Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 156

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 156 (NJ DDR 1961, S. 156); Diese Beratung der Konfliktkommission vermittelte einen Überblick über die Situation im Betrieb, gab Aufschluß über die Persönlichkeit des Rechtsverletzers und trug wesentlich zur richtigen Entscheidung der Staatsanwaltschaft bei, das Verfahren einzustellen. Zu der zweiten Beratung nach dem Abschluß der Ermittlungen zog die Konfliktkommission einen Vertreter der Abteilung Feuerwehr hinzu und ließ sich von ihm eine Einschätzung des Brandgeschehens in diesem chemischen Großbetrieb geben. Abschließend fand dann nochmals eine Aussprache mit dem Kolle- gen St. statt, die damit endete, daß er wegen seines leichtsinnigen Verhaltens eine Disziplinarstrafe erhielt. Der Beschluß des Staatsrates vom 30. Januar 1961 wird für einen langen Zeitraum die Grundlage für die Arbeit der Staatsanwaltschaft sein. Es kommt aber auch darauf an, daß die Werktätigen bei der Durchsetzung dieses Beschlusses verantwortungsvoll und tatkräftig mitwirken. Die gute Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und den Konfliktkommissionen sowie den sozialistischen Brigaden und Arbeitsgemeinschaften wird dabei eine wertvolle Hilfe sein. WALTER HENNIG, Richter am Kreisgericht Karl-Marx-Stadt (Stadtbezirk VI) Mehr Sorgfalt bei der Entscheidung über die Eröffnung eines Strafverfahrens! Im Bericht des Ministers der Justiz an den Staatsrat wird u. a. auch die Rolle der Eröffnung des Hauptverfahrens gebührend hervorgehoben1. Die Entscheidung über die Eröffnung eines Strafverfahrens hat eine weit-tragende Bedeutung. Sie betrifft in erster Linie den Beschuldigten und seine Familie; sie betrifft aber auch sein Arbeitskollektiv und den Produktionsablauf in seinem Betrieb. Deshalb ist die kollektive Prüfung der Voraussetzungen für die Eröffnung des Strafverfahrens durch Richter und Schöffen eine unabdingbare Forderung der strikten Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der vollen Gewährleistung der Rechte der Bürger. Das Gericht hat eigenverantwortlich zu untersuchen, ob alle Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen der sozialistischen Gesetzlichkeit vorliegen. Wir müssen deshalb sehr sorgfältig überprüfen, ob unsere bisherige Handhabung der Eröffnung der Strafverfahren noch richtig ist. In den' meisten Fällen waren die Gerichte der Auffassung, daß die Zeit zu knapp bemessen ist, um im Eröffnungsverfahren die oben genannten Feststellungen zu treffen. Deshalb wurde im Eröffnungsverfahren oft routinehaft und schematisch gearbeitet, und die Verfahren wurden auf Grund der Anklageschriften eröffnet. Das ist jedoch eine Lösung, die nicht auf der Höhe der politischen Aufgaben steht. Das Gericht muß bei der Eröffnung des Hauptverfahrens ebenso wie der Staatsanwalt bei der Anklageerhebung eigenverantwortlich prüfen, ob es bei Straftaten von geringerer Gesellschaftsgefährlichkeit im Interesse der Erziehung des Täters oder der Einwirkung auf bestimmte Bevölkerungskreise nicht wirksamer ist, daß sich statt des Gerichts gesellschaftliche Kollektive mit dieser Gesetzesverletzung befassen. Kürzlich erhob der Staatsanwalt bei unserem Gericht Anklage gegen einen Angehörigen einer sozialistischen Brigade, der im betrunkenen Zustand mit seinem Fahrrad von der Gaststätte aus nach Hause gefahren war. Der Wortlaut der Bestimmung des § 49 StVO war zwar erfüllt; jedoch waren Schöffen und Richter der Meinung, daß angesichts des geringen Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat mangels schädlicher Folgen (§ 8 StEG) über diese Handlung des Angeklagten in der Konfliktkommission beraten