Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 751

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 751 (NJ DDR 1955, S. 751); gesucht. Dort wurden Anklagepolitik und Rechtsprechung zu den §§ 113, 185, 131, 330a StGB eingeschätzt; ferner war der Inhalt der Entscheidungen Gegenstand der Überprüfung. Gleichfalls gehörten Aussprachen mit Amtsleitern, K- und U-Leitern einiger Volkspolizeiämter (B) zur Tätigkeit der Kommission. Hier wurde vor allem auf die Ämter Wert gelegt, die in der Bekämpfung von Staatsverbrechen bisher wenig Erfolg zu verzeichnen hatten, um die Ursachen dieses Zustandes erforschen zu können. Schließlich waren Aussprachen mit den Leitern der zuständigen Abteilungen des Ministeriums für Staatssicherheit Inhalt der Kommissionstätigkeit. Für die Zeit bis zur Durchführung der Leipziger Konferenz muß es die vordringlichste Aufgabe der Kommission bleiben, durch Rücksprachen mit Funktionären in der Bezirks- und Kreisebene sowie durch Aussprachen mit Werktätigen in den Schwerpunktbetrieben der Industrie und Landwirtschaft einen Überblick über die Einschätzung unserer justizpolitischen Arbeit zu erhalten und die notwendigen Schlußfolgerungen zur Verbesserung der Arbeit im Bereich der Kommission I zu ziehen. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, daß alle Richter und Staatsanwälte im Bezirk ihre Arbeit entsprechend den Forderungen des 25. Plenums gestalten. Wenn nachfolgend einige der bisher festgestellten Mängel geschildert werden, so kann u. U. der Eindruck entstehen, es handle sich um längst bekannte „Binsenwahrheiten“. Jedoch hat unsere kritische Überprüfung dessen, was bisher zur Beseitigung dieser „Binsenwahrheiten“ unternommen wurde, völlig ungenügende Feststellungen ergeben. Es besteht die Gefahr, daß sich derartige Erscheinungen einbürgern, daß sie sich schließlich zu einem Hemmnis unserer Arbeit aus-wachsen. Gerade diesen Mängeln den Kampf anzusagen, wird deshalb nicht nur im Bezirk Karl-Marx-Stadt fruchtbare Auswirkungen mit sich bringen. In der Ermittlungstätigkeit der U-Organe die das Spiegelbild der Anleitung und Kontrolle durch ,die Staatsanwaltschaft ist zeigt sich als Schwerpunkt, daß die Erforschung der subjektiven Seite des Verbrechens vernachlässigt wird. Das kommt u. a. darin zum Ausdruck, daß Beurteilungen der Täter durch ihre Betriebe oder gesellschaftlichen Organisationen fehlen. Die Ermittlungen schließen nicht selten mit der bloßen Schilderung des Lebenslaufes durch den Täter selbst. Dieses Ergebnis wird in der Regel nicht überprüft. Werden noch Beurteilungen beigezogen, so zeichnen sich diese zumeist durch ihren formalen und für die Verhandlung nahezu wertlosen Charakter aus. Hieraus werden die übergeordneten Organe der Volkspolizei und der Staatssicherheit die Schlußfolgerung zu ziehen haben, künftig strenger als bisher auf diese Ermittlungen zu achten. Die Staatsanwaltschaft muß neben verstärkter Anleitung und Kontrolle in dieser Frage eventuell dazu übergehen, in jedem Fall eine genaue Nachermittlungsverfügung zu schreiben, deren Durchschrift an die Vorgesetzte Dienststelle der bearbeitenden Ämter bzw. an die Abteilung des Ministeriums für Staatssicherheit geschickt wird. Dadurch werden auch diese Dienststellen konkret auf Schwächen hingewiesen, ohne daß die Nachermittlungsfrist darunter leidet. Zum anderen erhöht diese Maßnahme den erzieherischen Wert derartiger Verfügungen. Es ist ferner notwendig, daß das U-Organ diejenige Stelle, von der die Beurteilung stammt, also den Abschnittsbevollmächtigten der VP, die BGL usw., auf die Bedeutung der geforderten Angaben hinweist, um auch dort die leider vorhandene Unterschätzung dieser Aufgabe, die in dem Formalismus der Beurteilungen ihren Ausdruck findet, zu überwinden. Zumindest im gleichen Maße nachteilig wirkt sich der Zustand aus, der bei einem überprüften Volkspolizeiamt (B) vorgefunden wurde. Die Leitung dieses Amtes war nicht in der Lage, auch nur annähernd genau die Kampfformen des Klassenfeindes in ihrem Dienstbereich zu schildern. Gleichermaßen konnten bestimmte Vorkommnisse in Schwerpunktbetrieben nicht in den richtigen Zusammenhängen beleuchtet werden. Daß demzufolge konkrete Kampfmaßnahmen gegen die Bestrebungen des Klassenfeindes in diesem Bereich nicht getroffen werden können, versteht sich am Rande. Ursächlich für diesen Zustand ist die mangel- hafte Verbindung dieses Organes mit den Werktätigen. Dies wird jedoch schon jahrelang kritisiert und hat zumindest in diesem Bereich keine Änderung erfahren. Im gleichen Bereich führen aber Posten der Abteilung S Klage über den „langweiligen Dienst“. Die Überlegung, inwieweit gerade diese Genossen eine wesentliche Reserve für die Erforschung der feindlichen Machenschaften in den Betrieben sein können, erscheint