Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1591

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1591 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1591); in den Gemeinden - so sieht es der Entwurf der Anlagen zum Einigungsvertrag vor - soll nach Inkrafttreten dieses Vertrages fortgelten. Ich bitte Sie, diesem Entwurf Ihre Zustimmung zu geben. Vielen Dank. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Als erste Rednerin in der Aussprache spricht für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Fritsch. Frau Fritsch für die Fraktion der SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Wochen und Monaten arbeiten wir konsequent an der Rechtsangleichung zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Der Einigungsvertrag beinhaltet weitere Schritte auf dem Wege der Rechtsangleichung. Eine Forderung des Staatsvertrages vom 18. Mai nach Angleichung der Rechtspflege in beiden deutschen Staaten ist bisher jedoch nur teilweise erfüllt. Das heißt, Änderungen bei den gesellschaftlichen Gerichten sind nur dahingehend vollzogen worden, daß ihre Zuständigkeit für arbeitsrechtliche Streitigkeiten aufgehoben wurde. Über arbeitsrechtliche Streitfälle entscheiden nunmehr Schiedsstellen für Arbeitsrecht oder die entsprechenden Kammern bei den Kreisgerichten. Schlichtungsstellen ir andere Rechtsstreitigkeiten wurden bisher nicht eingerich- et. Wenn wir die Tätigkeit der Schiedskommissionen nach der Schiedskommissionsordnung vom 12. März 1982 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nach dem 3. Oktober beibehalten wollten, in den Ländern der Bundesrepublik aber das jeweilige Landesrecht gilt, gebe dies dann etwa folgendes Bild: Im dann ehemaligen Westberlin behandelt eine ehrenamtlich tätige Schiedsper-son allein in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten oder über Vergehen wie Hausfriedensbruch, Beleidigungen oder Sachbeschädigung. Nur wenige Meter entfernt, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, beraten Schiedskommissionen mit mindestens vier-Mitgliedern über Tatbestände wie die Verletzung der Schulpflicht oder arbeitsscheues Verhalten - ich nenne hier nur einige Beispiele -. Im ehemaligen Westberlin würde in einem kleinen Kreis verhandelt, die Schiedsperson ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Nebenan, in der ehemaligen DDR, findet eine Beratung statt, in die Arbeits- oder Nachbarschaftskollektive, Vertreter staatlicher Organe oder gesellschaftlicher Organisationen einbezogen sein können - ich zitiere -, „um die gesellschaftliche Wirkung der Beratung zu erhöhen“. Damit sind die Möglichkeiten der alten Schiedskommissionsordnung aber längst nicht erschöpft gewesen. Es kommt noch schöner: Wie in der Schiedskommissionsordnung vom 12. März 1982 nachzulesen ist, haben alle Teilnehmer an der Beratung das Recht, ihre Auffassung zum Sachverhalt, zu den Ursachen und Bedingungen der Rechtsstreitig oder der Rechtsverletzung, zum Verhalten des Bürgers sowie zur Lösung des Konflikts darzulegen. Goethe hätte dazu eine treffende Bemerkung: „Getretener Quark wird breit, nicht stark!“ Und ich könnte mir vorstellen, daß dies auch die Arbeitsweise der Schiedskommissionsmitglieder oftmals ziemlich belastet und auch erschwert hat. Ein Glück wenigstens, daß die Mitglieder der Schiedskommission ihre Beschlüsse allein faßten, nachdem sie vorher jedoch öffentlich über ihre Entscheidung beraten mußten. Wen aber wundert es, daß ein einstimmiger Beschluß in jedem Falle als erstrebenswert galt? Ich meine, dieses recht anschauliche Bild führt zwangsläufig zu der Erkenntnis, daß das Gesetz vom 25. März 1982 über die gesellschaftlichen Gerichte der DDR - gelinde ausgedrückt - wohl doch nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Auch würde es der derzeitigen, leider traurigen Realität Hohn sprechen, wenn Bürger verpflichtet werden sollten, unverzüglich einer geregelten Arbeit nachzugehen. Was liegt also näher, als ein anderes Gesetz zu gestalten? Und ich möchte mich den Dankesworten des Staatssekretärs im Ministerium für Justiz an alle Bürger, die in den Schiedskommissionen ehrenamtlich tätig waren, anschließen, und ich möchte sie gleichzeitig bitten, bei diesem neuen Gesetz, nämlich über die Schiedsstellen in den Gemeinden, wieder recht tatkräftig mitzuwirken und ihre Erfahrungen erneut einzubringen. Meines Erachtens ist der vorliegende Entwurf des Gesetzes über die Schiedsstellen in den Gemeinden eine sehr nützliche Sache, weil durch die Arbeit der Schiedsstellen die ordentlichen Gerichte entlastet werden und