Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 448

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 448 (NJ DDR 1955, S. 448); Nur wenn sich dafür aus dem Ergebnis der Verhandlungen und der Beweisaufnahme hinreichende Anhaltspunkte bereits ergeben hätten oder von dem Kläger vorgebracht werden könnten, sei es nötig, noch weitere Beweise zu erheben durch nochmalige Vernehmung des von dem klagenden Ehemann benannten Mehrverkehrszeugen und durch die Beiziehung eines beide Männer umfassenden Blutgruppengutachtens, um zu klären, ob der Kläger etwa durch dessen Ergebnis als Vater des verklagten Kindes ausgeschlossen werden könne. Ob in letzter Reihe auch noch ein auf den Kläger und den Mehrverkehrszeugen zu erstreckendes Ähnlichkeitsgutachten anzufordern sein werde, könne erst nach Erschöpfung und Würdigung der zuvor durchzuführenden Beweiserhebungen entschieden werden. Aber auch diese Ausführungen des Obersten Gerichts haben, obwohl sie wichtige Hinweise auf die Voraussetzungen und den Beweiswert erbbiologischer Gutachten enthalten, noch nicht eindeutig und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die mit der Methode des Ähnlichkeitsvergleichs festgestellten Wahrscheinlichkeitsgrade für sich allein beim Versagen anderef Beweismittel nicht geeignet sein können, positive oder negative Ergebnisse in bezug auf die Feststellung der offenbaren Unmöglichkeit einer Vaterschaft zu erbringen. Zwischen Vater und Kind bestehen neben den übereinstimmenden Merkmalen auch Verschiedenheiten. Weil in jedem Ähnlichkeitsvergleich positive und negative Merkmale enthalten sind, ergibt das darauf beruhende Gutachten je nach dem Überwiegen der positiven oder negativen Merkmale immer nur eine Wahrscheinlichkeitsentscheidung. Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß sich die vererblichen Merkmale des Vaters jeweils nur in verschieden hohem Grade, stärker oder schwächer, in dem Kinde verwirklichen. Die erbbiologische Untersuchung stellt also infolge ihrer vergleichenden Methode nur Ähnlichkeitsgrade fest und kann daher im Ergebnis nur zur Feststellung einer gewissen Wahrscheinlichkeit kommen. Diese kann bei der Erforschung der objektiven Wahrheit durch das Gericht nicht allein zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden. Vielmehr müssen noch weitere wesentliche Tatumstände während des Prozeßverlaufs ermittelt werden, die im Zusammenhang mit dem erbbiologischen Gutachten das Gericht von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugen. Versagen alle anderen Beweismittel, so kann durch ein erbbiologisches Gutachten allein der Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit einer Vaterschaft nicht erbracht werden. Die Aufgabe der Sachverständigen bei der Ausführung derartiger Gutachten besteht darin, dem Richter eine möglichst fehlerfreie, d. h. auch möglichst objektive Wahrnehmung jener Tatsachen und Erscheinungen zu vermitteln, die zur Feststellung der objektiven Wahrheit dienen. Wie weit das gelingt, hängt vom Grad der Entwicklung der Naturwissenschaft ab. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind ohne Zweifel von großer Bedeutung für das Beweisrecht, denn sie unterstützen den Richter bei der Analyse verschiedener Tatumstände. Aber dessen ungeachtet bleibt das Gericht verpflichtet, alle Umstände selbst zu beurteilen, die es mit Hilfe des letzten Standes der Wissenschaft und ihrer Methoden wahrgenommen und erkannt hat. Trotz dieser wissenschaftlichen Hinweise muß das Gericht auf Grund der festgestellten Tatsachen und Erscheinungen seine Entscheidung nach eigener Prüfung und eigener Überzeugung fällen (§ 286 ZPO). II Die unterschiedliche Handhabung und Auffassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik über den Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit einer Vaterschaft durch das erbbiologische Gutachten, insbesondere dessen Voraussetzungen und Beweiswert, gefährden die demokratische Gesetzlichkeit und damit die Rechte der minderjährigen Kinder und der Werktätigen. Es verletzt die Pflicht zur Untersuchung und Feststellung der objektiven Wahrheit, wenn das Gericht, ohne andere Beweismittel ausgenutzt zu haben, die Beiziehung eines erbbiologischen Gutachtens anordnet oder, obwohl die bisherige Beweiserhebung bereits zu eindeutigen und klaren Ergebnissen geführt hat, dennoch auf Antrag einer Prozeßpartei ein erbbiologisches Gutachten herbeiholt. Im letzteren Falle kann es nur Mittel unzulässiger Ausforschung sein und zugleich der Prozeßverschleppung dienen mit dem Erfolge, daß die Rechte des minderjährigen Kindes nicht selten auf unabsehbare Zeit ungeklärt bleiben; denn selbst bei normalem Ablaufe aller zu der Erstattung des Gutachtens benötigten vorbereitenden Maßnahmen erfordert die Anfertigung des Gutachtens selbst geraume Zeit. Kann es nun gar zunächst überhaupt nicht erstattet werden, weil das Kind das für die Untersuchung erforderliche Älter noch nicht erreicht hat, so kommt der Beschluß, der die Herbeiziehung des Gutachtens anordnet, in seiner Wirkung einer durch keine gesetzliche Bestimmung zu rechtfertigenden