(1) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie entwickelt sich gemäß den ökonomischen Gesetzen des Sozialismus auf der Grundlage der sozialistischen Produktionsverhältnisse und der zielstrebigen Verwirklichung der sozialistischen ökonomischen Integration.
(2) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik dient der Stärkung der sozialistischen Ordnung, der ständig besseren Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger, der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer sozialistischen gesellschaftlichen Beziehungen.
(3) In der Deutschen Demokratischen Republik gilt der Grundsatz der Leitung und Planung der Volkswirtschaft sowie aller anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik ist sozialistische Planwirtschaft. Die zentrale staatliche Leitung und Planung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung ist mit der Eigenverantwortung der örtlichen Staatsorgane und Betriebe sowie der Initiative der Werktätigen verbunden.
(4) Die Festlegung des Währungs- und Finanzsystems ist Sache des sozialistischen Staates. Abgaben und Steuern werden auf der Grundlage von Gesetzen erhoben.
(5) Die Außenwirtschaft einschließlich des Außenhandels und der Valutawirtschaft ist staatliches Monopol.


Ursprüngliche Fassung des Artikel 9 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik

(1) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie entwickelt sich gemäß den ökonomischen Gesetzen des Sozialismus auf der Grundlage der sozialistischen Produktionsverhältnisse. Die sozialistischen Produktionsverhältnisse entstanden als Ergebnis des Kampfes gegen das monopolkapitalistische Wirtschaftssystem, dessen aggressive und abenteuerliche Politik der deutschen Nation bisher nur Unglück gebracht hat. Durch die Entmachtung der Monopole und Großgrundbesitzer, durch die Abschaffung der kapitalistischen Profitwirtschaft wurde die Quelle der Kriegspolitik und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt.
Das sozialistische Eigentum hat sich bewährt.
(2) ... (wie bisher).
(3) In der Deutschen Demokratischen Republik gilt der Grundsatz der Planung und Leitung der Volkswirtschaft sowie aller anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik ist sozialistische Planwirtschaft. Das ökonomische System des Sozialismus verbindet die zentrale staatliche Planung und Leitung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung mit der Eigenverantwortung der sozialistischen Warenproduzenten und der örtlichen Staatsorgane.

Aufnahmen vom 26.12.2013 des Raums 128 im Erdgeschoss des Nordflügels der zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin-Hohenschönhausen, Foto 572
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I. Die Transformation von Völkerrecht

1. Allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts

1 a) Art. 8 Abs. 1 hat seinen Vorläufer in Art. 5 Abs. 1 der Verfassung von 1949, demzufolge die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts die Staatsgewalt und jeden Bürger binden. Dieser entsprach seinem Sinne nach Art. 4 WRV und Art. 25 GG.

2 b) Auch Art. 8 Abs. 1 transformiert Bestandteile des Völkerrechts in innerstaatliches Recht. Indessen bestehen im Verhältnis zu Art. 5 Abs. 1 der Verfassung von 1949 Unterschiede in der Formulierung. Unerheblich sind die Verwendung der Worte »sind verbindlich« statt »binden« und die Ersetzung des Begriffs »Staatsgewalt« durch »Staatsmacht«. Anders scheint es damit zu sein, daß nicht die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts schlechthin, sondern nur die, welche »dem Frieden und der friedlichen Zusammenarbeit der Völker« dienen, transformiert sind. Indessen wurde schon Art. 5 Abs. 1 der Verfassung von 1949 im Sinne der sowjetischen Vökerrechtslehre ausgelegt. Ihr zufolge sind das allgemeine Völkerrecht und ein besonderes Völkerrecht zu unterscheiden, das nur im Verhältnis der sozialistischen Staaten untereinander gilt. Das »allgemeine Völkerrecht« wird von Herbert Kröger (Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands und sozialistisches Völkerrecht, S. 245) als »allgemein-demokratisches Völkerrecht« bezeichnet, das gegenüber dem früheren, den verschiedenen Entwicklungsstufen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft entstammenden Völkerrecht, eine qualitativ höhere Rechtsordnung darstelle, aber noch nicht den Erfordernissen einer sozialistischen Weltordnung entspreche. Das allgemein-demokratische Völkerrecht wird also insoweit nicht dem hergebrachten Völkerrecht gleichgesetzt, als es nach Ansicht von Herbert Kröger die »Allein- oder Vorherrschaft des Imperialismus« in den internationalen Beziehungen bestimme. Zum allgemein-demokratischen Völkerrecht wird vor allem das Prinzip der friedlichen Koexistenz als Zusammenfassung von Regeln, die dem Frieden und der friedlichen Zusammenarbeit der Völker dienen, gerechnet (s. Rz. 43 zu Art. 6). Dazu kommen Prinzipien, die eine Entfaltung des Prinzips der friedlichen Koexistenz darstellen sollen, nämlich das Prinzip der friedlichen Regelung von Streitfragen, das Prinzip der Selbstbestimmung der Nationen (s. Rz. 4-8 zur Präambel), das Prinzip der Abrüstung (D. B. Lewin u.a., Völkerrecht, S. 67 ff.) Das besondere sozialistische Völkerrecht beruht auf dem Prinzip des proletarischsozialistischen Internationalismus (s. Rz. 26, 27 zu Art. 6), das nicht zuletzt in einem kollektiven Verteidigungssystem zum Ausdruck kommt (s. Rz. 33 zu Art. 6). Sowohl das allgemeine als auch das besondere sozialistische Völkerrecht enthalten nach sowjetischer Völkerrechtslehre allgemein anerkannte Regeln. »Die allgemein anerkannten Prinzipien des Völkerrechts enthalten ein bestimmtes Minimum an Forderungen, deren Erfüllung den Frieden unter den Völkern garantieren soll. Die Prinzipien der Beziehungen zwischen den sozialistischen Staaten garantieren jedoch nicht nur die Erfüllung dieser Forderungen, sondern gewährleisten darüber hinaus engste Zusammenarbeit der sozialistischen Staaten beim Aufbau der neuen Gesellschaft. Daher bedeutet die Einhaltung der Völkerrechtsprinzipien der Zusammenarbeit zwischen den sozialistischen Staaten auch zugleich die Einhaltung der allgemein anerkannten demokratischen Prinzipien des Völkerrechts, denn die er-steren sind bedeutend fortschrittlicher und vollständiger als die letzteren.« (D. B. Lewin u. a., Völkerrecht, S. 86)

3 c) Lothar Schulz hatte in seiner Besprechung des Kommentars des Verfassers zur Verfassung von 1949 (ROW 1963, S. 133) die Ansicht vertreten, dem Art. 5 Abs. 1 der Verfassung von 1949 komme eine praktische Bedeutung nicht zu. Indessen hatte das OG in seinem Urteil vom 25. 3. 1966 (NJ 1966, S. 193 ff., hier S. 203) angenommen, daß über Art. 5 Abs. 1 der Verfassung von 1949 die Tatbestände des Art. 6 des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof in innerstaatliches Recht transformiert worden seien.

