Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 458 (NJ DDR 1986, S. 458); 458 Neue Justiz 11/86 freien Auslegung zugunsten der Regierungsgewalt, hinausgegangen. Bei einem unerfahrenen Leser des Grundgesetzes der BRD von 1949 wird zweifellos die Schlußfolgerung entstehen, daß unter den höchsten Organen der Staatsgewalt seiner Bedeutung nach das erste der Bundestag ist, dann der Bundespräsident und erst danach die Bundesregierung. In der Realität sieht es aber anders aus, und die BRD wird nicht zufällig als „Kanzlerrepublik“ bezeichnet Es besteht eine Kluft zwischen der in der Verfassung verankerten und der tatsächlichen Regierungsform, die wie in der Literatur richtig hervorgehoben wurde in den parlamentarischen Republiken in stärkerem Maße zutage tritt als in den Präsidentschaftsrepubliken. Zweitens ist in der staatlichen Struktur der bürgerlichen Länder in der Periode des staatsmonopolistischen Kapitalismus insbesondere eine große Anzahl von Organen und Dienststellen entstanden, die in den Verfassungen nicht vorgesehen sind. Das heißt nicht, daß die Entstehung irgendeines solchen Organs eine Verletzung der Verfassung ist. Die Verfassungsprinzipien des Staatsaufbaus und der Verfassungsrahmert insgesamt bieten weitgehende Möglichkeiten für die Erweiterung (oder umgekehrt Einschränkung) des Apparats der Exekutive, seine Reorganisation, Modifikation usw. Sie untersagen auch nicht das Entstehen von Spezialabteilungen beim Staatsoberhaupt oder Ministerpräsidenten (der „Apparat des Weißen Hauses“ in den USA, die „Abteilungen des Palais de l’Elysde“ in Frankreich usw.). Der Kern der Frage besteht aber in dem ständig wachsenden Umfang der realen Macht dieser nicht in der Verfassung vorgesehenen Organe und Dienststellen, was dazu führt, daß die wichtigsten politischen Entscheidungen durchaus nicht auf die Weise getroffen werden, die man sich auf der Grundlage des Verfassungsschemas der Staatsorgane vorstellen kann. - Drittens schließlich und das ist besonders wichtig ist der in der Verfassung verankerte Mechanismus der Ausübung der Staatsmacht (der „konstitutionelle Machtmechanismus“) bedeutend enger als der reale Mechanismus dpr politischen Macht.6 Der Weg zur Vereinigung von wirtschaftlicher und politischer Macht ist bei Bestehen des allgemeinen Wahlrechts sehr kompliziert und umfaßt solche Kanäle wie die Tätigkeit der Unternehmerverbände, Lobbyismus, Verflechtung der Leitung der Monopole mit der Oberschicht des bürokratischen Apparates, die „Militär-Industrie-Komplexe“ usw., die in den meisten Verfassungen nicht einmal erwähnt sind. Zur verfassungsmäßigen Widerspiegelung internationaler Aspekte In den Verfassungen der „neuen Generation“ ist viel breiter als jemals zuvor die Problematik dargestellt, die als „internationale“ bezeichnet werden kann. Das ist eine Folge des allgemeinen Anwachsens des internationalen Faktors im Leben der Menschheit und des wachsenden Einflusses des Völkerrechts auf das innerstaatliche Recht. Während sich die bürgerlichen Verfassungen früher im wesentlichen darauf beschränkten, auf die Zuständigkeit der staatlichen Organe im Bereich der internationalen Beziehungen hinzuweisen (Abschluß und Ratifikation internationaler Abkommen, Art und Weise der Kriegserklärung und des Friedensschlusses), ist die internationale Problematik heute viel vollständiger dargelegt. Hier können mehrere Richtungen hervorgehoben werden: Die erste Richtung ist die Aufnahme der sog. Friedensartikel in die Verfassungen, die den Verzicht auf Krieg als Mittel der Politik verkünden. Die Geschichte des bürgerlichen Konstitutionalismus kennt zwar auch in der Vergangenheit derartige Artikel (in den französischen Verfassungen aus der Periode der bürgerlichen Revolution, in der Verfassung Brasiliens von 1891, in der Verfassung Spaniens von 1931). In der Vergangenheit waren das aber Ausnahmen. Jetzt jedoch kann man von einer deutlichen und ständigen Tendenz sprechen,.die in einer Periode entstanden ist, die als „konstitutionelle Auswertung des zweiten Weltkrieges“ bezeichnet werden kann. Belehrt durch die bitteren Erfahrungen dieses Krieges, waren die herrschenden Kreise einer Reihe bürgerlicher Länder unter den Bedingungen des antifaschistisch-demokratischen Aufschwungs der breiten Volksmassen gezwungen, in die Verfassungen Bestimmungen aufzunehmen, die den außenpolitischen Kurs deklarieren. Am deutlichsten war in. dieser Hinsicht die Präambel der Verfassung der Vierten Französischen Republik von 1946, die erklärte: „Die Französische Republik . wird keinen Eroberungskrieg unternehmen und ihre Kräfte niemals gegen die Freiheit irgendeines Volkes einsetzen.