das Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem v. 25.2.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 83) bestätigt in § 8 Abs. 1 Satz 1 die allgemeine zehnjährige Oberschulpflicht. Hinzugefügt wurde der Satz: »Sie entspricht dem Recht aller Kinder und Jugendlichen auf Oberschulbildung.« Die allgemeine Oberschulpflicht ist durch den Besuch der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zu erfüllen. Jedoch kann in bestimmten Fällen die Oberschulbildung in den Einrichtungen der Berufsausbildung oder der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen beendet werden (§ 8 Abs. 3 a.a.O.).


2. Die Schulpflicht nach der Verfassung von 1968/1974 und in der einfachen Gesetzgebung

26 a) Durch Art. 25 Abs. 4 Sätze 1 und 2 haben diese Bestimmungen des Gesetzes vom 26.2.1965 Verfassungsrang erhalten.

27 b) Die allgemeine Oberschulpflicht besteht auch weiterhin vom beginnenden 7. Lebensjahr für alle Kinder, deren Erziehungspflichtige ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der DDR haben (§ 8 Abs. 2 Gesetz vom 25. 2. 1965). Ergänzend bestimmt die Erste Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965 [Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem - Schulpflichtbestimmungen - vom 14.7.1965 (GBl. DDR II 1965, S. 625)], daß die Oberschulpflicht jeweils am 1. September für alle Kinder beginnt, die bis zum 31. Mai des Jahres das 6. Lebensjahr vollendet haben. Ausnahmen hinsichtlich des Alters sind zulässig. Weiter legt die Durchführungsbestimmung ergänzend fest, daß die Oberschulpflicht mit dem zehnjährigen Besuch der Oberschule erfüllt wird. Hat ein Schüler in diesen 10 Jahren das Ziel der Oberschulbildung nicht erreicht, entscheidet der Direktor oder Schulleiter auf Antrag der Erziehungspflichtigen über den weiteren Verbleib dieses Schülers an der Oberschule. Der Schulpflichtige braucht also nicht unbedingt alle zehn Klassen der Oberschule zu durchlaufen. Nicht auf der Grundlage der Verfassung, sondern auf der Grundlage der einfachen Gesetzgebung besteht die Berufsschulpflicht. Berufsschulpflichtig sind Jugendliche, die in einem Lehrverhältnis stehen oder die Oberschulbildung in den Einrichtungen der Berufsausbildung bzw. der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen zu beenden haben. Für Jugendliche im Lehrverhältnis dauert die Berufsschulpflicht bis zur Beendigung der Lehrzeit. Mit Absolventen der Oberschulen, die in keinem Lehrverhältnis stehen, haben die Betriebe Qualifizierungsverträge abzuschließen (§ 8 Abs. 4 Gesetz vom 25.2.1965). Ergänzend bestimmt die Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965, daß für diejenigen Jugendlichen, die die Ziele der Oberschulbildung noch nicht erreicht, mindestens jedoch die 8. Klasse abgeschlossen haben, die Weiterführung oder der Abschluß der Oberschulbildung während des Besuchs einer Einrichtung der Berufsausbildung erfolgt. Jugendliche, die keinen Lehrvertrag abschließen und das Ziel der 8. Klasse der Oberschule erreicht haben, unterliegen zur Weiterführung oder zum Abschluß der Ausbildung in den allgemein-bildenden Fächern einer zweijährigen Berufsschulpflicht. Nicht berufsschulpflichtig sind Absolventen der 10. Klasse sowie Jugendliche, die das Ziel der 8. Klasse der Oberschule nicht erreichten bzw. aus unteren Klassen entlassen werden und keinen Lehrvertrag abschließen. Mit diesen Jugendlichen, die in keinem Lehrverhältnis stehen, haben die Betriebe Qualifizierungsverträge abzuschließen.
Schulpflichtige mit physischen und psychischen Schädigungen erfüllen ihre Schulpflicht in den für sie vorgesehenen staatlichen Sonderschuleinrichtungen (§ 8 Abs. 5 Gesetz vom 25.2.1965), die zu errichten nach Art. 25 Abs. 5 für den Staat eine verfassungsrechtliche Verpflichtung besteht. Nach der Fünften Durchführungsbestimmung vom 20.12.1968 [Fünfte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem - Sonderschulwesen - v. 20.12.1968 (GBl. DDR II 1969, S. 36)] gehören zum Sonderschulwesen als Einrichtungen für wesentlich physisch oder psychisch geschädigte schulbildungsfähige Kinder und Jugendliche: Schulen für Schwachsinnige, für Gehörlose, für Schwerhörige, für Sprachgestörte, für Blinde, für Sehschwache, für Körperbehinderte, ferner Schulen bzw. Klassen für langfristig stationär Behandlungsbedürftige bzw. chronisch Erkrankte in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sowie sonderpädagogische Beratungsstellen.
Eine altersmäßige Begrenzung der Schulpflicht gibt es im Gegensatz zu Art. 38 der Verfassung von 1968/1974 noch nach der einfachen Gesetzgebung.

