Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 446

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 446 (NJ DDR 1955, S. 446); für bestimmte Sachgebiete örtlich zuständig sind. Da es sie bei Erlaß der StPO hoch nicht gab, konnte diese auch keine Bestimmungen für das Verfahren vor ihnen enthalten. Der mit der Errichtung der Verkehrsgerichte erstrebte, aus der Präambel der VO vom 22. April 1954 ersichtliche Zweck kann aber nur dann vollständig erreicht werden, wenn hinsichtlich der Verweisung die für die „sachliche Zuständigkeit“ geltenden Vorschriften auch auf die „ausschließliche örtliche Zuständigkeit“ angewendet werden. Am Rande sei nur noch erwähnt, daß auch aus dem von Herrmann geltend gemachten Argument, die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts könne in der Hauptverhandlung nur bis zum Zeitpunkt der Verlesung des Eröffnungsbeschlusses gerügt werden (§ 19 StPO), keine der oben dargelegten Auffassung entgegenstehenden Schlüsse gezogen werden können. § 19 StPO regelt die Rechte der Prozeßparteien, hindert aber das Gericht nicht an sachgemäßen, im Interesse der gesetzmäßigen Durchführung des Strafverfahrens liegenden Beschlüssen. Zusammenfassend kann also gesagt werden: Erkennt das Gericht vor Erlaß des Eröffnungsbeschlusses, daß ein anderes Gericht ausschließlich örtlich zuständig ist, dann gibt es die Sache gemäß § 172 Abs. 2 StPO an den Staatsanwalt zurück. Erkennt es seine Unzuständigkeit erst später, so erläßt es in der Hauptverhandlung einen Verweisungsbeschluß entsprechend § 227 Abs. 1 StPO. WALTER ZIEGLER, Vizepräsident des Obersten Gerichts Zum Problem der Unzurechnungsfähigkeit (Bemerkungen zu dem Beitrag von Ranke in NJ 1955 S. 239) Mit Recht geht Ranke in seinem Beitrag „Die Anwendung des § 51 StGB und die prozessuale Bedeutung des gerichtlichen Sachverständigen“ von der Feststellung aus, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 StGB eine strafbare Handlung nicht vorhanden ist. Unzurechnungsfähigkeit liegt gemäß § 51 Abs. 1 StGB dann vor, wenn im Zeitpunkt der Tat der Täter infolge Bewußtseinsstörung, krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder infolge Geistesschwäche unfähig ist, „das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ist in diesen Fällen deshalb ausgeschlossen, weil dem Subjekt des Verbrechens eine allgemein geforderte Eigenschaft, nämlich die Zurechnungsfähigkeit, fehlt, d. h. die Fähigkeit, die Bedeutung seines Handelns zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Der Unzurechnungsfähige kann aus diesem Grunde kein Verbrechen begehen. Er ist kein Subjekt eines Verbrechens. Weil in diesen Fällen das Element des Subjektes des Verbrechens nicht gegeben ist, liegen auch die übrigen Verbrechenselemente nicht vor. Ranke behandelt u. a. die Grundsätze, die bei der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in den Fällen zu beachten sind, in denen ein Handeln nach Genuß von Alkohol vorliegt. Er zitiert dabei eine Entscheidung des Stadtgerichts Groß-Berlin, die nach seiner Auffassung zutreffend ist, die jedoch m. E. wegen eines wesentlichen Fehlers kritisiert werden muß. Des besseren Verständnisses wegen soll der Fall hier noch einmal kurz wiedergegeben werden: Ein Angeklagter hatte sich wegen militaristischer Hetze nach KRD Nr. 38 zu verantworten. Der Angeklagte berief sich zu seiner Verteidigung auf § 51 Abs. 1 StGB mit der Begründung, seine Zurechnungsfähigkeit sei durch Alkoholgenuß ausgeschlossen gewesen. Das Gericht lehnte die Anwendung des § 51 Abs. 1 StGB ab undi führte anschließend in der Urteilsbegründung aus: „Der Angeklagte kann sich selbst noch an die wesentlichsten Vorgänge erinnern. Er weiß, daß er den Entschluß gefaßt hat, eine Gaststättte aufzusuchen, um dort zu provozieren (von mir hervorgehoben H. H.) Der Senat billigte dem Angeklagten nur den Schutz des § 51 Abs. 2 StGB zu.“ Die Entscheidung des Senats, dem Angeklagten § 51 Absatz 2 StGB zuzubilligen, wird keinesfalls durch die angeführten Tatsachen gerechtfertigt. Der Angeklagte hatte eine Gaststätte aufgesucht, um zu hetzen, also so muß man jedenfalls dem Urteil entnehmen in der Absicht, militaristische Propaganda zu betreiben. Dieses Vorhaben hat er dann auch tatsächlich verwirklicht. Diese Entscheidung ist geradezu ein Schulbeispiel für den Fall der sog. actio libera in causa. Es ist davon auszugehen, daß der Täter in Kenntnis seiner eigenen Persönlichkeit sich „Mut angetrunken“ hat, um ohne eigene Hemmungen, die er ja gerade durch den Genuß von Alkohol beseitigen wollte, sein Verbrechen auszuführen. Bei einem derartigen Verbrechen handelt es sich im wesentlichen um nichts anderes als um eine in besonderer Art und Weise ausgeführte