werden sollte. Die Auseinandersetzungen in der Brigade über die Schädlichkeit übermäßigen Alkoholgenusses und das verantwortungslose Verhalten des Rechtsverletzers im Straßenverkehr waren zweifellos von größerer erzieherischer Wirkung als eine Bestrafung. In einem anderen Fall, in dem eine Hausfrau wegen Diebstahls gesellschaftlichen Eigentums angeklagt war, 1 vgl. NJ 1961 S. 17 und 79. haben wir uns auf die gesellschaftlichen Kräfte im Wohngebiet orientiert. Die Angeklagte, Mutter von drei Kindern, darunter einem Kleinstkind, hatte im Selbstbedienungsladen Zigaretten im Werte von 4 DM gestohlen. Ihr Ehemann verdient monatlich 500 DM. Es gibt also keine soziale Not, mit der man wie in einem kapitalistischen Staat den Diebstahl erklären könnte. Hier ist noch ein Stüde des alten, bürgerlichen Bewußtseins vorhanden, bei dem das Ich im Vordergrund steht und die richtige Einstellung zum gesellschaftlichen Eigentum fehlt. Die Angeklagte gehört dem DFD an. Wir sind davon überzeugt, daß die erzieherische Einwirkung durch diese gesellschaftlichen Kräfte zur allmählichen Überwindung der alten Denk- und Lebensgewohnheiten, des kleinbürgerlichen Egoismus der Angeklagten führen wird. Angesichts des geringen Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit des Diebstahls und der bereits erfolgten Wiedergutmachung des Schadens hielten wir auch hier ein Strafverfahren für nicht erforderlich. Auch die Tatsache, daß in letzter Zeit des öfteren kleinere Diebstähle in Selbstbedienungsläden begangen worden sind, rechtfertigt meiner Meinung nach nicht die Durchführung eines Strafverfahrens in jedem Fall. Durch das Strafverfahren allein führen wir noch keinen entschiedenen Kampf gegen die Kriminalität. Das gerichtliche Verfahren und der Kampf um die Überwindung der Gewohnheiten und Einflüsse der kapitalistischen Vergangenheit als Ursachen der Kriminalität müssen eine Einheit bilden. Aber überall dort, wo unter Berücksichtigung des geringen Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat und der Voraussetzungen in der Person des Rechtsbrechers die Ursachen der Kriminalität durch die gesellschaftlichen Kräfte viel wirksamer überwunden werden können, ist ein Strafverfahren nicht erforderlich. Dazu müssen wir uns aber in viel stärkerem Maße auf die Kraft der sozialistischen Kollektive stützen. Ungenügendes Vertrauen in die gesellschaftlichen Kräfte, die imstande sind, die Erziehung eines Rechtsbrechers zu übernehmen, ist nach meiner Ansicht auch der Grund dafür, daß die bedingte Verurteilung in der Praxis im allgemeinen nur bei Strafen bis zu sechs Monaten angewandt worden ist. Wir sind deshalb zu der Auffassung gelangt, die bedingte Verurteilung noch bewußter auch bei höheren Gefängnisstrafen bis zu einer Strafe von zwei Jahren ist sie gesetzlich zulässig! anzuwenden. Bei der weitgehenden erzieherischen Einwirkung durch die Gesellschaft ist es möglich, den gesetzlichen Strafrahmen für die bedingte Verurteilung in geeigneten Fällen voll auszuschöpfen, z. B. in Fällen fahrlässiger Tötung, verursacht durch 156;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 156 (NJ DDR 1961, S. 156) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 156 (NJ DDR 1961, S. 156)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft nach dem Parteitag der Akademie-Verlag Lenin und die Partei über sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtsordnung Progress Verlag Moskau und Berlin Grundrechte des Bürgers in der sozialistischen Gesellschaft auftreten? Woran sind feindlich-negative Einstellungen bei Bürgern der in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen.

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