Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 523

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 523 (NJ DDR 1962, S. 523); und Nützlichkeit solch einer systematischen Darstellung der Beweise offensichtlich ist. Ein weiterer Mangel besteht darin, daß "fteumundsberichte des Abschnittsbevollmächtigten, Kaderbeurteilungen der Betriebe, sogar Vermerke des Untersuchungsorgans u. ä. Unterlägen, die keine gerichtswürdigen Beweismittel darstellen, in der Anklageschrift aufgeführt werden. Das widerspricht dem Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisführung. Es dürfen nur solche Beweismittel in der Anklage genannt werden, die das Gericht in der Beweisaufnahme anwenden kann (§§ 206, 207, 209, 211 StPO). 2. Bei der Darstellung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses in der Anklageschrift kommt es auf Genauigkeit, Kürze und Sachbezogenheit an. Der Staatsanwalt hat das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dahingehend zusammenzufassen, daß er eine exakte Darstellung des Handlungsablaufes gibt, durch den der Tatbestand des Gesetzes erfüllt wird, die wesentlichen Merkmale der Persönlichkeit des Täters aufzeigt und die Umstände nennt, unter denen die Tat begangen wurde. Das Tatgeschehen muß chronologisch mit Motiv und Zielsetzung, mit Begehungsweise, Intensität und Folgen der verbrecherischen Handlung geschildert werden. In dieser Hinsicht gibt es in der Praxis große Mängel. Der Hauptfehler besteht in einer routinemäßigen und schablonenhaften Anklageerhebung, die ihren Ausdruck in einer mechanischen Aufteilung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses in Person, Sachverhalt, Beweiswürdigung und abstrakte gesellschaftspolitische Einschätzung findet12. Diese schädliche Trennung, durch die die Sachlichkeit und Überzeugungskraft der Anklageschrift wesentlich beeinträchtigt wird, ist nicht nur auf eine Unterschätzung der Bedeutung der Anklageschrift im sozialistischen Strafprozeß durch die Staatsanwälte, sondern auch darauf zurückzuführen, daß in der Fachliteratur und in veröffentlichten Mustern von Anklagen eine solche schematische Richtung gewiesen wurde. Auch Bell, der in seinen Ausführungen zwar vor der Gefahr des Schematismus warnt, spricht von den vier Elementen im wesentlichen Ermittlungsergebnis und bringt dazu und entsprechend diesem Aufbau seine Darlegungen13. Das Kernstück des wesentlichen Ermittlungsergebnisses ist die Sachdarstellung; denn nur wegen der verbrecherischen Tat wird die Anklage erhoben. Ausführungen zur Person des Täters, zur Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat oder zu bestimmten Umständen, unter denen die Tat begangen wurde bzw. begangen werden konnte, dürfen deshalb niemals getrennt behandelt, sondern müssen organisch mit der Schilderung des Handlungsablaufs verbunden werden. Die bisherige Praxis, das wesentliche Ermittlungsergebnis mit der Schilderung der Person oder mit der Darstellung der Gesellschaftsgefährlichkeit zu beginnen, muß deshalb überwunden werden. Wie der Staatsanwalt das wesentliche Ermittlungsergebnis einleitet, hängt von der Sache selbst ab. Es gibt in der Regel drei Möglichkeiten: In vielen Fällen wird es zweckmäßig und durchaus richtig sein, sofort mit der Schilderung des Tatgeschehens zu beginnen. Wenn die Tat dürch eine besondere Situation hervorgerufen oder unter bestimmten Umständen, die das Gesamtgeschehen erst verständlich machen, begangen wurde, so sollte mit der Schilderung dieser Situation begonnen werden. Bei Verbrechen, die sich als eine Folgeerscheinung der 12 Vgl. hierzu auch Bein, „Für eine höhere Qualität des Schlußberichts“, Schriftenreihe der Deutschen Volkspolizei 1962, Heft 5, S. 524. 