Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 219

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 219 (NJ DDR 1962, S. 219); Schaftsgefährlichkeit und dem Persönlichkeitsbild des Täters nach eine bedingte Verurteilung rechtfertigen. So hatte z. B. eine Brigade eines Wasserwirtschaftsbetriebes an ihrer Arbeitsstelle Gänse entwendet. Drei Täter hatten Gänse der LPG entwendet und wurden nach § 29 StEG bedingt mit einer Zusatzgeldstrafe verurteilt. Zwei Täter hatten je zwei Gänse entwendet, die zu persönlichen Hauswirtschaften von Genossenschaftsbauern gehörten. Sie wurden nach § 242 StGB verurteilt. Diese Bestimmung läßt jedoch die Zusatzgeldstrafe zur bedingten Verurteilung nicht zu. Da bei den letztgenannten Tätern auch das Merkmal der Gewinnsucht nicht bejaht werden konnte, erhielten sie allein eine bedingte Verurteilung, obwohl Zusatzgeldstrafe angebracht gewesen wäre. In dieser Richtung haben wir von der Zusatzgeldstrafe bei Verkehrsdelikten unter Alkoholeinfluß Gebrauch gemacht. Verurteilungen nach § 49 StVO sind in unserem Kreis häufig zu verzeichnen, ebenso nach § 92 StVZO. Obwohl es sich um einen Schwerpunkt in der Kriminalität des Kreises handelt, wenden wir, sofern kein Unfall verschuldet wurde, bei erstmals in Erscheinung tretenden Tätern und guten Leistungen am Arbeitsplatz zumeist noch die Strafart der bedingten Verurteilung an. Wir haben es hier mit Tätern zu tun, die sich z. B. ein Motorrad gekauft haben und bereits vor Ablegung der Fahrerlaubnisprüfung mit ihrer Maschine umherfahren. Oder aber sie haben unterwegs Alkohol getrunken und versuchen, irgendwie über Nebenstraßen nach Haus zu kommen, wobei sie meinen, dies sei nicht so schwerwiegend. Der Verdienst dieser Täter ist zumeist ausgezeichnet, insbesondere, wenn sie gute Leistungen an ihrer Arbeitsstelle zeigen. In derartigen Verfahren wegen Verstoßes gegen § 49 StVO bzw. § 92 StZVO verbinden wir die bedingte Verurteilung fast immer mit einer Geldstrafe von 150 bis 500 DM. Und diese wird von den Verurteilten schmerzhaft empfunden, da sie sich während einiger Wochen doch manches versagen müssen. Die bedingte Verurteilung allein wird gerade von dem Täterkreis junger Menschen, denen wir in Verkehrsstrafsachen häufig begegnen, noch zu leicht empfunden. Man kann nach Hause gehen, und über die Bewährungszeit wird man schon kommen, denken diese Täter. Deshalb ist ihnen gegenüber eine empfindliche Zusatzgeldstrafe angebracht4. * Ich ziehe aus den genannten Beispielen folgende Schlußfolgerungen, insbesondere für das zukünftige Strafensystem in einem neuen StGB: 1. Die Geldstrafe sollte wahlweise bei allen Delikten neben Freiheitsstrafe, bedingter Verurteilung, öffentlichem Tadel angedroht werden, bei denen eine Begehungsform minderer Gesellschaftsgefährlichkeit möglich ist. Dabei sollten wir von der Vorstellung loskommen, die Geldstrafe als eine Art Spezialstrafe für Eigentumsdelikte zu betrachten, auch wenn hier ihr Hauptanwendungsgebiet liegen dürfte, sondern sollten sie als Erziehungsstrafe ansehen, die bei gering gesellschaftsgefährlichen Handlungen zur Anwendung kommt und nicht die gleichen strengen Voraussetzungen an den Bewußtseinsstand des Täters wie die Strafart des öffentlichen Tadels stellt. Meines Erachtens könnte grundsätzlich in all den Fällen, in denen die Strafnorm den öffentlichen Tadel allein oder neben anderen Strafarten androht, auch die Anwendungsmöglichkeit der 4 Zur Ansicht des Verfassers, daß von Tätern und z. T. auch von der Bevölkerung die neuen Strafarten nicht ernst genommen werden, und zu den teilweise von ihm daran geknüpften Schlußfolgerungen vgl. die Argumentation von Renneberg in: Das Strafensystem im künftigen sozialistischen Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik, VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961, S. 17, insb. S. 24 