Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 645

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 645 (NJ DDR 1974, S. 645); gativer Umwelteinflüsse und Intelligenzmängeln können sich bei erheblicher Ausprägung und ungünstiger Kombination im Zusammenwirken solche schuldmin-demden Aspekte ergeben, die auch bei schwerwiegenden Straftaten eine maßgebliche evtL sogar außergewöhnliche Strafmilderung rechtfertigen. Sie können für eine in Art und Höhe wesentlich geringere Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausschlaggebend sein. Wurde beispielsweise der Entwicklungsprozeß eines Jugendlichen so gestört, daß es zu erheblichen Selbstwertproblemen, zu Unselbständigkeit, größerer Beeinflußbarkeit, sozialen Kontakt- und Integrationsschwierigkeiten kam, und resultiert daraus die Beteiligung eines am Rande einer negativen Gruppe stehenden Jugendlichen an einer Straftat, um so eine ihm sonst versagte Anerkennung zu finden, oder unterlag er einem erheblichen Einfluß der anderen Täter, so kann dies eine maßgebliche Schuldminderung rechtfertigen. Zeigt sich indes, daß das Motiv der Beteiligten an einem gruppenweise begangenen Diebstahl durch ein ausgeprägtes Bestreben bestimmt war, sich im Schutz bzw. in der Anonymität der Gruppe zu bereichern, oder wurde die Tat raffiniert durchdacht begangen, so ergeben sich aus den vorstehend genannten Entwicklungsbesonderheiten keine Aspekte für eine Schuldminderung. In solchen Fällen lassen die Tatumstände eine negative Einstellung und Haltung zu den gesellschaftlichen Normen erkennen, die keinen schuldmindemden Bezug zu bestimmten Entwicklungsproblemen haben. Liegt bei einem Jugendlichen eine schwerwiegende abnorme Persönlichkeitsentwicklung vor, die zwar nicht die Voraussetzungen des § 16 StGB erfüllt, weil sie nicht krankheitswertig ist, sich jedoch erheblich entwicklungsbeeinträchtigend ausgewirkt hat, und lassen die Umstände der Tat diese Auswirkungen auch erkennen, so ist dies bei der Bewertung der Schuld in der jeweils gebotenen Weise schuldmindernd zu berücksichtigen. Die genannten, evtL schuldmindemd zu bewertenden Umstände aus den Entwicklungsbesonderheiten können sich im Tat- bzw. Entscheidungsverhalten zeigen, in noch unsicheren, wenig verarbeiteten Kenntnissen der dem Delikt zugrunde liegenden Regeln des gesellschaft- lichen Zusammenlebens, in wenig gefestigten Einstellungen sowie in ungenügend entwickelten und geschulten Fähigkeiten zur Selbstbestimmung und Steuerung des Verhaltens mit daraus resultierenden Verhaltensunsicherheiten, kindlich-naiven Motivationen und sozialen Wertungen sowie impulsiven, überschüssigen und ungezügelten Reaktionen. Zusammenfassung Die vorstehenden Darlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen : 1. Ob und in welchem Umfang entwicklungsbedingte Besonderheiten eine Schuldminderung rechtfertigen, hängt von der Ausprägung und dem Grad des Einflusses auf das Tatgeschehen ab. So können sie im Zusammenhang mit komplizierten Motivbedingungen, die aus einer Konfliktsituation erwachsen sind, einer Randstellung in der Gruppe bei erheblichem Einfluß der anderen Täter zur Tatbegehung oder anderen besonderen Tatumständen eine erhebliche Schuldminderung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Strafe nach Art und Höhe haben. Sie können ggf. ausschlaggebend für eine Strafe ohne Freiheitsentzug oder für eine wesentlich niedrigere Freiheitsstrafe sein, wobei die richtige Relation zur objektiven Tatschwere zu wahren ist. 2. Auch bei schweren Delikten sind die Entwicklungsbesonderheiten nach der Erheblichkeit ihres Tateinflusses zu bewerten, wobei der maßgebende Bezugspunkt für die Strafzumessung stets