Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1978, Seite 420

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 420 (NJ DDR 1978, S. 420); 420 Neue Justiz 10/78 wand dienen darf, sich völkerrechtlichen Pflichten zu entziehen. So allgemedngültig dieses Prinzip für jeden Staat ist das Grundgesetz der BRD hat, noch über Art. 25 hinausgehend, ausdrücklich die Verbindlichkeit jenes im Zusammenhang mit der Zerschlagung des Hitlerregimes entstandenen ius cogens verbrieft. Art. 139 des Grundgesetzes bestimmt: „Die zur ,Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ Die Anwendung innerstaatlicher Verjährungsrvorschrif-ten dient in der BRD jedoch gerade dazu, das mit Art. 139 des Grundgesetzes im Interesse der Verhinderung der Restauration und Rehabilitierung des Faschismus und seiner Verbrechen und damit zur Respektierung des völkerrechtlichen Aggressionsverbots ausdrücklich in das Verfassungsrecht der BRD aufgenommene ius cogens zu umgehen. Die Anwendung von Verjährungsbestimmungen verstößt mithin gegen zwingende Normen des Völkerrechts. Deren Allgemeinverbindlichkeit hat die BRD-Gesetzge-bung übrigens, soweit es sich um künftige analoge Verbrechen handelt, Rechnung getragen, wie § 78 Abs, 2 StGB der BRD zeigt, von dessen Nichtverjährbarkeitsregelung aber gerade jene faschistischen Völkermordverbrecben ausgenommen wurden, deren Verantwortliche noch heute in großer Zahl meist unbehelligt in der BRD leben. Die allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts verpflichten jedoch die Staaten generell und nicht nur partiell, so daß es keinem Staat freigestellt ist, die Bindung des ius cogens nur ln einem von ihm gewählten Rahmen zu respektieren. Mit einer derartigen Praxis wird zugleich die Strafhoheit anderer Staaten beeinträchtigt und werden jene Prozeßregeln brüskiert, die die o. g. völkerrechtlichen Quellen für 'derartige Strafverfahren enthalten. Deren grundlegendes Prinzip ist 'die in der Moskauer Erklärung von 1943 enthaltene Verpflichtung der Staaten, die Täter „bis an das äußerste Ende der Welt zu verfolgen“ und sie nach dem Primat des Tatortstaates den zuständigen Gerichten auszuliefern. Diese auch in Ziff. IV der Entschließung des X. Internationalen Strafrechtskongresses (Rom, 29. September bis 5. Oktober 1969)18 ausdrücklich anerkannte Auslieferungspflicht beinhaltet zugleich das Verbot der Asylgewährung und die Aufhebung des Prinzips der Nichtauslieferung eigener Staatsangehöriger für jenen Personenkreis, dem Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachgewiesen werden. Die territorial und temporal unbegrenzte Verfolgung dieses Personenkreises wird beeinträchtigt, wenn einzelne Staaten diese Verbrechen für verjährt und damit für nicht mehr verfolgbar erklären. Mit dem Elintritt der Verjährung würden diese Staaten Gefahr laufen, zu einem Asyl aller jener bisher nicht entdeckten Rechtsbrecher zu werden, die sich gegenwärtig noch irgendwo verborgen halten. Die Anwendung innerstaatlicher Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit reicht daher auch aus diesem Grunde weit über den derartige Pläne hegenden Staat hinaus und stellt eine Beeinträchtigung des völkerrechtlichen Universali-tätsprinzips bei der Verfolgung dieser Kriminalität dar. Betrachtet man 'die theoretische Begründung der eingangs erwähnten BRD-Verjährungspläne, so findet man freilich weder Hinweise auf das ius cogens noch auf die Beeinträchtigung der internationalen Zusammenarbeit bei der Verfolgung dieser Kriminalität. Demgegenüber ist das Verjährungsverlangen ausschließlich innerstaatlich motiviert. Dazu wird behauptet, die Unverjährbarkeit sei „deutschem Rechtsdenken“ fremd und widerspräche überdies dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 des BRD-Grundgesetzes.iS Obwohl sich wie bereits dargelegt kein Staat all- gemein anerkannten zwingenden Normen des Völkerrechts unter Hinweis auf innerstaatliches Recht entziehen darf, sollen beide Behauptungen hier geprüft werden, weil sie selbst in offiziellen BRD-Erklärungen Verwendung finden. So wurde im Bericht der BRD-Bundesregierung an den UN-Generalsekretär zur Frage der Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom 9. Juli 1970 erklärt: „Nach Ansicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland stellt die uneingeschränkte Nichtverjährbarkeit von Kriegsverbrechen rückwirkende Gesetzgebung und eine Verletzung des Prinzips nulla poena sine lege dar.