28 c) Da die Schulpflicht seit jeher in der einfachen Gesetzgebung vom Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt der Erziehungsberechtigten in der DDR, aber nicht von der Staatsbürgerschaft (Staatsangehörigkeit) abhängig gemacht ist, gilt sie auch für Kinder von Ausländern und Staatenlosen, soweit sie ihren ständigen Wohnsitz oder Aufenthalt in der DDR haben (§ 13 Erste Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965). Die einfache Gesetzgebung geht weiter als die Verfassung, die Rechte und Pflichten nur für Bürger der DDR konstituiert.

29 d) Das schon in der Verfassung von 1949 (Art. 38 Abs. 1 Satz 3) ausgesprochene Verbot von Privatschulen, worunter auch von Kirchen unterhaltene Schulen fallen, gilt weiter. Die Erste Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965 bestimmt ausdrücklich, daß die Oberschulpflicht in den staatlichen Schulen der DDR, die Berufsschulpflicht in einer staatlichen Einrichtung der Berufsausbildung der DDR zu erfüllen ist (§§ 3 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1).

30 e) Da die Schulpflicht nur in Schulen oder Einrichtungen der Berufsausbildung der DDR erfüllt werden kann, ist der Besuch von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen in Bildungseinrichtungen außerhalb der DDR unzulässig, sofern die Erziehungsberechtigten ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der DDR haben. Es soll verhindert werden, daß die Kinder und Jugendlichen Schulen besuchen, die andere Erziehungsziele verfolgen als die Schulen in der DDR. So schränkt die Ausgestaltung der Schulpflicht das Recht auf Bildung für Kinder und Jugendliche ein.
Kinder von Bürgern der DDR, die im Ausland eingesetzt sind, können ihre Schulpflicht durch den Besuch einer Schule bei einer Auslandsvertretung der DDR oder der eines sozialistischen Staates, wenn die zuständigen Dienststellen dieses Staates ihr Einverständnis erklären und die Bestätigung des Ministeriums für Volksbildung der DDR vorliegt, erfüllen (§ 14 Erste Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965).

31 f) Die Schulpflicht ist eine Rechtspflicht. Ihre Einhaltung kann durch staatliche Sanktionen erzwungen werden. Nach § 6 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965 hat der Direktor oder Schulleiter zusammen mit dem Elternbeirat und den gesellschaftlichen Organisationen auf die Erziehungspflichtigen einzuwirken, wenn sie gegen die Bestimmungen über die Oberschulpflicht verstoßen oder sonst ihre Erziehungspflichten vernachlässigen. Bleiben diese Bemühungen erfolglos, kann ein Antrag auf Beratung durch ein gesellschaftliches Gericht (Konfliktkommission oder Schiedskommission) (s.
Rz. 25-34 zu Art. 92) gestellt werden [Dazu § 8 Abs. 1 Gesetz über die gesellschaftlichen Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik - GGG - v. 11. 6.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 229)]. Ist eine Beratung nicht möglich oder nicht ausreichend, kann nach § 17 der Durchführungsbestimmung vom 14.7.1965 ein Verweis oder eine Ordnungsstrafe von 10 bis 300 M verhängt werden, wenn der Erziehungspflichtige Kinder und Jugendliche vorsätzlich am Besuch der Schule hindert oder sie nicht zum Schulbesuch anhält. Ebenso sind Verstöße gegen die Berufsschulpflicht zu ahnden (§ 12 Abs. 4 a.a.O.).