4 d) Die DDR gehört zu den Unterzeichnerstaaten der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 1.8.1975 (Text in: Deutsche Außenpolitik 1975, S. 1370). Diese enthält im Teil 1 eine Erklärung, die die Beziehungen der Teilnehmerstaaten leiten soll. Deren Prinzipien sind:
I. Souveräne Gleichheit, Achtung der der Souveränität innewohnenden Rechte,
II. Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt,
III. Unverletzlichkeit der Grenzen,
IV. Territoriale Integrität der Staaten,
V. Friedliche Beilegung von Streitfällen,
VI. Nichteinmischung in innere Angelegenheiten,
VII. Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit,
VIII. Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker,
IX. Zusammenarbeit zwischen den Staaten,
X. Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben.
Die DDR hält sich völkervertraglich an den Prinzipienkatalog gegenüber den Teilnehmerstaaten gebunden (Manfred Mohr, Die Grundprinzipien ..., S. 34). Da indessen die aufgeführten Prinzipien von grundlegender Bedeutung sind und auch von den Staaten, die nicht die Schlußakte unterzeichnet haben, anerkannt werden, also als »allgemein anerkannte, dem Frieden und der friedlichen Zusammenarbeit der Völker« dienende Regeln zu werten sind, liegt nunmehr die Bedeutung des Art. 8 Abs. 1 darin, daß die Staatsmacht der DDR verfassungsrechtlich an die Grundsätze gebunden ist. Sie darf nichts tun, was ihnen widerspricht, insbesondere keine gegen sie verstoßende Normativakte erlassen.

5 e) Die Bindung der Bürger an die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 wirft Probleme auf. Die meisten von ihnen können ihrer Natur nach nur das Verhalten von Staaten betreffen. Aber es gibt auch solche, die Bürger unmittelbar verpflichten und berechtigen könnten. Es fragt sich, ob Art. 8 Abs. 1 so zu interpretieren ist, daß über ihn die Bürger unmittelbar verpflichtet oder berechtigt werden, oder ob in dieser Hinsicht jeweils ein besonderer Transformationsakt erforderlich ist. Eindeutig ist die Rechtslage hinsichtlich der allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts über die Bestrafung von Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen. Nach Art. 91 sind diese unmittelbar geltendes Recht und unterliegen nicht der Verjährung. Aber auch im übrigen muß die unmittelbare Bindung der Bürger in dem Sinne angenommen werden, daß sie durch die Prinzipien der Schlußakte ohne besonderen Transformationsakt verpflichtet werden. Was aber von der Verpflichtung gilt, kann für eine Berechtigung nicht geleugnet werden. Das gilt zum Beispiel für die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Freilich enthält die Schlußakte der KSZE nur allgemein gehaltene Erklärungen. Sie bedürfen der Konkretisierung. Sie liegt hinsichtlich der Menschenrechte in den Internationalen Konventionen über politische und zivile Rechte und über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - beide vom 16.12.1966 [Bekanntmachung über die Ratifikation der Internationalen Konvention vom 16. Dezember 1966 über zivile und politische Rechte v. 14.1.1974 (GBl. DDR II 1974, S. 57); Bekanntmachung über das Inkrafttreten der Internationalen Konvention vom 16. Dezember 1966 über zivile und politische Rechte vom 1. März 1976 (GBl. DDR ⅠⅠ 1976, S. 108); Bekanntmachung über die Ratifikation der Internationalen Konvention vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte v. 14.1.1974 (GBl. DDR II 1974, S. 105);
Bekanntmachung über die Ratifikation der Internationalen Konvention vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte v. 21.11.1975 (GBl. DDR II 1975, S. 266)] - freilich mit den nach ihnen zulässigen Einschränkungen (s. Rz. 42-44 zu Art. 19).

6 f) Rechtsvergleichend ist von Interesse, daß Art. 29 der Verfassung (Grundgesetz) der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 7.10.1977 (Neues Deutschland vom 15./16. 10. 1977, S. 9) zwar die zehn Prinzipien der KSZE-Schlußakte für die Beziehungen zu anderen Staaten verfassungsrechtlich festschreibt, aber nur eine Bindung für die Staatsmacht, nicht für die Bürger der UdSSR konstituiert.


2. Verfassungsrang der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts?

7 Ob die allgemein anerkannten, dem Frieden und der friedlichen Zusammenarbeit der Völker dienenden Regeln des Völkerrechts durch Art. 8 Abs. 1 Verfassungsrang erhalten haben, ist nur schwer abschätzbar. Es liegt die Annahme nahe, daß ihnen zwar kein Verfassungsrang zukommt, daß sie aber den einfachen gesetzlichen Bestimmungen jeden Ranges (Gesetz der Volkskammer, Erlaß des Staatsrates, Verordnung des Ministerrats, Anordnung eines Ministers oder des Leiters eines anderen zentralen Organs) Vorgehen. Wegen des Fehlens einer unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit infolge des Prinzips der Gewalteneinheit (s. Rz. 21-32 zu Art. 5) wird die Frage auch nicht akut werden.


3. Verbot des Eroberungskrieges

8 a) Mit der Verfassungsnovelle von 1974 wurde bei unverändertem Text aus dem zweiten Satz des Abs. 1 der Abs. 2.

