Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 752

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 752 (NJ DDR 1957, S. 752); IV stützen in unserem Fall das Ergebnis der Wortdeutung: Unantastbarkeit im Sinne des auf dem Befehl Nr. 64 basierenden Prinzips bedeutet das Verbot jeder regelwidrigen und das ist im allgemeinen identisch mit planwidrigen11 Beeinträchtigung des Volkseigentums. Den Hauptfall einer solchen Beeinträchtigung nennt der Befehl Nr. 64 ausdrücklich: die Reprivatisierung sozialistischer Betriebe. Der oben erwähnte Gegensatz, auf welchen in der Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Aufgabe von Volkseigentum abzustellen ist, ist nicht der Gegensatz zwischen der Verfügung über Umlaufvermögen und der über Anlagevermögen, sondern der Gegensatz zwischen der mit Gesetz und Plan übereinstimmenden, der regelentsprechenden Verfügung und der durch Gesetz oder Plan nicht gebotenen oder gerechtfertigten, regelwidrigen Verfügung. Normalerweise und darauf dürfte die falsche Gegenüberstellung zurückzuführen sein decken sich beide Gruppen von Gegensätzen, aber keineswegs immer: ebenso wie die Verfügung über Anlagevermögen durchaus „regelentsprechend“, also zulässig sein kann, ist unter Umständen die Verfügung über Umlaufvermögen, insbesondere über Gegenstände des Warenfonds, regelwidrig, d. h. unzulässig. Mit dieser Analyse des Begriffs „Unantastbarkeit“ ist eine wichtige Einsicht in eine Wesensseite des sozialistischen Eigentums gewonnen, nämlich seine strenge Zweckgebundenheit. Der kapitalistische Eigentümer kann mit seinem Eigentum „nach Belieben verfahren“ (§ 903 BGB), er kann es in den Strumpf stecken oder profittragend anlegen die Träger des sozialistischen Eigentums haben diese Wahlfreiheit nicht (und auch hier zeigt es sich, in wie grundsätzlichen Fragen die Normen des BGB auf das sozialistische Eigentum nicht “passen“). Der einzige Zweck, dem das sozialistische Eigentum zu dienen hat und der sein Wesen bestimmt, ist im weitesten Sinne der Aufbau des Sozialismus und Kommunismus; Zwecke, die mit diesem nicht vereinbart werden können, sind ihm verboten und, juristisch gesehen, ungesetzlich. Das Mittel aber, dessen sich die Gesellschaft bedient, um das sozialistische Eigentum auf diesen einzigen Zweck auszurichten und seinen Bestand zur Erfüllung dieses Zwecks zu schützen, ist vor allem der Plan. Die Planmäßigkeit oder Planwidrigkeit einer Einwirkung auf sozialistisches Eigentum ist der Prüfstein dafür, ob diese Einwirkung dem Wesen des sozialistischen Eigentums entspricht oder widerspricht. Ist die Einwirkung gleichgültig, wodurch oder von wem sie hervorgerufen wird in diesem Sinne „wesensfremd“, so ist sie unzulässig: eine darauf gerichtete Verfügung ist unwirksam, eine darauf gerichtete frühere Norm nicht einmal entsprechend anwendbar. Damit ist die Frage, um die es hier geht, die Frage nach der Behandlung der Fälle des ungewollten Ver-lusts des Eigentumsrechts, im Grunde schon beantwortet. Ein sich gegen den Willen des Rechtsträgers vollziehender Vorgang, der zum Verlust des Eigentumsrechts an irgendwelchen Vermögensgegenständen führt, kann unmöglich planmäßig sein; er ist im Gegenteil stets geeignet, die Planerfüllung in irgendeinem Punkt zu beeinträchtigen oder zu erschweren, mindestens zu einem ungeplanten Substanzverlust zu führen. Für alle Fälle außer dem streitigen, d. h. also für den Fall der planlosen Zwangsvollstreckung in irgendwelche volkseigenen Vermögenswerte, den Fall der Ersitzung, der Verbindung oder Vermischung, der Verarbeitung oder Umbildung und den Fall des Funderwerbs, wird auch tatsächlich das BGB-Eigentums-recht insoweit für unanwendbar gehalten; jedenfalls ist mir nicht bekannt, daß sich gegen diese Auffassung des Grundrisses „Sachenrecht“12 irgendeine Einwendung erhoben hätte, obwohl man gegen sie ebensogut wie im Falle des gutgläubigen Erwerbs eines Nichtberechtigten mit dem Argument der Verkehrssicherheit operieren könnte; ausschließlich in diesem letzten Fall wird die Anwendung des BGB inkonsequenterweise gefordert. u Ebenso Such, Staat und Recht 1952 S. 79; Dornberger in Zivilrecht der DDR (Sachenrecht), Berlin 1956, S. 71. 