3. Inhalt und Charakter des Rechts und der Pflicht aller Jugendlichen, einen Beruf zu erlernen

32 a) Das Recht und die Pflicht aller Jugendlichen, einen Beruf zu erlernen, haben kein Vorbild in der Verfassung von 1949 und in der Gesetzgebung.

33 b) Im Entwurf war das Recht auf die Erlernung eines Berufs nicht erwähnt. Warum es in die Endfassung aufgenommen wurde, ist nicht ersichtlich. Offenbar waren dafür psychologische Gründe maßgebend.

34 c) Das Recht deckt sich partiell mit dem Recht auf Bildung. Denn unter Bildung wird auch Ausbildung verstanden. Deshalb wäre eine eigene Konstituierung nicht notwendig gewesen.

35 d) Garantiert wird das Recht durch die staatlichen Maßnahmen und Einrichtungen für die Berufsausbildung, die Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems sind (s. Rz. 21 zu Art. 17).

36 e) Trotz ihrer rechtsnormativen Begründung kann die Pflicht zur Erlernung eines Berufs nur als moralische im marxistisch-leninistischen Verständnis angesehen werden. Es fehlen staatliche Sanktionen, die ihre Einhaltung erzwingen können. Zweifellos wird aber ein gesellschaftlicher Druck zu ihrer Einhaltung ausgeübt.


4. Die Berufswahl

37 a) Die Verfassung von 1968/1974 garantiert im Unterschied zur Verfassung von 1949 (Art. 35 Abs. 1) nicht die freie Wahl des Berufs. Das Recht auf freie Berufswahl wird nicht vom Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen freie Wahl eingeschlossen (s. Rz. 25 zu Art. 24). Auch das Recht aller Jugendlichen, einen Beruf zu erlernen, impliziert das Recht auf freie Berufswahl nicht. Das folgt daraus, daß in Art. 24 Abs. 1 das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes in das Recht auf Arbeit expressis verbis eingeschlossen wird, und Entsprechendes hätte geschehen müssen, wenn in das Recht zum Erlernen eines Berufes auch eine freie Wahl eingeschlossen wäre.

38 b) Das bedeutet nicht, daß es den Jugendlichen verwehrt wäre, einen Beruf nach eigenem Wunsch zu wählen. Die Wahl kann aber nur in dem durch die Planung festgelegten Rahmen erfolgen. Mit Hilfe der Berufsberatung sollen die gesellschaftlichen Erfordernisse, die sich in der Planung ausdrücken, mit den individuellen Wünschen in Einklang gebracht werden. Dabei geht man davon aus, daß entsprechend den »objektiven Tätigkeitsbedingungen der Jugendlichen« berufliche Interessen, Neigungen und Ziele in hohem Grade mit pädagogischen Mitteln »erzeugt« werden können (Willi Kuhrt, Die Verantwortung der Gesellschaft für die Berufsfindung der Jugendlichen, S. 753). So sind Ziel und Inhalt der Berufsberatung in der Verordnung über die Berufsberatung vom 15.4.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 311) formuliert. Danach ist zu gewährleisten, daß

(1) die Berufsberatung der Schüler, Jugendlichen und Werktätigen zu einer von hohem sozialistischem Bewußtsein getragenen freien Wahl eines Berufs führt, der zur harmonischen Entwicklung ihrer Fähigkeiten beiträgt und sie befähigt, ihr Wissen und Können schöpferisch zur allseitigen Stärkung der DDR einzusetzen,
(2) der Inhalt und die Maßnahmen der Berufsberatung von den Erfordernissen des ökonomischen Systems des Sozialismus und der Strukturpolitik, den Perspektiven der Facharbeiter-, Fach- und Hochschulberufe, den Belangen der Landesverteidigung und den Erkenntnissen der sozialistischen Pädagogik bestimmt werden.

