Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 283

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 283 (NJ DDR 1957, S. 283); treffen, um ihn am Verlassen des Grundstücks zu hindern. Sie konnte sich vielmehr darauf verlassen, daß das Tier, wie stets bisher, einer gegebenen Anordnung folgen und auf dem Hof Zurückbleiben würde. Dies um so mehr, als der Hund sich nicht allein überlassen blieb. Auf dem Hof war der nur um ein Jahr jüngere, 14 Jahre alte Bruder des Davongegangenen, der sich bisher mit dem Tier beschäftigt hatte. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht liegt somit nicht vor, und es war für die Angeklagte in keiner Weise voraussehbar, daß der Hund, ganz gegen sein bisheriges Verhalten, davon-laufen und jemanden, der sich außerhalb des Grundstücks befand, behindern würde. Noch weniger aber war für die Angeklagte voraussehbar, daß der Hund den Tod eines Verkehrsteilnehmers herbeiführen könnte. Eine derartige Annahme lag infolge der bisher gezeigten Fügsamkeit des Tieres völlig außerhalb aller Voraussicht, so daß die Angeklagte nicht mit der Verursachung eines Unfalls und schon gar nicht mit einem tödlichen rechnen konnte oder mußte. Sie hätte somit freigesprochen werden müssen. Dies hätte das Bezirksgericht bei der Prüfung des Urteils des Kreisgerichts erkennen müssen. Es hätte die Berufung der Angeklagten nicht als offensichtlich unbegründet verwerfen dürfen. § 231 StPO. Voraussetzungen des beschleunigten Verfahrens. OG, Urt. vom 5. März 1957 - 2 Zst III 18/57. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat mit der Verhandlung der Sache im beschleunigten Verfahren weder die für dieses Verfahren ergangenen ausdrücklichen Prozeßvorschriften (§§ 231 ff: StPO) noch die sich aus seiner Zweckbestimmung ergebenden allgemeinen Voraussetzungen beachtet. Der Zweck des beschleunigten Verfahrens besteht in erster Linie darin, durch eine möglichst kurzfristige, also der Tat auf dem Fuße folgende Ahndung einer strafbaren Handlung die angestrebte erzieherische und gegebenenfalls abschreckende Wirkung der Strafverfolgung und der gerichtlichen Bestrafung in kürzester Zeit zu erreichen. Die Dringlichkeit hierfür kann sich aus besonderen Verhältnissen unseres Gesellschaftsund Wirtschaftslebens ergeben. So könnten beispielsweise diese Voraussetzungen für eine Strafverhandlung gegen die Angeklagte im beschleunigten Verfahren gegeben gewesen sein, wenn sich Diebstahls- und Unterschlagungshandlungen der Angestellten der Z’er HO-Geschäfte gehäuft hätten. Eine Notwendigkeit für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens ist auch dann gegeben, wenn örtlich begrenzt eine größere Anzahl von Personen unter Ausnutzung einer bestimmten Situation gleichartige, wenn auch für sich allein nicht schwerwiegende Straftaten begehen, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik zu gefährden. Das kann der Fall sein beim ungesetzlichen Verbringen von Waren, z. B. von bestimmten Lebensmitteln zur Weihnachtszeit, aus der Deutschen Demokratischen Republik nach Westberlin. Das beschleunigte Verfahren ist auch dort geboten, wo der Täter und die Straftat einem größeren Personenkreis wie etwa der Belegschaft eines Betriebes bekannt sind und die Wirkung des Urteils aus diesem Grunde besonders nachhaltig sein wird, wenn die Bestrafung in kürzester Frist nach Tatbegehung erfolgt. Diese besondere Wirkung des beschleunigten Verfahrens darf aber nicht auf Kosten der Rechtssicherheit zu erzielen versucht werden. Im beschleunigten Verfahren sind die allgemeinen Vorschriften der Strafprozeßordnung für das Verfahren erster Instanz soweit sie nicht durch die Bestimmungen der §§ 231 bis 235 StPO ausdrücklich eine bestimmte abweichende Anwendung zulassen mit derselben Strenge wie im nicht beschleunigten Verfahren zu beachten. Das beschleunigte Verfahren ist kein summarisches Verfahren, in dem geringere Anforderungen an die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts gestellt und die Rechte des Angeklagten insbesondere die auf Gehör, auf Inanspruchnahme eines Verteidigers, auf Öffentlichkeit der Verhandlung eingeschränkt werden dürfen, auch ist es kein ausschließlich für Bagatellsachen vorgesehenes Verfahren. Dies ergibt sich eindeutig schon aus der Bestimmung des § 232 StPO, nach der im beschleunigten Verfahren u. a. auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr erkannt werden kann. Ein Strafverfahren, in dem der Angeklagte zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt werden kann, kann kein besonderes Verfahren für Bagatellsachen sein. Das beschleunigte Verfahren ist sonach eindenselben Rechtsgarantien unterworfenes Verfahren wie das nidit beschleunigte Verfahren. Die Möglichkeit der beschleunigten Durchführung liegt ausschließlich darin, daß die Einfachheit des Sachverhaltes, die Geständigkeit des Beschuldigten und die Möglichkeit der sofortigen Verhandlung die gewöhnlich gegebenen Schwierigkeiten und Hindernisse für die Wahrheitserforschung und rechtliche Würdigung weitgehend ausräumen. Die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren haben im gegebenen Fall nicht Vorgelegen. Zunächst war der Sachverhalt bei der Antragstellung auf Verhandlung im beschleunigten Verfahren noch völlig ungeklärt. Wie sich aus den Akten ergibt und im Kassationsantrag im einzelnen zutreffend vorgetragen worden ist, hatte die Angeklagte bisher mehrfach widersprechende Angaben über Tatzeiten und Höhe ihrer Geldentnähmen aus der Geschäftskasse gemacht. Auch war nach den Angaben der HO-Kreisgeschäfts-leitung über die Ergebnisse der Inventuren in der Geschäftsstelle, in der die Angeklagte tätig gewesen war, insbesondere unter Beachtung ihrer kostspieligen Anschaffungen, der Verdacht begründet, daß sie bedeutend größere Geldbeträge als zugestanden der Geschäftskasse entnommen hatte. Sonach konnte der Sachverhalt keineswegs als „einfach“ im Sinne des § 231 StPO angesehen werden, ebenso wie die Angeklagte nicht als „geständig“ gelten konnte. Als geständig kann ein Angeklagter nur dann angesehen werden, wenn seine Einlassungen auf die gegen ihn erhobene Beschuldigung mit den sonstigen im Ermittlungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen weitgehend übereinstimmen. Die Sache erforderte sonach offensichtlich zunächst eine weitere Aufklärung durch die Ermittlungsorgane. Das Kreisgericht hätte schon bei Stellung des Antrages des Kreisstaatsanwalts auf Verhandlung im beschleunigten Verfahren unter Hinweis auf die für dieses Verfahren bestehenden gesetzlichen Bestimmungen die Sache zur weiteren Ermittlung zurückgeben müssen (§ 174 StPO). Das Kreisgericht hat im übrigen auch nach Stellung des Antrages die Hauptverhandlung weder sofort durchgeführt noch mit kürzester Frist anberaumt, wozu es nach § 233 Abs. 1 StPO verpflichtet war. § 284 Abs. 1 StPO. Zu den Voraussetzungen für die Verwerfung einer Berufung durch Beschluß wegen offensichtlicher Unbegründetheit. OG, Urt. vom 1. März 1957 - 3 Zst V 3/57. Der Angeklagte war Zugführer eines Güterzuges. Während der Fahrt bemerkte er zweimal eine kleine Flamme am Packwagen. Jedesmal hielt er den Zug an und löschte die Flammen. Als die Flamme ein drittes Mal in Erscheinung trat, entschloß sich der Angeklagte, den Zug nicht anzuhalten, sondern in den nahen Bahnhof einfahren zu lassen. Dort sollte der Packwagen unter den Wasserkran gefahren werden. Das verzögerte sich kurze Zeit, da das fragliche Gleis wegen der Einfahrt eines anderen Zuges gesperrt war. Inzwischen breitete sich der Brand plötzlich aus. Der leere Packwagen brannte aus. Der Angeklagte wurde wegen Vergehens gegen § 1 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 WStVO zu 200 DM Geldstrafe verurteilt. Das Bezirksgericht hat die in vollem Umfange eingelegte Berufung durch Beschluß als offensichtlich unbegründet verworfen. Auf den Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts hat der 3. Strafsenat den Beschluß des Bezirksgerichts aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Aus den Gründen: Die im Zeitpunkt des Brandes geltenden Fahrdienstvorschriften der Deutschen Reichsbahn vom 1. November 1954 besagen in § 64: „Wenn während der Fahrt ein Wagen in Brand gerät, wird der Zug so schnell wie möglich zum Halten gebracht sodann ist zu versuchen, das Feuer an Ort und Stelle zu löschen oder wenigstens seine Ausbreitung zu hindern, sei es denn, der Zugführer hält die Bekämpfung des Brandes auf dem nächsten Bahnhof für zweckmäßiger“. Es bleibt 283;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 283 (NJ DDR 1957, S. 283) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 283 (NJ DDR 1957, S. 283)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Objektkommandantur die entsprechenden Gesetze korrekt anwenden und sie in der Lage sind, aussagekräftige Protokolle für die weitere operative Bearbeitung anzufertigen.

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