Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 717

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 717 (NJ DDR 1967, S. 717); Treuepflicht gegenüber dem Deutschen Reich" zum Tode oder zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Später wurden sogar Todesurteile verhängt, wenn ehemalige Bürger der Tschechoslowakei, die inzwischen britische Staatsangehörige geworden waren, alsybritische Soldaten in deutsche Gefangenschaft gerieten. Diese im Nürnberger Juristenprozeß nicht behandelte Problematik zeigt auch auf diesem Gebiet den Systemcharakter der faschistischen Justizverbrechen. 3. Eine große Rolle spielte im Prozeßmaterial die Verfolgung von Juden und Polen durch die Nazijustiz. Es handelte sich dabei um die Mitwirkung der Angeklagten am System der Vernichtung dieser Menschengruppen, das von der Naziführung ausgearbeitet und planmäßig in die Tat umgesetzt wurde. Der entsprechende Abschnitt des Urteils ist mit Recht „Rassische Verfolgung“ überschrieben2'*. Im Hinblick auf die ausführliche Darstellung dieser Maßnahmen und Pläne im Globke-Urteil'25 verzichte ich darauf, hier nochmals auf die Hauptetappen dieses Verfolgungs- und Ausrottungs-feldzuges einzugehen. Im Juristenurteil wird die Rolle des faschistischen Justizministeriums und der dort tätig gewesenen Angeklagten an diesen verbrecherischen Maßnahmen untersucht (z. B. Schlegelberger, Rothenberger, Joel). Der Fanatismus und die Borniertheit der Nazijuristen werden am Beispiel einer „Führerinformation“ durch den Justizminister vom April 1943 deutlich, die das Zeichen des Angeklagten Rothenberger trägt: „Eine Volljüdin hat nach der Geburt eines Kindes ihre Muttermilch an eine Kinderärztin verkauft und verschwiegen, daß sie Jüdin ist. Mit der Muttermilch wurden deutschblütige Säuglinge einer Kinderklinik genährt. Die Beschuldigte wird wegen Betruges angeklagt. Die Abnehmer der Milch sind geschädigt, weil die Muttermilch einer Jüdin nicht als Nahrung für deutschblütige Kinder gelten kann. Das unverschämte Verhalten der Beschuldigten ist auch eine Beleidigung. Von der Einholung entsprechender Strafanträge ist jedoch abgesehen worden, um unter den Eltern, die den wahren Sachverhalt nicht kennen, nicht nachträglich Beunruhigung hervorzurufen. Die rassenhygienische Seite des Falles werde ich mit dem Reichsgesundheitsführer erörtern.“2,1 Die Rolle der Gerichte bei der Durchführung der verbrecherischen Maßnahmen gegen Polen und Juden wird allein dadurch bewiesen, daß im Jahre 1942, dem ersten Jahr der Gültigkeit der sog. Polenstrafrechtsverordnung vöm 4. Dezember 1941 (RGBl. I S. 759), insgesamt 61 836 Polen und Juden auf der Grundlage dieser Verordnung verurteilt wurden27. Dabei haben die Nazistaatsanwälte und -richter wie die Angeklagten Lautz, öschey, Rothaug die rechtswidrige Verordnung gegen Polen und Juden nicht nur schlechthin angewandt, sondern sogar die Tatbestände aufs äußerste ausgeweitet. La Follette bemerkt hierzu in Zusammenfassung einiger Urteilsfeststellungen, „daß die Art und Weise der Anwendung dieses Gesetzes bei Berücksichtigung aller im Einzelfall mitwirkenden Tatsachen klar erwiesen hat, daß die Angeklagten das Gesetz als tödliche Waffe dazu benutzten, das von der Regierung planmäßig verfolgte Ziel der Verfolgung und Ausrottung aus rassischen Gründen zu fördern. Die damals angeklagten Polen oder Juden wurden nicht verurteilt, weil sie Verbrecher Waren, sondern weil sie Polen oder Juden waren.“28 Der Nürnberger Gerichtshof untersuchte eine Reihe von Fällen, an denen die Angeklagten Lautz, Rothaug und öschey mitgewirkt hatten. Einige davor, seien hier kurz charakterisiert: 24 The Justice Case, S. 1063 ff. 25 NJ 1963 S. 459 ff., 466 ff., 475 ff., 490 ff. 26 The Justice Case, S. 1075. 27 The Justice Case, S. 1079. 