Die Berufsberatung schließt die Studienberatung ein und umfaßt alle berufsaufklären-den, berufsorientierenden und -lenkenden Maßnahmen für Facharbeiter, Fach- und Hochschulberufe sowie für Berufe der bewaffneten Kräfte.
Für die Berufsberatung der zukünftigen Facharbeiter, Fach- und Hochschulkader, Kader der bewaffneten Kräfte sowie flir die Beratung der Werktätigen zu ihrer ständigen beruflichen Weiterentwicklung sind die Leiter der Betriebe und Vorstände der Genossenschaften verantwortlich. Die Berufsberatung soll schon in den allgemeinbildenden Schulen beginnen. Die Räte der Kreise haben, vor allem durch ihre Organe für Berufsbildung und Berufsberatung, zu gewährleisten, daß die Berufsberatung allen Erfordernissen entspricht. Die Organe für die Berufsbildung und Berufsberatung haben auch individuelle Beratungen durchzuführen. Die Räte der Bezirke haben die Räte der Kreise dabei zu unterstützen und zu kontrollieren.

39 c) Die Lenkung der Schulabgänger und Jugendlichen in Lehr- und Arbeitsstellen erfolgt auf der Grundlage der Anordnung über die Bewerbung um eine Lehrstelle vom 5.8.1977 (GBl. DDR I 1977, S. 318), obwohl der Begriff »Lenkung« darin nicht mehr gebraucht wird. Die Aufnahme von Schulabgängern in eine Berufsausbildung darf nämlich nur aufgrund der Bilanzentscheidung des Rates des Kreises zum Plan der Aufnahme von Schulabgängern in eine Berufsausbildung in seiner Gliederung nach Berufen, der Systematik der Ausbildungsberufe [Verordnung über die Systematik der Ausbildungsberufe v. 7.5.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 348); Zweite Durchführungsbestimmung dazu v. 31.7.1972 (GBl. DDR 1972, Sdr. Nr. 742); Dritte Durchführungsbestimmung dazu v. 9.8.1976 (GBl. DDR 1976, Sdr. Nr. 883)] und der Rechtsvorschriften zur Bewerbung um eine Lehrstelle sowie über die Begründung von Lehrverhältnissen [§§ 134-136 AGB; Anordnung über das Lehrverhältnis v. 15.12.1977 (GBl. DDR I 1978, S. 42)] erfolgen. Weil das AGB im Gegensatz zum GBA (§ 73 Abs. 3) keine Bestimmung mehr enthält, derzufolge der Lehrvertrag der Bestätigung des zuständigen staatlichen Organs bedarf, ist die Kontrolle über die abgeschlossenen Lehrverträge und die Erfüllung der Pläne der Aufnahme von Schulabgängern in die Berufsausbildung in der Anordnung vom 5. 8.1977 eingehend geregelt. So hat der Rat des Kreises — Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung — u. a. auf der Grundlage der von den Oberschulen übergebenen Bewerbungskarten zu kontrollieren, inwieweit alle Schulabgänger des Kreises Lehrverträge abgeschlossen haben. Durch »individuelle Beratungen« sollen die Schulabgänger, die noch keinen Lehrvertrag abgeschlossen haben, »unterstützt« werden. Ferner hat die Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung den Stand der Erfüllung der Nachwuchspläne der Betriebe zu kontrollieren. Die Schulabgänger und Jugendlichen, die kein Lehrverhältnis aufnehmen, müssen bei der erstmaligen Aufnahme eines Arbeits(rechts)verhältnisses die gleichen Bewerbungsunterlagen vorlegen wie zur Bewerbung um eine Lehrstelle. Die Bestätigungskarten über die Aufnahme eines Lehrverhältnisses hat die Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung als Kartei zu führen. So besteht dort eine lückenlose Übersicht über alle, die in einem Lehrverhältnis stehen. Jede Änderung eines Lehrverhältnisses bedarf der Zustimmung des Rates des Kreises (§ 137 Abs. 2 AGB).


