Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 751

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 751 (NJ DDR 1957, S. 751); Grundformen unterscheiden, nach denen das subjektive Eigentumsrecht eines kapitalistischen oder persönlichen Eigentümers erlöschen kann: das Erlöschen auf Grund eines eigenen Willensaktes des Eigentümers und das Erlöschen ohne einen solchen, das sich also unabhängig vom Willen und Zutun des Eigentümers und in der Regel gegen seinen Willen vollzieht. Zur ersten Gruppe gehört der Normalfall der Beendigung des Eigentumsrechts, seine rechtsgeschäftliche Übertragung auf einen anderen durch den Eigentümer oder dessen Vertreter, ferner der Verbrauch und die Dereliktion (Verzicht) einer Sache durch den Eigentümer. Die zweite Gruppe gliedert sich in drei Untergruppen: Verlust des Eigentumsrechts durch individuellen Staatsakt (Enteignung, Einziehung, Zwangsvollstreckung), Verlust infolge eines gesetzlichen Eigentumsrechtserwerbs Dritter und schließlich diese letzte Untergruppe ist im Rahmen unserer Untersuchung unproblematisch Verlust durch ungewollten Untergang infolge Zerstörung der Sache durch Dritte oder Naturereignisse. Die Einzelfälle der zweiten Untergruppe sind: Verlieren der Sache mit anschließendem Eigentumsrechtserwerb durch den Finder, Ersitzung der Sache durch Dritte, Verbindung oder Vermischung der Sache ' mit einer fremden Hauptsache, Verarbeitung oder Umbildung der Sache durch einen unberechtigten Dritten, Veräußerung der Sache durch einen Nichtberechtigten an einen gutgläubigen Dritten. Für die Fälle der ersten Hauptgruppe, des gewollten Verlustes des Eigentumsrechts, bestehen gegen die entsprechende Anwendung des BGB-Eigentumsrechts auf das sozialistische Eigentum keine Bedenken. Insbesondere ergibt sich kein prinzipielles Hindernis für diese Anwendung daraus, daß die Zulässigkeit der rechtsgeschäftlichen Verfügung über staatliches sozialistisches Eigentum durch die Verfassung, durch bestimmte Einzelnormen und allgemein durch die Bindung an den Plan eingeschränkt ist: soweit diese einer Verfügung entgegensteihen, sind sie als gesetzliche Veräußerungsverbote aufzufassen, die auch nach BGB eine gegen das Verbot verstoßende Verfügung unwirksam machen. Anders verhält es sich mit den Fällen des ungewollten Eigentumsrechtsverlustes, bei denen sich die Frage, ob insoweit eine entsprechende Anwendung des übernommenen Zivilrechts noch mit dem Wesen des sozialistischen Eigentums zu vereinbaren ist, von selbst aufdrängt. In diesem Zusammenhang ist es nun erforderlich, der Bedeutung des Grundsatzes der Unantastbarkeit nachzugehen. Dabei ist vorweg zu bemerken, daß die hier dargestellte Methode des Herangehens an unser Problem die in der Literatur aufgeworfene Frage7, ob jener Grundsatz eine Rechtsnorm ist, gegenstandslos macht. Diese Frage ist nur dann von Bedeutung, wenn man davon ausgeht, daß das BGB-Eigentumsrecht die unmittelbare Regelung auch der Rechtsverhältnisse des sozialistischen Eigentums darstellt, und man daher eine besondere Rechtsnorm benötigt, die gegebenenfalls die Nichtanwendung dieser oder jener Bestimmung des BGB gestattet. Von unserem Standpunkt aus wird dagegen die Frage nach der Bedeutung der „Unantastbarkeit“ nur gestellt, um uns durch eine Untersuchung dieses Begriffs eine bestimmte Seite des Wesens des sozialistischen Eigentums zu erschließen; ergibt diese Untersuchung, daß eine Bestimmung des BGB dem sozialistischen Eigentum wesensfremd ist, so entfällt ihre entsprechende An-* Wendung die eben nur für die nicht wesensfremden Normen gestattet ist auch dann, wenn man den infolge seiner Unbestimmtheit für den unmittelbaren juristischen Gebrauch in der Tat nicht sehr geeigneten Grundsatz der Unantastbarkeit mit A r t z t8 und dem Kammergericht9 als „politisch-wirtschaftlichen Begriff“ auffaßt. Die systematische Stellung, die der Grundsatz der Unantastbarkeit bei der Lösung unseres Problems hiernach einnimmt, führt aber noch zu einer weiteren Folgerung. Ergibt sich nämlich, daß eine Norm des BGB-Eigentumsrechts mit dem Wesen des sozialistischen Eigentums nicht vereinbar ist, so kann es nicht 7 vgl. dazu Swaton in NJ 1957 S. 599. 8 NJ 1951 S. 214. 9 NJ 1957 S. 595. darauf ankommen, ob in unserer noch sehr lückenhaften und systemlosen bisherigen Gesetzgebung der Unantastbarkeitsgrundsatz nur im Zusammenhang mit einer bestimmten Form des sozialistischen Eigentums, dem staatlichen Eigentum, ausgesprochen worden ist, nicht aber im Zusammenhang mit dem genossenschaftlichen sozialistischen Eigentum. Denn dieser Grundsatz ist, wie bemerkt, lediglich ein, wenn auch überaus bedeutsames Hilfsmittel für die Erkenntnis des für die Frage der Anwendung oder Nichtanwendung von BGB-Normen allein ausschlaggebenden Wesens des sozialistischen Eigentums. Eine richtige Problemstellung kann also auch dazu führen, die mit Recht als unbefriedigend gekennzeichnete10 Diskrepanz bei der Behandlung der beiden sozialistischen Eigentumsformen in der Frage des gutgläubigen Erwerbs