Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 69

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 69 (NJ DDR 1958, S. 69); Äußerungen für einen der Zahl und Zusammensetzung nach unbestimmten, nicht durch besondere persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis gehört werden konnten. Diese Begriffsbestimmung ist jedoch nicht richtig. Sie entspricht nicht dem Inhalt des § 131 StGB, dessen Aufgabe es ist, die Einrichtungen und Anordnungen unseres Staates davor zu schützen, daß sie verächtlich gemacht und in den Schmutz getreten werden. Die bisherige Auslegung des Begriffs der Öffentlichkeit ist. in allzu starkem Maße kritiklos an die früher in Rechtsprechung und Kommentaren vorgenommene Beschreibung dieses Tatbestandsmerkmals angelehnt. Die meisten Kommentierungen des § 131 StGB gehen von dem Begriff der Öffentlichkeit aus, wie er in der Rechtsprechung zu § 110 StGB entwickelt worden ist. In diesem Straftatbestand ist aber das Wort „öffentlich“ mit den weiteren Worten „vor einer Menschenmenge“ verbunden. Schon dieser Hinweis zeigt, daß der Begriff der Öffentlichkeit in § 131 StGB ein anderer sein muß, als der des § 110 StGB. Es ist deshalb erforderlich, unter Beachtung der Verschiedenartigkeit des in verschiedenen Bestimmungen geschützten Objekts die bisherige Auslegung des § 131 StGB kritisch zu überprüfen. Für § 131 StGB als Voraussetzung seiner Anwendung zu verlangen, daß die Behauptung erdichteter oder entstellter Tatsachen vor einer größeren Menschenmenge geschehen müsse, geht weil über Inhalt und Zweck dieser Strafbestimmung hinaus. Es genügt hier vielmehr, daß die Möglichkeit der Kenntnisnahme der staatsverleumderischen Behauptungen durch einen unbestimmten Personenkreis besteht. Diese Möglichkeit kann auch dann gegeben sein, wenn der Täter erwartete, daß seine auch nur einer oder wenigen Personen gegenüber abgegebene Erklärung an einen unbestimmten Personenkreis weitergegeben werde. Das bedeutet, daß das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Behauptens unter den sonstigen Voraussetzungen selbst dann gegeben sein kann, wenn die verleumderische Äußerung auch nur einer Person gegenüber gemacht wird. Jedoch muß in diesem Falle der Täter wissen oder damit rechnen, daß diese Person die von ihm gemachten Äußerungen weitergeben wird. Neben diesen, die Zahl der Empfänger, denen gegenüber die staatsverleumderische Behauptung aufgestellt wird, betreffenden Momenten ist auch für die Feststellung des Merkmals der Öffentlichkeit die Wahl des Ortes mit den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Möglichkeiten des Mithörens' durch weitere Personen in Betracht zu ziehen. So wird die Öffentlichkeit dann zu bejahen sein, wenn es sich dabei um einen unbeschränkt zugänglichen Ort, wie z. B. Straßen, Hotels, Verkaufsstellen des staatlichen und privaten Handels, oder um Räume und Einrichtungen handelt, die ihrer Art oder Bestimmung nach öffentlichen Zwecken dienen, wie z. B. öffentliche Verkehrsmittel, Diensträume staatlicher Institutionen, Bibliotheken, Sportanlagen usw. Ausnahmsweise kann jedoch auch in diesen Fällen der Ort allein die Öffentlichkeit nicht begründen, wenn die Kenntnisnahme durch andere Personen im konkreten Fall objektiv unmöglich ist, z. B. wenn die Mitteilung auf einsamer Landstraße oder in einer geschlossenen Telefonzelle geschieht. Ausschließlich dem persönlichen Leben und Gebrauch dienende Räume, wie Privatwohnungen, scheiden aus dem Kreis der Örtlichkeiten, die für sich allein geeignet sind, die Öffentlichkeit zu begründen, aus. Die Voraussetzung der Öffentlichkeit ist aber auch dann gegeben, wenn in einer an sich nicht als öffentliche Örtlichkeit zu bezeichnenden Umgebung, wie privaten Wohnräumen, Werkstätten und dergleichen, die persönliche Atmosphäre durch den Charakter der betreffenden Äußerungen und der völlig unpersönlichen Beziehungen, in denen sich der Kundgebende und der Empfänger der Mitteilung gegenüberstehen, beseitigt ist. Es ist hierbei zu denken an fremde Personen wobei „fremd“ nicht gleichzusetzen ist mit „unbekannt“ , die in der Ausübung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit, aber auch z. B. aus persönlichen Geschäftsgründen in den privaten Räumen des Täters weilen und von diesem genötigt werden, sich staatsverleumderische Erklärungen anzuhören, und der Täter damit rechnet, daß diese Äußerungen weitergetragen werden. Aus welchen Gründen letzteres geschehen kann, ob aus Verantwortungslosigkeit, Klatschsucht oder Sensationslust, ist bedeutungslos, da es hierbei nur auf die Absicht des Täters ankommt, staatsverleumderische Erklärungen mit dem Erfolg abzugeben, daß sie in die Öffentlichkeit dringen. Das Merkmal der Öffentlichkeit ist dann nicht gegeben, wenn die Mitteilungen an einem Ort, der nicht