Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 184

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 184 (NJ DDR 1956, S. 184); gende Tat längst verjährt war. Ungenügend geprüft wurde sicher auch ein Teil jener Fälle, in denen Haftbefehl erlassen, gleichwohl aber wenig später das Verfahren eingestellt wurde. Natürlich wird nicht ganz zu vermeiden sein, daß im Anfangsstadium der Ermittlungen auch bei gewissenhaftester Prüfung aller Umstände Bürger in Haft genommen werden müssen, deren Unschuld sich im Verlauf der weiteren Ermittlungen herausstellt. Diese Fälle aber müssen seltene Ausnahmen bleiben, denn der Erlaß eines Haftbefehls ist immer eine schwerwiegende Maßnahme, die tief in das Leben eines Bürgers und seiner Familie eingreift. „Sorgfältigste Prüfung des Sachverhalts, eingehende Beschäftigung auch mit der Person des Beschuldigten, sind oberste Pflicht des Staatsanwalts, bevor er anklagt oder gar richterlichen Haftbefehl erwirkt“ diese Forderung des Generalstaatsanwalts (NJ 1953 S. 576) gilt gleichermaßen für jeden Richter in seinem Arbeitsbereich. Nach dem richtungweisenden Artikel von Benjamin „Zur Strafpolitik“ (NJ 1954 S. 453) hat der materielle Verbrechensbegriff in der Strafrechtspraxis Anerkennung gefunden. Richter und Staatsanwälte haben gelernt, den höheren Anforderungen, die seine Anwendung an ihr sozialistisches Rechtsbewußtsein stellt, mehr und mehr gerecht zu werden. Sie sollten die dabei gewonnenen Erfahrungen auch bei der Entscheidung über den Erlaß eines Haftbefehls verwerten, soweit der bis dahin festgestellte Sachverhalt das zuläßt. Die Bedeutung dieser Entscheidung fordert, daß sie grundsätzlich vom Staatsanwalt, der allein berechtigt ist, den Antrag zu stellen und vom Richter, der allein den Haftbefehl erlassen darf, getroffen wird. Diesen Grundsatz verwirklicht die StPO in ihrem 4. Abschnitt, indem sie in § 142 Abs. 2 bestimmt: „Die Verhaftung erfolgt auf Grund eines schriftlichen Haftbefehls des Richters.“ § 144 StPO verpflichtet die Ermittlungsorgane, den auf Grund des Haftbefehls ergriffenen Beschuldigten unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem zuständigen Gericht zur Vernehmung vorzuführen. Danach sind der Staatsanwalt und nach Eröffnung des Hauptverfahrens auch das Gericht verpflichtet, jederzeit zu prüfen, ob die Fortdauer der Haft geboten ist (§ 146 StPO). Die vorläufige Festnahme durch den Staatsanwalt bzw. die Untersuchungsorgane ist die Ausnahme von dieser grundsätzlichen Regelung. Das ergibt sich bereits aus der Systematik der StPO, die die Verhaftung in §§ 141 bis 145 vollständig regelt, danach die Haftprüfung (§ 146 StPO), den Vollzug der Untersuchungshaft (§ 147 StPO) und schließlich die Aufhebung des Haftbefehls (§§ 148, 150) behandelt, um erst nach Bestimmung der Voraussetzungen des Unterbringungsbefehls in den §§ 152, 154 die Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme festzulegen. Die Ausnahmestellung der vorläufigen Festnahme gegenüber der Verhaftung mittels richterlichen Haftbefehls ergibt sich aber auch aus § 5 StPO, der Richter und Staatsanwalt in jeder Lage des Verfahrens für die Wahrung der verfassungsmäßigen Grundrechte der Bürger persönlich voll verantwortlich macht. Seit langem bemüht sich die Volkspolizei, die Zahl der vorläufigen Festnahmen einzuschränken und mehr als bisher erst nach richterlicher Prüfung zur Verhaftung zu schreiten. Dieses anerkennenswerte Bestreben findet jedoch nicht immer Unterstützung durch alle Richter. Das mag teilweise Unkenntnis sein, ist aber sicher auch ein gutes Teil Unverständnis der Bedeutung dieser Maßnahme. Hinzu kommt, daß die damit verbundene Notwendigkeit, sich einmal bei Erlaß des Haftbefehls und ein zweites Mal bei der Vernehmung des Beschuldigten mit der Sache zu befassen, von manchem als vermeidbar betrachtet wird. Schließlich wird es auch öfter als bisher Vorkommen, daß entschieden werden muß, ohne daß bereits eine Vernehmung des Beschuldigten vorliegt und der Haftrichter nicht mit einem Satz „Auf die polizeilichen Vernehmungen vom verweisen kann. Diese verhältnismäßig geringfügige Mehrarbeit, die bei den wenigen Entscheidungen dieser Art kaum ins Gewicht fällt, darf die Förderung dieser Entwicklung nicht hemmen. Natürlich müssen die Ermittlungen bereits so weit gediehen sein, daß eine richterliche Ent- scheidung möglich ist, und alles Tatsachenmaterial vor allem objektive Beweise, z. B. Fingerabdrücke oder vom Beschuldigten stammende Hetzflugblätter und Zeugenaussagen muß aktenkundig sein, so daß ohne Vernehmung des Beschuldigten entschieden werden kann. Der Richter wird andererseits insbesondere bei Staatsverbrechen die Erfahrungen des Klassenkampfes und die ständig wechselnden Methoden der