Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 196

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 196 (NJ DDR 1989, S. 196); 196 Neue Justiz 5/89 Die von konservativen Gegnern vorgebrachte Behauptung, die Konvention greife in das Geflecht der USA-Rechtsord-nung ein, wurde während des Ratifizierungsverfahrens widerlegt. Ein Konflikt zwischen der Konvention und der USA-Verfassung kann nicht aufkommen, da die Verfassung gegenüber allen völkerrechtlichen Verträgen der USA Vorrang hat; außerdem verpflichtet Art. V der Konvention die vertragschließenden Staaten, in Übereinstimmung mit ihrer Verfassung die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bestimmungen der Konvention in Kraft zu setzen. Hinzu kommt, daß seit dem Fall Geofroy gegen Riggs als gesichert anzunehmen ist, daß alle zwischenstaatlichen Probleme in die Vertragsabschlußkompetenz des Bundes fallen.10 11 Auch die bundesstaatliche Struktur der USA stellt für eine Mitgliedschaft in der Völkermord-Konvention kein Hindernis dar. Die Bundesregierung entzieht den Einzelstaaten keine Rechte, denn gemäß Art. I Abschn. 8 der USA-Verfassung hat der Bund ohnehin das Recht, völkerrechtliche Verbrechen zu definieren und zu bestrafen. Den Einzelstaaten wird mit dieser Mitgliedschaft genausowenig die Kompetenz zur Bestrafung von Mord entzogen, wie ihnen etwa mit der Mitgliedschaft in der Konvention über die Bekämpfung der rechtswidrigen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen von 1970 die Kompetenz zur Bestrafung von Diebstahl entzogen wurde. Immer wieder wird von Gegnern des Beitritts zur Völkermord-Konvention die Behauptung vorgetragen, dem Internationalen Gerichtshof (IGH) würde damit die Kompetenz eingeräumt, über die USA oder ihre Bürger zu Gericht zu sitzen. Das ist zwar sachlich völlig unrichtig, entbehrte aber nicht einer gewissen propagandistischen Wirkung, als nach dem Urteil des IGH im Streitfall Nikaragua gegen USA eine Kampagne gegen den IGH einsetzte.11 Tatsächlich ist der IGH gemäß Art. IX der Völkermord-Konvention lediglich für die Streitfälle zwischen den Vertragsstaaten hinsichtlich der Auslegung, der Anwendung oder der Durchführung der Konvention zuständig. Individuen können ohnehin nicht vor den IGH gestellt werden. Die USA haben außerdem noch eine Auslegungserklärung zur Zuständigkeitsregelung des Art. VI abgegeben, wonach dieser Artikel nicht das Recht der Staaten einschränkt, eigene Staatsbürger auch für Handlungen des Völkermordes vor Gericht zu stellen, die im Ausland begangen wurden.12 Hinzu kommt, daß die Völkermord-Konvention kein Auslieferungsvertrag ist. Ihr Art. VII bestimmt ausdrücklich, daß sich die Vertragsstaaten verpflichten, „die Auslieferung in Übereinstimmung mit ihren geltenden Gesetzen und Verträgen vorzunehmen“. In der Ratifizierungsdebatte des Senats wurde mehrfach darauf hingewiesen, daß kein Auslieferungsvertrag der USA Völkermord einschließe. Hier scheint die Diskussion allerdings am eigentlichen Problem vorbeigegangen zu sein, da die Kernaussage des Art. VII der Konvention in der Tatsache besteht, daß Völkermord nicht als politisches Verbrechen anzusehen ist und die Bestrafung tunlichst vor Gerichten desjenigen Staates erfolgen soll, in dem die Tat begangen wurde. Gerade bei der Auslieferungsfrage wurde in der Ratifizierungsdebatte die Befürchtung deutlich, daß beispielsweise Vietnam die Auslieferung von Verantwortlichen für den Bombenterror und den Vernichtungsfeldzug gegen das vietnamesische Volk verlangen könnte. Senator Goldwater nannte die Ängste beim Namen: „Gemäß der Konvention könnten USA-Bürger, die in den Streitkräften in Vietnam dienten, zum Subjekt der Bestrafung für den behaupteten Völkermord an einem Teil der vietnamesischen Bevölkerung werden. Alle diese Probleme müssen ausgeräumt werden, bevor die Vereinigten Staaten der Ratifikation der Konvention zustimmen.