Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 56

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 56 (NJ DDR 1971, S. 56); Der Angeklagte beging in einer Vielzahl von Fällen Zechprellereien. In 14 Fällen wurden die Speisen und Getränke von Servierkräften verabreicht. Diese erstatteten die vom Angeklagten nicht bezahlten Zech-beträge nach entsprechender Aufforderung den Inhabern bzw. Rechtsträgern der Gaststätten. Das ist in dem rechtskräftig gewordenen Strafurteil festgestellt worden, das das Kreisgericht gegen den Angeklagten erlassen hat und in dem gegen ihn auf Freiheitsstrafe und Verpflichtung zum Schadenersatz auch gegenüber den Servierkräften erkannt worden ist. Gegen diese Verurteilung zum Schadenersatz richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der DDR, der Erfolg hatte. Aus den Gründen: Durch die Zechprellerei des Angeklagten sind die Inhaber bzw. Rechtsträger- der Gaststätten geschädigt worden und wurden zu einem Schadenersatzanspruch gegen ihn berechtigt, den sie gemäß §§ 17 und 198 StPO im Strafverfahren gegen den Angeklagten geltend machen konnten. Nur sie wären zu dieser Geltendmachung ihrer Ansprüche im Strafverfahren berechtigt gewesen; denn das steht nur dem zu, der durch die Tat selbst geschädigt worden ist (vgl. StPO-Lehrkommentar, Berlin 1968, Anm. 2 zu §17; OG, Urteil vom 14. November 1969 5 Zst 10/69 NJ 1970 S. 83). Das Vermögen der Servierkraft wird zunächst durch die Hinterziehung der Zahlung als solche nicht vermindert. Das geschieht erst, wenn die Servierkraft dem Inhaber der Gastwirtschaft den hinterzogenen Betrag der Zeche ersetzt. Da diese Vermögensminderung also nicht durch die Tat selbst verursacht ist, sondern vielmehr zunächst nur die Ersatzforderung des Gaststätteninhabers gegen die Servierkraft herbeigeführt hat, die ihrerseits die Vermögensminderung der Servierkraft verursacht, kann diese ihre Ersatzforderung nicht im Strafverfahren geltend machen. Das hat der 5. Strafsenat in seinem Urteil vom 5. Juni 1970 5 Ust 29/70 (unveröffentlicht) bereits zutreffend ausgesprochen. Diese Auffassung stimmt übrigens sachlich mit der des StPO-Lehrkommentars (a. a. O.) überein,* daß nur der unmittelbar Geschädigte im Strafprozeß antragsberechtigt ist. Allerdings sollten die Bezeichnungen „unmittelbar Geschädigter“ und „mittelbar Geschädigter“ in diesem Zusammenhang nicht verwendet werden, zumal hieraus der Eindruck entstehen könnte, der mittelbar Geschädigte habe stets einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch, den er lediglich nicht im Strafverfahren geltend machen könne, was nicht zutrifft. Zivil-rechtlich wird als mittelbar geschädigt angesehen, wer durch die Auswirkung der Schädigung eines anderen mit geschädigt wird. Solche mittelbar Geschädigten haben nur dann Ersatzansprüche gegen den Schädiger, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist, z. B. nach § 844 BGB bei Tötung des unmittelbar Geschädigten für Ersatz der Bestattungskosten und Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen. Soweit in diesen Fällen ein Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger besteht, kann er auch im Strafprozeß geltend gemacht werden, insbesondere von den unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen eines Getöteten (vgl. das erwähnte in NJ 1970 S. 83 veröffentlichte Urteil). Unzulässig ist dies dagegen bei Ansprüchen, die erst durch eine Handlung eines anderen entstehen, insbesondere bei Rückgriff des durch eine vorsätzliche Straftat Geschädigten gegen den, der diese Tat durch seine Fahrlässigkeit ermöglicht oder erleichtert hat. Die Unzulässigkeit der Geltendmachung derartiger Ansprüche im Strafverfahren ergibt sich daraus, daß die Vermögensminderung bei diesen Geschädigten nicht durch die Straftat selbst, sondern erst durch den Rückgriff des Geschädigten entstanden ist und der Ersatzanspruch gegen den Straftäter erst durch die Abtretung der Ansprüche des zunächst Geschädigten auf den Ersatz Leistenden kraft Abtretungsvereinbarung (§ 255 BGB) oder in gewissen Fällen, z. B. auf dem Gebiet der Versicherung und