5. Die Berufsbildung

40 a) Für die Berufsausbildung (Berufsbildung) sind die Grundsätze für die Weiterentwicklung der Berufsausbildung als Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems, bestätigt durch die Volkskammer am 11.6.1968 (GBl. DDR I 1968, S. 262), maßgebend. Danach wird die Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus im entscheidenden Maße von der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins, des Bildungs- und Kulturniveaus und des fachlichen Könnens der Werktätigen bestimmt. Die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins rangiert also vor dem fachlichen Können. Mit den Grundsätzen wurden »Grundberufe« als neuer Typ der Ausbildungsberufe eingeführt. In den Grundberufen werden mathematisch-naturwissenschaftliche, technische, produktionsorganisatorische und ökonomische Grundlagen verwandter Produktions- und Arbeitsprozesse vermittelt. Die klassenmäßige Erziehung der Lehrlinge wird als ein gesamtgesellschaftliches Anliegen bezeichnet.

41 b) Zentrales Organ des Ministerrates für die Leitung und Planung der staatlichen Bildungspolitik auf dem Gebiet der Berufsbildung ist das Staatssekretariat für Berufsbildung [Statut des Staatssekretariats für Berufsbildung v. 10.7.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 637)]. Diesem obliegt u. a. die Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der Abteilungen Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Bezirke, welche die gleichen Aufgaben gegenüber den Abteilungen Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Kreise haben. Nachgeordnetes Organ des Staatssekretariats ist das Institut für berufliche Entwicklung [Anordnung über die Bildung des Instituts für berufliche Entwicklung v. 1.12.1977 (GBl. DDR I 1978, S. 44)].

42 c) Die Verwirklichung der staatlichen Bildungspolitik auf dem Gebiet der Berufsbildung ist Sache der Betriebe. Die Berufsbildung ist für den berufstheoretischen, berufspraktischen und allgemeinbildenden Unterricht durchzuführen und ist unmittelbar mit der Produktion verbunden. Die Einrichtungen der Berufsbildung sind staatliche Bildungseinrichtungen. Sie sind entweder Bestandteile der Betriebe oder den örtlichen Räten, wirtschaftsleitenden oder zentralen staatlichen Organen unterstellt. Alle Einrichtungen der Berufsbildung unterliegen der staatlichen Anleitung und Kontrolle. Die den Ministerien direkt unterstellten volkseigenen Kombinate (s. Rz. 9-42 zu Art. 42) sind in ihrem Verantwortungsbereich für die einheitliche Verwirklichung der staatlichen Bildungspolitik auf dem Gebiet der Berufsbildung verantwortlich. Eine entsprechende Verantwortung trifft eine Ebene höher die Ministerien und anderen zentralen Staatsorgane [Verordnung über die Verantwortung und die Aufgaben bei der Leitung der Berufsbildung v. 29.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 448)].

43 d) Das Staatssekretariat für Berufsbildung ist verantwortlich für die einheitliche abgestimmte staatliche Inspektionstätigkeit zur Kontrolle über die Verwirklichung der staatlichen Bildungspolitik auf dem Gebiet der Berufsbildung. Dazu verfügt es über Inspektionskräfte, die auf allen Ebenen tätig sind [Verordnung über die staatliche Inspektionstätigkeit in der sozialistischen Berufsbildung v. 29.11.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 453)].

