Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 239

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 239 (NJ DDR 1962, S. 239); Wie „Die Andere Zeitung“ vom 14. Dezember 1961 mitteilte, war das Auftreten von Frau Just-Dahlmann „eine demonstrative Flucht in die Öffentlichkeit“. Warum wohl eine „Flucht in die Öffentlichkeit“? Die Ludwigsburger Zentralstelle war von der Bonner Justiz vor etwa zwei Jahren zur Beruhigung der internationalen Öffentlichkeit geschaffen worden. Dort sollten nach dem Willen Bonns die blutbefleckten Kriegs- und Nazi verbrech er gewaschen werden, ohne ihnen den braunen Pelz naß zu machen. Diese Tatsache wurde auch vom Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle, Oberstaatsanwalt Schüle, ohne Abstriche zugegeben; er hatte das Auftreten von Frau Just-Dahlmann mit dem Bemerken „Es ist gut, wenn das einmal an die Öffentlichkeit kommt“9 ausdrücklich gebilligt. Während also Antifaschisten, Friedenskämpfer, Ätom-kriegsgegner verfolgt werden, genießen die Mörder von gestern den Schutz der westdeutschen Polizei und der Justiz. Es gibt Fälle,, in denen die antifaschistischen Widerstandskämpfer, die 1936 zu Zuchthaus verurteilt wurden, heute wegen ihres Eintretens für den Frieden vor den gleichen Nazirichtern stehen wie damals. Jawohl, Herr Generalstaatsanwalt Bauer, es ist höchste Zeit zum Widerstand gegen ein solches System und gegen eine solche Justiz! Wir Staatsanwälte der DDR appellieren deshalb an die Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen und an alle anständigen Juristen der Welt, sich mit den Materialien der Ludwigsburger Zentralstelle vertraut zu machen und Frau Just-Dahlmann und Oberstaatsanwalt Schüle zu hören. In diesen Materialien würde eine Untersuchungskommission z. B. mit dem „Erfinder der Vergasungsautos, der ganz genaue .Betriebsanweisungen gab“, bekannt werden, der „bis vor kurzem Leiter des Polizeidezernates in einem Länderministerium“ war10. Wenn die Untersuchungskommission Frau Dr. Just-Dahlmann hören würde, könnte sie erfahren, warum Frau Just-Dahlmann in Loccum die Forderung aufstellte, die von der Ludwigsburger Zentralstelle ausgehenden Verfahren von einer „ ,Sonderkriminalpolizei“, hauptsächlich aus jüngeren Polizisten und Staatsanwälten“ durchführen zu lassen, „weil die normale Kripo und die Staatsanwaltschaften mit Männern durchsetzt sind, die in die Untaten des Dritten Reiches verwickelt sind“11. Es ist in Westdeutschland auch schon hier und da ein Verfahren bis zu einem Gericht gelangt, wenn der Prozeß aus bestimmten Gründen nicht mehr zu umgehen war. In diesen Fällen wurden die blutbefleckten Mörder von ihren Komplicen mit „äußerster Milde behandelt, nur geringfügig bestraft und wieder auf freien Fuß gesetzt“12 Als auf der Loccumer Tagung der „Evangelischen Akademie“ Frau Just-Dahlmann in ihrer Verzweiflung den Direktor der Akademie, den Pastor B o 1 e w s k i, fragte, was man tun könne, „damit diese Dinge nicht wieder passieren“, trat dieser würdige Herr sonst um ein geistliches Wort nicht verlegen an das Rednerpult und erklärte bleichen Gesichts: „Ich möchte keine Antwort geben, ich könnte es auch nicht.“13 * Und der Generalbundesanwalt a. D. Dr. G ü d e konnte zum Bericht von Frau Just-Dahlmann nur erklären: „Ich habe die Misere in der (west)deutschen Polizei auf mich zukommen sehen“11. Sein eigenes Nest wollte Herr Güde wohl nicht beschmutzen, und so ging er um den braunen Justizsumpf herum, wie die Katze um den heißen Brei. 9 Die Andere Zeitung, Hamburg, vom 13. Dezember 1961. 13 Süddeutsche Zeitung vom 13. Dezember 1961. II Ebenda.- , ■ . 13 Die Andere Zeitung vom 13. Dezember 1961. . 13 Süddeutsche Zeitung vom 13. Dezember 1961. 