eine bürgernahe Rechtspflege erreicht werden kann. Doch nicht nur das. Neben Schlichtungsverfahren über vermögensrechtliche Ansprüche und Schlichtungsverfahren zur außergerichtlichen Erledigung einer Strafsache kann die Schiedsstelle auch Verhandlungen durchführen über Vergehen, wie Hausfriedensbruch - der Herr Staatssekretär hat das schon genannt -, Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Verletzung des Briefgeheimnisses. Man stelle sich vor, wir hätten dieses Gesetz schon seit 40 Jahren. Jeder kleine Stasi-Schnüffler und erst recht die großen Fische hätten zumindest vor einer solchen Schiedsstelle zur Verantwortung gezogen werden können. Dieses Gesetz demonstriert somit erneut, wieweit das alte System von Rechtsstaatlichkeit entfernt war. (Vereinzelt Beifall, vor allem bei SPD und CDU/DA) Auch bezüglich der Durchsetzung von Rechtsansprüchen sind den Schiedsstellen mehr Mittel in die Hand gegeben als den früheren Schiedskommissionen. Die erzieherische Wirkung von Appellen an die Vernunft oder moralischen Verpflichtungen war erfahrungsgemäß doch sehr gering. Die Spezies Mensch hat sich bisher immer dann als bedeutend lernfähiger erwiesen - leider -, wenn ein normwidriges Verhalten Wirkungen auf den Geldbeutel zeigte. Dieser Erkenntnis wurde im Entwurf ebenfalls Rechnung getragen, ohne daß die Gefahr von sozialen Härtefällen heraufbeschworen wird. Beim Studium des Entwurfs kamen mir allerdings Bedenken hinsichtlich des Mindestalters der Schieds-personen. Kann man davon ausgehen, daß ein 25jähriger Mensch für beispielsweise sehr schwierige Nachbarschaftsstreitigkeiten die nötige Autorität mitbringt und daß sie oder er die Akzeptanz der am Verfahren beteiligten Personen besitzt oder rasch erlangt? Über diese Fragen bitte ich die Abgeordneten nachzudenken, die sich weiterhin mit diesem Gesetz beschäftigen. Im Namen der SPD-Fraktion empfehle ich die Überweisung in die vorgeschlagenen Ausschüsse. - Danke schön. (Beifall bei der SPD, bei CDU/DA, der DSU und der F.D.P.) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. - Als nächste spricht für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Kozian. Frau Kozian für die Fraktion der PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Entwurf des Gesetzes über die Schiedsstellen kam der Ministerrat der DDR gemäß den Bestimmungen der Anlage 2 Kapitel 3 des Einigungsvertrages seiner Pflicht nach, ein Gesetz über die Schiedsstellen in den Gemeinden zu initiieren. Damit ist die juristisch seltsame Situation entstanden, daß sich die Noch-DDR verpflichtet hatte, ein Gesetz zu erlassen, das von der Inkraftsetzung eines völkerrechtlichen Vertrages abhängig gemacht wird und auch in diesem Vertrag gefordert ist. Generell ist zu bedauern, wielange mit der Vorlage dieses Entwurfs gezögert wurde. Bedauerlich ist dies aus zwei Gründen: Einerseits sind die bestehenden Schiedskommissionen arbeitsunfähig gemacht worden in der Form, daß die juristische Betreuung durch 1591;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1591 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1591) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1591 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1591)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hinweisen, die nur durch die Wahrnehmung der jeweiligen Befugnis abgewehrt werden kann. Somit gelten für die Schaffung Sicherung von Ausgangsinformationen für die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit . Dis nachfolgenden Hinweise haben als Grundsätze im Prozeß der Suche, Auswahl und Gewinnung von Kandidaten Beachtung zu finden mit dem Ziel, zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Untersuchungsarbeit gelang es der Befehl mmni sunter Mehrzahl der Spezialkommissionen und den gemäß gebildeten Referaten die Wirksamkeit der Vor-uchung zu erhöhen und die Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten und die Wirksamkeit der Nutzung der Möglichkeiten staatlicher sowie wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen, gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte; die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben als auch im persönlichen Leben. die Entwicklung eines engen Vertrauensverhältnisses der zu den ährenden Mitarbeitern und zum Staatssicherheit insgesamt. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und in der Zentralen Personendatenbank Staatssicherheit. Die Registrierung der Akten und die Er- fassung der zu kontrollierenden Personen in den Abteilungen.

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