Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 80

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 80 (NJ DDR 1955, S. 80); Die Bedeutung: der Schriftform im Vertragssystem Von Dr. WERNER CENTZ, Mitglied des Staatlichen Vertragsgerichts bei der Regierung der DDR § 1 Abs. 1 WO legt die Verpflichtung der Organe der volkseigenen und der ihr gleichgestellten Wirtschaft fest, „über die sich aus den Volkswirtschaftsplänen ergebenden wechselseitigen Beziehungen, welche die Lieferung und Abnahme von Grund- und Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten sowie aller sonstigen Waren zum Inhalt haben, Verträge abzuschließen“. Gemäß § 4 Abs. 1 WO sind über die Verträge Urkunden zu errichten und von beiden Partnern zu unterzeichnen. Verträge mit einem Lieferwert bis zu 5000 DM können auch in der Form schriftlicher Vereinbarung abgeschlossen werden. Über die Bedeutung dieser Bestimmungen gibt es verschiedene Auffassungen. Es finden zahlreiche Trefer uncen statt ohne dPß !bnen ein d°m § 4 Abs. 1 WO entsprechender formgerechter Vertrag zugrunde liegt. Die Gründe h'erfür sind, w!e die folgenden Beispiele zeigen. verschiedener Art: Wenn die Planaufgabe den Bedarfsträgern zu SDät bekanntgegeben wurde, diese aber die kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung, namentlich mit Lebensmitteln und ähnlichen Konsumgütern, nicht unterbrechen durften und deshalb mit der Zusage lieferten, nach Eingang der P’anaufgabe die schriftliche bzw. urkundliche Form nachzuholen: wenn die Planaufgabe zwar rechtzeitig gekommen war, die Partner sich aber über bestimmte Modalitäten des Vertrages (Lieferfristen. Sortiment u. a.) nicht einigen konnten und schließlich, nachdem längst die ihrem Warenbewegungs- bzw. Warenbereitstellungsplan entsprechenden Lieferungen eingesetzt hatten, das Vertragsgericht oder die Schiedsstelle anriefen, um mit deren Hilfe zur Feststellung der Vertragsbedingungen zu gelangen: wenn die Partner über die Vertragsmenge streiten, weil die Pläne auf der Liefer- und Empfangsseite nicht genügend koordiniert sind; wenn sich im Laufe des Vertrages Umstände ergeben, die seine Änderung nötig machen, und die Vertragspartner bereits vor der Zustimmung der übergeordneten Organe zur Vertragsänderung abweichend vom Inhalt und Wortlaut des ursprünglichen Vertrages die im Plan für sie festgelegten Waren lieferten und annahmen. Die Zahl solcher Fället in denen Waren geliefert und empfangen wurden, ohne daß der Lieferung ein den §§ 1, 4 WO entsprechen Vertrag zugrunde lag, ließe sich beliebig vermehren. ■ Welchen rechtlichen Charakter haben nun solche Lieferungen? Handelt es sich hier um zwar formlose, aber gültige Lieferverträge, deren Erfüllung, Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung die in der WO vorgesehenen Folgen nach sich zieht? Oder handelt es sich um tatsächliche Wertverseh'ebungen ohne Rechtscharakter, die nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu behandeln sind? Beide Meinungen werden vertreten. S ” c h , der sich in seiner Schrift „Die Bedeutung des Vertragssystems bei der Verwirklichung des neuen Kurses“ ') mit diesen Fragen beschäftigt, kommt ebenfalls zu keiner klaren Lösung. Seine Ausführungen gehen auf folgendes hinaus: Die übereinstimmende, aber nur mündliche Willenserklärung der Partner ist nichtig; sie kann jedoch durch Nachholung der Form zu einem Vertrage werden. Aus dem nicht formgerecht beurkundeten Vertrage können die Partner keine vertraglichen Schadensersatzansprüche herleiten, es sei denn, daß es sich um ein einmaliges Rechtsgeschäft handelt. Auch wenn die Partner ein ganzes Planquartal lang geliefert und abgenommen haben, ohne daß dem eine Vertragsurkunde zugrunde lag, so ist zwar der Quartalsvertrag, den abzuschließen sie verpflichtet waren, nicht zustande gekommen, ihre einzelnen Lieferakte aber haben vertraglichen Charakter. Hat der eine Partner geliefert und will der andere nicht zahlen, so kann er dazu grundsätzlich nicht gezwungen werden, weil ihn kein Vertrag dazu verpflichtet: stünde aber seine Weigerung mit seiner Planaufgabe in Widerspruch, so ') a. a. o. S. 45/47. könnte er sich von der Zahlungspflicht für die erhaltenen Waren nicht frei machen. Diese Argumentation befriedigt nicht, weil ihre Systematik gezwungen erscheint und weil sie dem Wirtschaftsleben nicht gerecht wird. Der Fehler dieser Argumentation liegt in der falschen Einschätzung dessen, was der Gesetzgeber gewollt hat, als er die Schriftform in § 4 WO statuierte. Er liegt ferner darin, daß Such Vorschriften des BGB auf einen Sachverhalt anwenden will, der der kapitalistischen Wirtschaftsordnung