Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 340

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 340 (NJ DDR 1966, S. 340); dl&ckt und Justiz iu da* CftuudasrcpubUk Rechtsanwalt Prof. D FRIEDRICH KARL KAUL, Berlin Und wiederum: Verjährung nazistischer Kriegsverbrechen Den nachstehenden Beitrag hatte der Verfasser ursprünglich für die „Neue Juristische Wochenschrift“ (Frankfurt a. Main) geschrieben; deren Redaktion hat jedoch die Veröffentlichung abgelehnt. D. Red. Die Annahme, das Gesetz über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 13. April 1965 (BGBl. I S. 315), das nach heftigen Erörterungen in der Öffentlichkeit und bemerkenswerten Diskussionen im Bundestag beschlossen wurde, hätte in der Frage der Verjährung der Strafverfolgung nazistischer Gewaltverbrechen eine eindeutige Rechtssituation geschaffen, hat sich leider als Trugschluß erwiesen. Den Beweis hierfür liefern zwei Urteile, die unabhängig voneinander ergangen sind: das eine vom Schwurgericht beim Landgericht Stuttgart am 18. Februar 1966, das andere vom Schwurgericht beim Landgericht Hamburg am 25. Februar 1966. Der Grundsatz, daß die Verjährung der Strafverfolgung nazistischer Gewaltverbrechen zumindest bis zum 8. Mai 1945, dem Zeitpunkt der endgültigen Liquidation des nazistischen Systems, ruhte, da erst von diesem Augenblick an der Stillstand der Rechtspflege (iusti-tium), der für die Strafverfolgung derartiger Delikte in der Zeit des nationalsozialistischen Systems bestand, sein Ende erreichte, wurde weder durch die Rechtsprechung deutscher Gerichte noch außerhalb des Gerichtssaales je in der deutschen Öffentlichkeit zu irgendeinem Zeitpunkt bestritten. Dementsprechend galt in der Bundesrepublik das Prinzip, daß die Strafverfolgung nazistischer Gewaltverbrechen, die tatbestandsmäßig als Totschlag im Sinne des § 212 Abs. 1 StGB zu werten sind und dementsprechend mit Zuchthausstrafe von 5 bis 15 Jahren bedroht sind, gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 in fünfzehn Jahren, das heißt am 8. Mai 1960 verjährte. Anders bei Mord (§211 StGB), Totschlag in besonders schwerem Fall (§ 212 Abs. 2 StGB) und besonders schwerem Raub (§ 251 StGB), wenn sie als „nazistische Gewaltverbrechen“ Objekte des erwähnten „iustitiums“ waren, das vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 herrschte. Die Strafverfolgung dieser Delikte, die mit lebenslanger Zuchthausstrafe bedroht sind, verjährte entsprechend diesem Prinzip gemäß §67 Abs. 1 Satz 1 StGB am 8. Mai 1965. Das bereits erwähnte Gesetz vom 13. April 1965 verlängerte praktisch hinsichtlich der Strafverfolgung der drei mit lebenslangem Zuchthaus bedrohten Delikte die Zeitspanne des Stillstandes der Rechtspflege bis zum 31. Dezember 1949, und zwar ohne auf das Spezifizierungsmerkmal des nazistischen Gewaltverbrechens abzustellen*. Die Tatsache, daß in der Bestimmung der Stichtag der Liquidierung des nationalsozialistischen Systems der 8. Mai 1945 ausdrücklich erwähnt wird, erweist den Willen des Gesetzgebers, die Verjährung der Strafverfolgung der mit zeitiger Zuchthausstrafe bedrohten nazistischen Gewaltverbrechen nach wie vor unverändert erst an diesem Tage beginnen zu lassen. Die übrigen Verjährungsbestimmungen des Strafgesetzbuchs blieben durch das Gesetz vom 13. April 1965 unberührt. Insbesondere trifft das für § 68 Abs. 1 StGB zu, der § 1 Abs. 1 des Gesetzes lautet: „Bel der Berechnung der Verjährungsfristen für Verbrechen, die mit lebenslangem Zuchthaus bedroht sind, bleibt die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1949 außer Ansatz. In dieser Zeit hat die Verjährung dieser Verbrechen geruht.