Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 496

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 496 (NJ DDR 1970, S. 496); Schadenersatz widerspricht Art. 1 Abs. 1 des Rechtshilfevertrages zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen. Danach haben polnische Staatsbürger auf dem Staatsgebiet der DDR den gleichen Rechtsschutz wie Staatsbürger der DDR. Die Anwendung der §§ 823 ff., 847, 249 ff. BGB durch das Kreisgericht ist somit unrichtig. Im vorliegenden Falle ist nur der Betrieb des Verurteilten gegenüber dem Geschädigten materiell verantwortlich. Der Geschädigte kann sich deshalb wegen des Ersatzes des ihm entstandenen Schadens auch nur an diesen Betrieb wenden. Sein Recht, Schadenersatz einschließlich Schmerzensgeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu verlangen, wird dadurch in keiner Weise geschmälert. Der Schadenersatzantrag des Geschädigten gegenüber .dem Verurteilten konnte deshalb keinen Erfolg haben. Das Kreisgericht hätte ihn als unbegründet abweisen müssen. Da dies nicht geschehen ist, war die Entscheidung des Kreisgerichts aufzuheben und im Wege der Selbstentscheidung der Schadenersatzantrag abzuweisen (§ 322 Abs. 1 Ziff. 5 StPO). Damit wird der Beschluß des Kreisgerichts, mit dem die Sache zur Entscheidung über die Höhe des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten an die Zivilkammer verwiesen wurde, gegenstandslos. Anmerkung : Dem Urteil ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Begründung ist jedoch nicht allenthalben zutreffend und nicht frei von Widersprüchen. Es sei daher auf folgendes hingewiesen: Im vorliegenden Falle ergibt sich durch die Beteiligung von Bürgern verschiedener Staaten an einem Zivilrechtsverhältnis die Frage, welche der kollidierenden Rechtsordnungen, die der Volksrepublik Polen oder die der Deutschen Demokratischen Republik, auf die Rechtsbeziehungen der Beteiligten anzuwenden ist. Zutreffend hat das Bezirksgericht ausgeführt, daß der Vertrag zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen über den Rechtsverkehr in Zivil-, Familien- und Strafsachen vom 1. Februar 1957 (GBl. I S. 414) keine Kollisionsnormen für das hier in Betracht kommende Recht der unerlaubten Handlung enthält. Die Frage war deshalb nach dem innerstaatlichen Kollisionsrecht der DDR zu beurteilen. § 12 EGBGB, wonach aus einer im Ausland begangenen unerlaubten Handlung gegen einen Staatsbürger der DDR nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können, als nach den Gesetzen der DDR begründet sind, setzt den im Prinzip in allen Rechtsordnungen geltenden Grundsatz voraus, daß für die international-privatrechtliche Behandlung einer unerlaubten Handlung das Recht des Begehungsortes der unerlaubten Handlung (lex loci delicti commissi) maßgebend ist (kollisionsrechtliche Anknüpfung)1. Hat die insoweit vorgenommene Prüfung die Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates ergeben, dann ist die in Frage kommende Rechtsnorm anzuwenden, wie es ihrer Auslegung durch die Gerichte dieses Staates und den von ihnen entwickelten Rechtsgrundsätzen entspricht. Unter Beachtung dessen hat das Kreisgericht richtig erkannt, daß der vom Obersten Gericht in seinen Urteilen vom 8. September 1964 und 5. September 1965 ausgesprochene Grundsatz auch zur Folge hat, daß der polnische Staatsbürger wegen des von ihm unter 1 Lediglich die englischen Gerichte beurteilen im Ausland begangene unerlaubte Handlungen nach englischem Recht, nicht nach dem Recht des Landes, in dem die Rechtsverletzung begangen worden ist (vgl. Lunz, Internationales Privatrecht, Bd. I, Berlin 1961, S. 164). schuldhafter Verletzung seiner Arbeitspflichten einem Dritten zugefügten Schadens vom Geschädigten nicht in Anspruch genommen werden kann; dieser hat vielmehr nur Ansprüche gegen den polnischen Betrieb, bei dem der Schädiger beschäftigt ist. Fehlerhaft ist jedoch, daß das Bezirksgericht hierin eine Verletzung des Art. 1 Abs. 1 des Rechtshilfevertrags zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen gesehen hat. Nach dieser Vorschrift genießen die Angehörigen des einen Vertragspartners für ihre Person und ihr Vermögen auf dem Gebiet des anderen Vertragspartners den gleichen Rechtsschutz wie die eigenen Angehörigen. Diese Regelung besagt nichts darüber, welches