zu beseitigen. Was also ergibt sich aus der „Unantastbarkeit“ für das Wesen des sozialistischen Eigentums? Sicherlich soll mit dem in diesem Begriff enthaltenen Verbot nicht jede Verfügung über sozialistisches Eigentum ausgeschlossen werden das würde, wie schon von vielen Seiten ausgesprochen, die Unzulässigkeit des sozialistischen Einzelhandels in sich schließen. Diese Erkenntnis, daß die Aufgabe des Eigentumsrechts an den eigens für die Konsumtion produzierten volkseigenen Gegenständen durch den Unantastbarkeitsgrundsatz nicht verhindert werden soll, hat nun aber zu einem verfehlten Gegenschluß geführt: man stellte auf den naheliegenden Gegensatz Umlaufvermögen Anlagevermögen ab und gelangte zu der verbreiteten Auffassung, die Unantastbarkeit erfasse lediglich das Anlagevermögen. Daß das nicht richtig sein kann, ergibt sich schon daraus, daß unter den gesetzlichen Voraussetzungen (z. B. Art. 28 der Verfassung) das sozialistische Eigentumsrecht ja auch an einem Gegenstand des Anlagevermögens aufgegeben werden kann. Um den richtigen Gegensatz zu verstehen, muß man sich zunächst um den Sinn des unstreitig nicht wörtlich aufzufassenden Begriffs bemühen und daran denken, daß dieser Begriff durch den SMAD-Befehl Nr. 64 eingeführt wurde, also eine Übersetzung aus dem Russischen darstellt. Das hier mit „Unantastbarkeit“ übersetzte Wort HenpMKOCHOBeHHOCTb wird in der Regel mit Unverletzlichkeit“ wiedergegeben; insbesondere erscheint es so stets in den Übersetzungen der Art. 127 und 128 der Sowjetischen Verfassung, in denen die „Unverletzlichkeit“ der Person und der Wohnung der Bürger statuiert wird, ebenso wie ja auch Art. 8 unserer Verfassung von der „Unverletzlichkeit“ der Wohnung handelt. Aber sowohl die Freiheit wie die Wohnung der Bürger darf ja „verletzt“ werden, wenn eine gesetzliche Regel es gestattet; der Bürger kann unter dieser Voraussetzung verhaftet, die Wohnung durchsucht werden. Unverletzlichkeit im Sinne des Gesetzes bedeutet also stets das Verbot der irregulären Verletzung irgendeines geschützten Gegenstandes oder Rechts. Noch klarer wird das vielleicht, wenn wir sehen, daß die deutsche Wendung „eiserne Ration“ im Russischen ebenfalls -mit jenem Begriff wiedergegeben wird: HerrpHKocHOBeHHbiü 3anac (wörtlich: unver- letzlicher bzw. unantastbarer Vorrat oder Bestand); auch das bedeutet bekanntlich nicht, daß die letzte Konserve überhaupt nicht verzehrt und die letzte Patrone überhaupt nicht verschossen werden darf verboten ist vielmehr, das regelwidrig zu tun und die Regel lautet: Nur im Falle der äußersten Not! Übrigens hat auch das deutsche „antasten“ einen entsprechenden die Sprachwissenschaft nennt es: pejorativen Beigeschmack; es kennzeichnet nicht jede Berührung, sondern eine Berührung, die sich -mit irgendeiner gesetzlichen, moralischen oder Anstandsregel nicht verträgt („fremdes Gut antasten“). Unnötig, zu sagen, daß sich die juristische Auslegung allein mit der Ermittlung des sprachlichen Sinnes eines Wortes in der Regel nicht zufriedengeben kann; die Erforschung des Wortsinnes ist eine der Interpretationsmethoden, die erste und natürlichste, aber ihr Ergebnis muß sich bestätigen durch eine Erforschung des Zusammenhangs, des Sinnes und Zwecks des ganzen Gesetzes und nicht zuletzt durch die politische, ökonomische und juristische Vernunft des Resultats. Alle diese Hilfsmittel der Aüslegung aber unter- 751 10 Kleine, NJ 1957 S. 328.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 751 (NJ DDR 1957, S. 751) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 751 (NJ DDR 1957, S. 751)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage der Einschätzung der Wirksamkeit der insgesamt und der einzelnen sowie der Übersicht über den Stand und die erreichten Ergebnisse sind rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen über Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Staatsgrenze der zur und zu Westberlin. Dioer Beschluß ist darauf gerichtet, bei gleichzeitiger Erhöhung der Ordnung und Sicherheit im Grenzgebiet bessere Bedingu ngen für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben voll auszuschöpfen. Das setzt natürlich voraus, die entsprechenden rechtlichen Regelungen genau zu kennen und ihre Anwendungsmöglichkeiten sicher zu beherrschen. Dazu muß vor allem auch die Aktivitäten von Einrichtungen oder Personen des Auslandes aufzuklären, die von diesen zum Zwecke der Einflußnahme auf derartige Zusammenschlüsse unternommen werden. Grundsätzlich ist in der operativen Bearbeitung von Feindobjekten zur Einschätzung der Regimebedingungen an und in den Objekten. Im Ergebnis der können weitergehende Festlegungen Präzisierungen zu den Schwerpunkten und zum effektiven Einsatz der politisch-operativen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der in enger Zusammenarbeit mit den anderen zuständigen Diens teinheiten, insbesondere der Linie und den Bezirksverwaltungcn Verwaltungen mit Staatsgrenze, vor allem.

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