Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 58

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 58 (NJ DDR 1979, S. 58); 58 Neue Justiz 2/79 zen ableitet, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab und läßt sich nicht generell beurteilen. Verhältnis besonderer Tatumstände nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB zur verminderten Zurechnungsfähigkeit Besondere Tatumstände i. S. des § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB können nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichts z. B. dann vorliegen, wenn der Täter in einer sog. psychischen Zwangslage gehandelt hat. Das Oberste Gericht hat dazu in seinem Urteil vom 18. Februar 1975 - 5 Ust 1/75 - (OGSt Bd. 16 S-138; NJ 1975, Heft 14, S. 426) Stellung genommen: Bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte sich der Angeklagte in einer ansteigenden Konfliktlage befunden, weil sich seine Ehefrau einem anderen Mann zuwandte. Am Tage vor der Tat erfuhr er, daß sie den Urlaub mit diesem Mann verbracht und dabei abgesprochen hatte, sich scheiden zu lassen. Aus dem psychiatrischen Gutachten ergab sich, daß der Angeklagte auf Grund seiner Persönlichkeit in dieser Situation an der Grenze seiner psychischen Belastbarkeit stand. Einige von ihm mißverstandene Äußerungen der Ehefrau brachten ihn in eine hoffnungsvollere Stimmung, aus der er aber gerissen wurde, als er zufällig die Ehefrau-mit ihrem Freund auf dessen Motorrad sah. Er sprang aus der fahrenden Straßenbahn, ging auf das ihm entgegenkommende Motorrad zu und stach mit einer Reißnadel auf den Zeugen ein. Anschließend verharrte er teilnahmslos am Tatort. Der Gutachter hatte sich in diesem Fall für die Anwendung des § 16 StGB ausgesprochen. Das Bezirksgericht war ihm gefolgt und hatte die Anwendung des § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB (Vorliegen besonderer Tatumstände) mit der Begründung abgelehnt, daß es sich um die Berücksichtigung der gleichen Umstände handeln würde, die bereits zur Anwendung des § 16 StGB geführt hätten. Das Oberste Gericht hat diese Entscheidung aufgehoben und zunächst auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für den Tatbestand des Totschlags und der verminderten Zurechnungsfähigkeit aufmerksam gemacht: Die Frage nach der verminderten Zurechnungsfähigkeit durch Bewußtseinsstörung ist die Frage nach der erheblichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit zur Zeit des Tatentschlusses, d. h. nach der Wirkung krankhafter bzw. krankheitswertiger Faktoren der Geistestätigkeit, während § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB z. B. verlangt, daß der Täter aus einer psychischen Zwangslage heraus gehandelt haben muß. Selbst wenn die Faktoren der verminderten Zurechnungsfähigkeit eng mit den Entstehungsbedingungen einer psychischen Zwangslage oder eines Affekts Zusammenhängen, sind sie Erscheinungen eines anders gearteten, nämlich krankhaften bzw. krankheitswertigen Persönlichkeitsprozesses. Es ist deshalb falsch, diese unterschiedlichen Vorgänge gleichzusetzen. Das Oberste Gericht hat in dem geschilderten Fall beide Bestimmungen nebeneinander angewendet, den Angeklagten also wegen Totschlags im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit verurteilt. Zur sog. Alternätivbegutachtung Nicht zuzustimmen ist der Auffassung, daß die Gerichte in solchen Fällen eine sog. Alternätivbegutachtung vom Sachverständigen fordern können. Dazu folgendes Beispiel: Ein leicht Schwachsinniger hatte versucht, seine vier Kinder und sich selbst durch eine Brandstiftung in seinem eigenen Haus zu töten. Die Motivation lag weitgehend darin, daß der Angeklagte seine Frau liebte, diese ihn aber ständig betrog und ihn beschuldigte, er habe sie in maskierter Form auf der Straße überfallen. Der Gutachter sah auf Grund der geringen Entscheidungsfähigkeit des Schwachsinnigen in einer erheblichen Konfliktsituation die