Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 563

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 563 (NJ DDR 1956, S. 563); Vergangenheit zuviel gegängelt, zuwenig auf Meinungen von Mitarbeitern im Kreis und Bezirk gehört worden sei. Wenn man von dem negativen Verhalten der zentralen Justizorgane zur Kritik in der „Neuen Justiz“ ausgeht, drängt sich die Frage auf: Ist diese Methode der Leitung bereits überall überwunden? Um die Initiative unserer Kader zu steigern, um bei ihnen eine größere Aktivität und höheres Verantwortungsbewußtseih zu entwickeln, bedarf es der geduldigen Erläuterung unserer Ziele und Aufgaben, bedarf es der aufmerksamsten Beobachtung und Behandlung jeder Kritik, eines jeden Vorschlags, einer jeden Anregung. Das aber ist vielfach bei uns verabsäumt worden. Unverkennbar zeigt sich hier die Neigung mancher Stellen, losgelöst von den Justizkadern in der Republik zu arbeiten und sie vor vollendete Tatsachen zu stellen, anstatt mit ihnen zu beraten, sie zu überzeugen und, wenn notwendig, mit ihnen einen ernsten Meinungsstreit zu führen, um größere Klarheit zu schaffen. Obwohl es unzweifelhaft ist, daß die Entfaltung des Meinungsstreites und die Überwindung der schädlichen Folgen des Personenkults durch organisatorische Maßnahmen allein nicht zu erreichen ist, so muß doch im Falle der „Neuen Justiz“ betont werden, daß eine größere Beharrlichkeit und Aufmerksamkeit der Redaktion diesen Fragen gegenüber unter Umständen hätte verhindern können, daß die Kritik in einem solchen Umfang von den zentralen Justizorganen mißachtet wurde. Was gegenüber dem Kreisstaatsanwalt von Wittstock in NJ 1956 S. 359 recht war, wäre seitens der Redakteure auch dem Leiter im Justizministerium, in der Obersten Staatsanwaltschaft und beim Obersten Gericht gegenüber schon längst billig gewesen. Unter diesen Bedingungen, aber scheint es angebracht zu sein, eine Bemerkung von Streit in NJ 1956 S. 53 erneut aufzugreifen und die Frage nach der Zusam- mensetzung und der Rolle des Redaktionskollegiums der „Neuen Justiz“ zu stellen. Es ist an der Zeit, das Redaktionskollegium aus seinem Schattendasein heraustreten zu lassen, seine Mitglieder namentlich bekanntzugeben und so den Lesern den Weg zu jenen zu öffnen, die die Verantwortung für die Gestaltung der „Neuen Justiz“ tragen. In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, ob das Redaktionskollegium nicht durch Mitglieder erweitert werden sollte, die in den Bezirken und Kreisen tätig sind; hierbei darf allerdings nicht verkannt werden, daß dies wegen des nötigen schnellen Verkehrs mit der Redaktion mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist. Diese Veränderungen in der Leitung der Zeitschrift könnten entscheidend dazu beitragen, daß die nur sehr schwach besetzte Redaktion (drei Redakteure für eine zweimal im Monat im Umfange von 33 Seiten erscheinende Zeitschrift!) in die Lage versetzt wird, regelmäßig Leser- und Autorenkonferenzen durchzuführen, die dazu beitragen würden, die Zeitung lebendiger, aktueller und undogmatischer zu gestalten. Solche Maßnahmen könnten konkrete Schritte auf dem Wege der Verwirklichung der Beschlüsse des 28. Plenums des ZK der SED sein, die bekanntlich auch die Rechtswissenschaft und die Rechtspraxis vor die verantwortungsvolle Aufgabe stellen, frei von Dogmatismus und Formalismus solche großen Aufgaben wie die Systematisierung ganzer Rechtsgebiete, die Erforschung und Durchdringung vieler Zweige der Rechtswissenschaft, die bisher unbeachtet geblieben sind, zu bewältigen und vor allem eine mit dem werktätigen Volk verbundene Rechtspraxis zu entwickeln, damit jedermann in ganz Deutschland vor Augen geführt wird, wo Gesetz, Freiheit, Demokratie und Recht zu Hause sind und wo Willkür, Unterdrückung, Ausbeutung und Militarismus regieren. Dag Prinzip der Präsumtion der Unschuld konsequent verwirklichen! Auf der Tagung des Nationalrates am 20. August d. J.' sprach Hermann Matern u. a. auch von der Notwendigkeit, eine Reihe von gesetzlichen Bestimrnungen zu überprüfen und alle bürokratischen Erscheinungen in unserem gesellschaftlichen Leben zu überwinden, um alles das aus dem Wege zu räumen, „was der Entwicklung und Förderung sozialistischer