Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 200

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 200 (NJ DDR 1952, S. 200); mit einer neuen Ära der Kriege zu beglücken. Die Periode der Revolutionen von unten war einstweilen geschlossen; es folgte eine Periode der Revolutionen von oben.“!1) Die Herrschaft des Louis Bonaparte veränderte also die Klassenherrschaft der Großbourgeoisie in keiner Weise, sondern begründete nur eine neue Form der Diktatur der französischen Großbourgeoisie, die sich vor allem auf die Kriegsmaschinerie stützte und nur unter den Bedingungen eines kräftegleichen Verhältnisses zwischen den Klassen möglich war. Hit dieser aus der Analyse des Klassenkräfteverhältnisses und des Klassenkampfes der Zeit 184-8 bis 1851 gewonnenen Erkenntnis widerlegte Karl Marx alle bürgerlichen Geschichtsschreibungen über ein sogenanntes Heldentum des Louis Bonaparte, über das sogenannte unerklärbare Ereignis des 2. Dezember 1851. Karl Marx gab den Schlüssel zum Verständnis des Wesenis des sog. Bonapartismus, der in einer Lage auf-tritt, in der der Klasisenkampf sich äußerst verschärft, in der unversöhnlich gegenüberstehende Hauptklassen einander das Gleichgewicht halten, in der die Bourgeoisie nicht in der Lage ist, mit der revolutionären Bewegung fertig zu werden, das Proletariat aber zu schwach, um in diesem Kampfe zu siegen: „Der Bonapartismus ist eine Regierungsform, die aus der konterrevolutionären Bourgeoisie in der Situation demokratischer Umwandlungen und demokratischer Revolutionen herauswächst. “12) II Im Zusammenhänge mit der Untersuchung der Ursachen des Staatsstreichs Louis Bonapartes entlarvt Karl Marx den Klassencharakter der bürgerlichen Republik, zerstört er die demokratischen Illusionen über die Verfassungen bürgerlicher Staaten, über die bürgerlichen Rechte und Freiheiten, deckt er das Verhältnis zwischen Parlament und Exekutive und deren Rolle als wichtige Teile des bürgerlichen Staatsapparates auf. Diese Untersuchungen von Marx über die bürgerliche Republik, ihre Aufgaben und ihre Funktion sind deshalb so besonders wichtig, weil sie Marx und Engels zu der Erkenntnis brachten, daß das Proletariat den bürgerlichen Staatsapparat in der proletarischen Revolution zerbrechen muß. Marx zeigt an Hand der Geschichte der II. Republik in Frankreich, daß die bürgerliche Republik „die uneingeschränkte Despotie einer Klasse über andere Klassen bedeute“, daß mit der Verschärfung des Klassenkampfes „die Teilung der Gewalten bis zum unerträglichen Widerspruch“ erweitert wird, daß „das materielle Interesse der französischen Bourgeoisie gerade auf das innigste mit der Erhaltung jener breiten und vielverzweigten Staatsmaschinerie, der Exekutivgewalt, verbunden ist“, daß „die französische Bourgeoisie, durch ihre Klassenstelliuing gezwungen, versucht, einerseits die Lebensbedingungen einer jeden, also auch ihrer eigenen parlamentarischen Gewalt zu vernichten, andererseits die ihr feindliche Exekutivgewalt unwiderstehlich zu machen“. Nach der blutigen Niederschlagung der Pariser Arbeiter in den Junitagen des Jahres 1848 arbeitete das bürgerliche Parlament der II. Republik in Frankreich beschleunigt daran, eine Verfassung fertigzustellen. Karl Marx zeigt, wie das Klassenkräfteverhältnis und der Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat dieser von der Bourgeoisie ausgearbeiteten Verfassung ihr Gepräge geben; er entlarvt sie als eine Verfassung, bei der „jeder ParaGraph in der allgemeinen Phrase die Freiheit, in der Randglosse die Aufhebung der Freiheit“ enthält13). Als die Bourgeoisie im Kampf gegen die politische Herrschaft des Feudaladels ihre Demokratie schuf, behauptete sie, im Namen- des ganzen Volkes aufzutreten. Sie sprach von der „Volkssouveränität“, das heißt von der unumschränkten Gewalt des Volkes. Unter dem Rufe „liberte, egalite, fratemite Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ sammelte die Bourgeoisie die Massen des Volkes zum Kampfe gegen die Privilegien des Adels und der Geistlichkeit. Nachdem die Bourgeoisie aber mit Hilfe des Volkes die Herrschaft des Feudaladels gestürzt hatte, riß sie die „Volksvertretung“ und * 12 13 u) Einleitung zu „Die Klassenkämpfe in Frankreich“ in: „Ausgewählte Schriften“, Band I, S. 111. 12) Lenin, Gesammelte Werke, Band XXV, S. 233 (russisch). 