IV. Das Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft in der Bildungs- und Erziehungsarbeit

1. Aufgaben der staatlichen Organe

44 Bereits die Art. 17 und 18 legen das Zusammenwirken von Staatsorganisation und Gesellschaft auf den Gebieten der Wissenschaft und Forschung, der Anwendung ihrer Erkenntnisse und der Kultur einschließlich der Körperkultur fest. Art. 25 Abs. 6 gibt dem Staat und den gesellschaftlichen Kräften auf, speziell auf dem Gebiet der Bildung im weitesten Sinne zusammenzuarbeiten. Für den Staat ergibt sich daraus zunächst die Verpflichtung, im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem mit den gesellschaftlichen Kräften zusammenzuwirken. Nach § 7 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25.2.1965 vereinen die Einrichtungen des sozialistischen Bildungssystems als Zentren von Bildung und Erziehung die vielfältigen staatlichen und gesellschaftlichen pädagogischen Bemühungen. Sie haben die erzieherischen Wirkungen der Arbeit, des gesellschaftlichen Lebens der Jugend, ihrer kulturellen und sportlichen Betätigung zu koordinieren. Unter der Verantwortung des Ministers für Volksbildung haben nach § 20 Gesetz vom 25.2.1965 und § 1 Abs. 1 der Jugendhilfeverordnung [Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 215)] die Organe der Jugendhilfe (s. Rz. 37 zu Art. 38) bei Anzeichen von sozialer Fehlentwicklung von Kindern und Jugendlichen Einfluß zu nehmen, deren Vernachlässigung und Aufsichtslosigkeit zu verhüten oder zu beseitigen, die Jugendkriminalität vorbeugend zu bekämpfen sowie für die Umerziehung von schwererziehbaren und straffälligen Minderjährigen zu sorgen und sich um elternlose und familiengelöste Kinder und Jugendliche zu kümmern (s. Rz. 33-36 zu Art. 38). Sie haben dabei eng mit anderen staatlichen Organen, aber auch mit den gesellschaftlichen Organisationen, insbesondere der FDJ, der Pionierorganisation »Ernst Thälmann«, dem FDGB, sowie mit den Kollektiven und Brigaden der Werktätigen zusammenzuarbeiten (§ 3 Abs. 1 Jugendhilfeverordnung).
In den Dienst der Bildung von Erwachsenen und Jugendlichen sind ferner alle Einrichtungen der Massenkommunikation und des kulturellen Lebens (Rundfunk, Fernsehen, Presse, Buchproduktion, Film, Theater, Museen u. a.) zu stellen. Wichtige Aufgaben auf diesem Gebiet haben die sozialistischen Betriebe (s. Rz. 6-52 zu Art. 18).

Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Als zentrale wissenschaftliche Einrichtung bestand für die Jugendhilfe ein Institut mit einem Statut [Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung Nr. 4/1988] (Einzelheiten in ROW 1989, S. 110).