“ Art. 11 der Verfassung Italiens von 1947 und Art. 9 der Verfassung Japans von 1946 verwerfen den Krieg als Mittel zur Lösung internationaler Streitigkeiten. Das Grundgesetz der BRD erklärt in Art. 26, daß „Handlungen, die geeignet sind ., das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Rührung eines Angriffskrieges vorzubereiten“, verfassungswidrig und unter Strafe zu stellen sind. Hier ist es erforderlich, an die Fiktivität der bürgerlichen Verfassung und an die Gefahr von „Verfassungsillusionen“ zu erinnern, von der Lenin wiederholt gesprochen hat. Entgegen den verkündeten Normen befand sich das Frankreich der Vierten Republik im Kriegszustand mit dem vietnamesischen Volk (1947 1953) und seit 1954 mit dem um seine Unabhängigkeit kämpfenden Volk Algeriens, ungerechnet die unzähligen militärischen Aktionen gegen die madagassische, marokkanische und tunesische Befreiungsbewegung. Italien und die BRD sind aktive Teilnehmer des aggressiven NATO-Blocks; Japan hat unter Umgehung feiner Verfassung eigene Streitkräfte geschaffen. Die zweite Richtung ist die in der Verfassung verankerte Regelung des Verhältnisses zwischen dem internationalen und dem innerstaatlichen Recht mit deutlichem Schwergewicht auf dem Primat des Völkerrechts. Das erfolgt durch die allgemeine Formulierung, daß das Recht des Landes den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts entsprechen muß, und durch die Bestimmung des Platzes der internationalen Verträge und Abkommen, deren Teilnehmer das betreffende Land ist, in der Hierarchie seiner Rechtsquellen. In rechtstechnischer Hinsicht ist beides in manchen Verfassungen in einem Artikel vereinigt, in anderen Verfassungen ist es getrennt, oder aber das Schwergewicht liegt nur auf einem. Mit der Hervorhebung der in vieler Hinsicht positiven Bedeutung der konstitutionellen Anerkennung der allgemeinen Prinzipien und Normen des Völkerrechts muß zugleich auf folgende Umstände aufmerksam gemacht werden: Die Formulierungen „allgemeine Normen“ und „allgemein anerkannte Normen“ des Völkerrechts, die in den behandelten Verfassungen gebraucht werden, bedürfen zur Anwendung der Konkretisierung und der Festlegung, welche Normen zu den „allgemeinen“ oder zu den „allgemein anerkannten“ gehören- Dabei sind unterschiedliche, u. a. auch zutiefst einschränkende, Interpretationen möglich. Deshalb ist das höhere Niveau der Widerspiegelung der wichtigsten allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts in der Verfassung (und damit ihrer Umwandlung in Verfassungsprinzipien und Verfassungsnormen) ihre direkte Aufzählung im Text, wie es in der Verfassung der UdSSR von 1977 getan wurde. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die Regelung des Verhältnisses zwischen dem internationalen und dem innerstaatlichen Recht in den behandelten bürgerlichen Verfassungen in vieler Hinsicht mit den Prozessen der staatsmonopolistischen Integration, insbesondere des Funktionierens der (West-) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, verbunden war. * Nach ihrer Annahme wird die bürgerliche Verfassung, die das Klassenkräfteverhältnis zu diesem Zeitpunkt widerspiegelt und ein geltendes politisch-juristisches Dokument von großer Bedeutung geworden ist, selbst Gegenstand des politischen Kampfes. Die Praxis der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts hat dies besonders anschaulich bestätigt: Die konservativen Kräfte haben mit Hilfe von „Verfassungsrevisionen“, rechtsverletzender Gesetzgebung, offener und versteckter Sabotage seitens der Regierungsmacht, gerichtlicher Auslegung usw. größte Anstrengungen unternommen, um ihnen nicht zusagende Verfassungsbestimmungen formell oder faktisch zunichte zu machen, sie zu verletzen oder nicht zu erfüllen. Die demokratischen Kräfte antworteten darauf mit einem verstärkten Kampf zum Schutz der demokratischen Verfassungsbestimmungen. Dieser Kampf ist eine programmatische Forderung der kommunistischen und Arbeiterparteien und nimmt in ihrer Tätigkeit einen wichtigen Platz ein. Er hat wiederholt zum Erfolg geführt; viele reaktionäre Anschläge auf die Verfassung wurden vereitelt (denken wir nur an das Scheitern der Versuche der japanischen Reaktion, die Friedensartikel der Verfassung zu ändern). Dennoch unterscheidet sich in den genannten Ländern die „lebende Verfassung“ wesentlich von der juristischen. Es zeigt sich sogar eine Tendenz, die so formuliert werden kann: Je demokratischer die Verfassung, desto größer die Gefahr ihrer formellen Änderung oder des Anwachsens ihrer Fiktivität. 6 Vgl.: Der Verfassungsmechanismus der Diktatur der Monopole, Moskau 1964 (russ.); Der politische Mechanismus der Diktatur der Monopole, Moskau 1974 (russ.).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 458 (NJ DDR 1986, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 458 (NJ DDR 1986, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit nach dem Primat der Vorbeugung in dar politisch-operativen Arbeit im Sinnees darf nichts passieren durch die Aufdeckung und Aufklärung der Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei , Berichterstattert Genosse Erich Honecker, Bietz-Verlag Berlin, - Hede des Genossen Erich Hielke zur Eröffnung des Partei lehrJahres und des vom Bericht des Politbüros an das der Tagung des der Partei , Dietz Verlag Berlin Über die Aufgaben der Partei bei der Vorbereitung des Parteitages, Referat auf der Beratung das der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? wurden in guter Qualität erfüllt. Zur Unterstützung cor politisch-operativen Aufklarungs- und Ab-wehrarbeit anderer Diensteinneiten Staatssicherheit wurden., üoer, Auskunftsersuchen zu Personen ozwsännen-hängen aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit Sie werden durch die konkret zu lösende operative Aufgabe, die dabei wirkenden Regimeverhältnisse und die einzusetzenden Mittel und Methoden bestimmt.

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