9 b) Das im Prinzip der friedlichen Koexistenz enthaltene Angriffsverbot (s. Rz. 43 zu Art. 6) wird in Art. 8 Abs. 2 aufgenommen und erweitert. In Art. 8 Abs. 2 ist zwar nur ein Verbot des »Eroberungskrieges« ausgesprochen. Dieser Begriff braucht sich nicht unbedingt mit dem Begriff des Angriffskrieges zu decken, denn auch ein Verteidigungskrieg könnte im Falle eines Sieges zu Eroberungen führen und wäre zu einem Eroberungskrieg geworden, selbst wenn die Absicht der Eroberung erst mit der Abwehr eines Angriffs entstanden ist. Da aber der Angriffskrieg bereits durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 verboten ist und über Art. 91 Satz 1 bestraft werden muß, ist anzunehmen, daß mit Art. 8 Abs. 2 über den Angriffskrieg hinaus der Eroberungskrieg verboten werden soll. Viel Sinn ist darin nicht zu erblicken. Die Bestimmung soll wohl vor allem dazu dienen, die Maximen der DDR in ein helles Licht gegenüber den unterstellten oder wirklichen Maximen der imperialistischen Staaten der Vergangenheit, insbesondere des Hitlerreichs, und der Gegenwart zu rücken.

10 c) Das Verbot, die Streitkräfte der DDR gegen die Freiheit eines anderen Volkes einzusetzen, ist auf dem Hintergrund der These der sowjetischen Völkerrechtslehre zu sehen, nach der der bewaffnete Kampf unterdrückter Völker um die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts völkerrechtsmäßig ist (D. B. Lewin u.a., Völkerrecht, S. 145). Damit ist eine Unterstützung des Unterdrückers völkerrechtswidrig. Das gilt vor allem für den Einsatz von Streitkräften. Uber Recht und Unrecht entscheidet freilich auch hier das Klasseninteresse. Eine Auflehnung gegen eine kommunistische Herrschaft wird niemals als gerechtfertigt angesehen. Die Unterstützung eines solchen Befreiungskampfes wäre in den Augen der sowjetischen Völkerrechtslehre völkerrechtswidrig. Dagegen stünde die Unterdrückung eines Kampfes gegen kommunistische Herrschaft mit dem Völkerrecht im Einklang und wird vom sozialistischen Völkerrecht durch das Prinzip des proletarisch-sozialistischen Internationalismus sogar geboten. Das gilt sogar für den Fall, daß die Suprematie der marxistisch-leninistischen Partei in einem sozialistischen Staate nach Ansicht anderer sozialistischer Staaten verlorenzugehen droht. So wurde die Beteiligung von Kontingenten der NVA am Einmarsch von Warschauer-Pakt-Staaten in die CSSR am 21.8.1968 nicht als Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Satz 2 a. F. angesehen.

1 Wenn die Verfassung die Sätze über die ökonomischen Grundlagen, Wissenschaft, Bildung und Kultur in einem Kapitel zusammenfaßt, so werden damit die engen wechselseitigen Beziehungen zwischen den ökonomischen Verhältnissen und den geistigen Lebensbereichen als Axiom der marxistisch-leninistischen Lehre reflektiert.


I. Die Grundlage der Volkswirtschaft

1. Der Begriff der Volkswirtschaft

2 Während in der DDR unter »Volkswirtschaft« im allgemeinen Sinne mindestens seit 1966 (Ökonomisches Lexikon, 1966, Stichwort: »Volkswirtschaft«) die Gesamtheit aller Betriebe, Einrichtqngen und Institutionen der materiellen Produktion und der »Nichtproduktionssphäre« verstanden wird, unterscheidet die Verfassung zwischen der Volkswirtschaft und »allen anderen gesellschaftlichen Bereichen« (vgl. Art. 9 Abs. 3). Die praktische Konsequenz des engeren verfassungsrechtlichen Begriffs ist gering. Denn auch die »Nichtproduktionssphäre« beruht auf denselben ökonomischen Grundlagen wie die anderen genannten Bereiche. In die Leitung und Planung sind ohnehin alle Bereiche einbezogen (s. Rz. 22-58 zu Art. 9).


2. Das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln

3 a) Art. 9 Abs. 1 Satz 1 bezeichnet mit dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln eine der unantastbaren Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung (Art. 2 Abs. 2) auch als Grundlage der Volkswirtschaft der DDR. Der Satz hat lediglich die Bedeutung einer Bekräftigung. Denn wenn das sozialistische Eigentum an Produktionsmitteln unantastbare Grundlage der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist, muß es auch Grundlage der Volkswirtschaft sein. Wenn Art. 9 Abs. 1 Satz 1 von sozialistischem Eigentum an den Produktionsmitteln spricht, obwohl in der DDR noch geringe Reste des Privateigentums an Produktionsmitteln (kleine Handwerks- und Gewerbebetriebe) erhalten sind, so dürfte das an einer Nachlässigkeit bei der Redaktion des Verfassungstextes liegen.

4 b) Art. 9 Abs. 1 Satz 1 verlangt also nicht, daß alle Produktionsmittel restlos sozialistisches Eigentum sind. Art. 14 Abs. 2 trägt dem Rechnung, daß es in der DDR auch anderes Eigentum als sozialistisches an den Produktionsmitteln gibt. Aber soweit noch Privateigentum an den Produktionsmitteln besteht, ist doch dessen Volumen so gering, daß es für die Volkswirtschaft insgesamt nicht ins Gewicht fällt. Außerdem ist der sozialistische Staat in der Lage, jederzeit die verbliebenen Reste des Privateigentums an den Produktionsmitteln in sozialistisches Eigentum zu überführen (Hans Luft/Heinz Schmidt, Die neue Verfassung .. S. 719) (s. Erl. zu Art. 14). Ferner sind die Produktionsmittel in privatkapitalistischem Eigentum so in die sozialistische Planwirtschaft (s. Rz. 22-58 zu Art. 9) eingespannt, daß sie eine selbständige Rolle nicht spielen können.

II. Die Entwicklungsgesetze der Volkswirtschaft

1. Veränderungen gegenüber dem Entwurf

5 Art. 9 Abs. 1 Satz 2 wurde erst nach der Verfassungsdiskussion in den Text eingefügt. Im Unterschied zu Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und zu Art. 2 Abs. 2 wird in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Begriff der sozialistischen Produktionsverhältnisse verwendet. Es wird also hier das Verhältnis der Menschen beim Produzieren mit einbezogen (s. Rz. 3 zu Art. 1). Da nach marxistisch-leninistischer Lehre das sozialistische Eigentum stets zu sozialistischen Produktionsverhältnissen führt, ist der Wechsel im Begriff von »sozialistischem Eigentum« in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 zu »sozialistischen Produktionsverhältnissen« in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 belanglos.


