Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 718

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 718 (NJ DDR 1967, S. 718); von Haftbefehlen usw.). Der Angeklagte von Ammon verteilte die von der Gestapo übergebenen ,.NN-Fälle“ auf bestimmte Sondergerichte und den Volksgerichtshof. Im November 1943 waren am Sondergericht Kiel 12 Verfahren mit 442 Beschuldigten anhängig, am Sondergericht Essen 474 Verfahren mit 2613 Beschuldigten, am Sondergericht Köln 1169 Verfahren mit 2185 Beschuldigten30. Seit dem 25. Oktober 1942 wurden „NN-Fälle“ auch vom Volksgerichtshof behandelt, der etwa in der Hälfte der Fälle Todesurteile verhängte. Zahlreiche NN-Gefangene, gegen die Freiheitsstrafen verhängt wurden oder denen auch nach den Nazigesetzen keine strafbare Handlung nachgewiesen war, wurden in Konzentrationslager verschleppt. Der Terror dauerte auch über den Tod der verschleppten Zivilpersonen hinaus an. Ihre Leichen wurden von der Justiz der Gestapo übergeben, und ihre letzten Briefe durften nicht an die Angehörigen befördert werden. In Übereinstimmung mit dem Nürnberger IMT-Urteil gegen die Hauptkriegsverbrecher erklärte der amerikanische Militärgerichtshof im Juristenprozeß den „Nacht-und-Nebel-Erlaß“ und alle Maßnahmen zu seiner Durchführung zu Kriegsverbrechen36 37. 5. Einige Angeklagte wurden auch wegen ihrer Zugehörigkeit zu verbrecherischen Organisationen verurteilt, und zwar der Angeklagte öschey wegen Zugehörigkeit zum Korps der Politischen Leiter der Nazipartei und die Angeklagten Joel und Altstötter wegen Zugehörigkeit zur SS. Die Verurteilung stützte sich auf das Nürnberger IMT-Urteil gegen die Hauptkriegsverbrecher38. Dem Angeklagten Klemm wurden noch zwei weitere Verbrechen nachgewiesen: seine Beteiligung an der Aufreizung der Bevölkerung zur Lynchjustiz an notgelandeten alliierten Fliegern und an der Unterdrückung der Ermittlungsverfahren gegen ihre Mörder39 40; seine Beteiligung an der Ermordung von 800 deutschen, polnischen und sowjetischen Häftlingen des Zuchthauses Sonnenburg durch die Gestapo beim Anrücken der Sowjetarmee''0. 6. Im Ergebnis wurden die Angeklagten nach folgenden Anklagepunkten verurteilt: Schlegelberger, Klemm, Rothenberger, Lautz, Mettgenberg, von Ammon wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit; Joel wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation; Rothaug wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit; öschey wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation; Altstötter lediglich wegen Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation. 7. Betrachtet man die Strafmaße und die Freisprüche, so entsprechen sie natürlich nicht unserer Auffassung. Hier werden die klassenmäßige Gebundenheit des amerikanischen Militärgerichts, sein formales Herangehen an die Beweisführung, aber auch die Tatsache deutlich, daß 1947 bei weitem nicht der Überblick über die Verbrechen der Nazijustiz bestand, über den wir heute verfügen. Entscheidend sind aber nicht diese Mängel, sondern der Geist des Juristenprozesses von Nürnberg, den La Follette am Ende seines erwähnten Vortrages folgendermaßen charakterisiert: 36 The Justice Case, S. 1042. 37 The Justice Case, S. 1060 ff. 38 The Justice Case, S. 1029 ff.; Der Nürnberger Prozeß, Bd. I, S. 209 ff., 220 ff. 39 The Justice Case, S. 1095 ff. 40 The Justice Case, S. 1099 ff. die Augen der Menschen, denen Deutschland Leiden zugefügt hat, beobachten euch, um zu sehen, was sie von dem Deutschland von mbrgen zu erwarten haben. Laßt euch nicht irreführen durch die kreischenden Stimmen der Leute in Amerika oder Deutschland, die den Faschismus tFotz des Elends, das er angestiftet hat, lieben und ihn heimlich wieder aufrichten wollen. Die Welt wird ein unreumütiges Deutschland nicht wieder zulassen, wird sich weigern, Verträge zu schließen oder Handel zu treiben mit einem Volk, das der Welt unverhohlen zeigt, daß die überwiegende Mehrzahl ihrer Bürger immer noch die alten Helden verehrt, die ihnen die wissenschaftlich und ethisch falsche Ideologie der auf Blut begründeten rassischen Überlegenheit in den Kopf gesetzt und sie so dazu gebracht haben, alle ihre Mitmenschen zu hassen und zu verachten. Diejenigen unter uns, die wahre Freunde des deutschen Volkes sind und die den besten freiheitlichen Kräften in Deutschland in ihrem Kampf gegen diese Gefahr zur Seite stehen wollen, müssen jetzt ihre Stimme erheben und handeln wenn wir es jetzt nicht tun, dann müssen wir schweigen für immer. Wenn das deutsche Volk der Welt klarzumachen wünscht, daß es sich nicht geändert hat und sich auch nicht ändern will, dann kann es dieses Ziel am sichersten dadurch erreichen, daß es die gemeinen Verbrecher, denen in Nürnberg der Prozeß gemacht wurde, zu Märtyrern erhebt. Es ist daher sonnenklar, daß diejenigen, die darauf abzielen, die Nürnberger Prozesse, aus welchen Gründen auch immer, zu diskreditieren, Feinde des deutschen Volkes sind und die Vernichter aller unserer gegenwärtigen lichten Hoffnungen für ein friedliches, blühendes Europa.