Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 374

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 374 (NJ DDR 1961, S. 374); Über der Feststellung von. Zusammenhängen darf der exakte Nachweis der übrigen Tatsachen, die für die Begründung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit erforderlich sind, z. B. der objektiven Sc-tte der Straftat, einschließlich der Folgen und der Kausalität, der konkreten Schuldform Vorsatz oder Fahrlässigkeit usw., nicht vernachlässigt werden. Das ergibt sich schon aus der Aufgabe des Urteils, in erster Linie die Begründung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu geben. Besonders bei der Prüfung der subjektiven Seite der Straftat wäre oft eine größere Sorgfalt zum konkreten Beweis von Vorsatz oder Fahrlässigkeit und die Überwindung der oft zu beobachtenden stereotypen Formulierungen wünschenswert. ln den Gründen des Urteils ist die Erörterung solcher Rechtsfragen in den Mittelpunkt zu steilen, die tatsächlich in der konkreten Strafsache problematisch sind. Dagegen kann bei Fragen, deren Beantwortung sich von selbst versteht, eine weitergehende Begründung unterbleiben. Mit dieser Konzentration auf die politisch und rechtlich bedeutsamen Fragen der einzelnen Strafsachen begegnet das Gericht auch der Gefahr, dem Urteil einen formalistischen Ausdruck zu geben. Umgekehrt würde aber die Gefahr des Subjektivismus, oder und das ist in diesem Zusammenhang auch ein wichtiger Gesichtspunkt der Eindruck des Subjektivismus hervorgerufen, wenn problematische Fragen nicht ausdrücklich auf der Grundlage des Gesetzes beantwortet würden. Auf keinen Fall dürfen die rechtliche Beurteilung und die Qualifizierung der Straftat in ihrer Bedeutung für die erzieherische Wirkung des Urteils unterschätzt werden. Die Beurteilung einer Straftat als Staatsverbrechen ist für die Orientierung des Kampfes gegen feindliche Umtriebe°und für die Entwicklung der Wachsamkeit der Bürger von großer Bedeutung. Deshalb ist es auch nicht richtig, z. B. eine rowdyhafte Handlung als Staatsverbrechen zu qualifizieren, wenn die entsprechenden Voraussetzungen der Strafbarkeit als Staatsverbrechen nicht ausreichend bewiesen sind. Das Urteil muß die sozialistische Gesetzlichkeit überzeugend zum Ausdruck bringen. Die erkennbare Sorgfalt bei der Prüfung des gesetzlichen Tatbestandes ist für die strikte Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz wichtig, weil eben die allgemeingültigen und verbindlichen Grundsätze des sozialistischen Strafrechts auf die Spezifik des Einzelfalls anzuwenden sind. Auch deshalb ist es erforderlich, die Tatbestandsmäßigkeit durch Tatsachen zu beweisen und nicht nur durch die Wiederholung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale zu behaupten. Übrigens genügt es nicht, die Tatbestandsmäßigkeit nur durch Tatsachen zu beweisen, wenn allein durch den Nachweis von Tatsachen die Anwendung des Rechts noch nicht überzeugend und verständlich dargelegt ist. Wegen der Allgemeingültigkeit des Rechts kann es in Einzelfällen durchaus notwendig werden, die allgemeinen Kriterien für die Anwendung des Strafrechts und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen für die Entscheidung des Einzelfalls auf der Grundlage der Rechtswissenschaft darzulegen. Zur Begründung der Entscheidung solcher Fragen sind dann wissenschaftliche Ausführungen in verständlicher Form erforderlich, um eine bestimmte Problematik der sozialistischen Gesetzlichkeit überzeugend darlegen zu können und um auch den bloßen Eindruck subjektivistischer und willkürlicher Gesetzesinterpretationen von vornherein auszuschließen. Das bedeutet nun wiederum nicht, daß jede gesetzliche Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit mit der gleichen Ausführlichkeit dargelegt werden muß. Die Urteilsbegründung muß differenziert erfolgen. Schematismus und Oberflächlichkeit im Urteilsaufbau und in den Formulierungen sowie undifferenzierte Breite bei der Darlegung der einzelnen Fragen führen zu Langatmigkeit und Weitschweifigkeit, worunter die Überzeugungskraft des Urteils erheblich leidet. Schematische Urteile schenken bei der Begründung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit den Besonderheiten der einzelnen Strafsache nicht die erforderliche Beachtung. Das ist z. B. der Fall, wenn zur Begründung des § 4 Abs. 1 JGG und zum Nachweis der dort genannten Voraussetzungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Jugendlichen nur der Gesetzestext wiederholt wird. Solche schematischen