“13 Das Proxmire-Gesetz und seine Konsequenzen Das US-amerikanische Durchführungsgesetz zur Völkermord-Konvention vom 4. November 1988 (sog. Proxmire-Gesetz1'1) ergänzt das Strafgesetzbuch (U. S. Criminal Code) und erklärt Völkermord in den USA erstmals zur Straftat (18 USC 1091 1093). Im Gesetz werden die Tatbestände des Völkermordes im Wortlaut der Art. II und III der Konvention wie- derholt. Das Strafmaß für Tötung ist mit einer Geldstrafe von höchstens einer Million Dollar und lebenslanger Freiheitsstrafe festgelegt; für die anderen Tatbestände sind es Geldstrafen in Höhe bis zu einer Million und./oder 20 Jahre Gefängnis. Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen Friedens- und Kriegszeiten. Von besonderer Bedeutung ist die Transformation hinsichtlich Art. III Buchst, c der Konvention, der die „direkte und öffentliche Anstiftung zur Begehung von Völkermord“ für strafbar erklärt. Nach dem Proxmire-Gesetz wird nunmehr derjenige, der direkt und öffentlich zum Völkermord aufhetzt, mit einer halben Million Dollar Geldstrafe und/oder einer Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren bestraft. Mit dem Durchführungsgesetz wird ein neuer Straftat -bestand geschaffen, der Verbrechen erfaßt, die sich gegen bestimmte Gruppen von Menschen und nicht nur gegen einzelne Personen richten. Natürlich kann das Gesetz in den USA nur auf Handlungen des Völkermordes angewandt werden, die nach seiner Verabschiedung 1988 erfolgten. Dennoch so meint die USA-Juristin A. F. Ginger müsse seine Verwirklichung mit einem Überdenken der USA-Geschichte einhergehen: Man müsse auch „den Völkermord berücksichtigen, der von der Regierung und den Menschen dieses Landes gegen die vielen anderen Völker, die hier waren, bevor die Europäer kamen, gegen die Millionen afrikanischer Sklaven, die hierher gegen ihren Willen gebracht wurden, und gegen die Millionen Angehöriger anderer ethnischer, rassischer, nationaler und religiöser Gruppen begangen wurde“.13 15 Aus dieser Erwägung heraus sieht Ginger vier Aspekte, die für die Einschätzung des Proxmire-Gesetzes wichtig sind16: 1. Es muß gegen den Ku-Klux-Klan, die amerikanischen Nazis und Einzelpersonen angewandt werden, die direkt und öffentlich zu Angriffen auf ethnische, rassische und religiöse Gruppen aufrufen. 2. Es ist eine Anregung zum Überdenken der USA-Geschichte, insbesondere der Angriffe gegenüber bestimmten Gruppen (Ureinwohner, Afroamerikaner usw.). Die Aufarbeitung der Geschichte muß zu einer breiten Aufklärungskampagne führen. 3. Die USA sollten ihr Engagement in der UNO erhöhen und Völkermord überall auf der Welt bekämpfen. 4. Der Paragraph, der die Aufhetzung zum Begehen von Völkermord verbietet, sollte zu einem Überdenken des Presserechts führen, indem feindselige und haßsäende Berichterstattung gegen ethnische Gruppen und Völker verboten wird. In der Tat scheinen einige der größten Auswirkungen des neuen Gesetzes vorerst bei der Bestimmung des Begriffs der freien Meinungsäußerung zu liegen. Lagen früher die Grenzen der Meinungsfreiheit vor allem im Bereich der Persönlichkeitsrechte und im öffentlichen Interesse17, so tritt nun als neue Schranke das Verbot der Aufhetzung zum Völkermord hinzu. Dieser Umstand macht eine Neubewertung so mancher Medienkampagne gegen Entwicklungen in anderen Regionen (z. B. in Mittelamerika) und in den USA selbst notwendig. Die politische Bedeutung des USA-Beitritts zur Konvention Bereits vor dem Beitritt der USA erfaßte die Völkermord-Konvention 96 Staaten mit insgesamt 74 Prozent der Weltbe- 10 Vgl. Congressional Record Senate (Washington) vom 4. Oktober 1984, S. 13055 f. 11 Vgl. B. Graefrath, „Internationaler Gerichtshof verurteilt USA-Intervention gegen Nikaragua“, NJ 1986, Heft 12, S. 489 ff. 12 Diese Auslegungserklärung wurde insbesondere immer wieder von der Nationalen Rechtsanwaltsvereinigung der USA gefordert. Vgl. B. V. Bitker, „The United States and International Codification of Human Rights: A Case of Split Personality“, in: N. Hevener (Hrsg.), The Dynamics of Human Rights in U. S. Foreign Policy, New Brunswick 1981, S. 89. 13 Congressional Record Senate, a. a. O., S. 13955. 14 Benannt nach Senator William Proxmire (vgl. Fußnote 7). 15 A. F. Ginger, a. a. O., S. 22. 16 Ebenda, S. 23. 17 Vgl. J. Schwartländer/D. Willoweit, Meinungsfreiheit Grundgedanken und Geschichte in Europa und USA, Kehl/Straßburg 1986, S. 219 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

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