12 vgl. Zivilrecht der DDR (Sachenrecht) S. 71, 121, 127, 130. Die Zulassung des gutgläubigen Erwerbs des Eigentumsrechts vom Nichtberechtigten ist in doppelter Hinsicht regelwidrig. Soweit man sie gegenüber dem sozialistischen Eigentümer befürwortet, ist die verletzte Regel der Plan und die gesamte Zweckbestimmung des sozialistischen Eigentums. Unabhängig davon und auch das kapitalistische Eigentum betreffend verletzt sie die Regel, daß niemand mehr Rechte übertragen kann als er selbst besitzt. Es handelt sich bei diesem Institut also schon im bürgerlichen Recht um eine Ausnahmeregelung. Daß dieser seltsamen weil zu dem starken Schutz des kapitalistischen Eigentums so Wenig passenden Ausnahme zwingende ökonomische Gesetzlichkeiten der kapitalistischen Ordnung zugrunde liegen, welche diese sind und daß mit dem üblichen Hinweis auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs nur eine Vordergrunderscheinung genannt wird, hat bereits Dornberger13 gezeigt. Daß und warum wir nicht etwa vom Standpunkt der sozialistischen Gesetzlichkeit aus gezwungen sind, diese Ausnahmeregelung, deren ökonomische Grundlage nicht mehr existiert, entsprechend auf sozialistisches Eigentum anzuwenden, ist dargelegt worden. Aber gibt es vielleicht, vom rechtspolitischen Aspekt, dringende Gründe und sie müßten, da der Schutz des sozialistischen Eigentums in Frage steht, überaus schwerwiegend sein , die diese Anwendung dennoch wünschenswert machen könnten? Es werden zwei solcher Gründe genannt14: die Verpflichtung zum „Schutz der Rechte der Bürger“ und die mehrfach erwähnte Rücksichtnahme auf die Rechtssicherheit. Diese beiden Komplexe sind insofern miteinander verknüpft, als ihre richtige oder falsche Behandlung bedeutenden Einfluß auf das Maß des Vertrauens besitzt, das die Bürger dem sozialistischen Staat und seiner Rechtsprechung entgegenbringen; beide erfordern eine ernsthafte Würdigung. 1. Das erste Argument wirft zunächst die Frage auf, um welches Recht des betroffenen Bürgers es sich eigentlich handelt, zu dessen Schutz aufgerufen wird. Denn wenn ein bestimmtes subjektives Recht geschützt werden soll, muß doch erst einmal feststeihen, daß ein solches existiert, und gerade das ist ja die Streitfrage. Will man in unserem Fall nachweisen, daß der gutgläubige Dritte das Eigentumsrecht erworben habe oder daß diese Rechtsfolge jedensfalls erwünscht sei, so kann man es sicherlich nicht mit dem Argument tun, daß die Rechte der Bürger geschützt werden müssen. Aber sehen wir von diesem Einwand ab und unterstellen wir, daß in Wirklichkeit der Schutz der Interessen der Bürger schlechthin gemeint ist. Sehen wir auch von der bereits von Kleine15 kritisierten Prinzipienwidrigkeit ab, daß mit jener Forderung der Schutz des Einzelinteresses höher gestellt wird als der Schutz des Volkseigentums, und untersuchen wir daher die Frage an Hand einer Sachlage, bei der dem Erwerber nur ein gleichartiges Rechtssubjekt, also ein anderer Bürger gegenübersteht, wie es § 932 BGB im Auge hat. Hier wird unmittelbar klar, daß mit dem Argument des notwendigen Schutzes der Rechte der Bürger gerade in diesem Fall nicht gearbeitet werden kann, weil sich sofort die Frage erhebt, welcher der beiden beteiligten Bürger die schutzwürdigeren Rechte oder Interessen besitzt derjenige, dem eine Sache unterschlagen worden ist, oder derjenige, der die Sache dem Defraudanten gutgläubig abgekauft hat. Gerade darin liegt ja die Eigenart unseres Falles, daß hier stets auf beiden Seiten eine berechtigtes und schutzwürdiges Interesse vorliegt, daß sich diese Interessen unvereinbar gegenüberstehen und daher jede der beiden denkbaren Konfliktlösungen notwendigerweise dazu führt, der einen Seite den Schutz ihrer berechtigten Interessen zu versagen. Es ist also offensichtlich, daß sich aus dem Hinweis auf den Schutzanspruch des Staatsbürgers weder für noch wider eine bestimmte Lösung der Streitfrage etwas herleiten läßt. Und wenn das schon im Verhältnis Bürger Bürger der Fall ist, so muß es, 13 NJ 1953 S. 233 ff.; vgl. auch Zivilrecht der DDR (Sachenrecht), S. 109 f. 14 vgl. Gähler, a. a. O.; Liecke, a. a. O.; KG, a. a. O. 15 NJ 1957 S. 329. 752;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 752 (NJ DDR 1957, S. 752) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 752 (NJ DDR 1957, S. 752)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Referate Auswertung der der erreichte Stand bei der Unterstützung der Vorgangsbear-beitung analysiert und auf dieser sowie auf der Grundlage der objektiven Erfordernisse Empfehlungen für die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der richten, rechtzeitig aufzuklären und alle feindlich negativen Handlungen der imperialistischen Geheimdienste und ihrer Agenturen zu entlarven. Darüber hinaus jegliche staatsfeindliche Tätigkeit, die sich gegen die politischen und ökonomischen Grundlagen der Macht der Arbeiterklasse richten, zu unterbinden. Das Staatssicherheit hat weiterhin seine Arbeit auf die Überwachung Straftat begünstigender Bedingungen und Umstände sowie zur Schadensverhütung; die effektive Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten das evtl, erforderliche Zusammenwirken mit staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen, die zur Herausarbeitung und Durchsetzung bedeutsamer Sicherheitserfordernisse, zum Erarbeiten operativ bedeutsamer Informationen über die Lage im Verantwortungsbereich sowie zur Legendicrung operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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