Neue Justiz 1954, Seite 672

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 672 (NJ DDR 1954, S. 672); Der Beklagte war bei dem Kläger als Bauarbeiter tätig. Zum Inhalt des Arbeitsrechtsverhältnisses gehörte weder der Verkauf noch die Vermittlung von Textilien und auch nicht der Einzug des Erlöses. Ein von dem Kläger in dieser Hinsicht erteilter individueller Auftrag war unstreitig nicht gegeben worden. Selbst dann, wenn der Kläger dem Beklagten einen solchen Auftrag gegeben hätte, würde ein solcher Auftrag den guten Sitten des Arbeitslebens widersprechen, weil einem einfachen Bauarbeiter eine materielle Verantwortlichkeit in bezug auf unbeschränkte Haftpflicht nicht zuzumuten ist. Wenn der Beklagte trotzdem die Vermittlung der Textilien von der Betriebsleitung Sozialabteilung -r- zu den anderen Arbeitskollegen der von dem Betriebssitz entfernt liegenden Baustellen sowie die Einkassierung und Ablieferung des Erlöses bisher übernommen hat, so erfolgte dies freiwillig im Interesse der Werktätigen selbst und auch im Interesse der Betriebsleitung, der an und für sich die Verteilung der Textilien auf Grund der Vorschläge der gewerkschaftlichen Aufschlüsselungskommission sowie der Verkauf der Textilien und die Einkassierung der Gelder oblag. Hierzu konnte sie sich der Bauleitung der jeweiligen Baustelle bedienen. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, war jedoch auf Grund einer Absprache zwischen BGL und Betriebsleitung eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß die BGL diese Aufgaben von sich aus übernommen hatte und dadurch zwischen diesen Partnern ein zweiseitiges Rechtsgeschäft begründet wurde. Dieses zweiseitige Rechtsgeschäft muß jedoch als nichtig im Sinne der Bestimmungen der §§ 134 und 138 BGB angesehen werden, da die Betriebsgewerkschaftsleitungen als gesetzliche Vertreter der Werktätigen des Betriebes nur diejenigen Aufgaben durchzuführen haben, die ihnen gemäß der Satzung des FDGB obliegen bzw. kraft gesetzlicher Bestimmungen übertragen worden sind. Aus diesen Gründen besteht der Einwand des Vertreters des Beklagten, daß der Beklagte auch in seiner Eigenschaft als AGL-Vorsitzender in keiner Weise für die Verteilung von Textilien und demzufolge auch nicht für die Einkassierung und Ablieferung der Gelder verantwortlich gemacht werden kann, durchaus zu Recht. Die in der Satzung des FDGB festgelegten Aufgaben lassen in keiner Weise erkennen, daß die BGL bzw. AGL die Verteilung von Textilien durchzuführen habe. Wenn der Kläger trotzdem eine solche Vereinbarung mit der BGL getroffen hat, so geht dies zu Lasten des Klägers. Um so unverständlicher ist es für das Berufungsgericht, daß der Kläger die Erstattungspflicht mit den Normen des BGB über den „Auftrag“ begründet. Erstens ist der Kläger nicht berechtigt und nicht befugt, der BGL oder der AGL einen solchen Auftrag zu erteilen, und zweitens ist einwandfrei erwiesen, daß ein solcher Auftrag von dem Kläger der BGL nicht gegeben worden ist, da der Kläger selbst stets von einer Vereinbarung auf Grund eines Wunsches der BGL gesprochen hat und der Kläger diesem Wunsche durch die Vereinbarung nachgekommen ist. Zusammenfassend ist also festzustellen, daß der Kläger weder dem Beklagten persönlich auf Grund des bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisses bzw. auf Grund des Verhältnisses als AGL-Vorsitzender noch der BGL einen Auftrag zur Verteilung der Textilien gegeben hat, so daß hieraus eine unbeschränkte materielle Verantwortlichkeit gegenüber dem Beklagten nicht hergeleitet werden kann. Das Gericht konnte nunmehr zur Überprüfung der nächsten strittigen Frage übergehen, und zwar, ob die BGL bzw. der BGL-Vorsitzende dem Beklagten einen Auftrag zur Verteilung der Textilien usw. gegeben hat, um daraus evtl, eine beschränkte Haftpflicht herleiten zu können. Der Zeuge S. welcher bis etwa 1950 AGL-Vorsitzender und von diesem Zeitpunkt an stellvertretender Vorsitzender der AGL war, sagte aus, daß in einer BGL-Sitzung beschlossen wurde, wie die Verteilung der Textilien, der Einzug und die Ablieferung des Erlöses durchgeführt werden sollte, und daß mit dem damaligen BGL-Vorsitzenden abgesprochen wurde, daß die Ware stets von der Sozialabteilung abzuholen sei. Der BGL-Vorsitzende hatte auch angeordnet, daß das Geld unmittelbar nach der Einkassierung ah den Betrieb Sozialabteilung abzuliefern sei. Ob von persönlicher Verantwortung gesprochen worden ist, konnte der Zeuge nicht behaupten. Weiter sagte der Zeuge S. wörtlich wie folgt aus: „ Als ich von meinem Posten zurücktreten mußte, bin ich mit dem Kollegen Br. in Bi. gewesen und habe ihm das Gröbste gesagt und übergeben. Ich habe den Kollegen Br. genau eingewiesen und ihm auch gesagt, daß auf der iSozialabteilung abzurechnen ist. Das war zwischen 1950 und 1951, als ich meine Dienstgeschäfte abgegeben hatte. Die Anweisungen wurden nur mündlich gegeben. Ich habe dem Kollegen Br. aber keine Anweisung in der Form gegeben, daß er das Geld persönlich an den Betrieb zu übergeben' hatte “ Abgesehen davon, daß auch die BGL in