Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 538

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 538 (NJ DDR 1961, S. 538); ALFRED RECKZEH, Gruppenleiter bei der. Bezirksdirektion Potsdam der Deutschen Versicherungs-Anstalt Versicherungsschutz und grobe Fahrlässigkeit Im Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG vom 30. Mai 1903) wird unter § 6i zur Schadensversichcrung ausgeführt, daß der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall u. a. durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. In den meisten „Allgemeinen Versicherungsbedingungen“ zu den einzelnen Sachversicherungsarten wird dieser Leistungsausschluß sinngemäß wiederholt. Weder im VVG noch im BGB, das in. mehreren Bestimmungen ebenfalls die grobe Fahrlässigkeit nennt, wird der Begriff erläutert. In logischer Entwicklung der im § 276 BGB enthaltenen Defination für Fahrlässigkeit liegt grobe Fahrlässigkeit dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer acht gelassen wird- Bei der Bearbeitung von Schäden haben die Mitarbeiter der Deutschen Versicherungs-Anstalt (DVA) häufig zu entscheiden, ob der Schaden durch Fahrlässigkeit oder grobe Fahrlässigkeit verursacht worden ist. Wenn z. B. ein Versicherungsnehmer mit Hilfe eines brennenden Streichholzes naehschauen will, ob in einem Behälter noch Benzin ist, dann darf angenommen werden, daß grobe Fahrlässigkeit vorliegt, es sei denn, daß eine sehr niedrige Temperatur die Vergasung des Benzins ausschließt. In weniger eindeutigen Fällen werden die Mitarbeiter der DVA bei ihren Entscheidungen davon ausgehen müssen, ob jene Bestimmungen des vorsorglichen Brandschutzes eingehalten worden sind, die nach der Art der versicherten Objekte und nach den voraussetz-baren Kenntnissen der Versicherungsnehmer bekannt sein müßten. So wird z. B. von einem Bäcker, der in seinem Haushalt in einem offenen Topf Teer kochen will, weil er das Dach seines kleinen Holzschuppens damit instand setzen möchte, nicht verlangt werden, daß er die Sicherheitsvorschriften über den Umgang mit Teer kennt. Es wird auch nicht verlangt werden, daß jeder Versicherungsnehmer die Vorschriften der deutschen Elektrotechniker (VdE) kennt und alle Reparaturen an elektrischen Geräten nur vom Elektrofachmann durchführen läßt. Bei Schäden, die sich aus Unkenntnis dieser Art ergeben, entscheiden die Mitarbeiter der DVA auf Fahrlässigkeit und entschädigen sie. Vom bisherigen Standpunkt der Mitarbeiter der DVA sieht die Sache aber dann anders aus, wenn Schäden durch Verstöße gegen solche Bestimmungen des vorsorglichen Brandschutzes entstehen, auf die von den verschiedensten Seiten und an den verschiedensten Stellen immer wieder hingewiesen wurde und wird. Einige Beispiele dafür seien, daß elektrische Geräte, die unter Strom stehen, beaufsichtigt werden sollen bzw. daß sie beim Verlassen der Räume, in welchen sie sich befinden, ausgeschaltet werden müssen; oder, daß es verboten ist, offenes Licht in Stallungen, Schuppen und auf Hausböden zu verwenden oder in solchen Räumen zu rauchen; oder auch, daß es unstatthaft ist, Sicherungen zu flicken, durchgescheuerte elektrische Kabel zu verwenden u. a. m. Es kann kein Mensch mehr behaupten, von diesen Regeln nichts zu wissen. Wenn Schäden aus derartigen Ursachen entstehen, liegen besondere Verstöße gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vor, d. h. also grobe Fahrlässigkeit. Die DVA leistet in diesen Fällen im allgemeinen keinen Schadensersatz. Mit dieser, der Anschaulichkeit halber hier extrem dargestellten Einstellung, zwischen deren beiden Polen es in der Praxis Abstufungen gibt, geraten die Mitarbeiter der DVA aber häufig in ein Kreuzfeuer der Kritik. Zunächst einmal stellen die Versicherungsnehmer bei Ablehnungen die Frage, wozu sie denn überhaupt versichert seien. Die Juristen unterstützen sie darin häufig bei Rechtsauskünften und gehen oftmals so weit, zu behaupten, der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei auf alten, bürgerlichen Anschauungen gewachsen und sollte heute nicht mehr angewendet werden. Erhalten die Mitarbeiter der DVA von' anderer Seite etwa von der Feuerwehr, die an der Befolgung der Brandschutzbestimmungen mindestens genauso interessiert ist wie die DVA für ihre Entscheidungen Rückhalt, dann reißen schließlich unbestimmte Hinweise von Rechtswissenschaftlern auf die noch immer kapitalistische Reste enthaltenden Bedingungen' der Versicherung ihnen vollends den Boden weg. Solch einen Hinweis gibt z. B. Nathan in NJ 1960 S. 551, wenn er schreibt, „Bedenken . können fn.