Beziehungen zwischen den Menschen im Wege steht“. Wer wollte bezweifeln, daß diese Aufgabenstellung im besonderen auch für die Juristen, für die Richter und Staatsanwälte gilt. Ein wichtiges Prinzip unserer Rechtsprechung ist das der Präsumtion der Unschuld. Bekanntlich bestimmt es, daß jemand, der zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen wird, solange als unschuldig zu betrachten ist, wie seine Schuld nicht mit völliger Gewißheit be-; wiesen ist. Die Erfahrung zeigt, daß in den Augen vieler Menschen schon die Tatsache, daß gegen einen Bürger einmal ein Strafverfahren eingeleitet wurde, genügt, um diesen „von der Seite“ anzusehen. Diese falsche Einstellung werden wir durch eine geeignete Überzeugungsarbeit eines Tages überwinden. Komplizierter wird jedoch die Sache, wenn ein Bürger wegen dringenden Tatverdachts in Haft genommen wurde, in der Hauptverhandlung jedoch seine Schuld nicht bewiesen werden konnte. In einem solchen Falle wird der betreffende Bürger wohl freigesprochen, aber in den Urteilsgründen wird eingehend dargelegt, daß der Freispruch nur mangels an Beweisen erfolgte (§ 224 StPO). Um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich ausdrücklich betonen, daß ich keine Bedenken gegen den § 224 Abs. 1 Buchst, c habe. Für viele Menschen bleibt aber der Freispruch eines Mitbürgers wegen Mangels an Beweisen noch immer eine anrüchige Sache, denn ein solcher Freispruch hat ja den Schuldverdacht nicht beseitigt. Ein solcher Bürger wird nicht als völlig rehabilitiert angesehen, weil er auch schuldig sein kann und „nur“ das Gericht nicht in der Lage war, seine Schuld zu beweisen.-. Unsere Aufgabe muß es sein, dahin zu wirken, daß in den Augen der Bürger auch ein derart Freigesprochener als völlig rehabilitiert erscheint. Das setzt jedoch voraus, daß bei den Mitarbeitern der Untersuchungsorgane, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte Klarheit darüber herrscht, daß jeder Freispruch eine vollständige Rehabilitierung des Beschuldigten darstellt. ~ ’„Einige Mitarbeiter des Gerichts und der Untersuchungsorgane sowie andere Mitarbeiter sind der Meinung, daß ein Mensch vollständig rehabilitiert wird, wenn er freigesprochen wurde, weil durch seine Handlungen kein Tatbestand erfüllt wird, und daß er nicht vollständig rehabilitiert wird, wenn er mangels an Beweisen freigesprochen wurde, weil er auch schuldig sein kann .“, schreibt R a c h u na w1) und bezeichnet diese Meinung als irrig. Er stellt ausdrücklich fest, daß „jeder Freispruch eine vollständige Rehabilitierung darstellt“. Auch unter unseren Funktionären herrscht in dieser Frage keine einhellige Meinung. Das hängt in erster Linie damit zusammen, daß bei uns ein Gesetz existiert, das die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft regelt, sie aber nur dann und solchen Personen zubilligt, „wenn das Verfahren ihre Unschuld ergeben oder dargetan hat, daß gegen sie ein begründeter Verdacht nicht vorliegt“. Damit ist gesetzlich festgelegt das Gesetz stammt übrigens aus dem Jahre 1904 , daß es zweierlei Freigesprochene gibt, nämlich solche, die wegen erwiesener Unschuld freigesprochen wurden und damit Anspruch auf Entschädigung haben, und solche, die nur mangels Beweises freigesprochen wurden und damit keinen Anspruch auf Entschädigung haben. Ein solches Gesetz stimmt offensichtlich nicht mehr mit unseren Bedingungen überein, und seine Überprüfung erscheint erforderlich. JOSEF STREIT, Berlin i) 563 i) Sowietlsche Zeitschrift „Kommunist“ (Nr. 7/56).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 563 (NJ DDR 1956, S. 563) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 563 (NJ DDR 1956, S. 563)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der Arbeit. tiVät ihnen. Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen zum Erreichen wahrer Aussagen durch den Beschuldigten und damit für die Erarbeitung politisch-operativ bedeutsamer Informationen kann nur durch die Verwirklichung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Leitung- und Organisation der Zusammenarbeit mit . Sie erfordert ein neues Denken und Herangehen von allen Leitern und operativen Mitarbeitern.

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