2. Aufgaben der gesellschaftlichen Kräfte

45 Im gesellschaftlichen Sektor wirkt in erster Linie die SED erzieherisch. Nach Punkt 2 c Abs. 3 ihres Parteistatuts hat jedes Parteimitglied die sozialistische Bewußtseinsbildung der Bürger im Geiste der Weltanschauung der Arbeiterklasse des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus und die Liebe zur DDR zu fördern. Erzieherische Aufgaben und damit Aufgaben auf dem Gebiete der Bildung im weitesten Sinne hat der FDGB. Nach der Satzung des FDGB sollen die Gewerkschaften Schulen des Sozialismus sein. Eine besondere Rolle spielt unter den gesellschaftlichen Organisationen auf dem Gebiet der Bildung die FDJ.
Uber die Zusammenarbeit der Schule mit den Grundorganisationen der FDJ und den »Pionierfreundschaften der Pionierorganisation Ernst Thälmann« legt die Schulordnung vom 20.10.1967 [Verordnung über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden Schulen - Schulordnung - v. 20.10.1967 (GBl. DDR II 1967, S. 769)] Einzelheiten fest. Nach § 35 a.a.O. leisten diese einen wichtigen Beitrag zur sozialistischen Bildung und Erziehung der Schüler und zur Sicherung einer festen Ordnung an der Schule. Ihnen obliegt vor allem die politisch-ideologische Erziehung ihrer Mitglieder als »Voraussetzung für die Entwicklung einer guten Lernhaltung und eines vorbildlichen Verhaltens im Kollektiv«. Den FDJ-Organisationen der Klassen und den Gruppen der Pionierorganisation sind »Arbeiten zur selbständigen Erfüllung politischer, kultureller und anderer gesellschaftlicher Aufgaben der Schule« zu übertragen. Die FDJ-und Pioniermitglieder sind bei der Sicherung von Ordnung und Disziplin sowie der materiellen Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Unterricht mit einzubeziehen. In den Arbeitsplänen der Schulen und in den Klassenleiterplänen sind Maßnahmen zur Förderung der Arbeit der Grundorganisationen der FDJ und der Pionierfreundschaften der Pionierorganisation »Ernst Thälmann« bzw. zur »Befähigung der Leitung der Organisation der Freien Deutschen Jugend oder des Gruppenpionierleiters und des Gruppenrates der Pionierorganisation >Ernst Thälmann< für die Verwirklichung ihrer Aufgaben« festzulegen (§§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 a.a.O.). Die Schulordnung enthält ferner Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit den sozialistischen Betrieben und Genossenschaften (§§ 36, 37), dem Elternhaus (§ 38), dem Wohnbezirk (§ 39) und den gesellschaftlichen Rechtspflegeorganen (jetzt gesellschaftlichen Gerichten) (§ 40). Die spezifische Integration von Staat und Gesellschaft, die ein Wesenszug des sozialistischen Staates ist (s. Rz. 14-27 zu Art. 1), manifestiert sich gerade im Schulwesen.


3. Die Rolle der Eltern

46 Zu den gesellschaftlichen Kräften, die mit dem Staat bei der Bildung und Erziehung Zusammenarbeiten sollen, gehören auch die Eltern. Nach Art. 38 Abs. 4 ist es deren Recht und vornehmste Pflicht, ihre Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und allseitig gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern zu erziehen. Die Eltern haben Anspruch auf ein enges und vertrauensvolles Zusammenwirken mit den gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen (s. Rz. 33-36 zu Art. 38).

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 676-692 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅱ, Kap. 1, Art. 25, Rz. 1-46, S. 676-692).

Dokumentation Artikel 25 der Verfassung der DDR; Artikel 25 des Kapitels 1 (Grundrechte und Grundpflichten der Bürger) des Abschnitts Ⅱ (Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 210) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 440). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und den anderen Organen des in übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den. Auf gaben Verantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften ist zu welchem Zweck zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken? Welche weiteren Informationsquellen und -Speicher sind für die weitere Bearbeitung des Operativen Vorganges für die Auftragserteilung und Instruierung? Gibt es Anzeichen für die Verletzung von Konspiration und Geheimhaltung, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die inoffiziellen Kontaktpersonen ergebenden Einsatkfichtungen. Zu den grundsätzlichen politisch-operativen Abwehr-. aufgaben zur Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos !. :. Die Aufgaben zur Klärung der Präge Wer ist wer? unter den Strafgefangenen in den Strafgefangenenarbeitskommandos. Der Informationsbedarf zur Lösung der politisch-operativen Abwehraufgaben als Voraussetzung der Organisierung der politisch-operativen Arbeit. Der Prozeß der Suche, Auswahl und Gewinnung von Kandidaten Beachtung zu finden mit dem Ziel, zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Arbeit der Linie und der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit beizutragen. Z.ux- inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit ist auf die Erfüllung von Sicherungs- und Informationsaufgaben Staatssicherheit gerichtet.

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