“'1' Die Aktualität des Juristenurteils 20 Jahre nach dem Nürnberger Juristenurteil sind die Fragen zu beantworten: Welche Schlußfolgerungen sind in beiden deutschen Staaten, die seit mehr als 18 Jahren bestehen, aus diesem Urteil gezogen worden? Wie wurden die Festlegungen des Potsdamer Abkommens, der Kontrollratsdirektive 38 und des Kontroll-ratsgesetzes Nr. 4 verwirklicht, Naziverbrecher, leitende Funktionäre der Nazijustiz, aktive Nazis und alle Personen, die an den Strafmethoden des Hitlerregimes direkten Anteil hatten, aus der Justiz zu entfernen? In welchem Umfang wurden Nazijuristen für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen? In der DDR wurden die aus den internationalen Festlegungen folgenden Verpflichtungen, die sich mit der Zielsetzung der deutschen Antifaschisten deckten, konsequent erfüllt. Kein ehemaliges Mitglied der NSDAP und kein Beteiligter an der Strafjustiz des Naziregimes ist hier als Richter oder Staatsanwalt tätig. Alle diejenigen, die in der Nazijustiz Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begangen hatten, wurden auf unserem Gebiet im wesentlichen bis 1950 bestraft'’2. Bei später aufgedeckten Einzelfällen z. B. dem des ehemaligen Beisitzers am Sondergericht in Posen, Breyer wurde sofort ein Strafverfahren durchgeführt'13. Eine Reihe der in der DDR verurteilten Nazijuristen wurden nach Verbüßung ihrer Strafen in Westdeutschland wieder als Richter oder Staatsanwälte tätig'1''. In Westdeutschland dagegen wurden die leitenden 41 La Follette, a. a. O., S. 47/48. 42 vgl. hierzu im einzelnen die vom Generalstaatsanwalt der DDR und vom Ministerium der Justiz herausgegebene Dokumentation „Die Haltung der beiden deutschen Staaten zu den Nazi- und Kriegsverbrechen“. Berlin 1965, S. 25 ff.; ferner Streit, „Über die Verfolgung und Bestrafung der Kriegs- und Nazii Verbrecher in den beiden deutschen Staaten“, NJ 1964 S. 579 ff. 43 Vgl. BG Schwerin, Urt. vom 14. April 1961 1 BS 126/60 (NJ 1961 S. 394 ff.); vgl. dazu Steiniger, „Zur Strafbarkeit faschistischer Menschlichkeitsverbrecher'', NJ 1961 S. 307 ff.; Foth, „Der Schweriner Blutrichterprozeß und die Blutrichter in Westdeutschland“, NJ 1961 S. 389 ff. 44 Vgl. die Beispiele in der Dokumentation „Die Haltung der beiden deutschen Staaten zu den Nazi- und Kriegsverbrechern', S. 34, 42, 43. 718;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 718 (NJ DDR 1967, S. 718) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 718 (NJ DDR 1967, S. 718)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen Staatssicherheit eingeleitet werden konnten, an der Gesamtzahl der wegen Staatsverbrechen eingeleiteten Ermittlungsverfahren annähernd gleichgeblieben., Der Anteil von Ermittlungsverfahren, denen registriertes operatives Material zugrunde liegt, an der Gesamtzahl der in Bearbeitung genommenen Verfahren, entwickelte sich seit folgendermaßen:, Bei Verfahren wegen Staatsverbrechen hat der Anteil des operativen Materials folgende Entwicklung genommen:, Der Anteil registrierten operativen Materials an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in der haben und sich in Hinblick auf die Wahrung von Staats- und Dienstgeheimnissen durch Verschwiegenheit auszeichnen. Die vorstehend dargesteilten Faktoren, die bei der Auswahl von Sachverständigen zu beachten sind, betreffen die politisch-operative Aufklärung der als Sachverständige in Aussicht genommenen Personen. Damit die ausgewählten Sachverständigen tatsschlich als solche eingesetzt werden, bedarf es in der Regel notwendig sein, in den? G-vheimbereicli der zu bearbeitenden Objekte der äußeren Abwehr, der imperialistischen Geheimdienste, der Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die Richtigkeit dar Erkenntnisse durch geeignete Experimente zu verifizieren bpit. zu faisifizieron. Aufgefundene Verstecke werden zum Zweck der fotografischen Sicherung rekonstruiert.

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