Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 731

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 731 (NJ DDR 1956, S. 731); liehen Bestimmungen nicht als überzeugendes Argument zu bezeichnen. Aber auch der Versuch des Bezirksgerichts, seine Auffassung unter Hinweis auf den § 200 StPO zu begründen, ist abwegig. Hierzu ist vor allem zu bemerken, daß wir mit § 139 ZPO eine dem § 200 StPO entsprechende Regelung auch für den Zivilprozeß haben, und daß trotzdem die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Regelung des § 91 Abs. 2 ZPO bisher noch nie bezweifelt worden ist. Wenn das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt auch im Gegensatz zu dem Kreisgericht, dessen Entscheidung es abgeändert hatte, einen etwas großzügigeren Maßstab angelegt wissen will und nicht so weit gegangen ist, unter Berufung auf § 200 StPO den Anwalt als Vertreter in Privatklagesachen schlechthin als überflüssig zu bezeichnen, so tendiert doch jedenfalls auch seine Auffassung in diese Richtung. Das kann nicht widerspruchslos hingenommen werden. Das im § 8 GVG verankerte Recht auf Verteidigung sowie überhaupt die Stellung des Rechtsanwalts, dessen Funktion als dritte Säule der Justiz von unserem Staate, leider damit aber noch nicht von allen Richtern und Staatsanwälten anerkannt ist, sind die wichtigsten Gegengründe. Das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt hätte sich auch mit der praktisch nicht so leicht zu losenden Frage auseinandersetzen müssen, ob denn immer und auch für einen Laien klar erkennbar ist, daß es sich um einen „einfachen“ Fall handelt. Fast jeder Fall, auch im Privatklageverfahren, kann seine Schwierigkeiten in sich bergen. Ich erinnere nur an das noch der wissenschaftlichen Behandlung harrende Problem der Abgrenzung der tätlichen Beleidigung von der Körperverletzung, an die Frage, wann man von Wahrnehmung berechtigter Interessen sprechen kann, an die Abgrenzung der Beleidigung von der Kritik, an die Frage der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen, an die mit der Bedeutung des Sühnezeugnisses zusammenhängenden Fragen usw. Selbst das so einfach erscheinende Mahnverfahren, um nochmals ein Beispiel aus der ZPO herauszugreifen, bietet unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten, wie die mehrfachen Abhandlungen hierzu in dieser Zeitschrift und die verschiedenen Kassationen von Zahlungsbefehlen durch das Oberste Gericht beweisen. Wo soll die Grenze zwischen dem „einfachen“ und dem „komplizierten“ Fall liegen? Die Möglichkeit, daß das Gericht die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Privatklageverfahren verneint, wird bei Übernahme der vom Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt aufgestellten These so gut wie immer gegeben sein. Man wird bezweifeln müssen, ob die rechtsuchende Bevölkerung eine derartige Praxis in der Rechtsprechung unserer Gerichte verstehen und billigen wird. Rechtsanwalt MEINHARD KUNSCH, Gotha, Mitglied des Kollegiums der Rechtsanwälte im Bezirk Erfurt Beistandschaft und Prozeßvertretung im Unterhaltsprozeß Das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. September 1950 (GBl. I S. 1037) sieht in den §§ 16 und 17 vor, daß auf Wunsch des Sorgeberechtigten zu dessen Unterstützung vom Rat des Kreises eine Beistandschaft eingeleitet werden soll. In der Berliner Praxis wird im Rahmen dieser Beistandschaft in Unterhaltsprozessen nichtehelicher Kinder regelmäßig ein Mitarbeiter des zuständigen Referats Jugendhilfe/Heimerziehung beim Rat des Stadtbezirks als Prozeßbevollmächtigter in erster Instanz tätig. Die Räte der Stadtbezirke streben nun danach, dies auch auf die Berufungsinstanz auszudehnen. Da die Mitarbeiter der Referate Jugendhilfe/Heimerziehung in der Regel jedoch keine Juristen sind, sollen in zweiter Instanz statt ihrer die bei den jeweiligen Räten tätigen und für alle Abteilungen zuständigen Rechtsreferenten diese Prozesse führen. Gegen eine derartige Praxis bestehen erhebliche Bedenken. § 11 Abs. 1 AnglVO hält als Prinzip den Anwaltszwang in der Berufungsinstanz aufrecht. Auf zahlreichen Teilgebieten ist dieser Grundsatz durchbrochen worden, z. B. auf dem gesamten staatlichen, volkseigenen und genossenschaftlichen Sektor. Inwieweit diese Regelung sich bewährt hat, soll hier dahingestellt bleiben. Immerhin zeigt sich in vielen Verfahren, daß eine „sachgemäße“ Durchführung durch die Vertreter der vom Anwaltszwang befreiten Institutionen oft nur mit erheblicher Hilfe des Gerichts im Rahmen des § 139 ZPO gewährleistet ist. Der Gedanke an eine Parteinahme des Gerichts liegt beim Prozeßgegner dann meist nicht sehr entfernt. Trotzdem spricht für diese Regelung, daß von den Vertretern dieser Organe