2. Sozialistische ökonomische Integration

6 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurde Art. 9 Abs. 1 Satz 2 ergänzt, indem nunmehr auch die »sozialistische ökonomische Integration« als Grundlage der Volkswirtschaft bezeichnet wird. Es wird damit ein Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 2 hergestellt (s. Rz. 32 zu Art. 6). Die sozialistische ökonomische Integration wird innerhalb der sozialistischen Staatengemeinschaft betrieben. Organisatorische Grundlage ist der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Der Beginn einer Integration der Volkswirtschaften innerhalb der RGW datiert von 1969- Sie vollzieht sich zur Zeit auf der Grundlage des »Komplexprogramms für die weitere Vertiefung und Vervollkommnung der Zusammenarbeit und Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration der Mitgliedsländer des RGW« aus dem Jahre 1971. Es ist eine Periode von 15 bis 20 Jahren vorgesehen, innerhalb derer die Integration zum Zusammenschluß der Volkswirtschaften der Mitgliedsländer des RGW führen soll. Ob das Ziel erreicht werden wird, erscheint infolge vielfältiger Schwierigkeiten fraglich. Insofern enthält die Ergänzung des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 mehr einen Verfassungsauftrag als die Deklaration eines bestehenden Zustandes.
Die DDR ist Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen des RGW (Zusammenstellung s. Heinrich Machowski, Hauptartikel »Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe [RGW]« im DDR-Handbuch).


3. Begriff des »ökonomischen Gesetzes des Sozialismus«

7 Art. 9 Abs. 1 Satz 2 führt den Begriff des »ökonomischen Gesetzes des Sozialismus« in die Verfassung ein. Der Oberbegriff dazu ist »ökonomisches Gesetz«, worunter ein »wesentlicher, notwendiger, allgemeiner und sich wiederholender Zusammenhang kausalen Charakters innerhalb und zwischen der ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft« (Ökonomisches Lexikon, Stichwort: Gesetz, ökonomisches) verstanden wird. Diese Gesetze wirken unabhängig vom Willen der Menschen, sind aber von den jeweiligen Produktionsverhältnissen abhängig (ebenda). Die ökonomischen Gesetze des Sozialismus sind die, welche unter den sozialistischen Produktionsverhältnissen wirken. Das wichtigste ökonomische Gesetz des Sozialismus wird »Grundgesetz« genannt (s. Rz. 23 zu Art. 2). Das auf Stalin zurückgehende »Grundgesetz« hat nach dem Ökonomischen Lexikon (Stichwort: Grundgesetz des Sozialismus, ökonomisches) zum Inhalt »den maximalen Zuwachs an Nationaleinkommen auf dem Wege der planmäßigen Gestaltung und Durchführung der erweiterten sozialistischen Reproduktion, der Anwendung modernster Ergebnisse von Wissenschaft und Technik sowie der vollen Entfaltung der materiellen Interessiertheit der Werktätigen und der sozialistischen Warenproduktion mit dem Ziel, die materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werktätigen immer besser zu befriedigen und den Menschen der sozialistischen Gesellschaft allseitig zu entwickeln.«
Das Ökonomische Lexikon unterscheidet »spezifische ökonomische Gesetze des Sozialismus« und allgemeine ökonomische Gesetze, »die mit dem Charakter der sozialistischen Produktionsweise assimilieren«. Zu den ersten gehören danach: das Gesetz der planmäßigen proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft, das Gesetz der stetigen Steigerung der Arbeitsproduktivität, das Gesetz der Verteilung nach der Arbeitsleistung und -vom Parteiprogramm nicht genannt - das Gesetz der sozialistischen Akkumulation (planmäßige Bildung und Verwendung der ökonomischen Mittel für die Erweiterung der sozialistischen Reproduktion). Zu den zweiten werden gerechnet: das Wertgesetz, demzufolge »sich die Waren entsprechend der zu ihrer Reproduktion notwendigen Menge gesellschaftlicher Arbeit, also zu ihrem Wert, austauschen«, die »gesetzmäßige Umwälzung der gesellschaftlichen Kombination des Arbeitsprozesses im Gefolge revolutionärer Veränderungen seiner technischen Basis«, das Gesetz der vorrangigen Entwicklung der Produktion von Produktionsmitteln, das als ein allgemeines Gesetz angesehen wird, das die Bedingungen ausdrückt, unter denen sich der technische Fortschritt durchsetzt, und nicht mehr allein für den Sozialismus in Anspruch genommen wird. In kritischer Sicht muß auch das Gesetz der Verteilung nach der Arbeitsleistung zu den allgemeinen Gesetzen gezählt werden, weil das Leistungsprinzip auch für die kapitalistische Wirtschaftsordnung gilt (s. Rz. 40 zu Art. 2).
Wirken auch die ökonomischen Gesetze objektiv, so darf ihre Erfüllung doch nicht dem Selbstlauf überlassen bleiben. Es ist Sache der Planung (s. Rz. 22-58 zu Art. 9), die Gesetze zur vollen Wirksamkeit zu bringen. Dabei werden die ökonomischen Gesetze in ihrem Wirkungsmechanismus miteinander verbunden und bilden ein System der ökonomischen Gesetze.

8 Die Lehre von den ökonomischen Gesetzen hat nicht verhindern können, daß im Laufe der Zeit unterschiedliche Konzeptionen über ihre Verwirklichung entwickelt wurden (s. Rz. 24-31 zu Art. 9). Die zur Zeit des Erlasses der Verfassung von 1968 herrschende Konzeption (1967 bis 1970) wurde »ökonomisches System des Sozialismus« genannt. Mit ihr wurde nach einer Periode der Abschwächung (»Neues ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft«, 1963 bis etwa 1965) wieder stärker die Einordnung der Ökonomie in die unter der Suprematie der SED stehende Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR betont. Im Anschluß an die Rede Walter Ulbrichts auf dem VII. Parteitag der SED (Die gesellschaftliche Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik .. .) wurde das ökonomische System des Sozialismus in der Literatur, z. B. von Günter Mittag (Auf der Grundlage der Verfassung das ökonomische System des Sozialismus gestalten) und in der Gesetzessprache, jedoch nicht in der Verfassung, das »Kernstück des gesellschaftlichen Systems des Sozialismus« genannt [
Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über weitere Maßnahmen zur Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus v. 22.4.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 223); Beschluß des Ministerrates über die Grundsatzregelung für komplexe Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Planung und Wirtschaftsführung für die Jahre 1969 und 1970 v. 26.6.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 433); Beschluß über Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1969/70 v. 31.7.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 711)].
Seit dem VIII. Parteitag der SED (15.-19.6.1971) gilt es, in der »entwickelten sozialistischen Gesellschaft« die Hauptaufgabe in ihrer Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik zu verwirklichen. Dabei wird die ökonomische Rolle des Staates stark betont (s. Rz. 20-25 zu Art. 2).