11 Ebenda. Lediglich der Westberliner Rechtsanwalt Dr. R o n g e sprach auf seine Art aus, was ausgesprochen werden mußte. Er sagte, daß man mit Reden diese Probleme nicht lösen könne, „weil wir versuchen, mit Mitteln des Rechts eine 1945 unterbliebene Revolution nachzuholen““15. Sicherlich meinte Herr Dr. Ronge mit der „unterbliebenen Revolution“ die große Chance, die 1945 auch Westdeutschland hatte. Westdeutschland aber beschritt den alten unheilvollen militaristischen Weg, und die in Bonn herrschenden Kräfte bestehen offensichtlich darauf, diesen Weg bis zum bitteren Ende zu gehen. Deshalb muß ihnen die westdeutsche Bevölkerung in den Arm fallen, bevor es zu spät ist, und die ehrlichen Juristen müssen sie dabei unterstützen. Wir Juristen der DDR wenden uns an jene Gruppen von ehrlichen Juristen in Westdeutschland, die belehrt sind durch die Erkenntnis, daß die Politik der Führung der Adenauer-Partei eine antinationale Politik ist, die Westdeutschland in das Unglück führt. Wir appellieren an diese Juristen, gemeinsam mit den Anhängern des Friedens aus allen Schichten der Bevölkerung Westdeutschlands deren Freiheit zu verteidigen und den Kampf zu führen gegen die Hitler-Generale und -Offiziere, gegen die Mitarbeiter von Goebbels und Ribben-trop, gegen die Globlce und Oberländer und vor allem gegen die Blutrichter in der Justiz und die SS-Henker in der Polizei und im sog. Bundesverfassungsschutz. Die Zeit ist reif zur Lösung dieser Fragen, und das Nationale Dokument zeigt den Weg. Jetzt müssen die Anhänger des Friedens das Wort ergreifen und den Ultras den Kampf ansagen. Dafür gibt es auch bereits Beispiele. Man denke z. B. an die Tagung der „Katholischen Akademie“, die sich im Herbst des vergangenen Jahres mit der Problematik der Verfolgung von NS-Verbrechen befaßte. Auf dieser Tagung ist es zu einem ernsten Zusammenstoß zwischen liberalen Kreisen und den Ultras in der westdeutschen Justiz gekommen. Rechtsanwalt Kranzbühler, ein übler Faschist, versuchte dort die Nürnberger Prozesse zu erschüttern und strapazierte dabei das Churchill-Zitat, „daß über Schlachtfelder Gras wachse über Galgen aber nie“. Kranzbühler wollte damit „beweisen“, daß die Völker wohl über Millionen Tote des Krieges hinwegkommen, es aber falsch sei, den faschistischen Führern und Kriegsverbrechern, die für den Tod von Millionen verantwortlich sind, den Prozeß zu machen. Eine Reihe namhafter Juristen widersprachen dieser faschistischen „Theorie“, so z. B. Prof. Dr. Karl Bader, der nachwies, daß es im Westdeutschland an dem Bemühen gemangelt habe, die historische Schuld zu bewältigen“; die neuen Politiker hätten in dieser Richtung nicht viel Eifer gezeigt, und „nach 1945 sei das Interesse an der Verfolgung von Naziverbrechen ganz entschwunden“11’. Auch der Moraltheologe Prof. Hirschmann trat Kranzbühler entschieden entgegen, unterstrich „die Notwendigkeit, die Verbrechen von damals zu sühnen“, und nannte „die Nürnberger Prozesse Ansätze zur Verwirklichung eines Völkerrechts“17. Diese Beispiele sie könnten beliebig fortgesetzt werden beweisen, daß der Prozeß des Umdenkens in Gang gekommen ist. In der Vereinigung Demokratischer Juristen Deutschlands sollte gerade dieser Seite größtes Augenmerk gewidmet werden, denn das verpflichtet uns, manche Erscheinungen differenzierter zu betrachten. Das gilt sowohl für die propagandistische als auch für die Ägitati-onsarbeit. Es wäre falsch, den reaktionären, aggressiven Ebenda* „ Iß-SüddeutscÄie. Zeitung vom 23, November 1961. 17 Ebenda. 239;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 239 (NJ DDR 1962, S. 239) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 239 (NJ DDR 1962, S. 239)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher sowie aus der Berücksichtigung jugendtypischen Persönlichkeitseigenschaften ergeben, konsequent durchzusetzen. Stets sind die Dugendpolitik der Partei und die nächsten Aufgaben der Partei in der Innen- und Außenpolitik Dietz Verlag Berlin Breshnew, Sozialismus ist der Bannerträger des Friedens und des Fortschritts Grußansprache auf dem Parteitag der gestellten Klassenauft rages verlangt von den Angehörigen der Linie mit ihrer Untersuchungsarbeit in konsequenter Verwirklichung der Politik der Partei der Arbeiterklasse, insbesondere in strikter Durchsetzung des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem aus den in den Struktur- und Stellenplänen der Diensteinheiten und den Funktions- und Qualifikationsmerkmalen getroffenen Festlegungen unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Erfüllung abzuleiten.

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