-E. etwa bei gewissen Versicherungsbedingungen bestehen, bei deren scinerzeitiger. Festlegung noch in allzu hohem Maße die Bedingungen kapitalistischer Versicherungsgesellschaften als Muster gedient haben“. Die Mitarbeiter der DVA verallgemeinern solche Hinweise natürlich auf alle Fälle, in denen sie eine von der allgemeinen Ansicht der DVA abweichende Stellung bezogen haben. Daß diese Verallgemeinerung, auf die Frage der groben Fahrlässigkeit bezogen, nicht unberechtigt ist, mögen drei Beispiele zeigen: 1. Durch Urteil des Kreisgerichts Zossen vom 21. August 1959 (4 S 158/59) wurde eine sechsmonatige bedingte Gefängnisstrafe wegen fahrlässiger Brandstiftung ausgesprochen. Im Urteil heißt es u. a.: „Das Verhalten der Angeklagten ist äußerst fahrlässig. Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß insbesondere durch Unachtsamkeit mit elektrischen Geräten Brände entstehen. Die Angeklagte hat die erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen. Sie hätte sich beim Verlassen ihrer Wohnung davon überzeugen müssen, ob das Bügeleisen ausgeschaltet ist. Ihre Eile kann sie nicht entschuldigen“. Die Verurteilte, die gleichzeitig Versicherungsnehmerin ist, wollte zu einem Betriebsfest, das außerhalb ihres Wohnortes stattfand, und bügelte aus diesem Anlaß ihr Kleid, kurz bevor ihr Omnibus fuhr. Sie vergaß dann, das Bügeleisen auszuschalten. Ihre fast volljährige Tochter merkte nichts und begab sich zur Nachbarin, wo sie den Abend bis zum Ausbruch des Brandes verbrachte. Es entstand ein Schaden von rund 10 000 DM am Hausrat der Versicherungsnehmerin und von ebenfalls rund 10 000 DM an den gemieteten Wohnräumen und am Gebäude. Die zuständige Kreisdirektion der DVA lehnte eine Leistung für den Schaden am Hausrat mit der Begründung ab, daß grobe Fahrlässigkeit vorliege. Rücksprachen mit Richtern und Staatsanwälten, die nach dem Einspruch der Geschädigten geführt wurden, ergaben aber, daß jene aus der Formulierung im Urteil, das Verhalten der Angeklagten sei äußerst fahrlässig gewesen, keine grobe Fahrlässigkeit ableiten wollten. Deshalb ließ die DVA den Einwand der groben Fahrlässigkeit nachträglich fallen und zahlte Entschädigung* ohne daß es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung gekommen ist. 2. Durch Urteil des Kreisgerichts Brandenburg vom 17. Januar 1961 (2 S 396/60) wurde eine viermonatige bedingte Gefängnisstrafe wegen fahrlässiger Brandstiftung verhängt. Im Urteil heißt es u. a.: „Die Angeklagte gesteht offen, grob fahrlässig gehandelt zu haben. 538;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 538 (NJ DDR 1961, S. 538) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 538 (NJ DDR 1961, S. 538)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Begehung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld und seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären ist,. somit alle diejenigen Momente der Persönlichkeit des Täters herauszuarbeiten sind, die über die Entwicklung des Beschuldigten zum Straftäter, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen unverzüglich zu melden sowie umfassend aufzuklären und zu überprüfen. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung jedes inoffiziellen Mitarbeiters imtrennbarer Bestandteil der Zusammenarbeit mit ihnen sein muß. Das muß auch heute, wenn wir über das Erreichen höherer Maßstäbe in der Arbeit mit den Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchfüurung der Untersuchungshaft ?r. Ordnungs- und Veraaltonsregeln für Verhaftete - Hausordnung - Wörterbuch der politisch-operativen Arbeit Geheime Verschlußsache - RataizicL.

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