Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 472

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 472 (NJ DDR 1969, S. 472); \ bahn beim Rin- oder Aussteigen an Haltestellen nicht behindert werden. Ein Vorbeifahren höchstens in Schrittgeschwindigkeit ist gemäß § 11 Abs. 2 StVO nur dann zulässig, wenn es ohne Gefährdung der ein-oder aussteigenden Fahrgäste möglich ist. Personen, die die Straßenbahn benutzen wollen, müssen diese auf dem Gehweg bzw. am äußersten Rande der Fahrbahn erwarten; sie dürfen die Fahrbahn erst dann betreten, wenn die Straßenbahn die Haltestelle erreicht hat (§25 £bs. 1 StVO). Schließlich ist noch §19 Abs. 2 Buchst, c StVO zu erwähnen, der es Fahrzeugführern verbietet, 15 m vor oder hinter Haltestellen der Straßenbahn zu halten bzw. zu parken. Insbesondere aus § 19 Abs. 2 StVO hat die Rechtsprechung den Begriff „Haltestellenbereich“ abgeleitet, der sich auf einen Abschnitt von 30 m Länge erstreckt und in dessen Mitte das Haltestellenschild steht. Der in § 25 Abs. 1 StVO verwendete Begriff „Haltestelle“ wird mit „Haltestellenbereich“ gleichgesetzt. Dies erscheint zwar im Hinblick auf den auch in § 11 Abs. 1 StVO verwendeten Terminus „Haltestelle“ etwas gezwungen, ist jedoch im Interesse des Verkehrsflusses und des Schutzes der Fahrgäste im Ergebnis rechtlich vertretbar. Die Regelungen der §§ 11 und 25 StVO gewährleisten sowohl eine erhöhte Sicherheit des Straßenbahnfahrgastes des im Straßenverkehr ohnehin „Schwächeren“ als auch die Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses. Beiden Aspekten würde insbesondere zu Verkehrsspitzenzeiten indes ungenügend Rechnung getragen, wollte man vom einsteigenden Fahrgast verlangen, daß er solange auf dem Gehsteig oder am äußersten Straßenrand stehenbleibt, bis die Straßenbahn hält. Das Bestreben, die Straßenbahn vor allem im Berufsverkehr schnell zu besteigen, ist verständlich; niemand möchte wegen Überfüllung der Bahn zurückgewiesen werden. Die meisten Kraftfahrer lassen es ohnehin nicht darauf ankommen, noch in letzter Sekunde vor dem Halten der Bahn an ihr vorbeizufahren, zumal mit einem unvermittelten Aussteigen von Fahrgästen zu rechnen ist. Wird dagegen dem Fahrgast erlaubt, die Fahrbahn schon zu betreten, sobald die Bahn in den Haltestellenbereich einfährt, dann wird es in vielen Fällen zu einem beschleunigten Einsteigen und damit zum kürzeren Halten der Bahn kommen. Die bislang genannten Bestimmungen der StVO reichen aber im Hinblick auf das mögliche Unfallgeschehen nicht aus, um in jedem Falle zur gerechten Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld eines Unfallbeteiligten gelangen zu können. Es ist daher zu prüfen, ob auch andere Bestimmungen über das Verhalten im Straßenverkehr, insbesondere die §§ 1 und 7 StVO, über die Pflichten, die sowohl den Fahrzeugführern als auch den Fußgängern bzw. den Fahrgästen der öffentlichen Verkehrsmittel an Haltestellen obliegen, Auskunft geben. In der Praxis zeichnen sich im wesentlichen drei Varianten verkehrswidrigen Verhaltens von Fahrzeugführern mit ungenügender Rücksichtnahme auf ein- oder aussteigende Fahrgäste an Straßenbahnhaltestellen ab: 1. Das verkehrswidrige Vorbeifahren an haltenden Straßenbahnen Fährt der Fahrzeugführer ohne anzuhalten oder in anderer Weise mit ungenügender Rücksichtnahme auf ein-oder aussteigende Fahrgäste an einer haltenden Straßenbahn vorbei, so liegt eindeutig ein Verstoß des Fahrzeugführers gegen § 11 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StVO vor. Ein derartiger Verstoß ist in jedem Fall eine Verletzung der in § 1 Abs. 1 und 2 StVO fixierten Grundregeln für das Verhalten im Straßenverkehr sowie der in § 7 Abs. 2 StVO enthaltenen Verpflichtung des Fahrzeugführers, seine Geschwindigkeit so einzurichten, daß er seinen sich aus den Grundregeln ergebenden Pflichten jederzeit nachkommen kann. Im Verhältnis zu diesen Bestimmungen ist §11 StVO die spezielle Regelung. \ Bei einem durch den Verstoß eines Kraftfahrers gegen § 11 StVO hervorgerufenen Unfall eines Straßenbahnfahrgastes taucht jedoch die Frage auf, ob dessen Verhalten Mitverschulden begründen kann. Gewiß hat er gegenüber dem Fahrzeugführer ein durch § 11 StVO gesichertes Vorrecht bei der Benutzung der Fahrbahn. Dieses Vorrecht befreit ihn aber u. E. nicht von jeglicher Vorsicht und Besonnenheit. Der Fahrgast muß sich wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auf die höheren Anforderungen des modernen, mit einer erheblich größeren und stetig zunehmenden Verkehrsdichte verbundenen Straßenverkehrs einstellen. Die von dem Fahrgast geforderte Vorsicht wird je nach den Gegebenheiten ein unterschiedliches Ausmaß haben. Beispielsweise werden an den Fahrgast, der nacheilend, sozusagen in letzter Sekunde vor Abfahrt der Straßenbahn, die Fahrbahn überquert, größere Forderungen zu stellen sein als an den, der sich in einer größeren Gruppe von Personen zur Straßenbahn begibt und dadurch womöglich in seiner Sicht behindert ist. Jedoch muß auch er ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit gegenüber dem Straßenverkehr aufbringen1. Daß der Fahrgast sein Vorrecht gegenüber dem von ihm als verkehrswidrig fahrend erkannten Fahrzeugführer nicht erzwingen darf, bedarf keiner besonderen Erläuterung. Andererseits darf der dem Fußgänger zugesicherte Schutz nicht durch überspitzte Anforderungen gegenstandslos gemacht werden. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn von dem aussteigenden Fahrgast generell verlangt würde, daß er sich vor Betreten der Fahrbahn vergewissern müsse, ob ein sich verkehrswidrig verhaltender Fahrzeugführer ihn gefährden könnte. Allerdings werden auch insoweit Ausnahmen zu beachten sein, z. B. wenn das Einsteigen bereits beendet ist und ein Fahrgast sich erst unmittelbar vor Abfahrt zum Aussteigen entschließt. Der in der Rechtsprechung entwickelte Vertrauensgrundsatz2, jeder Verkehrsteilnehmer dürfe darauf vertrauen, daß sich der andere verkehrsgerecht verhalten wird, bedarf also auch in bezug auf den ein- und aussteigenden Fahrgast einer differenzierten Anwendung. 2. Das verkehrswidrige Hineinfahren in den Haltestellenbereich Fährt ein Fahrzeugführer mit ungenügender Rücksichtnahme auf die die Fahrbahn betretenden Fahrgäste neben der Straßenbahn in den Haltestellenbereich hinein, so sind im wesentlichen grundsätzlich die gleichen Gesichtspunkte für die rechtliche Beurteilung wie im ersten Fall zu beachten. Besonderheiten ergeben sich jedoch aus folgender Überlegung: Wird die Interpretation des in § 25 StVO verwendeten Begriffs „Haltestelle“ mit „Haltestellenbereich“ unter Beachtung der tatsächlichen Gegebenheiten für richtig befunden, so resultieren daraus letzten Endes doch einige erhöhte Anforderungen sowohl an den Fahrzeugführer als auch an den Fahrgast. Der Fahrzeugführer muß sich früher darauf einstellen, daß die Straßenbahn halten wird. Er kann es nicht mehr darauf ankommen lassen, im letzten Moment an der noch fahrenden Straßenbahn vorbeizufahren und so 1 Vgl. hierzu Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 11. Juli 1960 - 217 S 153/60 - (NJ 1960 S. 627), in dem aus den angeführten Gesichtspunkten ein Mitvcrschulden des einsteigenden Fahrgastes festgestellt wurde. 2 zum Vertrauensgrundsatz, vgl. insbesondere OG. Urteil vom 24. Juni 1958 - 3 Zst V 4'58 - (NJ 1958 S. 679); OG, Urteil vom 16. April 1968 - 3 Zst 4 68 - (NJ 1968 S. 375) ; OG, Urteil vom 6. Mai 1968 - I Pr - 15 - 24/68 - (NJ 1968 S. 469); OG, Urteil vom 25. März 1969 - 3 Zst 5/69 - (NJ 1969 S. 313). 472;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 472 (NJ DDR 1969, S. 472) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 472 (NJ DDR 1969, S. 472)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen Strafverfolgung fehlt oder kein Ermittlungsverfahrenjnzuleiten und die Sache an ein gesellschaf lichssPrtgdW der Rechtspflege zu übergeben, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt, sondern ist häufig Bestandteil der vom Genossen Minister wiederholt geforderten differenzierten Rechtsanwendung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache . Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten Staatssicherheit , Die Organisation des Zusammenwirkens der operativen Diensteinheiten Staatssicherheit mit anderen Organen und Einrichtungen und der Zusammenarbeit mit den befreundeten Organen sowie der unmittelbaren Bekämpfung der Banden, ihrer Hintermänner und Inspiratoren im Operationsgebiet, durch die umfassende Nutzung der Möglichkeiten der und anderer Organe des sowie anderer Staats- und wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte für die Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge sein können, mit konkreten Vorschlägen für die weitere Bearbeitung an den zuständigen Leiter; die Führung der Übersicht über die Ergebnisse der zu gewährleisten und sind verantwortlich, daß beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen zum Anlegen Operativer Vorgänge getroffen werden. Die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge. Die Haupt- selbständigen Abteilungen haben darauf Einfluß zu nehmen und dazu beizutragen, daß Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung für die Durchsetzung der aggressiven Ziele des Imperialismus treffen, daß sie sich nicht auf eine Zuspitzung der Lage bis hin zu bewaffneten Auseinandersetzungen vorbereiten.

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