Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 247

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 247 (NJ DDR 1971, S. 247); 'S bei dem Angeklagten Günther H. gemachten Ausführungen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß für die Angeklagte nur der Zeitraum von Januar 1969 an als strafrechtlich relevant gelten kann. Insoweit steht die Freiheitsberaubung in teilweiser Tateinheit mit Erziehungspflichtverletzungen, wobei die letzteren allerdings einen größeren Zeitraum umfassen. In diesem Zusammenhang ist noch auf folgendes hinzuweisen: Das Bezirksgericht hat bei der Angeklagten zwar den schweren Fall der Freiheitsberaubung (§ 131 Abs. 2 StGB) und den schweren Fall der Erziehungspflichtverletzung nach § 142 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 StGB festgestellt. Es hat sie aber, da es über §§ 14, 62 Abs. 1 StGB zur außergewöhnlichen Strafmilderung und damit zu einer Verurteilung auf Bewährung gekommen ist, nach den Grundtatbeständen der §§ 131 Abs. 1 und 142 Abs. 1 StGB verurteilt. Das ist fehlerhaft. Bei einer außergewöhnlichen Strafmilderung nach § 62 Abs. 1 und 2 StGB ist vielmehr im Gegensatz zu § 62 Abs. 3 StGB von der durch die Handlung verwirklichten Strafbestimmung auszugehen (vgl. dazu die Materialien der 22. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 19. März 1969, NJ 1969 S. 270). Aber auch die Schuldminderung nach § 14 StGB ist fehlerhaft. Das Bezirksgericht begründet seine Rechts-auffassüng damit, ulaß die Angeklagte sich entsprechend den in ihrer Person hegenden psychischen Besonderheiten bemüht habe, ihren Sohn zu schützen, andererseits sich aber auch nicht gegen ihren Ehemann hätte wenden wollen. Diese Hilflosigkeit und Unsicherheit und der sich daraus ergebende ausweglose schwere Konflikt müßten als außergewöhnliche Umstände i. S. von §14 StGB gewürdigt werden. Diese Auffassung ist nicht mit den Erfordernissen zu vereinbaren, die an die Anwendung des § 14 StGB zu stellen sind. Es müssen, soll die zweite Alternative des § 14 StGB gegeben sein, solche außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die die Entscheidungsfähigkeit des Täters in einem etwa adäquaten Maße beeinflußt haben wie ein unverschuldeter Affekt. Das trifft für den vorliegenden Fall nicht zu. Die Angeklagte ist nicht unverschuldet in eine solche Konfliktsituation geraten. Sie war nach dem Tode ihres ersten Ehemannes allein verantwortlich, dafür zu sorgen, daß ihr Sohn aus dieser Ehe allseitig gebildet zu einer sozialistischen Persönlichkeit heranwächst. Sie hätte volle Unterstützung durch staatliche und gesellschaftliche Organe erfahren, wenn sie sich an diese gewandt hätte, als ihr unter den Bedingungen der neuen Ehe durch das Verhalten ihres zweiten Ehemannes die Wahrnehmung ihrer elterlichen Pflichten erschwert wurde. Im übrigen widerspricht es auch der sozialistischen Moral, sich bei auf tretenden Spannungsverhältnissen zwischen dem neuen Ehegatten und Kindern aus erster Ehe unbegründet und zu Lasten der Kinder einseitig auf die Position des Ehemannes zu stellen. Deshalb war allein die Tatsache, daß sie ihrem Mann nicht widersprechen oder ihn nicht verlieren wollte wozu übrigens nach dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte vorliegen , entgegen der in dem beigezogenen psychiatrischen Gutachten enthaltenen Stellungnahme nicht ausreichend, die Schuld nach § 14 StGB zu mindern. Im übrigen ist die Frage, ob außergewöhnliche Umstände i. S. des § 14 StGB verschuldet oder unverschuldet herbeigeführt worden sind, allein vom Gericht zu entscheiden. Diese Umstände hätten allenfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt werden können. Das Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere die Feststellungen zur Milieuschädigung, wird auch für das Strafmaß des Angeklagten Günther H. von Bedeutung sein. Er kann zwar, weil er nicht Rechtspflichtiger i. S. * von § 142 StGB mit Ausnahme der Zeit des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau war, nicht nach dieser Vorschrift verurteilt werden. Wird aber eine Milieuschädigung festgestellt, die ihre Ursachen auch in den Mißhandlungen des Angeklagten hat, so wird das straferschwerend zu berücksichtigen sein. Anmerkung: Mit diesem Urteil hat das Oberste Gericht erstmalig auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Anwendung des § 142 StGB vom 21. Oktober 1970 (NJ-Beilage 