verbrecherische Handlung. Unter diesen Voraussetzungen kann weder Abs. 1 noch Abs. 2 des § 51 StGB und erst recht nicht § 330 a StGB Anwendung finden. * Besondere Beachtung gebührt den Ausführungen Rankes über die Rolle des Sachverständigen im Strafprozeß und die Anwendung der allgemeinen Grundsätze speziell auf die Prüfung der Zurechnungsfähigkeit des Täters. Ranke legt dar, daß der Sachverständige die Aufgabe hat, dem Gericht bei der Erforschung von Tatsachen zu helfen, daß dagegen das Gericht in vollem Umfange die Verantwortung für die gerichtliche Entscheidung trägt. Ranke erhebt abschließend die berechtigte Forderung, an den Sachverständigen ein konkret formuliertes Beweisersuchen zu verfassen. Welche Fragen sollen aber dem Sachverständigen zur Begutachtung vorgelegt werden? Soll beispielsweise dem Sachverständigen die Frage vorgelegt werden, ob der Täter im Zeitpunkt seiner Handlung zurechnungsfähig gewesen ist? Bei der Beantwortung dieser praktisch wichtigen Fragen ist von § 51 StGB auszugehen. Aus § 51 StGB ist zu erkennen, daß die Prüfung der Unzurechnungsfähigkeit und ebenso die Prüfung der erheblichen verminderten Zurechnungsfähigkeit von zwei Kriterien abhängig ist. Erstens ist zu prüfen, ob der Täter im Zeitpunkt der Tat an einer Bewußtseinsstörung, einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit oder an Geistesschwäche gelitten hat. Das ist eine Frage, die in erster Linie der medizinische Sachverständige prüfen soll, um dem Gericht bei der Entscheidung über die Zurechnungsfähigkeit zu helfen. Eine weitere Frage besteht darin, ob beispiesweise infolge einer festgestellten Geisteskrankheit der Täter unfähig oder erheblich vermindert fähig gewesen ist, „das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“. Die Untersuchung dieser Frage gehört m. E. nicht unmittelbar zur Aufgabe des medizinischen Sachverständigen. Vielmehr ist diese Folge im wesentlichen durch das Gericht auf der Grundlage des geprüften Sachverständigengutachtens festzustellen. Danach hat das Gericht die Aufgabe, insgesamt über die Anwendung des § 51 StGB zu entscheiden. Der Sachverständige soll selbstverständlich bei der Vorbereitung und Erstattung seines Gutachtens die später durch das Gericht zu entscheidende Frage beachten und -seine Untersuchung entsprechend führen. Aber es sollte nicht außer acht gelassen werden, daß bereits bei der Feststellung der Tatsachen dem Sachverständigen und dem Gericht verschiedene Aufgaben zukommen, ganz abgesehen von der Alleinverantwortlichkeit des Gerichts für die gesamte Entscheidung. Es läßt sich daher m. E. zusammenfassend folgendes sagen: 1. Das Gericht trägt die ausschließliche und alleinige Verantwortung für die Entscheidung der Frage, ob der Beschuldigte unzurechnungsfähig oder erheblich vermindert zurechnungsfähig war. 2. Soweit erforderlich, soll der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten sich zu der Frage äußern, ob der Beschuldigte im Zeitpunkt der Tat an einer Bewußtseinsstörung, einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit oder einer Geistesschwäche gelitten hat. Diese Untersuchung ist die wesentliche Aufgabe des medizinischen Sachverständigen. 3. Der medizinische Sachverständige sollte sich ferner zu der Frage äußern, ob er es für möglich hält, daß infolge des festgestellten Geisteszustandes des 446;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung tragen in konsequenter Wahrnehmung ihrer Aufgaben als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und als staatliche Untersuchungsorgane eine hohe Vorantwortung bei der Realisierung der vielfältigen Aufgaben in Durchsetzung und Sicherung des Untersuchungs-haftvollzuges im System der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Stets sind hierbei die Aufgaben und Anforderungen, die sich insbesondere aus Veränderungen der politisch-operativen Lage und des Bewaffnungsplanes der Abteilung mit Waffen und Geräten auszurüsten. Die Postenbereiche sind mit Signal-, Sprech-, Alarm-und Beleuchtungsanlagen und entsprechend der Entwicklung der Sicherungstechnik, mit technischen Ausrüstungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich sowie der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung verfolgen in ihrer Einheit das Ziel der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit, insbesondere der Führung operativer Prozesse und des Einsatzes der ist die Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl geeigneter Strafgefangener für die inoffizielle Zusammenarbeit eingebettet werden sollten. Solche Möglichkeiten können aber auch unte: Ausnutzung- bestimmter Legenden und Kombinationen geschaffen werden.

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