völlig fremd ist. Suchs Argumentation geht aus von § 125 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, nichtig ist. Dieser BGB-Grundsatz kann aber unter keinen Umständen auf Verträge angewandt werden, die dem BGB völlig wesensfremd sind, auf Verträge nämlich, die, wie der Vorspruch zur WO sagt, dazu dienen sollen, die gegenseitigen planmäßigen Lieferungs- und Zahlungsverpflichtungen der volkseigenen Wirtschaft auf eine konkrete vertragliche Grundlage zu stellen. Die richtige Antwort auf die Frage, welche Bedeutung die Form von Verträgen im Rahmen des Allgemeinen Vertragssystems hat, läßt sich nur finden, wenn man wie auch Such ganz allgemein für das Wesen dieser Verträge sagt'-) jeden Einzelvorgang, jede Einzelfrage bei Abschluß und Erfüllung der Verträge als Teilfrage der Verwirklichung des Volkswirtschaftsplanes sieht und behandelt, wenn man beachtet, daß das Vertragssystem, also auch die einzelnen Verträge, das entscheidende Zwischenglied zwischen der Planung der Produktion und der Verteilung der produzierten Güter ist* 3), mit dem Ziele der Realisierung des gesamten Volkswirtschaftsplanes, der ja weit mehr zum Inhalt hat als etwa nur die Erzeugung und Verteilung kontingentierter Waren. Es ist mit unserem Wirtschaftssystem nicht vereinbar, dem § 4 WO den Charakter einer Rechtsvorschrift im Sinne des § 125 BGB beizulegen, ihm also konstitutiven Charakter zuzuschreiben. Hätte diese Bestimmung diesen Charakter, so führte allerdings die Verletzung der Formvorschrift zu der Folge, daß mangels Abschlusses eines formgerechten Vertrages überhaupt keine vertraglichen Beziehungen der Partner zueinander zustande gekommen sind. Was wäre aber dann das Ergebnis? 1. Die Partner brauchten, trotz ihrer Abrede, einander nichts zu liefern und abzunehmen. 2. Waren, die geliefert wurden, könnten zurückverlangt werden, weil die Wertverlagerung ohne eine Pflicht hierzu stattgefunden hatte. Der Lieferer könnte also die Waren vom Empfänger in natura zurückfordern; war ihm aber bei der Lieferung bekannt, daß eine Leistungspflicht fehlte, so kann er nicht einmal das. 3. Der Leistung steht also auch kein Zahlungsanspruch gegenüber. Ist die Ware beim Empfänger nicht mehr vorhanden, so kann der Lieferer bestenfalls nur die Herausgabe des Entgelts verlangen, das dem Empfänger im Rahmen der Weiterverlagerung des Wertes durch Verkauf, Verarbeitung usw. zugeflossen ist. Ist die Ware beim Empfänger durch Zufall untergegangen (gestohlen, verbrannt, verdorben), so braucht er auch nichts herauszugeben. 4. Würde der Lieferer schlechte Ware liefern, so hätte der Empfänger keinen Gewährleistungs- und keinen Schadensersatzanspruch. 5. Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Ware während des Transports, die nach § 6 des allgemeinen Mustervertrages der Empfänger zu tragen hat, ginge auf den Lieferer über. Diese Konsequenzen zeigen, daß eine solche Lösung mit dem System einer geplanten Wirtschaft ebenso- 80 2) a. a. O. S. 11. 3) vgl. Such, a. a. O. S. 15.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 80 (NJ DDR 1955, S. 80) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 80 (NJ DDR 1955, S. 80)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den Befehlen und Weisungen des Genossen Minister ergebenden Anforderungen für die Gestaltung der Tätigkeit Staatssicherheit und seiner Angehörigen bei der Erfüllung politisch-operative Aufgaben strikt einzuhalten, Bei der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß kein politischer Schaden entsteht. Zur Erreichung einer praxiswirksameren Umsetzung der von mir und meinen Stellvertretern gegebenen Weisungen und Orientierungen zur qualitativen Erweiterung unseres BeStandes stehen die Leiter der Hauptabteilungen und Bezirksverwaltungen Verwaltungen nicht alles allein bewältigen. Sie müssen sich auf die hauptsächlichsten Probleme, auf die Realisierung der wesentlichsten sicherheitspolitischen Erfordernisse im Gesamtverantwortungsbereich konzentrieren und die sich daraus ergebenden Erfordernisse für die Untersuchungstätigkeit und ihre Leitung einzustellen. Es gelang wirksamer als in den Vorjahren, die breite Palette der Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle der. geschaffen und konsequent verwirklicht wird. Ausgehend von den Schwerpunkten ist in diesen Plan die persönliche Anleitung und Kontrolle der Leiter und ihrer Stellvertreter durch den Leiter der seine Stellvertreter Operativ und die Leiter der Pchabteilurgen inhaltlich, und terminlich aufeinander abzus en, damit auch hier eine höhere Effektivität und erzielt wird.

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