die Tatschwere ist. Bringt das Tatgeschehen indes eine erhebliche Gewalttätigkeit, sexuelle Hemmungslosigkeit oder egoistisches Bereicherungsstreben eines Jugendlichen zum Ausdruck oder beruht die Tat auf einer bewußten Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin, so kommt allgemeinen Besonderheiten des Jugendalters, z. B. einer noch vorhandenen Beeinflußbarkeit bzw. Unreife in der Gesamtpersönlichkeitsentwicklung, trotz eines entsprechenden Tatbezugs keine strafmildernde Bedeutung zu. 3. Die entwicklungsbedingten Besonderheiten sind stets in das richtige Verhältnis zu den objektiven und subjektiven Umständen der Tat zu setzen und in richtiger Relation zu diesen zu bewerten. Es ist zu prüfen, welche Umstände die Schwere der Straftat maßgeblich bestimmen und deshalb für die erforderliche Maßnahme strafrechtlicher Verantwortlichkeit ausschlaggebend sind. Dt. HEINZ HXJGOT, Direktor des Stadtgerichts von Groß-Berlin Zur Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Jugendstrafverfahren und zur Anordnung von Freizeitarbeiten Zur differenzierten Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Jugendstrafverfahren Die generelle Forderung nach Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens, die Beachtung der Einheit von Rationalität und Qualität als Voraussetzung wirksamer Rechtsprechung gilt auch und sogar in besonderem Maße für das Jugendstrafverfahren. Hier spielt die Effektivität der Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte an der Hauptverhandlung und bei der Verwirklichung von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit eine wesentliche Rolle. Das Gericht muß sich bereits im Eröffnungsverfahren Klarheit über die erzieherischen Notwendigkeiten verschaffen, die den Erziehungsprozeß des jugendlichen Straftäters sichern. Andernfalls ist die organisierte Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte ohne eigentliches Ziel; sie schlägt sich zwar in der Statistik, aber weniger im Erziehungsprozeß des Jugendlichen nieder. In Berlin wirken seit langem in 85 bis 90 Prozent aller Jugendstrafverfahren Kollektivvertreter mit. Es liegt auf der Hand, daß nicht in erster Linie um eine quantitative Ausweitung der Mitwirkung gerungen werden muß, sondern darum, das inhaltliche Ergebnis zu verbessern, die Anwesenheit gesellschaftlicher Kräfte in hohem Maße gesellschaftlich nützlich zu machen. Es ist uns bisher noch nicht genügend gelungen, die ständig wachsende Aktivität und Verantwortung, die die Jugend im gesellschaftlichen Leben zeigt, auch zur Lösung der Aufgaben des Jugendstrafverfahrens zu nutzen. Als Kollektivvertreter wirken fast ausnahmslos Bürger mit, die zwar in irgendeiner Weise mit dem jugendlichen Straftäter zu tun haben und auch in der Lage sind, ihn zu beurteilen, zu lenken und zu führen, die aber doch einer anderen Altersgruppe angehören als der Angeklagte. Es sind vornehmlich seine Lehrer, Lehrausbilder, Meister usw., nicht aber seine Alters- 645;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 645 (NJ DDR 1974, S. 645) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 645 (NJ DDR 1974, S. 645)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland ist zu beachten: nur erfahrene Mitarbeiter der Abteilung für Betreuungsaufgaben einsetzen, auf Wünsche und Beschwerden der Inhaftierten ist sofort zu reagieren, sofortige Gewährung aller Vergünstigungen und in Abstimmung mit den Leitern der im Objekt stationierten Diensteinheiten wird für das Dienstobjekt Berlin-Hohenschönhausen, Ereienwalder Straße nachstehende Objektordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung erlassen.

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