Sozialversicherung, kraft gesetzlich angeordneten Forderungsübergangs beruht. Diese Rechtsbeziehungen zwischen dem zunächst Geschädigten und dem möglicherweise ersatzpflichtigen Dritten und dessen etwaige hierauf beruhende Vermögensminderung haben für die Strafbarkeit des Angeklagten keine und für die Strafzumessung keine wesentliche Bedeutung. Ihre Erörterung würde daher der Konzentration des Strafverfahrens entgegenstehen, seine Dauer verlängern und damit möglicherweise seine erzieherische Wirkung verringern. Infolgedessen können Bürger oder juristische Personen, die dem zunächst vom Angeklagten Geschädigten Ersatz geleistet und dadurch möglicherweise Ansprüche gegen den Angeklagten erworben haben, diese nicht im Strafverfahren nach §§ 17 und 198 StPO geltend machen (so auch StPO-Lehrkommentar, a. a. O.). Der die Voraussetzung eines Rückgriffs bildende Schadenersatzanspruch des durch eine Straftat Geschädigten gegen einen Dritten richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über materielle Verantwortlichkeit. Der Inhaber einer Gaststätte hat, wenn ein Gast die Bezahlung der Zeche unterläßt, nicht in jedem Falle einen Ersatzanspruch gegen die tätig gewesene Servierkraft. Dieser steht ihm vielmehr nur nach den Bestimmungen des Arbeitsrechts zu, also bei Verursachung des Schadens durch schuldhafte Verletzung von Arbeitspflichten durch die Servierkraft (§ 112 Abs. 2 GBA), mithin, wenn man von den seltenen und hier nicht in Betracht kommenden vorsätzlichen Schadenszufügungen absieht, bei einer die Zechprellerei ermöglichenden oder erleichternden Fahrlässigkeit. Diese liegt z. B. vor, wenn eine Weisung zum sofortigen Kassieren nicht befolgt wurde oder die Servierkraft unverhältnismäßig lange mit dem Kassieren wartete, wie dies am 11. Februar 1969 nach den Feststellungen des Kreisgerichtsurteils in der Gaststätte P. geschehen ist, die der Angeklagte gegen 7.30 Uhr betrat und in der er bis nachmittags zechte, bis er sie schließlich unbemerkt verließ, ohne etwas bezahlt zu haben. Leistet bei erwiesener Fahrlässigkeit, die den Schaden mit verursacht hat, die Servierkraft dem Inhaber der Gastwirtschaft auf dessen Verlangen Schadenersatz, so kann sie nach § 255 BGB Abtretung von dessen Schadenersatzansprüchen gegen den Zechpreller fordern. Eine solche mindestens stillschweigende Abtretung wird hier bei Leistung des Schadenersatzes durch die Servierkraft zu vermuten sein. Sie kann den abgetretenen Anspruch zwar nicht im Strafverfahren, wohl aber durch Erhebung einer Zivilklage geltend machen. Fällt dagegen der Servierkraft keine Fahrlässigkeit zur Last, so ist der Inhaber der Gastwirtschaft nicht berechtigt, von ihr Ersatz des vom Gast hinterzogenen Zechbetrages zu fordern. Tut er es gleichwohl, so hat er, wenn die Servierkraft seiner Forderung nachkommt, von einem bei ihm Beschäftigten eine ihm objektiv nicht zustehende Zahlung gefordert und erhalten. Derartige Leistungen sind zurückzugewähren, wodurch sein Schadenersatzanspruch gegen den Zechpreller (§ 823 Abs. 1 BGB) wieder auflebt. Das Strafurteil des Kreisgerichts hat also, soweit es den Angeklagten zum Schadenersatz verurteilt hat, die §§ 17 und 198 StPO durch unrichtige Anwendung verletzt. Infolgedessen war es auf den Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts- insoweit gemäß § 11 Abs. 1 ÄEG in Verbindung mit entsprechender Anwendung von § 564 ZPO aufzuheben. 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 56 (NJ DDR 1971, S. 56) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 56 (NJ DDR 1971, S. 56)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Losung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung hat zu sichern, daß der Verhaftete h-rend der Behandlung in der medizinischen Einrichtung unter Beachtung der jeweiligen Rsgimeverhätnisss lückenlos bewacht und gesichert wird. Er hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel nicht möglich. Ursächlich dafür ist die politische Lage. Die Organisa toreri und Inspiratoren sind vom Gegner als Symbolfiguren aufgebaut worden.

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