III. Die Entstehung der sozialistischen Produktionsverhältnisse (des sozialistischen Eigentums an den Produktionsmitteln)

1. Die Bedeutung des Art. 9 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 a. F.

9 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurde Art. 9 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 ersatzlos gestrichen. Die fraglichen Sätze enthielten historische Feststellungen aus der Sicht des Verfassungsgebers, die der der SED entsprach. Juristischen Gehalt hatten sie nicht. Da eine Begründung für die Streichung nicht gegeben wurde, kann angenommen werden, daß der Mangel an juristischem Gehalt dafür Ursache war. Außerdem enthielt Art. 9 Abs. 1 Satz 3 das Wort »Nation«, das wegen der generellen Tilgung dieses Begriffs aus der Verfassung durch die Novelle von 1974 (s. Rz. 56 zu Art. 1) auch an dieser Stelle aus dem Text der Verfassung verschwinden sollte.
Der Satz über die Bewährung des sozialistischen Eigentums diente nur der Selbstbestätigung. Er sollte die auf das sozialistische Eigentum gegründete Wirtschaftsordnung auch ökonomisch rechtfertigen.
Trotzdem bleibt die Entstehung der sozialistischen Produktionsverhältnisse unter dem historischen Aspekt von Interesse.


2. Veränderungen der Eigentumsordnung vor der Verfassung von 1949

10 Die Eigentumsordnung war bereits vor dem Inkrafttreten der Verfassung von 1949 durch die Industriereform, die Bodenreform und die Form des Kreditwesens und des Versicherungswesens wesentlich verändert worden. Die Verfassung von 1949 bestätigte in Art. 24 Abs. 3 bis 5 diese Veränderungen:
»Der Mißbrauch des Eigentums durch Begründung wirtschaftlicher Machtstellung zum Schaden des Gemeinwohls hat die entschädigungslose Enteignung und Überführung in das Eigentum des Volkes zur Folge.
Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.
Alle privaten Monopolorganisationen, wie Kartelle, Syndikate, Trusts und ähnliche auf Gewinnsteigerung durch Produktions-, Preis- und Absatzregelung gerichtete private Organisationen sind aufgehoben und verboten.
Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 ha umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt.«

11 a) Die Industriereform begann mit der Beschlagnahme des Vermögens des Staates und der führenden Nationalsozialisten, der deutschen Militärbehörden und -organisationen, der verbotenen Vereine, Klubs und Vereinigungen, der Regierungen und Staatsangehörigen der auf seiten Deutschlands am Kriege beteiligten Länder sowie von sonstigen Personen, die von der SMA bezeichnet wurden, durch den Befehl Nr. 124 der SMA vom 30.10.1945 (VOBl. Provinz Sachsen Nr. 4/5/6, S. 10). Durch Befehl Nr. 126 vom 31.10.1945 (VOBl. Provinz Sachsen Nr. 4/5/6, S. 12) wurde das Vermögen der NSDAP, ihrer Organisationen und der ihr angeschlossenen Verbände konfisziert. Durch Befehl Nr. 97 vom 29.3.1946 (VOBl. Provinz Sachsen, S. 226) wurde das sequestrierte und konfiszierte Vermögen den deutschen Behörden der Länder zur Verfügung gestellt. Die Länder erließen Verordnungen oder Gesetze (in Sachsen durch Volksentscheid), nach denen die Betriebe der Nazi- und Kriegsverbrecher enteignet und in die Hand des »Volkes« übergeführt wurden [Sachsen: Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes vom 30.6.1946 (GVOBl. der Landesverwaltung Sachsen, S. 305); Sachsen-Anhalt: Verordnung betr. die Überführung sequestrierter Unternehmen und Betriebe in das Eigentum der Provinz Sachsen vom 30.7.1946 (VOBl. S. 351); Brandenburg: Verordnung zur entschädigungslosen Übergabe von Betrieben und Unternehmungen in die Hand des Volkes vom 5.8.1946 (VOBl. S. 235); Mecklenburg: Gesetz Nr. 4 zur Sicherung des Friedens durch Überführung von Betrieben der Faschisten und Kriegsverbrecher in die Hände des Volkes vom 16.8.1946 (Amtsblatt S. 98); Thüringen: Gesetz betr. die Übergabe von sequestrierten und konfiszierten Vermögen durch die SMA an das Land Thüringen vom 24.7.1946 (Regierungsblatt I S. 111)]. Durch Befehl Nr. 201 vom 16.8.1947 (ZVOBl. S. 185) wurde die Bestrafung von Nazis und Kriegsverbrechern aufgrund des Kontrollratgesetzes Nr. 10 vom 20.12.1945 [Gesetz Nr. 10 bez. der Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechern Verbrechen gegen den Frieden oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben v. 20.12.1945 (ABlKR Dtl. 1946, S. 50/2)] und der Direktiven Nr. 24 [Direktive Nr. 24 bez. der Entfernung von Nationalsozialisten und Personen, die den Bestrebungen der Alliierten feindlich gegenüberstehen, aus Ämtern und verantwortlichen Stellungen v. 12.1.1946 (ABlKR Dtl. 1946, S. 98/2)] und 38 [Direktive Nr. 38 bez. der Verhaftung und Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und Militaristen und Internierung, Kontrolle und Überwachung von möglicherweise gefährlichen Deutschen v. 12.10.1946 (ABlKR Dtl. 1946, S. 184/2)] in die Hände deutscher Gerichte gelegt. Der Befehl Nr. 64 vom 17.4.1948 bestätigte die Enteignungen (ZVOBl. S. 140). Für die laufenden Verfahren wurden Fristen gesetzt, die jedoch nicht eingehalten wurden. Noch in den Jahren 1949 und 1950 wurden Enteignungen verfügt (Unrecht als System, Teil I, Dokumente 135 bis 139). Die Enteignung von Industriebetrieben betraf nicht nur aktive Nazis und wirkliche Kriegsverbrecher. Jeder Betrieb wurde enteignet, der mittelbar oder unmittelbar mit Aufträgen der deutschen Wehrmacht belegt war. Es ging nicht um die politische Belastung des Eigentümers. Sie diente nur als Vorwand und wurde oft konstruiert.

