Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 43

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 43 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 43); Beweisantrages die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkte durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist. Es handelt sich dabei um folgendes: Über den Umfang der Lebensmittelkarten, die W. von der W. bezogen hat, haben in der Hauptverhandlung, wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, W. und die W. einander widersprechende Angaben gemacht. Das Urteil folgt in seinen Feststellungen in diesem Punkte den Angaben der W. und führt zur Begründung dieser Beweiswürdigung lediglich an: „Das alles ist in der Hauptverhandlung auf Grund der insoweit glaubhaften Angaben der beiden Angeklagten festgestellt worden.“ Dies ist unzureichend. Es hätte gesagt werden müssen, was in dem fraglichen Punkte W., und was die W. angegeben hat, und welche Gründe das Gericht veranlaßt haben, der Darstellung der Angeklagten W. vor der des Angeklagten W. den Vorzug zu geben, zumal in der Hauptverhandlung, wie in der Revisionsbegründung dargetan wird, der Verteidiger des W. über Punkte, die für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der W. von Bedeutung waren, die Vernehmung zweier Zeugen beantragt hatte, und dieser Beweisantrag als unerheblich abgelehnt worden ist. Der Umfang der von W. durch die Angeklagte W. bezogenen Lebensmittelkarten konnte ohne Verletzung der Denkgesetze für die Strafzumessung bezüglich des W. nicht als unerheblich angesehen werden. Die Ablehnung des Beweisantrages stellt unter diesen Umständen auch eine durch Gerichtsbeschluß erfolgte unzulässige Beschränkung der Verteidigung des W. in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkte im Sinne von § 338 Ziff. 8 Strafprozeßordnung dar. § 359 StPO gilt noch in der Fassung, die er durch die 3. VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 29.5.1943 (RGBl. I S. 345) erhalten hat. OLG Dresden 20. Ws. 2. 45. Der mit der sofortigen Beschwerde angefochtene Beschluß leidet insofern an einem Mangel, als darin ausgesprochen wird, es sei die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des Strafmaßes nur zulässig, wenn die neuen Tatsachen oder Beweismittel „in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet sind“ § 359 Abs. 1 Ziff. 5 StPO. Diese gesetzliche Vorschrift hat durch die dritte Verordnung zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 29. Mai 1943 RGBl. I S. 345 eine neue, noch heute geltende Fassung erhalten, wonach ein durch rechtskräftiges Urteil geschlossenes Verfahren u. a. dann wieder aufgenommen wird, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder verbunden mit den früheren geeignet sind, die Freisprechung eines Verurteilten oder eine wesentlich mildere Ahndung oder statt der Verurteilung die Einstellung des Verfahrens zu begründen. Der Senat hat auch die Frage geprüft, ob der § 359 StPO in seiner zur Zeit gültigen Fassung nationalsozialistisches Gedankengut enthält. Der Verteidiger hat zu dieser Frage in folgender Form Stellung genommen: Die alte Fassung konnte dazu führen, eine gerechte Entscheidung aus äußeren Gründen unmöglich zu machen. Die neue Fassung ist gerade nicht im üblichen Sinne autoritären Inhalts, sondern gibt dem Richter die im demokratischen Staat erwünschte Freiheit, in jedem Fall der wahren Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und verneint demgemäß die geprüfte Frage. Anmerkung: Der Entscheidung ist nicht beizutreten. Die Fassung, die § 359 Abs. 1 StPO durch die VO vom 29. 5. 1943 erhalten hat, stimmt fast wörtlich mit der Fassung des § 354 Abs. 1 des „Entwurfs einer Strafverfahrensordnung und einer Friedens- und Schieds-mannsordnung“ überein. § 359 Abs. 2 n. F. übernimmt einen Gedanken des § 359 Abs. 1 dieses Entwurfs, der am 1. 5. 