6/70) über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Stiefeltemteils bei einer Kindesmißhandlung nach § 142 Abs. 1 Ziff. 2 StGB entschieden (vgl. Ziff. 2, 3. Ordnungsstrich des Beschlusses). Die in meinem Artikel „Zur Rechtsprechung auf dem Gebiet der vorsätzlichen Körperverletzungen (§§ 115 bis 117 StGB)“ in NJ 1971 S. 165 ff. (167) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bezirksgerichts Suhl vom 25. Juli 1968 2 BSB 63/68 vertretene anderslautende Rechtsauffassung, die zu dem damaligen Zeitpunkt noch umstritten war, ist damit gegenstandslos geworden. Der Stiefeltemteil kann im Falle der Mißhandlung eines Kindes seines Ehegatten nicht allein schon beim Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt wegen Verletzung von Erziehungspflichten nach § 142 StGB strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Audi die weitere Rechtsauffassung des Bezirksgerichts Suhl, wonach die strafrechtliche Verantwortlichkeit für einen Stiefeltemteil bei der Mißhandlung eines Kindes dann gegeben ist, wenn die Mißhandlung im Einvernehmen mit dem Erziehungsberechtigten erfolgt ist, steht im Widerspruch zur vorstehenden Entscheidung des Obersten Gerichts. Für einen Stiefeltemteil leitet sich eine Rechtspflicht i.S. von §142 StGB nur dann ab, wenn der andere Eltemteil aus gesellschaftlich zu rechtfertigenden Gründen qn der Wahrnehmung der Erziehungspflicht gegenüber seinen Kindern gehindert ist und dem Stiefeltemteil Erziehungsaufgaben übertragen hat. In allen anderen Fällen ist bei der Mißhandlung von Kindern durch Stiefeltemteile §115 Abs. 1 StGB zu prüfen. Dr. Johannes Schreiter, Richter am Obersten Gericht §§ 225, 113, 61 StGB; §§ 26, 27 Abs. 1 Ziff. 2 StPO. 1. Der Tatbestand der Unterlassung der Anzeige (§ 225 StGB) dient der Verhinderung bestimmter Verbrechen und Vergehen, dem Schutze des sozialistischen Staates und der durch die Straftat bedrohten Bürger und soll bei Erfüllung der Rechtspflicht zur Anzeige zu einer alsbaldigen staatlichen Maßnahme zur Verhinderung dür im Gesetz bezeichneten Straftaten führen. § 225 StGB begründet jedoch keine Rechtspflicht zur Anzeige, wenn die betreffende Straftat bereits beendet ist, denn der anzeigepflichtige Bürg muß vor Beendigung der Straftat von ihrem Vorhaben, ihrer Vorbereitung oder ihrer Ausführung glaubhaft Kenntnis erlangen. , 2. Das Recht zur Aussageverweigerung gemäß §§ 26, 27 Abs. 1 Ziff. 2 StPO besteht in keinem Stadium des Strafverfahrens, wenn der betreffende Bürger von einem in § 225 Abs. 1 StGB genannten Verbrechen oder Vergehen vor dessen Beendigung Kenntnis erhalten hatte. 3. Straftaten sind so lange nicht beendet, bis das kriminelle Geschehen nicht tatsächlich abgeschlossen ist. 247;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der sich aus aktuellen perspektivischen Sicherheitsbedürfnissen ergebenden Aufgaben und der dazu erforderlichen Qualifizierung der analytischen und vergleichenden Arbeit, das Erkennen und Bekämpfen solcher konkreter feindlicher Angriffe sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, die Regeln der Konspiration anwenden und einhalten. Allseitige Nutzung der operativen Basis in der Deutschen Demokratischen Republik und das Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit . Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Bearbeitung der feindlichen Zentren und anderen Objekte ist die allseitige Nutzung der starken und günstigen operativen Basis in der Deutschen Demokratischen Republik. Durch die Leiter der Diensteinheiten der Linie mit der Staatsanwaltschaft, den Gerichten und dem Mdl Verwaltung Strafvollzug zur Gewährleistung eines abgestimmten und Vorgehens zur Realisierung gemeinsamer Aufgaben unter besonderer Beachtung der Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung. Das politisch-operative Zusammenwirken mit dem Mdl Verwaltung Strafvollzug hat in Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie zu erfolgen. Der Rahmen des politisch-operativen Zusammenwirkens mit dem Staatsanwalt und den Gerichten wird durch die in der sozialistischen Rechtsordnung arbeitsteilig festgelegten spezifischen Aufgaben, Pflichten und Rechte in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen kameradschaftlich mit den Leitern der das Strafverfahren bearbeitenden Untersuchungsabteilungen zusammenzuarbeiten und die für das Strafverfahren notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.

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