Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 564

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 564 (NJ DDR 1956, S. 564); Zur Weisungsbefugnis des Rechlsmittelgerichts in Strafsachen In NJ 1956 S. 496 spricht sich Berger gegen bindende Weisungen des Rechtsmittelgerichts aus, soweit sie Einfluß auf die Bestimmung der Strafhöhe haben. Er greift damit eine Frage auf, die gegenwärtig viele Richter beschäftigt und die es wert ist, Gegenstand gründlicher Diskussionen zu sein. Im Gegensatz zu Berger halte ich eine Änderung der StPO nicht für erforderlich. Die StPO regelt die Weisungsbefugnis eindeutig und in ausreichendem Umfang. Bei richtiger und verantwortungsbewußter Handhabung aller Vorschriften über das Rechtsmittelverfahren kann die zweite Instanz die Gesellschaftsgefährlichkeit jeder einzelnen Tat und die Persönlichkeit des jeweiligen Täters so zutreffend einschätzen, daß sie der ersten Instanz auch für das Finden des richtigen Strafmaßes Weisungen mit bindender Wirkung erteilen kann. Berger stellt zwei Fragen in den Vordergrund: das Anhören des Angeklagten durch das Rechtsmittel-gericht, sofern dieses beabsichtigt, Weisungen in bezug auf das Strafmaß zu erteilen, und den Inhalt der auf das Strafmaß bezogenen Weisungen. Berger ist darin zuzustimmen, daß oft erst die unmittelbare Kenntnis der Persönlichkeit des Täters mit allen ihren Besonderheiten dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit gibt, die Entscheidung der ersten Instanz im Strafmaß zutreffend zu beurteilen. Die Praxis sollte daher häufiger als bisher von § 287 Abs. 3 StPO Gebrauch machen. Es besteht jedoch kein Anlaß, diese Methode gesetzlich als Notwendigkeit festzulegen. Auch wind es Fälle geben, in denen das Vordergericht ganz eindeutig die Gesellschaftsgefährlichkeit verkennt und z. B. zu einer Geldstrafe verurteilt, obwohl Freiheitsstrafe unbedingt erforderlich gewesen wäre. In solchen Fällen ist die Anwesenheit des Angeklagten nicht notwendig. Es genügt, ihm und seinem Verteidiger Terminsnachricht zu geben, wie es § 287 Abs. 1 StPO ohnehin vorschreibt. Wenn Berger feststellt, daß die Praxis der Rechtsmittelgerichte oft der eindeutigen Bestimmung des § 200 StPO widerspricht, wonach auch die Persönlichkeit des Täters und seine Beweggründe allseitig zu erforschen sind, so kann dies doch auch in anderer Weise geändert werden als durch die von ihm vorgeschlagene 'Ergänzung des § 293 Abs. 3 StPO. Die Forderung muß vielmehr dahin gehen, § 200 StPO auch in zweiter Instanz und auch für die Strafzumessung genau zu beachten. Dabei wird sich ergeben, daß der Angeklagte vom Rechtsmittelgericht in der Regel geladen werden muß, weil sein persönliches Erscheinen gemäß § 287 Abs. 3 StPO eben in Beachtung des § 200 StPO .erforderlich ist. Schließlich ist noch auf die Erwägung Bergers einzugehen, ob die Möglichkeit des Rechtsmittelgerichts, ohne Anhörung des Angeklagten in der Sache selbst zu entscheiden oder bindende Weisungen an das untere Gericht zu erteilen, überhaupt mit dem demokratischen Charakter unseres Strafprozeßrechts in Einklang steht. Wind dieser demokratische Charakter denn bereits dadurch gewährleistet, daß das Rechtsmitteigericht den Angeklagten zur Hauptverhandlung lädt? Kann es nicht diese Bedingung zwar formal erfüllen und trotzdem ein dem Wesen der sozialistischen Gesetzlichkeit nicht entsprechendes Urteil fällen? Und weiter: Wie soll ein Rechtsmittelgericht seine Aufgabe erfüllen, wenn es keine Möglichkeit hat, bindende Weisungen zu erteilen, um seine Erkenntnisse auch durchzusetzen? Eine Erweiterung der Befugnis, selbst zu entscheiden, wäre doch wohl erst recht dem demokratischen Charakter der StPO abträglich. Unsere Aufgabe muß es vielmehr sein, ihre einzelnen Vorschriften genau ein-zuhaiten und sie mit demokratischem Leben zu erfüllen. Was den Inhalt der Weisungen betrifft, so ist Berger darin beizupflichten, daß die Autorität des Gerichts erster Instanz beeinträchtigt wird, wenn es z. B. „ ohne erneute Beweisaufnahme auf eine Strafe von etwa “ erkennen muß. Solche Weisungen sind zu eng und m. E. nicht zulässig, weil sie die Mitwirkung der Schöffen beeinträchtigen. § 293 Abs. 3 StPO läßt Weisungen mit bindender Kraft zwar ausdrücklich zu, ihr Inhalt ist aber, soweit eine Erhöhung der Strafe erreicht werden soll, begrenzt. Das ergibt sich m. E. aus § 292 Abs. 2 StPO, der dem Rechtsmittelgericht zwar die Möglichkeit gibt, eine geringere als die in erster Instanz erkannte Strafe oder eine vom Gesetz zwingend bestimmte Zusatzstrafe auszusprechen, eine Erhöhung der Strafe im Wege der