1939 abgeschlossen worden ist und im wesentlichen auf den Arbeiten der sogenannten amtlichen Strafprozeßkommission, die ihren Bericht 1938 vorgelegt hatte, beruhte. Der Grundgedanke der Neuregelung bestand darin, daß die Wiederaufnahme zugunsten und zuungunsten des Angeklagten von denselben Voraussetzungen abhängig gemacht wurde. (Konsequent wurde dies allerdings nicht durchgeführt, da nach § 359 Abs. 2 n. F. die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten nur dann zulässig ist, „wenn die neue Verfolgung zum Schutze des Volkes notwendig ist“.) In die früheren Reformarbeiten zur StPO hatte dieser Grundsatz niemals Eingang gefunden. Vielmehr wurde stets der Standpunkt vertreten: „Ungerechte Verurteilung gefährdet in jedem einzelnen erheblichen Fall das Vertrauen in die staatliche Strafjustiz; unzutreffende Freisprechung nicht annähernd in gleichem Maße, wenn sie als Ausnahmefall erscheint“ (so Hippel in seinem Lehrbuch des Strafprozeßrechts 1941 S.611). Deshalb gingen die Entwürfe von 1908 bis 1930, wenn auch mit einzelnen Abweichungen, übereinstimmend von dem Grundsatz aus, die Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten in weiterem Umfange zuzulassen, als zu seinen Ungunsten. Die berechtigten Angriffe, die sich gegen die Regelung des Wiederaufnahmeverfahrens in der Strafprozeßordnung schon seit langer Zeit richteten, lagen auf anderem Gebiet. Sie betrafen die Vorschrift des § 36If, nach der Wiederaufnahmeanträge auf die Behauptung strafbarer Handlungen nur gestützt werden können, wenn wegen dieser Handlungen eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist, und die des § 367, wonach über die Zulassung des Antrages auf Wiederaufnahme das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, zu entscheiden hat. Diese Bestimmungen wurden durch die VO vom 29. 5. 1943 bezeichnenderweise nicht geändert. Das OLG Dresden stellt es nun in seinem Urteil darauf ah, daß in dem zur Entscheidung stehenden Fall nach der Neufassung eine dem Angeklagten günstigere Entscheidung möglich war, weil die alte Fassung des § 359 Ziff. 5 die Wiederaufnahme bei Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel nur dann zulasse, wenn diese die Freisprechung des Angeklagten oder eine geringere Bestrafung in Anwendung eines milderen Strafgesetzes zu begründen geeignet seien, während die Neufassung die Wiederaufnahme bei Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel allgemein zulasse, wenn diese geeignet seien, eine Freisprechung oder eine wesentlich mildere Ahndung (auch auf Grund desselben Strafgesetzes) zu begründen. Man mag darüber streiten, ob die in der alten Fassung des Gesetzes wie auch in allen Entwürfen bis 1930 insoweit enthaltene Einschränkung berechtigt ist. Bei der zu entscheidenden Frage, ob die durch die VO vom 29. 5. 1943 eingeführte Neuregelung fortschrittlich und deshalb trotz ihrer Einführung nach 1933 aufrechtzuerhalten ist, kann man nicht von ihrer Auswirkung auf einen einzelnen Fall ausgehen, muß vielmehr die Gr u nd -Sätze der früheren Regelung den Grundsätzen der neuen Regelung gegenüberstellen. Dann kommt man aber zu dem Ergebnis, daß die Neuregelung eine erhebliche Beschneidung der Rechte des Angeklagten bringt, weil sie nur eingeschränkt durch, die typisch nazistische Vorschrift des § 359 Abs. 2 die Wiederaufnahme zuungunsten in demselben Umfange zuläßt wie die zugunsten des Angeklagten, weil sie zum Nachteil des Verurteilten die Wiederaufnahme zu seinen Gunsten nur bei Aussicht auf eine wesentlich mildere Ahndung genügen läßt, während nach der alten Fassung nur die Aussicht auf eine geringere Bestrafung erforderlich war, und weil demgegenüber der Umstand, daß in Einzelfällen nach der Neufassung eine für den Angeklagten günstigere Entscheidung möglich ist, nicht wesentlich ins Gewicht fallen kann. Auch der von dem OLG Dresden weiter erwähnte Gesichtspunkt, die Neufassung gebe dem Richter die im demokratischen Staat erwünschte Freiheit, in jedem Fall der wahren Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen, ist nicht geeignet, diese grundsätzlichen Bedenken zu beseitigen. Aus diesen Gründen ist der alten Fassung der §§ 359 ff. StPO der Vorzug zu geben, die auch in der amerikanischen wie in der britischen Zone wieder eingeführt worden ist. Auch das KG (Beschluß vom 2. 1. 1947 1. AR. 864/46) vertritt diesen Standpunkt, weil die neuen Vorschriften die Wiederaufnahme zuungunsten des Verurteilten oder Freigesprochenen der willkürlichen Anwendung aus politischen Gründen aussetzen. Lediglich in der französischen Zone gilt die Neufassung, die Schänke in DRZ 1947 S. 34 befürwortet, ohne jedoch auf die hier erörterten Bedenken einzugehen. Weiss. 43;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 43 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 43) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 43 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 43)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

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