f. D. Red. Geldstrafe gegeben sein, soweit in Ansehung aller objektiven und subjektiven Umstände der Tat zu erwarten ist, daß das erzieherische Ziel der Bestrafung mit einer Geldstrafe verwirklicht werden kann. Gesetzestechnisch könnte diese allgemeine Anwendungsmöglichkeit der Geldstrafe als Hauptstrafe in einer Generalbestimmung des allgemeinen Teils des zukünftigen StGB vorgesehen werden, so daß bei den einzelnen Strafnormen die Geldstrafe nicht ausdrücklich erwähnt zu werden braucht. Dies würde bedeuten, daß dann bei all den Strafbestimmungen, die nicht die Strafdrohung des öffentlichen Tadels enthalten, die Geldstrafe als Hauptstrafe nicht angewandt werden kann, es sei denn, sie wird ausdrücklich genannt. 2. Die Geldstrafe sollte in einem zukünftigen Strafgesetzbuch ihrer Höhe nach begrenzt werden. Die Mindestgrenze der Geldstrafe als Hauptstrafe sollte bei 50 DM oder bei 100 DM liegen. Die Mindestgrenze von gegenwärtig 3 DM im StGB verniedlicht die Geldstrafe. Andererseits sollte die Höchststrafe wesentlich niedriger als gegenwärtig angesetzt werden. Meines Erachtens reicht eine Höchstgrenze von 2500 DM für die Strafpraxis aus, wobei evtl, für den Fall erschwerender Umstände, wie Gewinnsucht usw., eine Höhe der Geldstrafe bis zu 5000 DM angedroht werden könnte. 3. Stärkere Anwendungsmöglichkeiten wird die Geldstrafe auch zukünftig als Zusatzstrafe haben. Sie sollte, wie dies bereits im StEG ausgesprochen ist, stets neben dem öffentlichen Tadel zur Verstärkung der erzieherischen Wirkung ausgesprochen werden können. Wir haben diese Möglichkeit bei Eigentumsdelikten, Beleidigungen, Sachbeschädigungen, leichten Körperverletzungen und auch bei einzelnen Verkehrsvergehen, wie z. B. Fahren ohne Fahrerlaubnis, genutzt. Dies hat sich stets nachhaltig auf den Täter ausgewirkt, auch wenn hier und da die Gefahr bestand, daß der Verurteilte mehr die Zusatzgeldstrafe als den öffentlichen Tadel als Strafe empfand. Meines Erachtens sollte ebenso wie beim öffentlichen Tadel auch bei der bedingten Verurteilung durch eine Blankettbestimmung den Gerichten die Möglichkeit eingeräumt werden, auf eine zusätzliche Geldstrafe zu erkennen. Ich habe bereits einige Beispiele angeführt, in denen wir es bedauerten, die bedingte Verurteilung nicht mit einer Geldstrafe verbinden zu können. Die Anwendung der Geldstrafe als Zusatzstrafe zu einer bedingten Verurteilung betrifft vor allem Straftaten gegen gesellschaftliches oder persönliches Eigentum, ebenso aber Verkehrsvergehen, Körperverletzungsdelikte, soweit sie nicht rowdyhaften Charakter tragen und deshalb Freiheitsstrafe erfordern, Vergehen gegen die öffentliche Ordnung u. a. m. In der Gerichtspraxis treffen wir bei derartigen Straftaten immer wieder auf Täter zwischen 18 und 25 Jahren, die in der Produktion gut arbeiten, sich aber in bestimmten Situationen nicht beherrschen können und einmalig straffällig werden. Die betreffenden Täter treten nicht selten großspurig und überheblich auf. Sie verdienen gut, haben noch keine Unterhaltspflichten, sprechen oft übermäßig dem Alkohol zu. Sie sind auch in der Hauptverhandlung oft noch obenauf, da sich ihr Betrieb für sie einsetzt und sie bestimmt eine bedingte Verurteilung erwarten. Eine bedingte Verurteilung, verbunden mit zusätzlicher Geldstrafe, wirkt auf diesen Täterkreis sehr nachhaltig und macht einigen Verurteilten überhaupt erst den Strafcharakter der bedingten Verurteilung deutlich. Neben unbedingten Freiheitsstrafen sollten Geldstrafen als Zusatzstrafen nur dann in Betracht kommen, wenn der Täter empfindlich in seinen Vermögensinteressen getroffen werden muß, d. h. also insbesondere, wenn er aus gewinnsüchtigen Motiven oder aus spekulativen Gründen handelte und sein Vermögen 219;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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