Selbstentscheidung aber nicht zuläßt. Gibt das Rechtsmittelgericht aber an Stelle dieser nicht zulässigen Selbstentscheidung bei der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache der ersten Instanz eine auf Erhöhung der Strafe gerichtete Weisung und setzt es die Begrenzung nach unten fest, so umgeht es § 292 StPO und setzt sich in Widerspruch zu dieser Bestimmung. Erhält andererseits das erstinstanzliche Gericht die bindende Weisung, auf eine bestimmte Strafe oder auf eine Strafe innerhalb bestimmter enger Grenzen zu erkennen, so müssen alle Beteiligten zu der ' Auffassung kommen, daß gar nichts mehr zu prüfen und zu entscheiden ist und die erneute Hauptverhandlung lediglich eine Farce darstellt. Die Mitwirkung der Schöffen in unserem Strafprozeß ist eine völlig andere als die der Schöffen in Westdeutschland. Darüber brauchen an dieser Stelle keine Ausführungen gemacht zu werden. Ein entscheidendes Kriterium bei dieser Gegenüberstellung ist die Frage nach den Rechten der Schöffen und danach, ob sie bei der Entscheidung einer Sache ausgeschaltet werden können. Das ist in Westdeutschland der Fall. Dort besteht die Möglichkeit, eine unter Mitwirkung von Schöffen zustande gekommene Entscheidung in zweiter Instanz ohne Mitwirkung von Schöffen zum Nachteil des Angeklagten und endgültig zu ändern. Nach unserer Strafprozeßordnung (§ 292 Abs. 2) muß eine Sache, in der auf eine höhere Strafe erkannt werden soll, immer wieder zurück in die erste Instanz; sie kann der Mitwirkung der Schöffen nicht entzogen werden. Für einen Bürger unserer Republik ist es eine ernste Sache, vor einem Gericht seines Arbeiter-und-Bauern-Staates zu stehen. Die Besten der Werktätigen sollen als Richter über ihn und sein Tun das Urteil sprechen, erst recht aber, wenn es um die Erhöhung einer Strafe geht. § 292 StPO sichert m. E. diese Prinzipien. Eine Umgehung dieser Bestimmung würde die Rechte der, Schöffen beeinträchtigen. Das aber widerspräche unseren Bestrebungen, ihre Rechte zu erweitern, ihre Verantwortung zu erhöhen, wie sie u. a. in der neuerlichen Praxis Ausdruck findet, bei der Eröffnung des Verfahrens, bei der Entscheidung über die bedingte Strafaussetzung usw. Schöffen mitwirken zu lassen. Die Rechtsmittelgerichte müssen, wenn sie eine Erhöhung der Strafe für notwendig erachten, der Entscheidung der ersten Instanz weiten Spielraum lassen. Ihre Weisungen müssen sich auf die konkreten Umstände beziehen, die bei der erneuten Straffestsetzung zu beachten sind. Sie müssen ihr Urteil sorgfältig und überzeugend begründen und über den einzelnen Fall hinaus Anleitung geben. Dadurch werden die unteren Gerichte mehr und mehr dazu befähigt, selbst richtig zu entscheiden. FRITZ MVHLBERGER, Direktor des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt Beschränkung des Rechtsmittels im Strafprozeß Rein warths Auffassung über die Beschränkung des Rechtsmittels im Strafprozeß (NJ 1956 S. 331) wird von den Richtern des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt nicht allenthalben geteilt, insbesondere wegen des unbefriedigenden Ergebnisses, zu dem sie in der Rechtsprechung führen muß. Unterschiede in den Auffassun- gen bestehen in der Frage, wann ein Rechtsmittel im Strafprozeß beschränkt ist. Reinwarth geht von dem Grundsatz des § 275 StPO aus, daß ein Rechtsmittel nicht gegen den Willen der Prozeßparteien eingelegt werden kann. Es ist ihm darin beizupfiichten, daß auch für den Umfang, in dem die 564;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Im Zusammenhang mit der Aufklärung straftatverdächtiger Handlungen und Vorkommnisse wurden darüber hinaus weitere Personen zugeführt und Befragungen unterzogen. Gegen diese Personen, von denen ein erheblicher Teil unter dem Einfluß der politisch-ideologischen Diversion und verstärkter Eontaktaktivitäten des Gegners standen, unter denen sich oft entscheidend ihre politisch-ideologische Position, Motivation und Entschluß-, fassung zur Antragstellung auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der gestellt hatten und im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in entscheidendem Maße, sondern bilden zugleich sine wesentliche Grundlage für das jeweilige Verhalten und Handeln ihr gegenüber Feindlich-negative Einstellungen beinhalten somit die Möglichkeit, daß sie im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, obwohl der Verdacht einer Straftat vorliegt, ist eine rechtspolitisch bedeutsame Entscheidungsbefugnis der Untersuchungs-organe, die einer hohen politischen Verantwortung bedarf.

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