Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 650

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 650 (NJ DDR 1955, S. 650); bei den Bezirks- und Kreisgerichten noch nicht. Vielen Urteilen dieser Gerichte fehlen jene Momente, die die Menschen aufrütteln, sie erbeben lassen von der Gefährlichkeit der begangenen Verbrechen und aufrufen zu verstärkter revolutionärer Wachsamkeit. Eine noch ernstere Situation besteht bei Verhandlungen in Zivilsachen. Von diesen Verhandlungen und ihren Ergebnissen nimmt die Bevölkerung kaum Kenntnis, obwohl auch das Zivilverfahren, d. h. die Entscheidung von zivilen Rechtsstreitigkeiten von größter Bedeutung ist. Wer könnte ernsthaft bestreiten, daß z. B. Fragen des Unterhalts für die Kinder oder für die geschiedene arbeitsunfähige Frau, Ehescheidungen oder Kindschaftssachen nicht von großer moralischer Bedeutung wären. Die Uninteressiertheit der Bevölkerung, der Presse, ja der Öffentlichkeit überhaupt an diesen Fragen zeigt, daß die alten Gewohnheiten und Auffassungen sehr zählebig sind. Man ist der Meinung, ein Zivilprozeß, das ist Bine Sache der streitenden Parteien, dieser Streit liegt in der privaten Sphäre und kümmert nur die Parteien etwas. Hier wird offensichtlich, daß die Begriffe vom gesellschaftlichen Zusammenleben noch nicht tief genug herausgearbeitet sind, denn es ist gar nicht ohne Bedeutung für die Gesellschaft, ob der Vater für die Kinder Unterhalt zahlt oder ob die gealterte geschiedene Frau das Gericht anrufen muß, damit der geschiedene Gatte seinen Verpflichtungen nachkommt. Hier werden Wege gefunden werden müssen, die es ermöglichen, eine größere gesellschaftliche Kontrolle auszuüben. Einige Gerichte haben bereits begonnen, in diesen Fragen neue Wege zu gehen, so z. B. dadurch, daß sie Versuche unternehmen, um durch die Einbeziehung gesellschaftlicher Institutionen ihrer Meinung nach noch zu erhaltende Ehen vor dem Zerfall zu bewahren. Einige uns bekannt gewordene Beispiele beweisen, daß in dieser Hinsicht gar nicht alles klar ist. Wenn z. B. eine BGL dem Richter schreibt: Ja, wir wissen von den unmoralischen Verfehlungen des X., aber er ist ein guter Arbeiter, so zeigt das nur, daß den aufgeworfenen Fragen erhöhte Beachtung geschenkt werden muß. Wir haben diese Fragen bewußt etwas breiter behandelt, weil wir der Meinung sind, daß es an der Zeit ist, mit der Diskussion zu beginnen. Doch können diese Ausführungen nur als ein erster Beitrag gewertet werden, sie erheben nicht den Anspruch auf Vollkommenheit. Abschließend noch einige Feststellungen: 1. Die etwas umfangreich gewordenen Ausführungen zu Fragen des Rechts und der Moral bzw. ihrer gegenseitigen Beziehungen und Wechselwirkungen sind ein Anfang einer notwendig gewordenen Diskussion, die weitergeführt werden muß. Dies kann und soll auch auf der Konferenz der Richter und Staatsanwälte geschehen, die im Dezember dieses Jahres stattfindet. 2. Der Zweck dieser Diskussion soll es sein, bestehende falsche Auffassungen zu zerschlagen, neue Erkenntnisse aber weiter zu entwickeln und zu verallgemeinern. 3. Diese weitere Diskussion aber soll nicht geführt werden in den Studierstuben und hinter den Mauern wissenschaftlicher Institute, sondern unter Einbeziehung der Werktätigen in den Betrieben, MTS, Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Verwaltungen, in den Parteiorganisationen und Betriebsgewerkschaftsleitungen. Die Werktätigen, die offenkundig in steigendem Maße aktiven Anteil an der Festigung des Staates der Arbeiter und Bauern nehmen, müssen alles wissen und deshalb muß man ihnen die notwendigen Kenntnisse vermitteln. Das ist aber absolut keine einseitige Angelegenheit, das ist ein fruchtbares zweiseitiges Verhältnis, denn so wie wir die Werktätigen lehren, können und müssen wir auch von den Werktätigen lernen. Die Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik III. Quartal 1955*) Von Prof. Dr. HANS NATHAN, Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Mitglied des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft Ihrer Zahl und Bedeutung nach standen im letzten Quartal die gesetzgeberischen Maßnahmen auf dem Gebiet der Jugendförderung, Volksbildung und Hochschulen, Kultur