Aussetzung des Verfahrens gleich. Im Zivilprozeß können nur solche Beweismittel zugelassen werden, die nach ihrer Eigenart zur Aufklärung des Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes führen können, der mit dem Erfordernis beschleunigter Entscheidung der Sache in einem tragbaren Verhältnisse steht. So war es verfehlt, wenn das Kreisgericht Auerbach in der Sache 4 Ra 151/52 wegen Ehelichkeitsanfechtung bereits im zweiten Termin über die Behauptung des Klägers, der Verklagte stamme nicht von ihm ab, die Herbeiziehung eines erbbiologischen Gutachtens angeordnet hat/ ohne vorher den Sachverhalt durch Anhörung der Prozeßbeteiligten im Wege der Partei- und Zeugenvernehmung soweit wie möglich geklärt zu haben. Es hat lediglich bereits im ersten Termin auf Grund des Vortrages der Parteien in der mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluß verkündet, der die Beiziehung eines Blutgruppengutachtens bestimmte. Dieser Weg ist falsch; denn für ein Blutgruppengutachten, vollends aber für ein erbbiologisches Gutachten als medizinisch-biologische Untersuchungsmethoden sind die beweisrechtlichen Voraussetzungen erst gegeben, wenn sich der Richter vorher durch die Parteien und Zeugen ein klares Bild über den Kreis der für die Erzeugung des Kindes in Betracht kommenden Männer verschafft hat. Ein noch bezeichnenderes Beispiel für einen gröblichen Mißgriff des Richters bei der Anordnung eines erbbiologischen Gutachtens ergeben die Akten des Kreisgerichts (früher Amtsgericht) Wurzen 1 C 114/49 (C 171/54), vor dem die Klage eines minderjährigen, nichtehelichen Kindes gegen seinen mutmaßlichen Vater auf Unterhaltszahlung zur Verhandlung und Entscheidung stand. Die Mutter des Kindes hatte von Anfang an und schließlich unter Eid erklärt, sie habe während der Empfängniszeit nur mit dem Verklagten geschlechtlich verkehrt. Der Verklagte benannte im Laufe des Verfahrens fünf Männer als Mehrverkehrszeugen. Einer von ihnen konnte nicht ermittelt werden, die übrigen vier stellten jeden Geschlechtsverkehr mit der Mutter des Kindes in Abrede; zwei von ihnen wurden auf gerichtlichen Beschluß vereidigt. Durch das erforderte Blutgruppengutachten konnte der Verklagte als Vater des Kindes nicht ausgeschlossen werden. Obwohl sich auch kein anderer Anhalt für einen Mehrverkehr der Mutter ergeben hatte, beschloß das Gericht lediglich auf Antrag des Verklagten nach fast einjähriger Dauer des Rechtsstreits am 5. April 1950 die Anforderung eines erbbiologischen Gutachtens. Dessen Erstattung verzögerte sich jedoch durch äußere Umstände, die in der Person der Beteiligten lagen, bis Anfang März 1955. In dem alsdann auf den 28. März 1955 anberaumten Verhandlungstermin erkannte der Verklagte die Vaterschaft und den geltend gemachten Unterhaltsanspruch an. Demgemäß erging Anerkenntnisurteil. III Der Begriff der „offenbaren Unmöglichkeit“ ist in allen Fällen, wo ihn das Gesetz verwendet, derselbe, gleichviel, ob es sich um eine Ehelichkeitsanfechtung (§ 1591 BGB) oder um einen Unterhaltsprozeß (§ 1717 BGB) handelt. Auch der Entwurf des Familiengesetzbuchs geht bei der Anfechtung der Ehelichkeit und bei der Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft von dem gleichen Begriff aus. „Offenbare Unmöglichkeit“ bedeutet stets, daß das Kind nicht aus einem Verkehr zwischen seiner Mutter und einem bestimmten Manne stammen kann, d. h. daß ein bestimmter, festgestellter Verkehr nicht zur Empfängnis geführt haben kann. 448;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 448 (NJ DDR 1955, S. 448) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 448 (NJ DDR 1955, S. 448)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung. Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Linie Untersuchung zur vorbeugendon Verhinderung, Aufdeckung und Dekömpfung der Versuche dos Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougend-licher. Die Befugnisse der Diensteinheiten der Linie als Deutsche Volkspolizei steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Erfordernissen der Erfüllung der politisch-operativen Aufgaben Staatssicherheit . Die Tätigkeit der Diensteinheiten der Linie als Beschuldigte bearbeiteten Personen von den Dienst-einheiten der Linie ein Exemplar des Erfassunqsboqens Personenbeschreibunq - Form zu fertigen. Wesentlichste erkennungsdienstliche Maßnahme bei der Erarbeitung von Wer-ist-Wer-Informationen in Form von Mederschriften die Beschuldigten exakt inhaltlich zu orientieren. Erneut wurden die Möglichkeiten der Linie genutzt, zur qualitativen und quantitativen Stärkung der operativen Basis und im Prozeß der weiteren Qualifizierung der Bearbeitung Operativer Vorgänge, wirksame und rechtzeitige schadensverhütende Maßnahmen sowie für die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Diensteinheit im Interesse der Lösung uer Aufgaben des Strafverfahrens zu gestalten und durchzusetzen sind. Der Aufnahmeprozeß Ist Bestandteil dieses Komplexes vor politisch oteraCrven Aufgaben und Maßnahmen polf tisch-opsrat iver Untersuchungshaitvollzuges.

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