“2*1 Zur Anwendung der Strafverfolgungsverjährung im imperialistischen Deutschland Untersuchen wir zunächst, ob die Unverjährbarkeit „deutschem Rechtsdenken“ fremd ist. Im deutschen Strafgesetzbuch von 1871 war die Verfolgungsverjährung in den §§ 66 ff. geregelt. Abgesehen davon, daß damals ohnehin unvorstellbar war, Verbrechen des hier erörterten Charakters und Ausmaßes könnten jahrzehntelang unverfolgt bleiben, ging das StGB übrigens auch in sämtlichen zwischen 1933 .und 1945 geltenden Fassungen von der zeitlich unbefristeten Verfolgung der Straftaten unter der Voraussetzung der Unterbrechung der Verjährungsfrist durch (beliebig wiederholbare) richterliche Handlung aus. Besondere rechtspolitische Bedeutung erlangte die Verjährung im Zusammenhang mit der Verfolgung von Kriegsverbrechen nach dem ersten Weltkrieg. Gemäß den Friedensverträgen von Versailles, St. Ger-main en Laye und Trianon2* waren Deutschland, Österreich und Ungarn zur Auslieferung aller jener Personen verpflichtet, „die angeklagt sind, eine Handlung gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges begangen zu haben“, und deren Aburteilung durch einen Internationalen Gerichtshof erfolgen sollte. Als die Weimarer Nationalversammlung mit dem erklärten Ziel der Hintertreibung dieser Auslieferungspflicht das Gesetz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Kriegsvergehen vom 18. Dezember 1919 (RGBl. S. 2113) verabschiedet hatte, bestimmte dessen Ergänzungsgesetz vom 24. März 1920 (RGBl. S. 341): „Die Gewährung von Straffreiheit, die Verjährung der Strafverfolgung und ein früheres Verfahren stehen einem Verfahren auf Grund des Gesetzes vom 18. Dezember 1919 nicht entgegen.“ Demzufolge hatte die Strafverfolgung von während des ersten Weltkrieges verübten Kriegsverbrechen unabhängig von ihrer Be- oder Verurteü-ung dm deutschen Kaiserreich zu erfolgen. Dem Verjährungseinwand wurde sogar dann jedes Gewicht versagt, wenn die Verjährungsfrist bei Erlaß des Gesetzes bereits verstrichen war. Selbst der Grundsatz „ne bis in idem“ (nicht zweimal in der gleichen Sache) stand einer erneuten Verurteilung nicht im Wege. Bekanntlich haben in der Weimarer Republik auf der Grundlage dieser Gesetze mehrere Strafverfahren vor dem 1. Strafsenat des Reichsgerichts stattgefunden.22 Die Unrichtigkeit der Behauptung, die Unverjährbarkeit von Straftaten sei „deutschem Rechtsdenken“ fremd, ist demnach offensichtlich. Der Einwand, die BRD-Rechts-ordnung kenne die Unverjährbarkeit nicht, kann ohnehin nicht ernsthaft erhoben werden, wie § 78 Abs. 2 StGB der BRD (Nichtverjährung der Verbrechen des Völkermordes) beweist. Zum Rückwirkungsverbot der Strafgesetze Breiten Raum nahm in der BRD lange Zeit die Berufung auf das in Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes formulierte Rückwirkungsverbot ein, das angeblich der unbefristeten Verfolgung von Kniegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit entgegenstehe, weil eine solche Ahn-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978. Die Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1978 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1978 auf Seite 556. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 (NJ DDR 1978, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1978, S. 1-556).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß die vom Betreffenden im Wiederholungsfall begangene gleiche Handlung in der Regel nicht anders als die vorangegangene bewertet werden kann. Die Realisierung der von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren sind die Anstrengungen zur weiteren Vervollkommnung der diesbezüglichen Leitungsprozesse vor allem zu konzentrieren auf die weitere Qualifizierung und feiet ivisrung der Untersuchungsplanung, der Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit unverzüglich einbezogen werden kann. Wird über die politisch-operative Nutzung des Verdächtigen entschieden, wird das strafprozessuale Prüfungsverfehren durch den entscheidungsbefugten Leiter mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege, hat das Untersuchungsorgan das Verfahren dem Staatsanwalt mit einem Schlußbericht, der das Ergebnis der Untersuchung zusammen faßt, zu übergeben.

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