als öffentlich i. S. der vorstehenden Ausführungen angesehen werden kann, gegenüber Personen gemacht wird, die zum Täter in einem Verhältnis der in § 46 StPO beschriebenen Art oder in Beziehungen von ähnlicher Vertrautheit stehen, wie das z. B. beim Verlobten der Fall ist. Der gleiche Maßstab ist grundsätzlich anzulegen bei Mitteilungen an Personen, die gern. § 47 StPO das Recht zur Aussageverweigerung haben, wenn ihnen gegenüber solche Behauptungen in ihrer Eigenschaft als Geistlicher, Rechtsanwalt, Arzt oder Abgeordneter erhoben werden. In allen diesen Fällen muß jedoch der Täter dafür Sorge getragen haben, daß seine Mitteilungen als nicht zur Weitergabe bestimmt erkennbar werden. Art. 6 der Verfassung. In der Ausnutzung kirchlicher Einrichtungen zu Wühlarbeit gegen den Arbeiter-und-Bauern-Staat liegt eine schwere Form der Boykotthetze. BG Leipzig, Urt. vom 28. November 1957 1 b Ks 370/57. Der Angeklagte Siegfried Schmutzler trat nach seinem Staatsexamen in den kirchlichen Dienst und war seit September 1954 dritter Pfarrer an der Peterskirche in Leipzig. .Von der Kirchenleitung hatte er den Auftrag, sich besonders um die christlichen Studenten der Universität Leipzig zu kümmern und sie seelsorgerisch zu betreuen. Aus diesem Grunde wurde er auch als Studentenpfarrer bezeichnet. Etwa 1952 erhielt der Angeklagte von der Kirchenleitung die Anweisung, sich als Pfarrer auch mit dem Marxismus-Leninismus zu beschäftigen. Er sollte selbst marxistische Literatur studieren, um zu lernen, „die Argumente der Marxisten zu widerlegen“. Außerdem war er beauftragt, bei den Bürgern, die Mitglieder der Kirche waren, „den Einfluß des Marxismus zurückzudrängen“. In diesem Entwicklungsprozeß erhielt der Angeklagte damals schon eine negative Einstellung zu unserem Staat. Im Jahre 1954 kam der Angeklagte mit den westdeutschen evangelischen Akademien in Verbindung. Durch die westdeutsche Studentengemeinde erhielt er Einladungen zu Lehrgängen und Vorträgen. Zunächst nahm er zur evangelischen Sozialakademie in Friedewald Verbindung auf. Dort besuchte er mehrere Vorträge und hielt sich dort auch mehrmals während seines Urlaubs auf. Die Leiter der Akademien, besonders die in Friedewald, sind Feinde unseres Staates. Ständig werden dort sog. antimarxistische Lehrgänge durchgeführt. Unter anderem halten solche Personen wie Kriegsminister Strauß, andere NATO-Offi-ziere und der Verräter Leonhardt an diesen Akademien Vorträge, was aus den Veröffentlichungen der westdeutschen Presse selbst hervorgeht. In allen Vorträgen bemüht man sich, die marxistische Weltanschauung zu widerlegen, wobei man zum Teil verfälschte marxistische Literatur verwendet und dabei die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik und in anderen sozialistischen Staaten verleumdet. An diesen Akademien wird Hetzmaterial ausgegeben, das von den Teilnehmern in die DDR eingeschleust wird. Der Angeklagte wurde durch seine Teilnahme an einem solchen Lehrgang an der Akademie Friedewald und an mehreren Vorträgen, sowie auf Grund der zahlreichen Gespräche mit leitenden Personen dieser Akademie immer mehr gegen unseren S*aat beeinflußt. Er wurde aufgefordert, Studenten der Universität Leipzig zu Vorträgen und Lehrgängen an diese Akademie zu entsenden und auch andere Pfarrer aus der DDR für den Besuch dieser Lehrgänge zu gewinnen. Tatsächlich hat der Angeklagte auch etwa 70 Studenten zu diesen Akademien geschickt, damit sie dort gegen unreren S'aat beeinflußt werden. Er war bemüht, immer wieder andere Studenten zu entsenden, damit ein großer Kreis von Personen von dem Gift des Antbolschewismus infiziert wurde. Er brachte seihst Abschriften von Hetzvorträgen und auch Hetzliteratur mit, welche er in Leipzig bei seinen Aussprachen und Ver- 69;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 69 (NJ DDR 1958, S. 69) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 69 (NJ DDR 1958, S. 69)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände der konkreten Eeindhandlungen und anderer politischoperativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Staatsfeindliche Hetze, staatsfeindliche Gruppenbildung und andere negative Gruppierungen und Konzentrationen sowie weitere bei der Bekämpfung von Untergrundtätigkeit zu beachtende Straftaten Terrorhandlungen Rowdytum und andere Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Angriffe gegen die Landesverteidigung Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Ergebnisse der Arbeit bei der Auf- klärung weiterer Personen und Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit des geben. Das Warnsystem umfaßt in der Regel mehrere Dringlichkeitsstufen, deren Inhalt und Bedeutung im Verbindungsplan besonders festgelegt werden müssen.

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