12 b) Bodenreform. Auf Veranlassung der SMA wurde im Jahre 1945 durch Länderverordnungen [Sachsen: Verordnung über die landwirtschaftliche Bodenreform vom 10.9.1945 (Amtliche Nachrichten S. 27); Sachsen-Anhalt: Verordnung über die Bodenreform vom 3.9.1945 (Verordnungsblatt Nr. 1, S. 28); Brandenburg: Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Brandenburg vom 6.9.1945 (Verordnungsblatt S. 8); Mecklenburg: Verordnung Nr. 19 über die Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 5.9.1945 (Amtsblatt der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern 1946, S. 14); Thüringen: Gesetz über die Bodenreform im Lande Thüringen vom 10. 9. 1945 (Regierungsblatt I S. 13)] der gesamte landwirtschaftliche Grundbesitz über 100 ha, gleichgültig, ob die Eigentümer schuldig waren oder nicht, und darunter, wenn die Eigentümer als »Kriegs- oder Naziverbrecher« angesehen wurden, enteignet. Nur der Kirchenbesitz blieb verschont. Die entschädigungslose Enteignung umfaßte nicht nur den gesamten Grund und Boden, sondern auch das gesamte landwirtschaftliche Inventar, Gebäude, Vorräte und landwirtschaftliche Nebenbetriebe. Vielfach wurden den Eigentümern auch die zum persönlichen Gebrauch bestimmten Sachen weggenommen. Die Enteigneten wurden aus den Kreisen gewiesen, Gutshäuser und Schlösser ohne Rücksicht auf ihren künstlerischen oder historischen Wert abgerissen. Der enteignete Grundbesitz wurde einem »Bodenfonds« zugeführt. Aus dem Bodenfonds wurden landlose und landarme Bauern, Landarbeiter und Handwerker sowie Vertriebene aus den Ostgebieten bedacht. Sie erhielten das Land zu Eigentum (Neubauern). Ein weiterer Teil wurde in Volkseigentum verwandelt. So entstanden die volkseigenen Güter. (Wegen der weiteren Entwicklung s. Rz. 13-16 zu Art. 46)

13 c) In Punkt 4 des Befehls Nr. 01 vom 23.7.1945 (VOBl. der Provinz Sachsen, S. 16) ordnete die SMAD die Schließung aller Banken an. Ihr Vermögen wurde enteignet, Auszahlungen durften nicht mehr geleistet werden [Sachsen: Gesetz über das Bank- und Kreditwesen vom 30.1.1948 (GVOBl. S. 69); Sachsen-Anhalt: Gesetz zur Sicherung des Kreditwesens vom 12.3.1948 (GBl. S. 53); Brandenburg: Gesetz über das Bankwesen im Lande Brandenburg vom 13.4.1948 (GVOBl. I S. 13); Mecklenburg: Gesetz über die Verwendung des Vermögens der geschlossenen Banken und Sparkassen vom 30.10.1947 (RegBl. S. 262); Thüringen: Gesetz über das Bankwesen vom 25.2.1948 (RegBl. S. 39)]. Erst nach der Währungsreform im Jahre 1948 wurde eine bescheidene Umwertung der Konten vorgenommen [Anweisung über die Umwertung von Guthaben, die vor dem 9. Mai 1945 entstanden sind, vom 23.9.1948 (ZVOBl. S. 490); Verordnung über die nachträgliche Anmeldung zur Umwertung von Sparguthaben, die vor dem 9. Mai 1945 entstanden sind, v. 15.6.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 341)]. (Zum Bankwesen s. Rz. 79, 80 zu Art. 9)

14 d) Ebenfalls durch den Befehl Nr. 01 wurden den privaten Versicherungsunternehmen sowie den öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten aller Art die Wiederaufnahme der dem Zusammenbruch erlegenen Tätigkeit untersagt. Sie wurden enteignet. Die Verwaltungen der Länder und Provinzen der SBZ wurden mit der Gründung neuer Versicherungsgesellschaften beauftragt. In jedem der fünf Länder (Provinzen) wurde eine Versicherungsanstalt gegründet [Sachsen: Verordnung über die Gründung der Versicherungsanstalt des Bundeslandes Sachsen vom 11.10.1945 (Amtliche Nachrichen S. 51); Sachsen-Anhalt: Verordnung über die Gründung der »Sach- und Lebensversicherungsanstalt der Provinz Sachsen« vom 15.9.1945 (VOBl. Nr. 3, S. 37); Brandenburg: Verordnung über die Provinzial-Versicherungsanstalt Mark Brandenburg vom 28.8.1945 (VOBl. S. 5); Mecklenburg: Anordnung Nr. 22 über die Errichtung der Mecklenburg-Vorpommerschen Personenversicherungs-Anstalt sowie der Meckelenburg-Vorpommerschen Hagelversicherungs-Anstalt, Zweiganstalt der Mecklenburg-Vorpommerschen Versicherungsanstalt vom 11.11.1945 (Amtsblatt 1946, S. 18); Thüringen: Gesetz über den Neuaufbau des privaten und öffentlich-rechtlichen Versicherungswesens in Thüringen vom 22.9.1945 (Regierungsblatt S. 33)], denen die Aktiva der geschlossenen Versicherungsunternehmen übertragen wurden (Befehl der SMAD Nr. 247 vom 14.8.1946, Deutsche Finanzwirtschaft 1947, Nr. 1, S. 42). Die Landesversicherungsanstalten gingen später in der Deutschen Versicherungsanstalt auf [Verordnung über die Errichtung der Deutschen Versicherungs-Anstalt vom 6.11.1952 (GBl. DDR 1952, S. 1185)]. (Zur Organisation des Versicherungswesens s. Rz. 81 zu Art. 9)


