Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 445

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 445 (NJ DDR 1955, S. 445); Herrmann scheint nun der Ansicht zu sein, daß eine Rückgabe gemäß § 172 Ziff. 2 StPO allein nicht möglich ist, sondern daß diese immer in Verbindung mit § 174 StPO erfolgen muß. Diese Auffassung ist nicht richtig. Zwar werden die übrigen Möglichkeiten der Entscheidung des Gerichts nach Anklageerhebung (vorläufige Einstellung, Ablehnung der Eröffnung und Eröffnung des Verfahrens) in den §§ 173, 175 und 176 StPO konkretisiert, doch ist der § 174 StPO den übrigen Bestimmungen nicht gleichzustellen er reicht weit über das Stadium der Eröffnung des Hauptverfahrens hinaus. Seine Bedeutung erstreckt sich auf das gesamte gerichtliche Verfahren einschließlich des Rechtsmittelverfahrens. Diese grundlegende, der Verwirklichung des Prinzips'der objektiven Wahrheit dienende Bestimmung hat ihren Platz im Abschnitt über die Eröffnung des Hauptverfahrens nur deshalb, weil sie in diesem Stadium am häufigsten zur Anwendung kommt und weil das Gericht durch sie nachdrücklich darauf hingewiesen Wird, gerade die Frage der Vollständigkeit der Ermittlungen besonders eingehend zu prüfen. § 174 StPO kann also nicht als ausschließliche Konkretisierung des § 172 Ziff. 2 StPO aufgefaßt werden; der in ihm geregelte Fall ist nur der Hauptanwendungsfall der Rückgabe. Daß die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt auch sonst gelegentlich möglich ist, ohne daß weitere Ermittlungen notwendig erscheinen, ergibt sich auch aus § 255 Abs. 2 StPO. Auch hier kann das Gericht über den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls, der der Anklage im normalen Strafverfahren entspricht, durch Rückgabe der Sache entscheiden. Hieraus ist der Schluß zu ziehen, daß die Sache im Stadium der Eröffnung des Hauptverfahrens zurückgegeben werden kann, wenn Veranlassung dazu besteht, d. h. wenn auf diese Weise die Sache am schnellsten sachgemäß bearbeitet werden kann. Es versteht sich von selbst, daß dies nicht zu geschehen hat, wenn Staatsanwalt und Gericht in der Frage der rechtlichen Beurteilung des zur Anklage stehenden Sachverhalts auseinandergehen. Hierüber muß das Gericht durch Urteil entscheiden. In Fällen wie dem vom 3. Strafsenat entschiedenen, in denen das Gericht seine örtliche Unzuständigkeit erkennt und um örtliche Zuständigkeit handelt es sich bei der Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen gemäß § 1 der VO vom 22. April 1954 zweifelsfrei , ist der im OG-Urteil vom 11. Februar 1955 (NJ 1955 S. 191) gewiesene Weg der für die schnelle Durchführung des Strafverfahrens zweckmäßigste. 2. Im Gegensatz zum 3. Strafsenat schlägt Herrmann vor, das Gericht solle, obwohl es seine Unzuständigkeit erkennt, das Verfahren eröffnen, aber nicht vor sich, sondern vor dem zuständigen Gericht. Dieser Vorschlag kann nicht gebilligt werden, weil er die Bedeutung des Eröffnungsverfahrens verkennt. Dieses hat eine gründliche Prüfung des Sachverhalts, wie er sich nach Lage der Akten darstellt, und der Rechtsfragen zum Inhalt. Diese Prüfung muß von dem Gericht vorgenommen werden, das für die Sache zuständig ist, da das Ergebnis für den Beschuldigten, der erst durch die Eröffnung des * Verfahrens zum Angeklagten wird (§ 170 StPO), außerordentlich bedeutsame Konsequenzen hat. Gerade in Verkehrssachen hat die Eröffnung durch das zuständige Verkehrsgericht besondere Bedeutung. In der Präambel der VO über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachein vom 22. April 1954 heißt es ausdrücklich, daß die „Kompliziertheit und Vielfältigkeit“ dieser Verfahren eine „besondere Sachkenntnis der Richter“ erfordert. Die Frage, ob eine Verkehrsstrafsache eröffnungsreif ist, soll daher vom Verkehrsgericht und nicht von dem Gericht entschieden werden, an das die Sache infolge eines Irrtums des Staatsanwalts zunächst gekommen ist. Es geht nicht an, daß ein unzuständiges Gericht das Verkehrsgericht durch die Eröffnung des Hauptverfahrens bindet und damit, da ein Eröffnungsbeschluß außer im Wege der Kassation nicht mehr aufgehoben werden kann, eine Gerichtsverhandlung erzwingt. Die Eröffnung eines Hauptverfahrens durch ein unzuständiges vor dem zuständigen Gericht ist der StPO unbekannt und nicht statthaft. Dem stehen auch nicht die Fälle entgegen, in denen das Rechtsmittelgericht auf Beschwerde gegen die Ablehnung der Eröffnung gemäß § 178 Abs. 2 StPO tätig wird und den Eröffnungsbeschluß gemäß § 300 Abs. 2 StPO vor dem erstinstanzlichen Gericht erläßt. Hier entscheidet