materielle Recht im Kollisionsfalle anzuwenden ist. Es kommt darin vielmehr das Grundanliegen aller Rechtshilfeverträge der DDR mit den sozialistischen und anderen Staaten zum Ausdruck, einen umfassenden gegenseitigen Rechtsschutz für alle Angehörigen der Vertragsstaaten zu gewährleisten. Dazu gehört insbesondere das Recht des freien und ungehinderten Zutritts der Bürger und der Vertreter juristischer Personen des Vertragsstaates zu den Organen des anderen Staates, die in zivil-, familien- und strafrechtlichen Angelegenheiten tätig werden, sowie das Recht, dort aufzutreten und unter den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen des anderen Vertragspartners Anträge einzubringen oder Klage zu erheben. In Übereinstimmung mit dieser Grundsatzregelung werden in den Rechtshilfeverträgen die Angehörigen der Vertragsstaaten im Prinzip wenn auch mit zum Teil im einzelnen unterschiedlichen Regelungen hinsichtlich der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten (§110 ZPO) den Inländern gleichgestellt (Art. 17 des Vertrags). Ferner wird den Angehörigen des einen Vertragspartners im Gebiet des anderen Vertragspartners unter denselben Voraussetzungen und in demselben Umfang einstweilige Kostenbefreiung (§ 114 Abs. 2 ZPO) wie Inländern gewährt (Art. 18 des Vertrags)'*. Verletzt sind nach alledem durch das Urteil des Kreisgerichts nicht Art. 1 Abs. 1 des Rechtshilfevertrags zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen, sondern die §§ 823 ff. BGB, die entgegen der Auffassung des Kreisgerichts im vorliegenden Falle nicht hätten angewendet werden dürfen, woraus sich die Abweisung des Anspruchs des Geschädigten ergeben hätte. Unrichtig ist die Begründung des Urteils des Bezirksgerichts auch, wenn ausgeführt wird, daß die Verurteilung des polnischen Staatsbürgers zur Schadenersatzleistung die §§112 ff. GBA durch Nichtanwendung verletze. Im vorliegenden Fall ging es nicht um eine Anwendung oder Nichtanwendung dieser Gesetzesvor-schriften, sondern um die des § 823 BGB. Die Auslegung und die Prüfung der Anwendbarkeit der letzteren Bestimmung geschieht allerdings unter Berücksichtigung der §§112 ff. GBA, d.h. der Durchsetzung der Bestimmungen über die arbeitsrechtliche materielle Verantwortlichkeit eines Werktätigen auch in den Fällen, in denen er unter schuldhafter Verletzung von Arbeitspflichten einem Dritten Schaden zufügt. Daraus ergibt sich die bereits erörterte, vom Bezirksgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichts richtig erkannte Rechtsfolge der Nichtanwendung der §§ 823 ff. BGB gegenüber dem Werktätigen, der dann im Verhältnis zwischen ihm und dem schadenersatzpflichtigen Betrieb 2 Die gleichen Rechte haben auch die Angehörigen der Vertragsstaaten des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 410) nebst Protokoll vom 4. Juli 1924 über den Beitritt von Staaten zu dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß (RGBl, n 1926 S. 553); vgl. den Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 8. April 1965 über die Wiederanwendung dieses Abkommens (GBl. I S. 133). 496;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 496 (NJ DDR 1970, S. 496) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 496 (NJ DDR 1970, S. 496)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung in Frage gestellt und Argumente, die der Gegner ständig in der politisch-ideologischen Diversion gebraucht, übernommen und verbreitet werden sowie ständige negative politische Diskussionen auf der Grundlage von Füh-rungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachgebundenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Vege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der aufzeigen. Zunächst ist es notwendig, Klarheit über die entscheidenden Ziele zu schaffen, auf die sich die Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit in dieser Frist notwendige Informationen als Voraussetzung für eine zielgerichtete und qualifizierte Verdachtshinweisprüf ung erarbeitet und der Untersuchungsabteilung zur Verfügung gestellt werden können. In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge nachgewiesen ist. Dazu sind das Resultat des Wahrheitsnachweises sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren.

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