Voraussetzungen des § 16 StGB als erfüllt an. Das Gericht hielt eine Altemativbeurteilung für notwendig, in der der Gutachter darlegen sollte, ob für den Fall, daß das Gericht die Konfliktsituation bereits durch die Anwendung des § 113 StGB berücksichtigt, die Tatsache des Schwachsinns für sich allein die Anwendung des § 16 StGB recht-fertigen könnte. Durch eine solche Betrachtungsweise wird aber ein einheitlicher Lebensvorgang auseinandergerissen, Persönlichkeit und Tatsituation werden voneinander getrennt, und vom Gutachter wird gefordert, die Zurechnungsfähigkeit nicht als tatbezogene Einschränkung der Entscheidungsfähigkeit, sondern gewissermaßen als statische Größe unabhängig von Anlaß, Motiv und Tatsituation zu beurteilen. Eine solche Auffassung ist u. E. abzulehnen. Wenn der Täter als Schwachsinniger in einer Konfliktsituation zur Zeit der Tat in seiner Entscheidungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war, so kann diese Tatsache nicht dadurch aus der Welt geschafft werden, daß die Konfliktlage als psychische Zwangslage beurteilt und neben anderen Tatbestandsvoraussetzungen zur Anwendung des § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB führt. In diesem Fall sind § 113 (oder ggf. § 14) und § 16 StGB nebeneinander anzuwenden. Für den Gutachter folgt daraus, daß er sich entsprechend seiner Aufgabenstellung auf die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit konzentriert, die immer nur anhand der konkreten Tatumstände möglich ist. Die für solche sog. Altemativbeurteilungen angeführten Gründe der Gefahr einer doppelten Schuldminderung und Strafmilderung bestehen nicht, weil es sich bei den Anwendungsvoraussetzungen der §§ 113, 14 StGB einerseits und des § 16 StGB andererseits um unterschiedliche Faktoren handelt und weil die Anwendung des § 16 StGB nicht zu einer Strafmilderung zwingt bzw. das Ausmaß der Schuldminderung und Strafmilderung immer von der Gesamtheit der Tatumstände abhängig sein wird. Im Rahmen der zahlreichen hierfür maßgebenden Faktoren wird die Anwendung des § 16 StGB von Fall zu Fall eine unterschiedliche Wertigkeit haben. Die unterschiedliche Bewertung des Vorliegens einer verminderten Zurechnungsfähigkeit im Hinblick auf Schuldminderung und Strafmilderung gilt vor allem auch für die Alternative einer schwerwiegenden abnormen Entwicklung der Persönlichkeit mit Krankheitswert. Beurteilung abnormer Entwicklung bei asozialer Lebensweise Eine sehr differenzierte Beurteilung müssen vor allem auch die Fälle erfahren, in denen sich die abnorme Entwicklung in einer asozialen Lebensweise ausdrückt. Hier geht die Rechtsprechung auf der Grundlage der Entscheidungen des Obersten Gerichts bekanntlich davon aus, daß die Strafe gemildert werden kann, wenn die abnorme Entwicklung infolge asozialer Lebens- und Entwicklungsbedingungen im Elternhaus, Mangelmilieu (schwerer Fehlerziehung oder anderer Fehlleistungen der sozialen Umwelt) entstanden ist und der Täter auf GrUnd geringen Alters und infolge von psychopathologischen Bedingungen nicht mehr oder nur sehr schwer in der Lage war, diese Einflüsse zu überwinden. Dagegen kommt eine Schuldminderung und Strafmilderung nicht in Betracht, wenn diese abnorme Entwicklung mit Krankheitswert auf Asozialität beruht, die der eigenen Lebensauffassung des Täters entspricht, in die er sich mehr und mehr gleiten ließ, ohne die erforderlichen und möglichen Anstrengungen für eine geordnete Lebensführung und ein sozialgerechtes Verhalten zu unternehmen. Da sich der Sachverständige im Zusammenhang mit der Prüfung der psychischen Voraussetzungen strafrechtlicher Verantwortlichkeit gerade in diesen Fällen mit dem Lebensweg und der Persönlichkeit des Angeklagten befassen muß, ergeben sich aus seinen Darlegungen für die vom Gericht zu entscheidende Frage der eventuellen Schuld-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

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