kein unzuständiges, sondern das übergeordnete, funktionell zuständige Gericht über die Eröffnung. Zu erwägen wäre in diesem Zusammenhang schließlich auch noch eine von Herrmann nicht erörterte Möglichkeit, nämlich daß das sich für unzuständig haltende Gericht weder die Sache an den Staatsanwalt zurückgibt, noch das Verfahren vor dem zuständigen Gericht eröffnet, sondern vor Eröffnung des Hauptverfahrens einen Beschluß erläßt, mit dem es die Sache an das zuständige Gericht verweist. Jedoch auch dieser Weg kann nicht beschritten werden. Die Strafprozeßordnung zählt in § 172 alle Möglichkeiten auf, die das Gericht nach Einreichung der Anklageschrift hat; die Verweisung der Sache an ein anderes Gericht findet sich nicht darunter. Die Bestimmungen der StPO, in denen aufgezählt wird, auf welche Art ein Verfahrensstadium abgeschlossen werden kann, sind erschöpfend. Das ergibt sich aus dem Inhalt der übrigen Bestimmungen (§ 157 für das Untersuchungsorgan, § 163 für den Staatsanwalt, § 218 für das Hauptverfahren). Danach ist die Verweisung an ein anderes Gericht nur nach der Durchführung einer Hauptverhandlung (§ 218 Abs. 2 Ziff. 2 StPO) möglich, keineswegs aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens. Da auch die Lösung, nach der das unzuständige Gericht das Verfahren vor sich eröffnet, Termin zur Hauptverhandlung anberaumt und dann zu Beginn der Hauptverhandlung einen Verweisungsbeschluß erläßt, von Herrmann mit zutreffenden Gründen (§ 177 Abs. 1 StPO) abgelehnt wird, bleibt tatsächlich in den Fällen, in denen das Gericht seine Unzuständigkeit vor Erlaß des Eröffnungsbeschlusses erkennt, nur die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt durch begründeten Beschluß übrig. 3. Herrmann wendet sich aber noch gegen eine weitere Rechtsansicht des 3. Strafsenats. Dieser hatte in der zitierten Entscheidung ausgeführt, daß, falls sich die Zuständigkeit des Verkehrsgerichts erst im Verlaufe der Hauptverhandlung herausstellt, das unzuständige Gericht gemäß § 227 Abs. 1 StPO einen Verweisungsbeschluß zu erlassen habe. Herrmann führt hierzu aus, daß gemäß § 227 StPO eine Verweisung nur dann möglich sei, wenn es sich um die Frage der „sachlichen“ Zuständigkeit handele; da die Zuständigkeit der Verkehrsgerichte aber eine „örtliche“ Zuständigkeit sei, sei die Verweisung nicht möglich. Herrmann interpretiert hier den § 227 StPO so, daß eine Verweisung nur aus den in ihm aufgezählten Gründen möglich sei. § 227 StPO ist aber keine Katalogbestimmung wie etwa §§ 157, 163, 172, 218 StPO, sondern eine Bestimmung, die ihrer inhaltlichen Bedeutung nach dem § 174 StPO gleichkommt, also nicht alle Fragen der Verweisung erschöpfend regelt und nur den Hauptanwendungsfall beschreibt. Das ergibt sich schon daraus, daß § 227 Abs. 1 StPO nicht nur von sachlicher Zuständigkeit schlechthin, sondern von sachlicher Zuständigkeit „gemäß § 49 Abs. 1 Buchst, a Ziff. 1 oder 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes“ spricht. Wollte man diese Bestimmung so eng wie Herrmann auslegen, dann müßte man zu dem Ergebnis kommen, daß eine Verweisung nur bei Verbrechen gegen die Deutsche Demokratische Republik und bei Mord zulässig sei, da nur diese in der zitierten Gerichtsverfassungsbestimmung aufgeführt sind. Eine Verweisung in den Fällen des § 5 VESchG wäre also nicht möglich. Es ist klar, daß auch Herrmann diese Konsequenz nicht zu ziehen beabsichtigt. Das Beispiel aber zeigt, daß die Vorschrift des § 227 Abs. 1 StPO analog anzuwendem ist. Das Gerichtsverfassungsgesetz ist vor dem VESchG erlassen worden und konnte daher auch dessen Zuständigkeitsvorschriften nicht berücksichtigen. Daß dies auch nicht notwendig war, zeigt der Umstand, daß die StPO, die das gleiche Datum wie das GVG trägt, ebenfalls keine besondere Bestimmung für diese Fälle trifft. Nach den gleichen Gesichtspunkten ist auch die Frage nach der Möglichkeit der Verweisung bei „ausschließlich örtlicher“ Zuständigkeit zu entscheiden. Die Zuständigkeit der Verkehrsgerichte ist nämlich eine örtliche Zuständigkeit besonderer Art: eine „ausschließliche“. Diese ausschließliche örtliche Zuständigkeit ist erst mit der VO über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen geschaffen worden, es handelt sich bei diesen Gerichten um solche, die gemäß § 7 Abs. 2 GVG 445;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 445 (NJ DDR 1955, S. 445) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 445 (NJ DDR 1955, S. 445)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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