Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 246

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 246 (NJ DDR 1971, S. 246); Dagegen erfüllen die übrigen körperlichen Mißhandlungen des Angeklagten den Tatbestand der mehrfachen vorsätzlichen Körperverletzung nach § 115 Abs. 1 StGB. Das gilt sowohl für die Mißhandlungen, die nach dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs begangen wurden, als auch für die vorangegangenen, da § 115 Abs. 1 StGB gegenüber dem für diese Handlungen des Angeklagten in Frage kommenden § 223 b StGB (alt) das mildere Gesetz ist. Unberührt von den bisher erörterten Fragen bleibt auch seine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Freiheitsberaubung nach § 131 StGB bestehen. Richtig hat das Bezirksgericht die Erfüllung dieses Tatbestandes durch den Angeklagten auf die Zeit des Krankenhausaufenthalts der Mutter des Jungen und auf die Zeit von Januar 1969 an beschränkt, da das Tatbestandsmerkmal des „Einsperrens“ nur für diese Zeit erfüllt war. Dagegen läßt der Sachverhalt des Urteils nicht die Feststellung zu, daß der Angeklagte durch das Einsperren des Jungen den Tatbestand des §131 Abs. 2 StGB in der Alternative der Begehung der Freiheitsberaubung in einer die Menschenwürde besonders verletzenden Art und Weise erfüllt hat. Durch die Bestimmung des §131 StGB wird die persönliche Bewegungsfreiheit aller Bürger, einschließlich der Kinder und Jugendlichen, als elementare Voraussetzung ihrer gesellschaftlichen und persönlichen Ent-scheidungs- und Handlungsfreiheit vor ihre Menschenwürde verletzenden Angriffen- geschützt. Zweifellos ist das Einsperren des Jugendlichen in ein einziges Zimmer und der damit verbundenen Unmöglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung und der Aufnahme von Kontakten zu anderen Menschen als die Menschenwürde verletzendes Verhalten anzusehen. An die Voraussetzungen des § 131 Abs. 2 StGB, der in der zweiten Alternative eine die Menschenwürde besonders verletzende Art und Weise verlangt, sind jedoch höhere Anforderungen zu stellen. Welche Maßstäbe hierfür gelten, läßt sich aus dem Vergleich mit den inhaltlichen Anforderungen der ersten Alternative des § 131 Abs. 1 StGB ableiten, wonach durch eine Freiheitsberaubung fahrlässig eine lebensgefährliche Gesundheitsbeschädigung, eine nachhaltige Störung wichtiger körperlicher Funktionen oder eine erhebliche oder dauernde Entstellung des Verletzten verursacht worden sein muß (§ 116 Abs. 1 StGB). Der im konkreten Fall mit dem Entzug von Literatur sowie aller Möglichkeiten einer Verbindung zu anderen Menschen und dem Schreiben einer Selbsteinschätzung verbundene Freiheitsentzug weist indessen nicht einen derartigen vergleichbaren Schweregrad auf, daß von einer die Menschenwürde besonders verletzenden Art und Weise ausgegangen werden kann, zumal sich der Junge immerhin noch in einem wohnlich eingerichteten Zimmer aufhalten mußte. Der Angeklagte hätte deshalb wegen dieser Handlung lediglich nach § 131 Abs. 1 StGB verurteilt werden dürfen. 2. Zur Angeklagten Ingeburg H.: Das Bezirksgericht hat das Verhalten der Angeklagten zunächst richtig als eine vorsätzliche fortwährende Vernachlässigung ihres Sohnes i. S. vom § 142 Abs. 1 Ziff. 1 StGB beurteilt. Die Vernachlässigung hat es zutreffend im Dulden der Mißhandlungen ihres Sohnes durch ihren Ehemann und im Einsperren in ein Zimmer der Wohnung gesehen. Die weitere Feststellung jedoch, daß als Folge der fortwährenden Vernachlässigung eine fahrlässig herbeigeführte schwere Schädigung des Jugendlichen i. S. von § 142 Abs. 2 StGB verursacht worden sei, ist nach den erhobenen Beweisen nicht begründet. Dem Bezirksgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß eine bei einem Kind oder Jugendlichen durch Vernachlässigung der Erziehungspflichten