Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 717

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 717 (NJ DDR 1956, S. 717); Wenn Nathan ferner der Ansicht ist, der Artikel von Streit in NJ 1956 S. 176 hätte dem Obersten Gericht Veranlassung sein müssen, eine Entscheidung zu fällen, so erhebt sich die Frage, was denn das Oberste Gericht entscheiden sollte? Etwa die Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts, von denen Nathan selbst sagt, daß sie niemals in der Literatur und Rechtsprechung einem Zweifel begegnet sind? Ich habe die am Rande der sonstigen Ausführungen gemachte Äußerung von Streit wie wohl auch jeder andere Leser der NJ nur als Ausdruck seiner Empörung über die Form verstanden, in der ein Rechtsanwalt unter Berufung auf gesetzliche Möglichkeiten des Vollstreckungsrechts gegen einen Kostenschuldner vorgeht, dem nach Streits Ansicht von jedem am Verfahren Beteiligten offensichtlich erkennbar Unrecht geschehen ist. Es bleibt unklar, was hier zur Anleitung der Instanzgerichte hätte entschieden werden sollen. Die Richter des Obersten Gerichts wissen, daß ihre Arbeit besser sein müßte und die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik in verstärktem Maße Anleitung durch beispielhafte Urteile erhalten müßten. Dabei darf die Tatsache nicht übersehen werden, daß das Oberste Gericht mit der Einführung des Neuen Kurses im Jahre 1953 erstmalig vor der Situation stand, die grundsätzlichen Fragen seiner Rechtsprechung vor allem in Strafsachen, aber auch in Zivilsachen in entscheidendem Maße zu korrigieren. Diese Verpflichtung hat das Oberste Gericht trotz der seiner Tätigkeit in den vorausgegangenen Jahren von der Öffentlichkeit und insbesondere auch von Nathan gezollten Anerkennung13) nicht leicht genommen. Durch die in vielen Fällen vom Präsidenten des Obersten Gerichts selbst beantragten Kassationen zahlreicher eigener Entscheidungen hat es versucht, die reale Grundlage zu finden, die notwendig ist, um mit seiner Rechtsprechung dem gesellschaftlichen Fortschritt zu dienen, dabei aber in so bedeutsamen Fragen wie der Frage der einengenden oder ausdehnenden Rechtsanwendung, der Prinzipien des Strafmaßes und zu anderen grundsätzlichen Problemen die notwendige Ausgeglichenheit und Beständigkeit zu finden. Trotz aller Bemühungen in dieser Richtung ist es dem Obersten Gericht bisher nicht völlig geglückt, sich von Fehlern der Tätigkeit in den ersten Jahren seines Bestehens freizumachen und eine eindeutig klare Linie zu entwickeln. Es ist mit aller Konsequenz bemüht, jegliche Überspitzung in der Anwendung des Art. 6 auf Staatsverbrechen zu vermeiden, neue Grundsätze für das richtige Strafmaß zu finden und auf den Gebieten des Zivil-, Straf- und Verfahrensrechts die unbedingte Einhaltung der demokratischen Gesetzlichkeit in seiner eigenen Arbeit wie auch in der Tätigkeit der Instanzgerichte zu erreichen. Dazu bedient es sich in weitgehendem Umfang der Kassation. Mit den wenigen 13) vgl. NJ. 1951 S. 544. zur Verfügung stehenden Kräften hat das Oberste Gericht im Jahre 1956 bisher mehr Kassationsanträge in Strafsachen gestellt als die Oberste Staatsanwaltschaft; die Zahl ‘der Kassationsanträge in Zivilsachen liegt beim Obersten Gericht nicht erheblich unter der der Obersten Staatsanwaltschaft. Das Oberste Gericht führt eine ernste selbstkritische Auseinandersetzung mit seiner eigenen Arbeit, die heute noch nicht abgeschlossen ist. Wenn Nathan meint, daß das Oberste Gericht notwendigen Stellungnahmen ausweiche und daß sich in der geringen Zahl der veröffentlichten Grundsatzentscheidungen „mangelnde Entscheidungsfreudigkeit“ widerspiegele, so übersieht er, daß nur ein äußerst geringer Prozentsatz der Rechtsprechung im Wege des Rechtsmittels oder der Kassation an das Oberste Gericht kommt und daß das Oberste Gericht gar keinen Stab von Mitarbeitern hat, mit dem es sich die Materialien für die „Grundsatzentscheidungen“ von den Gerichten der Republik beschaffen könnte. Es darf doch nicht verkannt werden, daß nur die Oberste Staatsanwaltschaft und das Justizministerium ihre bis in die kleinsten Kreise reichende unmittelbare personelle Verbindung haben. Das Oberste Gericht läßt aber auch die Dinge nicht nur an sich herankommen, sondern bemüht sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, grundsätzliche Zweifelsfragen von den Instanzgerichten in Erfahrung zu bringen, z. B. durch ständige Teilnahme an den Revisionen des Justizministeriums und durch fortlaufende Beobachtung der Rechtsprechung auf bestimmten Rechtsgebieten (z. Z. der Rechtsprechung der Bezirksgerichte in Ehesachen), wobei die Ergebnisse in gemeinsamen Arbeitsbesprechungen mit den Richtern der betreffenden Bezirksgerichte behandelt werden. Das Oberste Gericht beabsichtigt auch, durch die Beteiligung von Universitätsprofessoren als außerplanmäßigen Richtern eine Vertiefung seiner Entscheidungen herbeizuführen. Aber alle diese Maßnahmen können nicht zu einer systematischen und für die Instanzgerichte wirklich nutzbringenden Arbeit führen. Dazu gehört vielmehr eine sorgfältig abgestimmte Zusammenarbeit aller drei zentralen Justizorgane. Das gilt entsprechend auch für die Kreise und Bezirke. Nur so kann eine sinnvolle Rechtsprechung entwickelt werden, weil dann die Entscheidung darüber, was grundsätzliche Rechtsfragen sind, unter umfassender Beteiligung der Richter und Staatsanwälte in den Bezirken und Kreisen entschieden wird, deren unmittelbare Verbindung mit der Bevölkerung dazu beitragen wird, auch die Werktätigen mit den Rechtsproblemen vertraut zu machen. Möge auch die Rechtswissenschaft Wege finden, um mit ihrem Wissen die Arbeit der Praxis mehr als bisher zu unterstützen. Eine selbstkritische Betrachtung der bisherigen Arbeit würde dem sicherlich sehr förderlich sein. Verbrechen und Klassenkampf Bericht über eine Tagung der Abteilung Strafrecht des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft Von MICHAEL BENJAMIN, Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Kreises Merseburg Am 16. November 1956 fand in Berlin eine erweiterte Tagung der Abteilung Strafrecht des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft statt, auf der über die Fragen des Zusamenhanges zwischen Verbrechen und Klassenkampf gesprochen wurde. Diese Frage hat in der letzten Zeit die Gemüter von Theoretikern und Praktikern sehr bewegt. In der Tages- und Fachpresse fand hierzu, wie bekannt, eine ausführliche Diskussion statt. Die Tagung sollte nun das Fazit aus dieser Diskussion ziehen. Sie erhielt ein besonderes Gewicht durch die Teilnahme der führenden Vertreter unserer Justizbehörden und anderer Praktiker. Auf der Tagesordnung standen zwei Referate, von denen das erste, „Strafrecht und Klassenkampf“, gemeinsam von Lekschas und Renneberg gehalten wurde. Sie legten noch einmal ausführlich den von ihnen vertretenen Standpunkt dar, der. im wesentlichen derselbe ist wie der der meisten Theoretiker in der Diskussion auf den Seiten der „Neuen Justiz“. Ein großer Teil ihrer Ausführungen, insbesondere der Teil, der von Lekschas vorgetragen wurde, beschäftigte sich mit dem Nachweis des Klassencharakters des Strafrechts. Hierbei wurden mit außerordentlicher Gründlichkeit Zitate der Klassiker des Marxismus-Leninismus herangezogen und nachgewiesen, daß der Klassenkampf eine objektive, vom Bewußtsein der Handelnden unabhängige Kategorie ist. Das Recht wie auch der sozialistische Staat sind Produkte der Klassengesellschaft und tragen Klassencharakter. Lekschas und Renneberg wandten sich insbesondere gegen die These, daß der Klassenkampf lediglich in offenen gewaltsamen Zusammenstößen der kämpfenden Klassen bestehe. Sie wiesen nach, daß der Klassenkampf auf allen Gebieten des politischen und ökonomischen Lebens geführt wird und insbesondere sich auch im ideologischen Kampf äußert. Dies gelte auch für die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus, in der sich die Deutsche Demokratische 7/7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 717 (NJ DDR 1956, S. 717) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 717 (NJ DDR 1956, S. 717)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit der durch dasVogckiinininis Bedroh- ten zu schützen, - alle operativ-betjshtrefi Formationen entsprechend der er-, jilf tigkeit zu jne;a und weiterzuleiten, die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit ihnen durch die Linie Untersuchung unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ein erhöhtes qualitatives Niveau erfordert.

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