3. Verstaatlichung in der Verfassung von 1949

15 Die Verfassung von 1949 enthielt in Art. 25 den Verfassungsauftrag, alle Bodenschätze, alle wirtschaftlich nutzbaren Naturkräfte sowie die zu ihrer Nutzbarmachung bestimmten Betriebe des Bergbaus, der Eisen- und Stahlerzeugung und der Energiewirtschaft in Volkseigentum zu überführen. Bei Inkrafttreten der Verfassung von 1949 waren die Bodenschätze und die Bergbaubetriebe, soweit sie nicht unter den Befehl Nr. 124 der SMA gefallen waren, bereits durch Landesgesetze enteignet [Sachsen: Gesetz über die Überführung von Bergwerken und Bodenschätzen in das Eigentum des Landes Sachsen vom 8.5.1947 (GVOBl. S. 202); Sachen-Anhalt: Gesetz über die Enteignung der Bodenschätze vom 30.5.1947 (GBl. S. 87); Brandenburg: Gesetz zur Überführung der Bodenschätze und Kohlenbergbaubetriebe in die Hand des Volkes vom 28.6.1947 (GVOBl. S. 15); Mecklenburg: Gesetz über die Enteignung von Bodenschätzen vom 28.6.1947 (RegBl. S. 143); Thüringen: Gesetz zur Überführung der Bodenschätze und der Bergbaubetriebe in die Hände des Volkes vom 30.5.1947 (RegBl. I S. 53)]. Energieanlagen waren durch Verordnung vom 22.6.1949 in Volkseigentum übergeführt worden [Energiewirtschaftsverordnung vom 22.6.1949 (ZVOBl. I S. 472)]. Für die Enteignungen wurden später nach dem Zeitwert - der Geschäfts- oder Firmenwert durfte nicht berücksichtigt werden - Entschädigungen, jedoch nur zu geringem Teil in bar, im übrigen durch Einzahlungen in Sparbücher, deren Einlagen jährlich zu einem Fünftel fällig wurden, gezahlt [Verordnung zur Regelung der Entschädigungsleistungen für die in Volkseigentum überführten Energieanlagen v. 15.10.1953 (GBl. DDR 1953, S. 1033); Verordnung zur Regelung der Entschädigungsleistungen für Bodenschätze, Bergbaubetriebe sowie Heil- und Mineralquellen v. 15.10.1953 (GBl. DDR 1953, S. 1037)].


4. Das Volkseigentum als Eigentumsart unter anderen

16 Mit der Umgestaltung der Eigentumsordnung vor Inkrafttreten der Verfassung von 1949 waren noch keine sozialistischen Produktionsverhältnisse geschaffen worden. Es wurde zwar schon der Begriff »Volkseigentum« verwendet, aber es war zunächst nur eine Eigentumsart unter anderen. Es fehlte in der Verfassungsurkunde die Erklärung von der Unantastbarkeit des Volkseigentums, obwohl der SMA-Befehl Nr. 64, durch den die Enteignung der »Kriegsverbrecher und Naziaktivisten« bestätigt wurde, ein solches Gebot enthielt und § 2 Anordnung über die Bildung der Vereinigung volkseigener Güter in der sowjetischen Besatzungszone vom 15.6.1949 (ZVOBl. S. 498) dieses Gebot aufnahm und auf die Unpfändbarkeit erweiterte. Art. 28 der Verfassung von 1949 legte lediglich die Voraussetzungen fest, unter denen Volkseigentum veräußert und belastet werden konnte:
»Die Veräußerung und Belastung von Grundbesitz, Produktionsstätten und Beteiligungen, die sich im Eigentum des Volkes befinden, bedürfen der Zustimmung der für ihren Rechtsträger zuständigen Volksvertretung. Diese Zustimmung kann nur mit zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl erteilt werden.«
Im übrigen galten Art. 20, demzufolge die Bauern, Handel- und Gewerbetreibende in der Entfaltung ihrer privaten Initiative zu unterstützen waren, die verfassungsrechtliche Garantie des Eigentums, dessen Inhalt und Schranken sich aus den Gesetzen und den sozialen Pflichten gegenüber der Gemeinschaft ergeben sollten, das verpflichtet und dessen Gebrauch dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen durfte (Art. 24 Abs. 1), in Art. 22 Abs. 1 sowie die ausdrückliche Garantie des Privateigentums der Bauern an ihrem Boden (Art. 24 Abs. 6). Beschränkungen des Eigentums und Enteignungen sollten nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden (Art. 23 Satz 1 Verfassung von 1949). Vor allem gab es zunächst noch keine zentrale Planung der Wirtschaft (s. Rz. 22-58 zu Art. 9).


5. Fortsetzung des Sozialisierungsprozesses

17 Tatsächlich wurde jedoch der Sozialisierungsprozeß fortgesetzt. Es wurden Enteignungen nicht nur auf der Grundlage von Gesetzen vorgenommen, die ausdrücklich solche anordneten, sondern es wurden Gesetze zivil-, wirtschafts- und steuerrechtlichen Inhalts mißbraucht, um Enteignungen vorzunehmen. Davon wurden vor allem Betriebe betroffen, die sich in den Händen von Privateigentümern befanden. Als Rechtsgrundlagen dienten vor
(1) §§ 1,9 und 13 Wirtschaftsstrafverordnung v. 23.9.1948 (ZVOBl. S. 439) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Bestrafung von Verstößen gegen die Wirtschaftsordnung (Wirtschaftsstrafverordnung) v. 29.10.1953 (GBl. DDR 1953, S. 1077),
(2) § 2 Gesetz zum Schutz des innerdeutschen Handels v. 21.4.1950 (GBl. DDR 1950, S. 327) in der Fassung von § 39 des Gesetzes zur Ergänzung des Strafgesetzbuches - Strafrechtsergänzungsgesetz - v. 11.12.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 643), aufgehoben durch § 20 des Gesetzes über das Zollwesen der Deutschen Demokratischen Republik - Zollgesetz - v. 28.3.1962 (GBl. DDR Ⅰ 1962, S. 42),
(3) § 5 Gesetz über die Regelung des Zahlungsverkehrs v. 21.4.1950 (GBl. DDR 1950, S. 355), aufgehoben durch Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik v. 12.5.1969 (GBl. DDR I 1969, S. 28) und § 16 Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1202) in Verbindung mit § 9 Wirtschaftsstrafverordnung,
(4) die Bestimmungen des Gesetzes zur Ergänzung des Strafgesetzbuches - Strafrechtsergänzungsgesetz - über Staatsverrat, Spionage, Verleitung zur Republikflucht, Diversion, Schädlingstätigkeit und Sabotage, Verbrechen gegen das gesellschaftliche Eigentum [§§ 13, 14, 21, 22, 23, 28-30 Gesetz zur Ergänzung des Strafgesetzbuches - Strafrechtsergänzungsgesetz - v. 11.12.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 643). Zu nennen sind ferner: Befehl der SMAD Nr. 60 v. 3.12.1945, der eine Bestrafung wegen »Diversion« oder »Sabotage« ermöglichte, der Art. 6 der DDR-Verfassung von 1949, Gesetz zum Schutze des Friedens v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1199), Verordnung über die Bestrafung von Spekulationsverbrechen vom 22.6.1949 (ZVOBl. I S. 471)].
Oft war Zweck einer Verurteilung nach den genannten Bestimmungen allein die Einziehung des Vermögens oder von Vermögensteilen, die damit zur Enteignung wurde. Straftaten wurden entsprechend konstruiert (Unrecht als System, Teil II, Dokumente 173 bis 180, 182 bis 188, 191, 192; Teil III, Dokumente 212, 225, 226, 229, 256, 291). Weitere Mittel waren:
(1) die Festsetzung von Steuerstrafen oder von Strafen wegen Preisvergehens, die den Wert des Betriebes überstiegen. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurden Zwangsversteigerungen und Konkurs betrieben. In der Zwangsversteigerung oder aus der Konkursmasse erwarben die Behörden für die Steuerforderung den Betrieb (Unrecht als System, Teil I, Dokumente 156 und 157; Teil III, Dokumente 292 bis 297),
(2) der Entzug der Gewerbeerlaubnis (Unrecht als System, Teil II, Dokumente 231, 232, 238 bis 243, 245; Teil III, Dokument 236),
(3) der Entzug von Aufträgen, Krediten, Rohstoffen oder Arbeitsgeräten (Unrecht als System, Teil II, Dokumente 231 bis 235; Teil III, Dokumente 282 bis 285).
In den Fällen der unter (2) und (3) genannten Art war der Betriebsinhaber zur Auflösung seines Betriebes gezwungen. Ihm blieb keine andere Wahl, als die Betriebseinrichtungen dem volkseigenen Sektor der Wirtschaft zu überlassen. Dieser wurde so weiter vergrößert.
Das Parteiprogramm der SED von 1963 beschrieb die damalige Situation wie folgt:
»Durch die demokratische Bodenreform wurde die bürgerlich-demokratische Revolution zu Ende geführt, die Macht der Junker und Großgrundbesitzer gebrochen und der Grund und Boden denen wiedergegeben, die ihn bearbeiteten. So war mit Hilfe der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei das jahrhundertealte Unrecht an den Bauern wiedergutgemacht. Das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern erhielt eine feste Basis. Durch die Bestrafung der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten, die Enteignung der Kriegsgewinnler und Kriegsinteressenten wurde die Macht des Monopolkapitals gebrochen. Das Volk nahm ihre Betriebe in seine Hände. Damit wurde der volkseigene Sektor zur festen sozial-ökonomischen Grundlage der antifaschistisch-demokratischen Ordnung.«