Überlegungen, die in den Urteilsgründen ihren Ausdruck finden, können auch zu schematischen und undifferenzierten Entscheidungen führen. Der Schematismus ist häufig noch ein Grund für Oberflächlichkeiten in der Urteilsbegründung. So ist es z. B. notwendig, im Urteil die Gesellschaftsgefährlichkeit einer Straftat zu begründen und durch Fakten zu beweisen. Der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit kommt nicht real zum Ausdruck, wenn bei weniger gefährlichen Handlungen die Straftat ohne weitere Ausführungen als „äußerst verwerflich“ oder als „erheblich gesellschaftsgefährlich und sehr verwerflich“ eingeschätzt wird. Ist dagegen eine Straftat in höherem Maße gesellschaftsgefährlich, dann ist die Begründung im Urteil zumeist sachlicher und deswegen überzeugender. Die Begründung bei weniger gefährlichen Straftaten ist oft unbefriedigend, weil in- diesen Fällen verschiedentlich das Gericht eine reale Beurteilung durch allgemeine Redewendungen ersetzt, vielleicht manchmal aus einer Scheu heraus, auch im Urteil zu erklären, daß und warum die Straftat weniger gefährlich war. Bei der Abfassung der Urteile gibt es auch sonst in den Fi rmulierungen direkte Oberflächlichkeiten, so wenn zum Beweise einer nach Ansicht des Gerichts ungenügenden gesellschaftlichen Aktivität erklärt wird, der Angeklagte sei lediglich (!) im FDGB organisiert gewesen, oder wenn die Auseinandersetzung mit der Behauptung des Angeklagten damit abgetan wird, sie sei „dermaßen absurd, daß sich ein weiteres Eingehen darauf erübrigt“, oder wenn es heißt: „Wie schon ausgeführt, unterstellt das Gericht bedenkenlos, daß sie die Angeklagte auch die Strafbarkeit der Handlung kannte“; ganz abgesehen davon, daß die Kenntnis der Strafbarkeit gar keine Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bildet, so können doch keine Fakten, die für wesentlich gehalten werden, „bedenkenlos unterstellt“ werden. Auf der anderen Seite werden Mängel verschiedentlich nur festgestellt, ohne diese Feststellung mit einer an sich notwendigen kritischen Einschätzung zu verbinden, beispielsweise bei der Aufdeckung begünstigender Bedingungen. Ein Angeklagter, der schon einmal mit einer längeren Freiheitsstrafe vorbestraft war, hatte als Mitglied eines Schieberringes aus einem HO-Fachgeschäft mehrere optische Geräte in einem Gesamtwert von über 5000 DM gestohlen und nach West-Berlin verbracht. In dem Urteil wird lediglich gesagt: „Der Angeklagte hat sich mit dem in der Haft verdienten Geld von 2500 DM einem Schieberring angeschlossen“, ohne das mit der an sich notwendigen Feststellung zu verbinden, daß er damit die ihm durch den Strafvollzug gebotenen Möglichkeiten der Wiedereingliederung in unsere sozialistische Gesellschaft mißbraucht hat. In diesem Zusammenhang seien auch einige Bemerkungen zur Sprache des Urteils gestattet. Die Sprache des Urteils soll einfach, klar und anschaulich sein. Das Urteil soll den Hörer und Leser ansprechen, weil es sonst nicht überzeugt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, der Sprache im Urteil große Aufmerksamkeit zu schenken. Die hier aufgetretenen Mängel betreffen nicht nur Äußerlichkeiten, weil die sprachliche Ausdrucksform sehr wohl Rückschlüsse erlaubt, wie der Ver- 374;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 374 (NJ DDR 1961, S. 374) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 374 (NJ DDR 1961, S. 374)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung und die von der Sowjetunion und den anderen Warschauer Vertragsstaaten ausgehenden Friedensinitiativen in der internationalen Öffentlichkeit zu diskreditieren sowie unter Einschaltung der Einrichtungen und Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die zu diesem Bereich gehörende operativ interessante Personengruppe zu kennen und diese in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Verhinderung der Ausreise in sozialistische Länder; Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in Verbindung mit den entsprechenden Durchführungsbestimmungen. Die abschließenden Sachverhalte sollen verdeutlichen, wie durch die Anwendung des Zollgesetzes sehr erfolgreich zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung aller Versuche und Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten rechtzeitig zu planen und nachzuweisen. Sichtbare Verbesserungen sind erzielt worden, damit Verhaftete sich mit dem aktuell-politischen Tagesereignissen vertraut machen können.

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