13) „Ausgewählte Schriften“, Band X, S. 238. die Gesetzgebung an sich, bemächtigte sie sich des ganzen Apparates der Staatsgewalt und benutzte den Staat zur Festigung ihrer Herrschaft. Von der Eroberung der politischen Macht an tat die Bourgeoisie alles, um die Rechte des werktätigen Volkes immer mehr zu beschneiden: „Die Bourgeoisie hatte die richtige Einsicht, daß alle Waffen, die sie gegen den Feudalismus geschmiedet, ihre Spitze gegen sie seihst kehrten, daß alle Bildungsmittel, die sie erzeugt, gegen ihre eigene Zivilisation rebellierten, daß alle Götter, die sie geschaffen, von ihr abgefallen waren. Sie begriff, daß alle sogenannten bürgerlichen Freiheiten und Fortschrittsorgane ihre Klassenherrschaft zugleich an der gesellschaftlichen Grundlage und an der politischen Spitze angriffen und bedrohten, also .sozialistisch' geworden waren. ‘AA) Diese Tatsache belegt Karl Marx im „Achtzehnten Brumaire“ unter anderem mit dem Beispiel des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1850, das das Pariser Proletariat von aller Teilnahme an der politischen Gewalt ausschloß. Gerade diese Beseitigung des von den Arbeitern in der Februarrevolution erkämpften allgemeinen Wahlrechts beweist anschaulich, daß die Bourgeoisie die von ihr verkündeten Rechte und Freiheiten nur so lange gelten läßt, wie sie ihre eigene Herrschaft nicht bedrohen. Karl Marx charakterisiert den Raub des allgemeinen Wahlrechts als eine „Notwendigkeit des Klassenkampfes“, weil die Bourgeoisie die moralische Herrschaft über die Volksmassen verlor, und deckte damit eine der Methoden der Bourgeoisie auf, mit deren Hilfe sie ihren Einfluß im Parlament sicherstellt. Durch Vermögenszensus, Bildungszensus, Ansässigkeitszensus und andere Mittel schließt sie Millionen von Menschen von der Teilnahme an den Wahlen aus oder beschränkt sie in ihrem Wahlrecht. Je gefährdeter die Herrschaft der Bourgeoisie, um so brutaler versucht sie in den bürgerlichen Staaten das Wahlrecht einzuengen. Man kann zum Beispiel gegenwärtig schwerlich ein anderes Land finden, wo den elementaren Rechten der Wähler so ungeniert Hohn gesprochen wird wie in den USA. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen wurden nach vorsichtigsten Schätzungen etwa 20 Millionen Staatsbürger der USA mit verschiedenen Methoden des Wahlrechts beraubt. Nachrichten amerikanischer Zeitungen zufolge gingen 7,7 Millionen Bürger in den Südstaaten durch die geltenden Wahlsteuern und andere Beschränkungen des Wahlrechts verlustig, 2,8 Millionen durch die Bildungsklausel, 2 Millionen durch die Seßhaftigkeitsklausel, 3,4 Millionen, weil die Wähler während der Wahlen sich auf Reisen befanden usw. Außer diesen Beschränkungen, die die Apologeten der bürgerlichen Demokratie zu den „gesetzmäßigen“ zählen, werden viele Millionen Wähler mit Hilfe der weitverbreiteten Fälschungen und Bedrohungen sowie des offenen Terrors ihres Wahlrechtes beraubt. Daraus erklärt es sich, daß der Prozentsatz der Wähler in den USA unaufhaltsam sinkt. Im Jahre 1900 nahmen an den Präsidentschaftswahlen 85 °/o der Wahlberechtigten teil, im Jahre 1016 nur 70%, im Jahre 1944 sank der Prozentsatz auf 55 %, und bei den Wahlen von 1948 erreichte er kaum 50 %. In den von den Rechtssozialisten so gepriesenen westlichen Demokratien hat die Bourgeoisie raffinierte Wahlsysteme, Wahlmethoden und Wahlsitten ausgeklügelt, um auf jede Weise eine demokratische Willensäußerung des Volkes tatsächlich zu verhindern. Auch in Westdeutschland beschreiten die westlichen Besatzungsmächte im Aufträge der Wallstreet diesen Weg. Unter völliger Mißachtung des unveräußerlichen Rechtes des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung haben die Militärregierungen die nach dem deutschen Recht für den Erlaß von Wahlgesetzen unzuständigen Ministerpräsidenten der Bundesländer veranlaßt, ein den Besatzungsmächten genehmes Wahlgesetz zu verkünden. Die Antwort der Kommunistischen Partei Deutschlands auf den Verbotsantrag der Bundesregierung stellt zu diesem Wahlgesetz fest: „Wie das Zustandekommen, so war auch der Inhalt dieses Wahlgesetzes eine Verletzung längst errungener demokratischer Rechte. Diente bereits die weitgehende Ersetzung und Verstümmelung des 14 200 14) ebenda, S. 264.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuehungshaft nicht erfüllt. Inhaftierten dürfen nur Beschränkungen auf erlegt werden, die für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten zu gewährleiten. Umfassende Klarheit ist bei allen Leitern und Mitarbeitern der Diensteinhelten der Linie darüber zu erreichen, daß in Weiterentwicklung des sozialistischen Rechts in seiner ganzen Breite, die Erschließung und Nutzung aller seiner Potenzen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Dugendlicher durch den Gegner im Gesamtsystem der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft zu erfüllen hat: Die sichere Verwahrung der Verhafteten. In den Grundsätzen der Untersuchungshaftvollzugsordnung wird betont, daß der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die Sicher- heit und Ordnung-gefährdenden Handlungen begehen können. Die Realisierung dieser grundsätzlichen Aufgabenstellung in Verbindung mit den erkannten Angriffsrichtungen des Feindes, stellen hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissen- schaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit Staatssicherheit ; die grundlegende Verantwortung der Linie Untersuchung für die Gewährleistung dieser Einheit im Zusammenhang mit der Klärung von Vorkommnissen, die mit der Zuführung einer größeren Anzahl von verbunden sind, dargelegten Erkenntnisse im erforderlichen Umfang zu berücksichtigen.

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