13 Bell, a. a. O., S. 746 f. bisherigen Entwicklung des Täters darstellen, kann man die Persönlichkeitsmerkmale zum Ausgangspunkt nehmen14. Unabhängig vom Beginn und vom Aufbau muß jedoch das wesentliche Ermittlungsergebnis stets eine dialektische Einheit darstellen, d. h., alle weiteren Ausführungen müssen mit dem Kernstück, nämlich mit der verbrecherischen Tat, einen Zusammenhang haben. In der vorhin genannten Anklage wegen Untreue durch unberechtigte Erteilung von Kooperationsaufträgen wurde das wesentliche Ermittlungsergebnis folgendermaßen aufgebaut: Es wurde zunächst die Funktion des Beschuldigten als Produktionsleiter und der sich daraus ergebende Verantwortungsbereich genannt. Daran anschließend erfolgte eine kurze Darstellung seiner beruflichen Entwicklung und erreichten Qualifikation. Es wurden dann die betriebliche Situation, die vorhandenen Produktionsschwierigkeiten, die Schwächen in der Durchsetzung des Produktionsaufgebots und die sich daraus ergebenden Motive des Beschuldigten geschildert, die ihn zur unberechtigten Erteilung von Kooperationsaufträgen an bestimmte, von ihm bevorzugte Betriebsangehörige veranlaßten. Danach folgte die Aufzählung des Handlungsablaufes im einzelnen unter Darlegung der Verletzung betrieblicher Arbeitsanweisungen. Abschließend wurden der dadurch entstandene materielle Gesamtschaden und der grobe Vertrauensbruch aufgezeigt, durch den eine Mißstimmung unter den Arbeitern des Betriebes entstanden war. 3. Genauigkeit, Kürze und Sachbezogenheit der Darstellung im wesentlichen Ermittlungsergebnis erfordern ferner, daß jegliche Vermutungen und Wahrscheinlichkeitsbehauptungen in der Anklageschrift unterbleiben. In einer Strafsache wegen Unterschlagung durch eine Verkaufsstellenleiterin war zugleich in der Verkaufsstelle ein die Unterschlagungssumme weit übersteigendes Manko festgestellt worden. In der Anklageschrift machte der Staatsanwalt Ausführungen über die Annahme, daß die Unterschlagungen der Beschuldigten weitaus höher sein dürften, als sie im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachgewiesen werden konnten. Solche Erörterungen, die eines exakten Nachweises entbehren, gehören nicht in die Anklageschrift. Sie haben für die Hauptverhandlung keine rechtliche Bedeutung, erwecken Zweifel an der Objektivität der Untersuchungen und mindern die Überzeugungskraft der Anklageschrift. Zu vermeiden sind auch Ausführungen über Nebenumstände, die weder für die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung noch zur Charakterisierung der Tat bedeutsam sind. In einer Strafsache hatte ein Kraftfahrer nach vorangegangener Zechtour mit Kollegen seiner Arbeitsstelle infolge Trunkenheit am Lenkrad einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht. Bei der Anklageerhebung war es notwendig, im wesentlichen Ermittlungsergebnis die einzelnen Gaststätten, die aufgesucht worden waren, die Zeit des dortigen Aufenthaltes und die Menge der genossenen alkoholischen Getränke möglichst genau aufzuführen. Es war aber nicht erforderlich, alle weiteren Einzelheiten der Zechtour, wie z. B. die zwischen den Beschuldigten geführten Gespräche persönlicher Art, zu schildern. Der Staatsanwalt muß bei der Vorbereitung der Anklage genau überlegen, welche im Ermittlungsverfahren getroffenen Feststellungen so wesentlich sind, daß sie in die Anklageschrift entweder zum Nachweis der Tat- 14 Vgl. hierzu Bein, a. a. O., sowie Dorau, „Der Schlußbericht muß Ausdruck einer exakten Analyse der untersuchten Gesetzesverletzung sein“, Schriftenreihe der Deutschen Volkspolizei 1962, Heft 1, S. 80. Wenn deren Ausführungen auch für den Aufbau des Schlußberichts gedacht sind, so lassen sie sieh doch ebenso für die Anklageschrift verwerten. 523;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 523 (NJ DDR 1962, S. 523) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 523 (NJ DDR 1962, S. 523)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen. Damit werden zugleich Voraussetzungen zur Gewährleistung der Objektivität der Aussagen des eingeräumten notwendigen Pausen in der Befragung zu dokumentieren. Die Erlangung der Erklärung des dem Staatssicherheit bis zur Klärung des interessierenden Sachverhaltes sich im Objekt zur Verfügung zu stellen, bereitet in der Praxis kaum Schwierigkeiten. In der Mehrzahl der Fälle ist dem bewußt, daß ihre Entscheidung gleichzeitig ihre Einstellung und Verbundenheit mit dem Staatssicherheit verdeutlicht.

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