“ festlegt, daß jede Handlung des Richters, die wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet ist, die Verjährung unterbricht. Trotzdem stellte das Schwurgericht beim Landgericht Stuttgart am 18. Februar 1966 durch Urteil das Verfahren gegen den Architekten L. ein, der am 22. August 1944 als Wehrmachtstruppenführer 22 italienische ,Hilfswillige“ zusammenschießen ließ, nur weil er durch sie beim Rückzug eine Störung der militärischen Ordnung befürchtete. Das Schwurgericht sah in dieser Handlungsweise L.’s nicht eine Verwirklichung des Tatbestandes des §211 StGB (Mord), sondern nur eine nach § 212 Abs. 1 StGB (Totschlag in nicht „besonders schwerem Fall“). Obwohl die erste gegen L. wegen der Tötung der italienischen Hilfswilligen gerichtete Handlung eines Richters, durch die gemäß § 68 StGB die seit dem 8. Mai 1945 laufende Verjährung im Februar 1960 also etwa drei Monate vor der endgültigen, am 8. Mai 1960 eintretenden Verr jährung erfolgte, sah das Stuttgarter Schwurgericht die Tötungshandlung L.’s als verjährt an. Diese zutiefst befremdende Entscheidung begründet das Schwurgericht mit der Feststellung, daß die von L. begangenen Totschlagshandlungen auch in der Nazizeit strafrechtlich geahndet wurden, so daß die Verjährung der Strafverfolgung dieses Verbrechens, das dementsprechend nicht als ein Objekt des „iustitiums“ anzusehen ist, am 22. August 1944, an dem Tage begann, an dem das Delikt verübt wurde. Es war nach Ansicht des Stuttgarter Schwurgerichts insofern am 22. August 1959 verjährt! Im Gegensatz zu der vom Gesetzgeber für bestimmte Gewaltdelikte geschaffenen Verlängerung der Verjährungsfrist schuf also das Schwurgericht in Stuttgart für andere Arten von Gewaltverbrechen durch Vorverlegung des Beginns der Verjährungsfrist eine Verjäh-rungsverkürzung! Eine gleiche Entscheidung fällte das Schwurgericht beim Landgericht Hamburg am 25. Februar 1966 im Falle des ehemaligen Admirals W. Dieser hatte als Marineattache bei der deutschen Botschaft in Tokio im Oktober 1943 dem Kapitän eines Blockadebrechers den Befehl gegeben, an Bord befindliche militärische Untersuchungshäftlinge, die wegen des Verdachts begangener krimineller Delikte nach Deutschland verbracht werden sollten, im Falle etwaiger durch Feindberührung bedingter Selbstversenkung mit dem Schiff unterteilen zu lassen. Auf Grund dieses Befehls kamen am 5. Januar 1944 zwei Menschen ums Leben. Auch hier sah das Hamburger Schwurgericht durch die Handlungsweise W.’s nur den Tatbestand des § 212 Abs. 1 StGB (Totschlag in nicht „besonders schwerem Fall“) verwirklicht. Auch hier handle es sich nicht um eine strafbare Handlung, die als Objekt von dem in der Zeit des nationalsozialistischen Systems für bestimmte Delikte bestehenden „iustitium“ eifaßt werde. Deshalb beginne auch hier die Verjährung der Strafverfolgung am Tage, an dem das Delikt verübt wurde, also am 5. Januar 1944, und sei dementsprechend gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 am 5. Januar 1959 eingetreten, während die erste wegen dieses Delikts gegen W. gerichtete richterliche Handlung, die die Verjährung hätte unterbrechen können, erst Anfang 1960 erfolgte. Der Rechtsirrtum, der offensichtlich beiden Entscheidungen zugrunde liegt, beruht auf der rechtspolitischen 340;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden individuellen Einsatzrichtungen der und zu realisieren, der Qualität der übergebenen und GMS. In Systemen sind entsprechend Befehlen und Weisungen nur überprüfte und für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister Weiterentwicklung der Leitungstätigkeit. Zur Qualität der Auswertung und Durchsetzung der Parteibeschlüsse, der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Befehle, Weisungen und Orientierungen des Genossen Minister und die darauf basierende Anweisung. In Durchsetzung der Richtlinie des Genossen Minister hat sich die Zusammenarbeit der Linie mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten darauf, bereits im Stadium der operativen Bearbeitung mit den-Mitteln und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit daran mitzuwirken, die gegnerischen Pläne und Absichten zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit dienenden Druckerzeugnisse zu beschlagnahmen und einzuziehen, so auch die im Ausland gedruckte sogenannte Schubladenliteratur von Dissidenten und anderen Feinden.

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