28 La Follette, a. a. O., S. 34. Ein Pole machte vor dem Kriege gegen einen anderen polnischen Staatsbürger deutscher Nationalität ein Strafverfahren anhängig, wobei er ihn der Teilnahme an den Umtrieben der Fünften Kolonne beschuldigte. Nach der Okkupation Polens wurde der Anzeigende verhaftet und auf Vorschlag von Lautz wegen Hochverrats gegen das Deutsche Reich verurteilt, obwohl er keine strafbare Handlung begangen, sondern lediglich seine staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt hatte'20. Zwei junge Polinnen waren der Brandstiftung in einem Bayreuther Betrieb beschuldigt. Durch den Brand war kein wesentlicher Schaden entstanden. Auf Grund ihres vor der Gestapo abgelegten Geständnisses, das eine Polin vor Gericht widerrief, wurden beide in einer Verhandlung, die höchstens eine Stunde dauerte, durch den Angeklagten Rothaug zum Tode verurteilt20. Rothaug verurteilte einen jüdischen Bürger wegen Rassenschande zum Tode, obwohl der Tatbestand nach den Aussagen des Angeklagten und nach der eidlichen Aussage der Frau, mit der er in Beziehungen gestanden haben sollte, überhaupt nicht vorlag. In dem Verfahren wurden sogar unter Berücksichtigung der Nazigesetze die gröbsten Rechtsbrüche begangen21, öschey verurteilte eine polnische Frau und ihren ukrainischen Liebhaber zum Tode, weil es zwischen ihnen und dem deutschen Bauern, bei dem sie arbeiteten, sowie einem dort auf Urlaub befindlichen deutschen Soldaten zu einer Schlägerei ohne ernsthafte Folgen gekommen war'2. Das Gericht untersuchte auch einzelne Fälle der politischen Verfolgung „deutschstämmiger“ Staatsangehöriger unter dem Gesichtspunkt der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. So wurde ein unter Vorsitz von öschey 10 Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner in Nürnberg verhängtes Todesurteil gegen einen Bürger aus Fürth der Verurteilung mit zugrunde gelegt. Dieser Bürger hatte in einem Hotelzimmer zu einer Frau abfällige Äußerungen über Hitler gemacht, die ein SS-Spitzel vom Nebenzimmer aus abgehört hatte. Der Anwalt des Bürgers erfuhr erst nach der Hinrichtung seines Mandanten von Verhandlung und Urteil33 34 35. 4. Ausführlich beschäftigte sich das Gericht mit den Verbrechen der Verschleppung von Zivilisten aus den besetzten westeuropäischen Ländern, die unter der Bezeichnung „Nacht-und-Nebel-Erlaß“ bekannt geworden sind3''. Dieser Komplex hat im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher, insbesondere im Zusammenhang mit der Verurteilung Keitels, eine wesentliche Rolle gespielt3’. Im Juristenprozeß wurde die Mitwirkung der leitenden Beamten des Reichsjustizministeriums an der Durchführung dieser völkerrechtswidrigen Maßnahmen herausgearbeitet. Der Angeklagte Mettgenberg war der hierfür zuständige Abteilungsleiter und der Angeklagte von Ammon der zuständige Spezialreferent. Dem Gericht lagen Dokumente des RJM vor, aus denen sich ergab, daß das RJM die Durchführung der geheimen Strafverfahren gegen die Verschleppten übernahm, welchen Staatsanwaltschaften und welchen Gerichten es diese Verfahren übertrug und wie die prozessualen Rechte der Angeklagten eingeschränkt wurden (in bezug auf Verteidigung, Möglichkeit des Zeugenbeweises, Aufhebung 29 The Justice Case, S. 1125 ff. Die Tatsache, daß Lautz wegen dieser Handlung verurteilt wurde, sollte westdeutsche Richter und Staatsanwälte, die nach im Grunde gleichen Prinzipien gegen Bürger der DDR Vorgehen, zum Nachdenken veranlassen! 3 The Justice Case, S. 1146 ff. 31 The Justice Case, s. 1150 ff. 32 The Justice Case, S. 1159 ff. 33 The Justice Case, S. 1162 ff. 34 The Justice Case, S. 1031 ff. 35 Der Nürnberger Prozeß, Berlin 1957, Bd. I, s. 184, 243: Bd. II, 5. 321. 717;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 717 (NJ DDR 1967, S. 717) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 717 (NJ DDR 1967, S. 717)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sowie in gemeinsamen Festlegungen zwischen der Abteilung Staatssicherheit und der НА dem weitere spezifische Regelungen zu ihrer einheitlichen Durchsetzung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten,Xdaß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben und die Überbewertung von Einzelerscheinungen. Die Qualität aller Untersuchungsprozesse ist weiter zu erhöhen. Auf dieser Grundlage ist die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft der DDR. Die grundsätzliche Verantwortung def Minis teriums des Inneren und seiner Organe, insbesondere der Deutschen Volkspolizei für die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , unter konsequenterWahrung der Rechte Verhafteter und Durch- Setzung ihrer Pflichten zu verwirklichen. Um ernsthafte Auswirkungen auf die staatliche und öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden kann. Darüber hinaus können beim Passieren von Gebieten, für die besondere Kontrollmaßnahmen festgelegt sind, mitgeführte Sachen durchsucht werden.

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