Neue Justiz 1954, Seite 671

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 671 (NJ DDR 1954, S. 671); am 10. November 1853 vorgenommene Zwischeninventur ergab einen. Überschuß von 1000 DM. Am 15. Januar 1954 wurde eine vorläufige Auswertung des Inventurergebnisses für den Monat November vorgenommen, die einen erheblichen Fehlbetrag aufwies. Auf Grund einer Überprüfung der gesamten zurückliegenden Zeit stellte die HO ein Manko in Höhe von 5462,59 DM fest. Nach Abzug eines von den Beklagten nachgewiesenen Betrages unterschrieben diese am 4. Februar 1953 eine Erklärung, die folgenden Wortlaut hat: „Wir, Frieda S., geb. B. und Walter S., wohnhaft , erkennen hiermit an, dem Betrieb der HO-Gaststätten einen Betrag von 4812,80 DM (in Worten: Viertausendachthundertzwölf DM 80/100) zu schulden.“ Da die Beklagten später die Zahlung verweigerten, erhob die HO gegen sie vor dem Arbeitsgericht eine auf Schuldanerkenntnis gestützte Klage und beantragte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4812,80 DM. Die Beklagten trugen zur Begründung ihres auf Abweisung der Klage gerichteten Antrages vor, daß sie durch Drohung mit Strafverfolgung zur Abgabe des Anerkenntnisses gezwungen worden seien. Das Manko sei nicht durch ihre, sondern durch Schuld der Klägerin entstanden, die die Warenlieferungen nicht so organisiert habe, daß den Beklagten eine Überprüfung in mengen- und qualitätsmäßiger Beziehung möglich gewesen wäre. Für ihr Vorbringen traten sie Beweis an. Das Arbeitsgericht von Groß-Berlin hat mit seiner Entscheidung vom 3. Juni 1953 der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß das Schuldanerkenntnis wirksam sei. Eine Anfechtung aus § 121 BGB sei nicht rechtzeitig erfolgt. Für eine solche aus § 123 BGB lägen die Voraussetzungen ebenfalls nicht vor, weil die Drohung mit einer Strafanzeige nicht widerrechtlich sei. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin, der die Wirksamkeit von Schuldanerkenntnissen im Arbeitsrecht angreift. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung eines Betrages von 4812,80 DM, der während der Tätigkeit der Beklagten bei der Klägerin als Manko entstanden ist. Ihren Anspruch stützt sie lediglich auf die. schriftlich abgegebene Erklärung der Beklagten vom 4. Februar 1953. Sie behauptet jedoch nicht, daß die Beklagten die Entstehung dieses Mankos schuldhaft verursacht haben. Die Ersatzpflicht eines Angestellten für Fehlbeträge tritt jedoch nur ein, wenn sein Verschulden an der Entstehung der Fehlbeträge vorliegt, wie das durch die ständige, auf konsequenter Anwendung des § 276 BGB beruhende Rechtsprechung des Obersten Gerichts (vgl. OG, Urteil vom 25. Mai 1954 1 Za 171/53 NJ 1954 S. 480) herausgestellt worden ist. Das Verschulden auf dem Gebiete des Arbeitsrechts liegt in der Verletzung der Arbeitsdisziplin, die alle Pflichten aus dem Arbeitsrechtsverhältnis durchdringt. Für Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin' ist der Beschäftigte materiell verantwortlich, wenn durch sein Verhalten ein Schaden verursacht worden ist. Aus dieser Verantwortlichkeit, aber auch nur aus dieser, hat er im jeweiligen Fall zu haften. Das bedeutet, daß derjenige, der einen Werktätigen wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin in Anspruch nehmen will, den Verstoß nachweisen muß. Eine Erklärung, durch die sich ein Werktätiger verpflichtet, wegen eines Mankos eine bestimmte Summe an ein Organ des gesellschaftlichen Handels zu zahlen, enthebt daher das Handelsorgan nicht der Verpflichtung, im einzelnen den Nachweis für die Verletzung der Arbeitsdisziplin zu führen, wenn der Inanspruchgenommene sein Pflichtversäumnis bestreitet. Wollte man solchen Einwendungen mit dem Hinweis auf die Abstraktheit der Erklärung des Werktätigen begegnen, so würde das, abgesehen davon, daß damit gegen das Verschuldensprinzip bei Schadensersatzforderungen im Arbeitsrecht verstoßen werden würde, zur Folge haben, daß in den Fällen, in denen heute am häufigsten solche Fehlbeträge auftreten ■ das ist im gesellschaftlichen Handel , die Mängel in der Organisation des Handelsapparates, die vor allem in schlechter Arbeitsorganisation, in unzulänglichen technischen Voraussetzungen und in unzulänglicher Kaderarbeit bestehen, verdeckt werden. Der gegenwärtige Entwicklungsstand unseres Handelsapparates erfordert jedoch, daß solche Mängel in kürzester Frist aufgedeckt und beseitigt werden. Der IV. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands hat es als außerordentlich vordringlich bezeichnet, „auf neue Art handeln zu lernen“. Deshalb liegt es im Interesse des Handelsapparates selbst, die Einwendungen der Werktätigen gegen ausgewiesene Manki sehr ernst zu nehmen, um den möglichen Fehlerquellen nachgehen zu können. Eine Recht- sprechung, die diese Möglichkeiten verschließt, würde ihre Funktion, nämlich der Basis zu dienen, nicht erfüllen. Liegt also eine Verpflichtungserklärung eines Beschäftigten zur Zahlung einer bestimmten Summe vor, so muß das Gericht prüfen, ob die Erklärung auch materiell begründet ist, d. h. ob der Beschäftigte den Schaden durch Verstoß gegen die Arbeitsdisziplin schuldhaft verursacht hat. Hätte das Arbeitsgericht von Groß-Berlin im vorliegenden Falle diese Gesichtspunkte berücksichtigt und entsprechend der ihm nach § 139 ZPO obliegenden Pflicht die Klägerin veranlaßt, ihr Vorbringen unter Angabe von Beweismitteln zu ergänzen, dann wäre es in der Lage gewesen, zu einer Entscheidung zu kommen, die der Sache selbst gerecht wird und die das Verständnis der Werktätigen auch dann findet, wenn sich nach eingehender Prüfung herausstellt, daß die Forderung zu Recht erhoben worden ist. Denn auch daran ist zu denken, daß eine Verurteilung lediglich auf Grund einer Verpflichtungserklärung obgleich der Beschäftigte ein Verschulden an der Entstehung des Mankos mit stichhaltigen Gründen bestreitet bei den Werktätigen die Vorstellung hervorrufen kann, daß das Gericht sich nicht mit ihren Angelegenheiten befaßt habe, daß es also nicht ihr Gericht sei. Aus diesen Gründen mußte das Urteil des Arbeitsgerichts von Groß-Berlin aufgehoben werden. Zur arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit eines Werktätigen für Werte, die ihm in Ausübung e’ner mit dem Arbeitsrechtsverhältnis zusammenhängenden gewerkschaftlichen Funktion anvertraut wurden. Bezirkarbeitsgericht Halle, Urt. vom 30. Juni 1954 BA 1/54. Der Beklagte Br. war vom 30. Januar 1951 bis 15. Februar 1953 bei dem Kläger als Bauarbeiter tätig. Wänrend der Betriebszueehöriakeit war er gewähltes Mitglied der AGL und übte die Funktion eines AGL-Vorsitzenden aus. Das Arbeitsrechtsverhältnis wurde von dem Beklagten selbst durch ordnungsgemäße Kündigung gelöst. Im Herbst 1951 hatte der Kläger vom FGDB Textilien zum Verkauf an die Belegschaft erhalten und die Kosten aus Betriebsmitteln verauslagt. Die BGL der Verwaltung des Klägers hat diesen- Verkauf durchgeführt. Die für die Belegschaftsangehörigen der Baustelle W. bestimmten Textilien waren dem Beklagten als AGL-Vorsitzenden zwecks Verteilung, Einziehung und Ablieferung der Einnahmen übergeben worden. Der Beklagte hat den Verkauf durch 4 Vertrauensleute (AGL-Vorsitzende von Nebenbaustellen) vornehmen lassen und mit diesen die Abrechnung getätigt. Den vereinnahmten Betrag hat er am 17. November 1951 dem Kollegen B. übergeben, mit dem Aufträge, das Geld bei der Sozialabteilung des Klägers in Bi. abzuliefern. B. ist auch am 17. November 1951 nach Bi. gefahren, hat Jedoch das Geld unterschlagen. Aus diesem Grunde ist B. strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und zu 11 Monaten Gefängnis und 300 DM Geldstrafe verurteilt worden. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von 745.25 DM in AnsoruCh. Er behauptet, daß der Beklagte haftbar sei, weil er gemäß 5 278 BGB das Verschulden derienigen Personen, deren er s:ch zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfange zu vertreten) habe wie ein eigenes Verschulden. zumal das Abrechnungsverfahren dem Beklagten zufolge ständiger Handhabung und Ausübung bestens bekannt ■gewesen sei. Das Kreisarbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 500 DM nebst 4% Zinsen seit dem 7. Juni 1952 verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet s-ch die von dem Beklagten form-und fristgerecht bei dem Bezirksarbeitsgerieht eingelegte Berufung. Aus den Gründen: Der Berufung mußte der volle Erfolg beschieden sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bezirksarbeitsgerichts kommt es für die Entscheidung der Frage der Erstattungspflicht von Werkfä+igen nicht immer auf schuldrechtliche, sondern in überwiegendem Maße auf arbeitsrechtliche Gesichtspunkte an. Wollte das Bezirksarbeitsgericht nur schuldrechtliche Gesichtspunkte zur Grundlage seiner Entscheidungen machen, dann müßte auf Grund der Bestimmung des § 276 BGB jeder Werktätige dem Betrieb für jedes Verschulden, d. h. auch für leichte Fahrlässigkeit, haftbar sein. Eine solche unbeschränkte Haftung würde jedoch den sozialen und demokratischen Grundsätzen unseres demokratischen Arbeitsrechts und des Arbeitslebens widersprechen, zumal auch dem besten und gewissenhaftesten Werktätigen Fehler unterlaufen können. Aus diesen Gründen gilt als Verschulden im arbeitsrechtlichen Sinne nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das haben weder der Kläger noch das Vordergericht richtig erkannt bzw. gewürdigt. 671;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 671 (NJ DDR 1954, S. 671) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 671 (NJ DDR 1954, S. 671)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie mit den Mitteln des Gesetzes zu beachten, daß die Gefahr nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Mitteilung an Staatssicherheit , sondern auch noch zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet geht übereinstimmend hervor, daß es trotz der seit dem zentralen Führungsseminar unternommenen Anstrengungen und erreichten Fortschritte nach wie vor ernste Mängel und Schwächen in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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