Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 539

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 539 (NJ DDR 1952, S. 539); in sich ein. In der realen Wirklichkeit existieren das Allgemeine, das Besondere und das Einzelne nicht isoliert voneinander, sondern sie befinden sich stets in unlösbarem Zusammenhang . Der Zusammenhang des Allgemeinen, des Besonderen und des Einzelnen bildet die Grundlage der dialektischen Lehre vom Begriff. Jede Begriffsbestimmung enthält in sich drei Elemente: das Allgemeine (die Gattung), das Besondere (die Bestimmtheit der Gattung) und das Einzelne (den zu bestimmenden Gegenstand). Einen Begriff definieren heißt, wie Lenin sagt, .einen gegebenen Begriff auf einen anderen, umfassenderen zurückzuführen. Wenn ich z. B. definiere: der Esel ist ein Tier, so führe ich den Begriff ,Esel’ auf einen umfassenderen Begriff zurück’." Jeder Begriff ist also das Produkt wissenschaftlicher Verallgemeinerung. Dementsprechend sind bei der Definition der Schuld die Begriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit auf einen umfassenderen Begriff zurückzuführen, der die Merkmale enthalten muß, die den beiden Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit gemeinsam und für beide wesentlich sind, bei dem aber die Merkmale wegzulassen sind, die die Besonderheit der einzelnen Schuldform als solche charakterisieren und diese von der anderen Schuldform unterscheiden. Denn die Begriffsbildung ist „ein Prozeß des Weglassens der Einzelheiten, d. h. der zweitrangigen Momente des Gegenstandes, und ein Prozeß des Bloßlegens und Aufdeckens des Wesens, d. h. dessen, was in dem gegebenen Gegenstand die Hauptsache und das Entscheidende ist.“ 13) Wie man nun im einzelnen den Vorsatz und die Fahrlässigkeit auch definiert ich möchte aus Gründen des beschränkten Raums auf ausführliche Definitionen verzichten , immer kommt es dabei auf das „Kennen“ bzw. „Wissen“ und „Wollen“ oder auf das „Nicht-kennen“ bzw. „Nichtwissen“ der Verbrechensmerkmale an, d. h. also auf die Beziehung des Bewußtseins und des Willens des Verbrechers zu den Umständen, Eigenschaften und Folgen seines Handelns, die es zu einem für unsere staatliche und gesellschaftliche Ordnung gefährlichen Handeln machen, und die deshalb von den Tatbeständen unseres Strafrechts als Merkmale bestimmter Verbrechen gekennzeichnet werden. Diese Beziehung ist ihrer Form nach eine psychologische Beziehung zwischen dem Denken des Verbrechers und den von ihm gefährdeten Verbrechensobjekten; ihrem Inhalt nach ist sie jedoch eine gesellschaftliche Beziehung. Das Allgemeinste, das den formellen psychologischen Merkmalen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit gemeinsam ist, bezeichnet Lekschas verallgemeinernd als die „in dem . Handeln zum Ausdruck kommende . Einstellung des Verbrechers“, also die psychische Einstellung des Verbrechers bei der Begehung des Verbrechens. Das allgemeinste Merkmal, durch das die psychische Einstellung sowohl des vorsätzlich als auch des fahrlässig handelnden Verbrechers in ihrer gesellschaftlichen Beziehung zu den Verbrechensmerkmalen seiner Handlung gekennzeichnet wird, sieht Lekschas darin, daß diese im Handeln zum Ausdruck kommende Einstellung des Verbrechers in beiden Fällen unserer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung und den durch das Strafrecht geschützten Interessen gefährlich und feindlich ist. Damit sind die Wesensmerkmale, die beiden Schuldformen eigen sind, erfaßt und ein Allgemeinbegriff der Schuld gebildet, der in seiner Allgemeinheit sowohl den Vorsatz als auch die Fahrlässigkeit beinhaltet. Über die wissenschaftliche Exaktheit dieses Allgemeinbegriffes kann und muß diskutiert werden. Die Daseinsberechtigung eines Allgemeinbegriffs der Schuld aber, der sowohl die psychischen Erscheinungsformen beider Schuldformen verallgemeinernd umfaßt als auch das beiden Schuldformen gemeinsame gesellschaftliche Wesen ihren Klassencharakter kennzeichnet, steht außer Zweifel. In Anbetracht der von den Klassikern des Marxismus-Leninismus aufgestellten Leitsätze zur dialek- 13) Chaßchatschich, a. a. O. S. 59/60. tischen Begriffsbildung und der Erkenntnisse der sowjetischen Philosophie ist deshalb die von Kayser zum Ausgangspunkt seiner Kritik genommene Feststellung Ssergejewas nicht als erschöpfend anzusehen, daß „die Schuld ein Gattungsbegriff“ sei, „der Vorsatz und Fahrlässigkeit umfaßt“, und deshalb kein Anlaß zu einer „Vertiefung“ dieses Begriffes der Schuld bestehe14), denn damit ist selbst noch kein die beiden Schuldformen wirklich umfassender Gattungsbegriff der Schuld gegeben. Mit der Feststellung, daß die Schuld Vorsatz und Fahrlässigkeit umfaßt, ist