herbeigeführte schwere Milieuschädigung eine „schwere Schädigung“ i. S. von §142 Abs. 2 StGB darstellt. Nicht eindeutig geklärt, hat aber das Bezirksgericht, ob die vom sachverständigen Psychologen festgestellte schwere Milieuschädigung des Jugendlichen auf das strafrechtlich relevante Verhalten der Angeklagten zurückzuführen ist oder ob insoweit andere Umstände ursächlich waren. Eine umfassendere Klärung des Sachverhalts in dieser Richtung war schon deshalb erforderlich, weil der Psychologe in seinem Gutachten darauf hingewiesen hatte, daß bei dem Jugendlichen besondere Entwicklungsbedingungen bestanden hätten. Er sei väterlicherseits bereits vorgeschädigt, wobei psychopathologische Erscheinungen schon im Kindesalter festzustellen gewesen wären. Er habe ein auffallend labiles Leistungsvermögen, auch fehle es ihm an Ausdauer und Zielstrebigkeit, des weiteren sei er ausgesprochen sprunghaft in seinem Wesen. In der Gemeinschaft zeige er ein typisches Duckmäusertum, fehlende Offenheit, Drückebergerei, mangelnde Bereitschaft für die Übernahme von Aufgaben und ein geringes Verantwortungsbewußtsein. Er sei bindungsarm, habe keine inneren Beziehungen zur Gemeinschaft, sei anmaßend und habe ein übersteigertes Geltungsbedürfnis. Das habe sich bereits im Lehrlingswohnheim und auch später im Jugendwohnheim gezeigt, aber auch während der stationären Beobachtung beim Gutachter. Dieser zeigt in seinen Darlegungen weitere außerordentlich auffallende psychisch abartige Verhaltensweisen und Auffälligkeiten des Jugendlichen auf, die insgesamt betrachtet für das Bezirksgericht Veranlassung hätten sein müssen, sich bei der Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Angeklagten nicht lediglich auf das Gutachten des Psychologen zu stützen, sondern darüber hinaus noch einen Psychiater mit der Begutachtung zu betrauen. Das war um so notwendiger, als sich auch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme und aus dem Akteninhalt begründete Hinweise dafür ergeben, daß bei dem Jugendlichen hirnorganisch-neurologisch bedingte Veränderungen mit Krankheitswert im Persönlichkeitsbereich vorliegen. Überdies haben auch die Angeklagten auf eine solche Möglichkeit hingewiesen, weil bereits anläßlich einer psychiatrischen Untersuchung in der Universitätsklinik im Jahre 1964 eine hirnorganische Erkrankung bei dem Kind in Betracht gezogen wurde. Von der gutachtlichen Stellungnahme eines Psychiaters hängt aber entscheidend die Beantwortung der Frage ab, ob bei dem Jugendlichen ein Himschaden vorliegt und ob sich sein Fehlverhalten hieraus erklärt oder ob die Angeklagte für die schwere Schädigung des Jugendlichen nach § 142 Abs. 2 StGB verantwortlich gemacht werden kann. Das ist in der erneuten Verhandlung nachzuholen, wobei zur Beschleunigung des Verfahrens vom Bezirksgericht das von den Verteidigern der Angeklagten in Auftrag gegebene und vom Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie erstattete Gutachten als Beweismittel verwendet werden kann. In der Hauptver-handlung sollten, um evtl, auftretende Widersprüche exakt zu klären, beide Gutachter vernommen werden. Sollte die Beweisaufnahme ergeben, daß die Verhaltensstörungen des Jugendlichen die Folge einer frühkindlichen hirnorganischen Schädigung und nicht eine durch das Verhalten der Angeklagten herbeigeführte schwere Milieuschädigung ist, kann sie nicht nach § 142 Abs. 2 StGB verurteilt werden. Soweit die Angeklagte nach § 131 Abs. 2 StGB verurteilt worden ist, gelten die zu dieser Straftat bereits 246;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 246 (NJ DDR 1971, S. 246) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 246 (NJ DDR 1971, S. 246)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

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