an der Spitze. An erster Stelle ist hier die Verordnung zum Schutze der Jugend vom 15. September 1955 (GBl. I S. 641) zu vermerken, deren juristisches Schwergewicht im strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bereich liegt. Ihr Ziel ist ausweislich der Präambel der Schutz der Jugend vor den Gefahren, mit denen sie die „durch Schund- und Schmutzerzeugnisse propagierte ,amerikanische Lebensweise1 “, die Existenz Westberliner Agentenzentralen und sonstiger krimineller Elemente ständig bedroht Inhaltlich lassen sich in der VO zwei verschiedene Komplexe klar unterscheiden: einmal die neuen Bestimmungen, die sich mit dem Verbot der Herstellung, Einführung und des Vertriebes von Schund- und Schmutzerzeugnissen sowie deren Femhaltung von Kindern und Jugendlichen befassen; zweitens die Bestimmungen, die den Alkoholverkauf an Jugendliche sowie den Besuch von Gast- und Vergnügungsstätten, Aufführungen und Schaustellungen durch Jugendliche betreffen, welche bisher durch Gesetze, Verordnungen und Polizeiverordnungen der Länder in ähnlicher Weise geregelt waren und nunmehr wegen des inneren Zusammenhangs mit dem ersten Komplex in die vorliegende VO aufgenommen und damit für das ganze Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik einheitlich gestaltet worden sind. Der Kampf gegen Schund und Schmutz wird nicht nur durch das grundsätzliche Verbot der Herstellung und Verbreitung dieser Erzeugnisse, sondern auch durch die Auferlegung weitgehen- *) Übersicht über das I. und n. Quartal in NJ 1955 S. 476 und S. 526. der Kontrollpflichten an die Erziehungspflichtigen geführt; diese haben dafür zu sorgen, „daß Kinder und Jugendliche Schund- und Schmutzerzeugnisse nicht in die Hand bekommen“ und sind ggf. verpflichtet, „ihnen diese abzunehmen“ und an die Deutsche Volkspolizei abzuliefern; regelmäßige Kontrollen werden vor allem für Schulen, Heime und entsprechende Einrichtungen vorgeschrieben (§ 3). Strafen bis zu zwei Jahren Gefängnis und Geldstrafen werden angedroht für das Herstellen, Verbreiten oder Einführen der genannten Erzeugnisse, ferner gegenüber Erziehungspflichtigen, die deren Besitz bei Kindern oder Jugendlichen dulden oder fördern, schließlich für die Gefährdung der Gesundheit Jugendlicher oder Kinder durch verbotenen Ausschank bzw. Nichtverhinderung des Ausschanks alkoholischer Getränke (§ 10). Daneben sind Ordnungsstrafen bis 500 DM vorgesehen insbesondere für die Verletzung der Beschränkungen des Besuchs von Gaststätten usw. durch Jugendliche, für Verletzung der oben genannten Kontrollpflichten und die Nichtablieferung der Kindern oder Jugendlichen abgenommenen Schund-und Schmutzerzeugnisse (§ 11). Gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 170 d StGB werden die neuen Straftatbestände als Spezialgesetz aufzufassen sein, so daß eine Idealkonkurrenz hier nicht in Frage kommt. Die VO enthält drei wichtige Begriffsbestimmungen: die Unterscheidung von Kindern und Jugendlichen, die sich mit den Altersgrenzen von 14 bzw. 18 Jahren (§ 2 Abs. 2) an den Vorgang des § 1 JGG anschließt; die Definition des Begriffs „Erziehungspflichtiger“ (§ 2 Abs. 1), die auch für die Auslegung des § 170 d StGB und des § 7 JGG nicht ohne Bedeutung bleiben wird, und schließlich die Bestimmung des Begriffs „Schund-und Schmutzerzeugnisse“ (§ 3 Abs. 2), an welcher bemerkenswert ist, daß darunter auch solche Schriften, Darstellungen und Gegenstände zu verstehen sind, „die 650;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Leiters der Diensteinheit sowie den dienstlichen Bestimmungen in Ungang den Inhaftierten, stellen jeden Mitarbeiter im operativen Vollzug vor die Aufgabe, einerseits die volle Gewährleistung der Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter sind im Staatssicherheit auch die gemeinsamen Festlegungen zwischen der Hauptabteilung und der Abteilung und zwischen dem Zentralen Medizinischen Dienst, der Hauptabteilung und der Hauptabteilung Kader und Schulung, Bereich Disziplinär bestimmt. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden die Möglichkeiten und Befugnisse des Bereiches Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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