die Schuld ebensowenig definiert wie das Recht mit der Feststellung, daß es das Zivil-, Straf-, Verwaltungsrecht usw. umfasse. Jedoch richtet sich T. L. Ssergejewas Kritik prinzipiell1 nicht gegen einen Allgemeinbegriff der Schuld, sondern gegen den Versuch, neben die Schuld (als Vorsatz und Fahrlässigkeit) noch eine zweite Schuld in Gestalt einer „allgemeinen Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit“ zu stellen, und gegen den anderen Versuch, in den Schuldbegriff objektive Momente einzubeziehen15 *). Das aber verkennt Kayser, wenn er sich bei seiner Kritik auf T. L. Ssergejewa stützt. Lekschas spricht weder in seiner Begriffsbestimmung noch in seinen sonstigen Ausführungen über die Schuld und ihre Erscheinungsformen Vorsatz und Fahrlässigkeit auch nur ein Wort darüber, daß die von ihm allgemein definierte Schuld etwas anderes sei (etwa eine „allgemeine Grundlage der Verantwortlichkeit“, wie das Kayser unterstellt10) als Vorsatz und Fahrlässigkeit. Er stellt vielmehr ausdrücklich fest, daß die von ihm in der angegebenen Weise definierte Schuld nur in den Formen von Vorsatz und Fahrlässigkeit existiert „und nur, soweit diese Formen reichen. Außerhalb von Vorsatz und Fahrlässigkeit gibt es keine Schuld“17). Es ergeben sich diese Schlußfolgerungen: Mit der Schaffung eines Allgemeinbegriffs der Schuld wird nicht etwa eine neue, „zweite Schuld“ geschaffen, sondern lediglich das Wesen beider Schuldformen herausgearbeitet. „Das Allgemeine existiert nur im Einzelnen, durch das Einzelne. Jedes Einzelne ist (auf die eine oder andere Art) Allgemeines. Alles Allgemeine ist ein Teilchen oder eine Seite oder das Wesen des Einzelnen.“18) Das bedeutet, daß die Schuld, wie sie von Lekschas allgemein definiert wurde, kein selbständiges Eigenleben führt, sondern in der subjektiven Seite eines jeden vorsätzlichen und fahrlässigen Verbrechens existiert. Diese grundlegenden Erkenntnisse des dialektischen Materialismus übersieht Kayser, wenn er annimmt, daß mit dem Schuldbegriff eine „zweite Schuld“ neben Vorsatz und Fahrlässigkeit geschaffen wird. Der Widerspruch, den Kayser zwischen der allgemeinen Schuld-deflnition und der These Lekschas’ feststellt, daß die Schuld nur in den Formen von Vorsatz und Fahrlässigkeit existiere, ist kein unwissenschaftlicher Widerspruch, der die Definition ad absurdum führt, sondern der dialektische Widerspruch zwischen dem Einzelnen, Besonderen und Allgemeinen. Die Tatsache jedoch, daß unser Strafgesetzbuch den Schuldbegriff nicht regelt, darf unsere demokratische Strafrechtswissenschaft nicht hindern, einen wissenschaftlichen Allgemeinbegriff der Schuld zu erarbeiten. Durch ein Gesetz aus dem Jahre 1871 kann die fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnis nicht aufgehalten werden. Zu b) Zur Beantwortung der zweiten Frage bleibt nach dem bisher Ausgeführten lediglich zu prüfen, ob Lekschas in die von ihm gegebene Schulddefinition Merkmale einbezogen hat, die nicht zur Schuld gehören, weil sie entweder zur objektiven Seite des Verbrechens gehören oder zu dem, was Kayser als „Begleitkomplex“ bezeichnet, wie das T. L. Ssergejewa bei den bereits genannten sowjetischen Strafrechtswissenschaftlern kritisiert hat. 14) Ssergejewa, a. a. O. S. 7. 13) vgl. Ssergejewa, a. a. O. S. 7/8. iß) NJ 1952 S. 447. 17) NJ 1952 S. 353. 18) Lenin: Aus dem philosophischen Nachlaß, Berlin 1949, S. 287. 53.9;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 539 (NJ DDR 1952, S. 539) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 539 (NJ DDR 1952, S. 539)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Untersuchung gosell-schaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher von bis unter Jahren Eingeordnet in die Gesamtaufgaben Staatssicherheit zur vorbeugenden Vorhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie die Entwicklung von onswe Jugendlicher und das Entstehen von staatsfeindlichen und anderen kriminellen Handlungen Jugendlicher begünstigende Bedingungen im Zusammenwirken mit den anderen zuständigen staatlichen Organen - die Ursachen und begünstigenden Bedingungen aufzudecken. Mit unseren spezifischen Mitteln und Möglichkeiten müssen wir dafür Sorge tragen, daß die begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungshaftanstalt und bei allen Vollzugsmaßnahmen außerhalb derselben notwendig. Sie ist andererseits zugleich eine Hilfe gegenüber dem Verhafteten, um die mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit zur geheimen Zusammenarbeit verpflichtet werden und für ihren Einsatz und der ihnen gestellten konkreten Aufgabe bestimmten Anforderungen genügen müssen.

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