unmittelbar deren eigene Interessen wahrgenommen werden. Kann man aber schon bei der Frage der Prozeßvertretung durch Angestellte der Deutschen Versicherungs-Anstalt (vgl. NJ 1956 S. 278 und NJ-Rechtsprechungs-beilage 3/1956 S. 47) nicht mehr unbedingt von der unmittelbaren Wahrnehmung eigener Interessen ausgehen, so sind bei Unterhaltsprozessen ganz eindeutig persönliche Belange einzelner Bürger Gegenstand des Rechtsstreits. Man muß sich deshalb fragen, ob die Hilfe und Unterstützung, die unser Staat dem hier betroffenen Personenkreis durch das Gesetz zum Schutz von Mutter und Kind und die Rechte der Frau angedeihen läßt, nicht doch einer gewissen Begrenzung bedarf, um Überschneidungen zu vermeiden. § 11 Abs. 4 AnglVO läßt zwar im Berufungsverfahren ganz allgemein eine Befreiung vom Anwaltszwang zu, falls die sachgemäße Durchführung des Prozesses gewährleistet ist. Dies würde bei der Vertretung durch die Rechtsreferenten der Räte der Stadtbezirke auch der Fall sein. Die Grenze wird aber m. E. von den Aufgaben der juristischen Referenten und vom Grundprinzip des Anwaltszwanges für die Berufungsinstanz gezogen. Der zu gewährende Beistand durch die Mitarbeiter des Rates des Stadtbezirks umfaßt u. a. die Beratung der Sorgeberechtigten zur sachgemäßen und schnellen Durchsetzung evtl. Unterhaltsansprüche und die allseitige Unterstützung zur Erreichung dieses Zieles. Es ist nichts einzuwenden, wenn das mit diesem Spezialgebiet befaßte Referat Jugendhilfe/Heimerziehung, wie es in Berlin üblich ist, seine Mitarbeiter als Prozeßbevollmächtigte in erster Instanz fungieren läßt, solange der Sorgeberechtigte damit einverstanden ist. Es ist jedoch nicht Inhalt der Beistandschaft, für eine Prozeßvertretung in zweiter Instanz durch den Rechtsreferenten zu sorgen. Dessen Aufgabenbereich umfaßt in der Hauptsache die Beratung der Mitarbeiter des Rates in allen Rechtsfragen und die Vertretung des Rates selbst in Rechtsstreitigkeiten. Den Gerichten bleibt es Vorbehalten, im Rahmen der §§ 114 ff. ZPO auf Antrag einstweilige Kostenbefreiung zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies erforderlich ist. Irgendeine finanzielle oder rechtliche Benachteiligung des Sorgeberechtigten oder des Kindes tritt dadurch nicht ein. Vom Prinzip des Anwaltszwanges in der Berufungsinstanz soll man sich nicht noch weiter entfernen, es sei denn, daß zwingende Gründe dafür vorliegen. Ein solcher könnte allenfalls, wie von Vertretern der Rechtsabteilung des Magistrats von Groß-Berlin vorgetragen, darin liegen, daß wir auf das bereits angebahnte gute Verhältnis zu den betreffenden staatlichen Organen durch die Ausschaltung ihrer Vertreter in der Berufungsinstanz störend einwirken. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß nur etwa 10 bis 15 Prozent aller derartigen Prozesse in die zweite Instanz gehen. Der betroffene Personenkreis ist also relativ klein. Zum anderen schließt aber die Prozeßführung durch den bei-geordneten Rechtsanwalt eine weitere Betreuung durch den Rat des Stadtbezirks nicht aus, zumal diese sich ohnehin nicht nur in der Prozeßvertretung erschöpfen soll. Durch eine solche Handhabung wird dem Sorgeberechtigten am deutlichsten, daß die staatlichen Organe ihn wirklich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen, um eine sachgemäße Durchführung des Prozesses zu gewährleisten. Ich halte deshalb diesen stärksten bisher vorgetragenen Einwand nicht für geeignet, in solchen Fällen in Anwendung des § 11 Abs. 4 AnglVO die Prozeßver-tretung durch den Rechtsreferenten beim Rat des Stadtbezirks zu gestatten. Unsere Rechtsanwälte entwickeln sich immer mehr und mit sichtbarem Erfolg zu wichtigen Helfern der Rechtsprechung, so daß es mir wenig angebracht erscheint, ihren Tätigkeitsbereich auf diesem Gebiet einzuengen. HORST FINCKE, Oberrichter am Stadtgericht von Groß-Berlin 751;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 731 (NJ DDR 1956, S. 731) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 731 (NJ DDR 1956, S. 731)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuehungshaft nicht erfüllt. Inhaftierten dürfen nur Beschränkungen auf erlegt werden, die für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen mit den Chefs der und den Leitern der auf der Grundlage dieses Schreibens und unter Beachtung des Schreibens des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit der. Die Erfahrungen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des dienen und die Bindungen an Staatssicherheit vertiefen, in seiner Erfüllung weitgehend überprüfbar und zur ständigen Überprüfung der nutzbar sein. Der muß bei Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen.

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