nicht abwegig. Regelmäßige Wochenberichte von diesen Angehörigen gäben mindestens eine Grundlage zur Festlegung einer Stoßrichtung. Ein prinzipieller Mangel, der sowohl für die U-Organe als auch für die Staatsanwaltschaft und Gerichte zutrifft, besteht in der Unkenntnis des konkreten Produktionsablaufes, der mit der Straftat im Zusammenhang steht. Dies macht sich in der Bearbeitung von Sabotage- und Diversionsverhandlungen besonder nachteilig bemerkbar. Daraus muß jeder Staatsanwalt und Richter erkennen, daß in der jetzigen Periode des Klassenkampfes ausschließlich politische und juristische Kenntnisse nicht mehr genügen. Teil der Vorbereitung auf die Verhandlungen müssen vielmehr auch fachliche Studien konkreter betrieblicher Verhältnisse und Arbeitsabläufe sein. Hierzu gibt der Artikel von Stiller „Die erzieherische Wirkung des Strafverfahrens“ (NJ 1955 S. 682 ff.) wertvolle Hinweise. Aus dieser Erkenntnis heraus ist für die Mitarbeiter des Bergbaustaatsanwalts noch im 1. Quartal 1956 eine Schulung durch Bergbauspezialisten vorgesehen. Diese Methode könnte zumindest für Bezirke mit Schwerpunktindu-striezweigen übernommen werden. Zur Frage der Vorbereitung der Verhandlung unci deren Durchführung ergaben die Untersuchungen der Kommission I des Bezirks Karl-Marx-Stadt ähnliche Schlußfolgerungen, wie sie Stiller in dem bereits erwähnten Artikel anführt. Auch für die Staatsanwaltschaft ist die Anfertigung schriftlicher Aufzeichnungen aus den Ermittlungsakten von großem Wert. Einmal gewinnt der Staatsanwalt bereits beim Durcharbeiten' der Akten ein Konspekt, das die Anfertigung der Anklageschrift wesentlich erleichtert. Weiterhin wird er während der Hauptverhandlung in die Lage versetzt, wirklich aktiv mitzuarbeiten und dem Gericht wertvolle Hinweise zu geben. Gleichzeitig schafft er sich mit diesen Aufzeichnungen eine allerdings nicht starr zu verwertende Grundlage für ein gutes Plädoyer. Wenn dann noch der Mangel vieler Schlußausführungen, daß sie nämlich nur ein politisches Referat sind, überwunden wird, dann kann davon gesprochen werden, daß einige Schritte zur Erhöhung des erzieherischen Wertes der Hauptverhandlung getan wurden. Gleichermaßen helfen die Aufzeichnungen dabei, die von einigen Richtern und Staatsanwälten praktizierte unnötig breite Verhandlungsführung, die die eigentlichen Schwerpunkte des Verfahrens verwischt und damit seinen erzieherischen Wert stark beeinträchtigt, zu überwinden. Vielfach war festzustellen, daß Staatsanwälte und Richter ihre rechtlichen Ausführungen recht knapp halten und zum großen Teil durch politische Ausführungen ersetzen, daß sie die Erkenntnisse unserer Strafrechtswissenschaft noch ungenügend in der Praxis verwerten. Demzufolge muß der in Dienstbesprechungen bei der Obersten Staatsanwaltschaft zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, daß wir nicht nur für die Prüfung, sondern in erster Linie für unsere praktische Arbeit studieren, lebendige Wirklichkeit werden. Nur so wird es unseren Staatsanwälten und Richtern gelingen, die häufig in Verhandlungen auftauchenden bürgerlichere „Rechtstheorien“ zu entlarven und auch in dieser Forms den Standpunkt der Werktätigen konsequent zu vertreten. Nur so wird es ihnen gelingen, die Strafanträge und Urteile allseitig überzeugend zu begründen. Unsere Analyse der bisherigen Arbeit im Bezirk Karl-Marx-Stadt beschäftigte sich auch eingehend mit der Aufklärungsarbeit gegenüber den Werktätigen. Wir stellten fest, daß bisher die Aufklärung über das Wesen der Abwerbung, über die Bedeutung und die Folgen der Republikflucht unterschätzt wurde. Nicht nur auf diesem Gebiet, sondern auch in der Aufklärungsarbeit „kleinerer Kriminalität“ wurden Fehler begangen. Es herrschte die Praxis, nur bedeutende Spionägeverfah- 751;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 751 (NJ DDR 1955, S. 751) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 751 (NJ DDR 1955, S. 751)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die Gesamt aufgabenstellung Staatssicherheit . Diese hohe Verantwortung der Linie ergibt sich insbesondere aus der im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens und aus der vor und während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen von feindlich-negativen Einstellungen und ihres Umschlagens in feindlich-negative Handlungen fanden ihren Niederschlag in Orientierungen des Leiters der Hauptabteilung für die Linie Untersuchung zur differenzierteren Aufklärung der Persönlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlih-keit und Gesetzlichkeit die Möglichkeit bietet, durch eine offensive Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen den Beschuldigten zu wahren Aussagen zu veranlassen.

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