Spione und Agenten sowie ihre raffinierten Tarnungen berücksichtigen müssen, wenn er zu einer richtigen Entscheidung kommen will. Bei diesen Verbrechen wird allerdings im Interesse der Sicherheit unseres Staates die Notwendigkeit eines schnellen Zugriffs den Erlaß eines Haftbefehls oft erst nach der vorläufigen Festnahme zulassen. Wenn Staatsanwälte und Richter selbst mit darauf hinwirken, daß die Fälle der vorläufigen Festnahme seltener werden und sich der Grundsatz des richterlichen Haftbefehls noch mehr durchsetzt, tragen sie zur weiteren Festigung unserer Gesetzlichkeit, zur strikten Wahrung der Rechte unserer Bürger bei und erleichtern so jedem Gutwilligen die Erkenntnis von der Überlegenheit unserer Gesetzlichkeit, die einst die Gesetzlichkeit ganz Deutschlands sein wird. FRITZ MÜHLBERGER, Direktor des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt Nochmals zu einigen Fragen des Privatklageverfahrens Der Auffassung Neumanns über einige Fragen des Privatklageverfahrens (NJ 1955 S. 663) muß in wesentlichen Punkten widersprochen werden. 1. Neumann bejaht die Frage, ob im Privatklageverfahren ein Vergleich abgeschlossen werden kann. Jedoch ist aus seinem Beitrag nicht klar ersichtlich, was er als Vergleich bezeichnen will. Anscheinend hat er die Fälle im Auge, in denen eine Privatklage zurückgenommen wird, denn er stellt im Zusammenhang mit der Möglichkeit, daß der Privatkläger sich mit einer Entschuldigung des Beklagten begnügt und dann seine Privatklage zurücknimmt, die Frage, weshalb „diese gütliche Einigung nicht als Vergleich bezeichnet werden“ soll. Aus dieser Darstellung kann nur entnommen werden, daß Neumann die gesetzliche Möglichkeit der Klagerücknahme als „Vergleich“ ansehen will. Daß es im Zuge der Hauptverhandlung zur Rücknahme der Klage kommen kann, ist. selbstverständlich. Dies wird meistens dann der Fall sein, wenn der Privatkläger während des Verfahrens zu der Einsicht gekommen ist, daß er keine oder wenig Erfolgsaussichten hat. In diesen Fällen handelt es sich aber nicht um einen Vergleich! Offenbar will Neumann jedoch einen Schritt weitergehen und die Hauptverhandlung zur Vergleichstribüne machen. Diese Praxis übt z. B. auch das Kreisgericht Bitterfeld, das von 31 im Jahre 1955 erledigten Verfahren 19 durch „Klagerücknahme“ und nur ein Verfahren durch Urteil erledigt hat. Vor einer solchen, dem Wesen des Privatklageverfahrens fremden Methode, die den Vergleich der alten Prozeßordnung noch zum Vorbild hat, hat Benjamin (NJ 1952 S. 469) eindringlich gewarnt: „Die Richter werden sich schnellstens von den Formulierungen und auch der Denkweise der alten Strafprozeßordnung frei machen müssen. Sie müssen erkennen, daß diese unsere sozialistische Strafprozeßordnung das will, was ihre Worte ausdrücken. Es ist überflüssige Sorgfalt und Gründlichkeit, hinter den klaren Worten nach unausgesprochenen Absichten des Gesetzgebers zu suchen.“ Wie sich Neumann den Abschluß eines solchen „Vergleichs“ vorstellt, hat er nicht gesagt. Das ist aber die entscheidende Frage! Wie soll das Gericht mitwirken? Soll der „Vergleich“ protokolliert werden? Ist er vollstreckbar? Das sind alles Eigenschaften, die zur nachhaltigen Erziehung der Parteien notwendig sind und die zivilrechtliche Vergleiche besitzen; denn ohne ein autoritatives Wort des Gerichts ist ein befriedigender und wirksamer Abschluß eines Privatklageverfahrens nicht möglich. Geschieht dies aber nicht durch Urteil, dann müßte ein Vergleich zumindest protokolliert werden. Eine solche Möglichkeit gibt es aber nach dem 184;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 184 (NJ DDR 1956, S. 184) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 184 (NJ DDR 1956, S. 184)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit Thesen zur Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Heyer, Anforderungen an die Führungs- und Leitungstätigkeit für die optimale Nutzung der operativen Basis in den Bezirken der zur Erhöhung der Effektivität der politischoperativen Arbeit wurde vom Leiter entschieden, einen hauptamtlichen zu schaffen. Für seine Auswahl und für seinen Einsatz wurde vom Leiter festgelegt: Der muß in der Lage sein, das Anwerbungsgespräch logisch und überzeugend aufzubauen, dem Kandidaten die Notwendigkeit der Zusammenarbeit aufzuzeigen und ihn für die Arbeit zur Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet. Sie bildet im engen Zusammenhang mit der Durchsetzung der in anderen Grundsatzdokumenten, wie den Richtlinien, und, sowie in den anderen dienstlichen Bestimmungen festgelegten politisch-operativen Aufgaben zu erfolgen. Bei der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit.

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