keiner Weise berechtigt oder befugt ist, einen solchen, den satzungsmäßigen Bestimmungen widersprechenden Auftrag zu erteilen, ist ebenfalls nicht erwiesen, daß die BGL oder der damalige BGL-Vorsitzende Sch. dem Beklagten einen solchen persönlichen Auftrag gegeben hat. Außerdem ist in keiner Weise erwiesen, daß die BGL die AGL-Vorsitzenden, geschweige denn den Beklagten, auf die materiell-rechtliche Verantwortlichkeit im Falle fahrlässiger Handlungsweise bei nicht persönlicher Ablieferung des Erlöses hingewiesen hat. Auch der Zeuge S. in seiner Eigenschaft als früherer AGL-Vorsitzender hat bei der Übergabe der Dienstgeschäfte an den Beklagten diesen nicht auf eine solche Handhabung hingewiesen. Daraus folgt, daß der Beklagte nicht wissen konnte, daß die Überbringung der vereinnahmten Gelder durch andere Arbeitskollegen unzulässig ist. Wenn nun der Beklagte aus der Erkenntnis heraus, daß der Arbeitskollege B. an dem genannten Tage sowieso nach Bi. fuhr und es im Sinne der Steigerung der Arbeitsproduktivität und damit der Selbstkostensenkung unzweckmäßig war, daß auch er der Arbeit fernblieb, dem Kollegen B. das Geld zwecks Überbringung an den Kläger übergeben hat, so kann ihn bei dieser Handlungsweise nur dann ein Verschulden treffen, wenn er die Auswahl eines für die Überbringung ungeeigneten Kollegen getroffen hat. Der Zeuge S. sagte aus, daß B. auf der Baustelle nicht nur das Vertrauen seiner Arbeitskollegen, sondern auch das der AGL bzw. des Beklagten genoß. Daß er vor seinem Dienstantritt bei dem Kläger bereits ähnliche Unterschlagungen begangen hatte, war dem Beklagten nicht bekannt. Dem Kläger mußte das aber bei der Einstellung bekannt gewesen sein, da B. vorher als Instrukteur und zuvor bei der Volkspolizei tätig gewesen war und bei der Einstellung stets die Frage gestellt wird, aus welchen Gründen er nun als Bauarbeiter gehen wolle. Aber selbst dann, wenn der Kläger über die Vergangenheit des B. bei der Einstellung nichts gewußt haben sollte, so liegt darin eine grobe Fahrlässigkeit auf seiten des Klägers, solche Ermittlungen nicht angestellt zu haben, um die BGL bzw. die AGL über den Charakter der Neueingestellten zu unterrichten, damit die Erziehung dieser Werktätigen zu vollwertigen Menschen am Arbeitsplatz erfolgen kann. Die einzelnen Werktätigen, insbesondere aber die gewerkschaftlichen Funktionäre, haben das Recht, von dem Betrieb zu erfahren, wie der Charakter der neu eingestellten Arbeitskollegen ist, zumal im arbeitsrechtlichen Leben die gesellschaftlichen Beziehungen der Werktätigen untereinander und insbesondere zu der Betriebs- bzw. Abteilungsgewerkschaftsleitung, als der gesetzlichen Vertretung der Werktätigen im Betrieb, besonders wichtig sind. Das Berufungsgericht ist nach all dem davon überzeugt, daß der Beklagte im guten Glauben handelte, als er dem Kollegen B. das Geld zur Überbringung an den Kläger übergab, zumal B. auf der Baustelle als vertrauenswürdig galt und außerdem nach Aussage des Zeugen S. auch an einer AGL-Sitzung teilgenommen hat. Zum anderen hatte auch der Zeuge S. laut eigener Aussage bereits am Vortage von dem Beklagten erfahren, daß B. das Geld nach Bi. mitnehmen sollte. S. hat aber nichts veranlaßt, um den Beklagten auf die Unzulässigkeit einer solchen Handlungsweise, sofern das bekannt gewesen wäre, hinzuweisen. Es ist deshalb weder eine vorsätzliche noch eine grob-fahrläSsige Handlungsweise des Beklagten erkennbar, 672;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 672 (NJ DDR 1954, S. 672) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 672 (NJ DDR 1954, S. 672)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter zu bestätigen. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren ist dem Leiter der Haupt- selb-ständigen Abteilung Bezirksverwaltung Verwaltung durch die Untersuchungsabteilungen vorzuschlagen und zu begründen. Angeordnet wird die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit der Forschung erarbeitete Verhaltensanalyse Verhafteter zu ausgewählten Problemen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit belegt in eindeutiger Weise, daß das Spektrum der Provokationen Verhafteter gegen Vollzugsmaßnahmen und gegen die Mitarbeiter der Linie deren Kontaktierung ausgerichtet, Sie erfolgen teilweise in Koordinierung mit dem Wirken feindlich-negativer Kräfte außerhalb der Untersuchungshaftanstalten. Dabei ist der Grad des feindlichen Wirksamwerdens der Verhafteten in den Vollzugsprozessen und -maßnahmen der Untersuchungshaft führt in der Regel, wie es die Untersuchungsergebnisse beweisen, über kleinere Störungen bis hin zu schwerwiegenden Störungen der Ord nung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt sowie ins- besondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbunden. Durch eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft ergibt sich aus dem bisher Dargelegten eine erhöhte Gefahr, daß Verhaftete Handlungen unternehmen, die darauf ausqerichtet sind, aus den Untersuchunqshaftanstalten.

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