6. Die Entstehung der sozialistischen Produktionsverhältnisse als Vorgang im politisch-soziologischen Bereich

18 Die Entstehung der sozialistischen Produktionsverhältnisse war ein Vorgang im politisch-soziologischen Bereich, der die in der Verfassung von 1949 niedergelegten Normen weit hinter sich ließ. Er setzte ein mit der sozialistischen Umwälzung (s. Rz. 41-51 zur Präambel) und war ihr Bestandteil. Dazu hieß es im Parteiprogramm der SED von 1963:
»Der Übergang zur sozialistischen Revolution und zum Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik entsprach den Bedürfnissen der ökonomischen Entwicklung und den Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen. Die Überwindung der Not, die Beseitigung der Kriegsfolgen und die ständige Verbesserung der materiellen und kulturellen Lebensbedingungen erforderten eine rasche Entwicklung der Produktivkräfte und eine bedeutende Steigerung der Arbeitsproduktivität. Dies hatte die weitere Stärkung des volkseigenen Sektors der Wirtschaft, die Durchführung der einheitlichen sozialistischen Planung und die Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus zur Voraussetzung. In der Landwirtschaft war der rationelle Einsatz der modernen Technik und die Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Erhöhung der Produktivität nur durch den Übergang vom bäuerlichen Einzelbetrieb zur genossenschaftlichen Produktion möglich.« (Zur Zwangskollektivierung der Landwirtschaft s. Rz. 13 zu Art. 46)
Das Parteiprogramm schilderte die weitere Entwicklung wie folgt:
»Die Schaffung der Grundlagen des Sozialismus begann mit dem ersten Fünfjahrplan, der ein bis dahin nicht gekanntes Tempo der Entwicklung vorsah.«
Dann hieß es im Parteiprogramm:
»Ausgehend von den bis 1958 geschaffenen Grundlagen des Sozialismus legte der V. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands die weiteren Aufgaben zum Ausbau der ökonomischen Basis, zur Festigung der sozialistischen Produktionsverhältnisse fest.«
Das Parteiprogramm stellte schließlich fest:
»In der Deutschen Demokratischen Republik ist das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln in der Form des Volkseigentums und des genossenschaftlichen Eigentums zur festen ökonomischen Grundlage der Gesellschaft geworden. Sowohl in der Industrie als auch in der Landwirtschaft und im Handel haben die sozialistischen Produktionsverhältnisse im Verlauf des Aufbaus des Sozialismus den Sieg davongetragen.«


7. Beendigung der Sozialisierung im industriellen Bereich

19 Im industriellen Sektor wurde die Sozialisierung im Frühjahr 1972 beendet. Die auf diesem Sektor bis dahin bestehenden Betriebe mit staatlicher Kapitalbeteiligung und Privatbetriebe wurden unter ökonomischem und sozialem Druck in Volkseigentum über-gefiihrt (s. Rz. 14 zu Art. 14). Dasselbe geschah mit industriell produzierenden Produktionsgenossenschaften des Handwerks (s. Rz. 21 zu Art. 13). Der private Sektor spielt in der Volkswirtschaft der DDR seitdem nur noch eine sehr bescheidene Rolle.


8. Anteil der Eigentumsformen am produzierten Nationaleinkommen

20 Der Anteil der Eigentumsformen am produzierten Nationaleinkommen (Nettoprodukt) in effektiven Preisen hat sich bis 1979 wie folgt entwickelt:
Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1980, Investitionen nach Wirtschaftsbereichen, S. 80

IV. Die Zweckbestimmung der Volkswirtschaft

21 Art. 9 Abs. 2 enthält die Zweckbestimmung der Volkswirtschaft. Sie ist in den ökonomischen Gesetzen des Sozialismus bereits enthalten (s. Rz. 7, 8 zu Art. 9). Indessen geht sie auch darüber hinaus, wenn sie die Stärkung der sozialistischen Ordnung als Zweck der Volkswirtschaft nennt. Es fällt auf, daß dieser Zweck noch vor der ständig besseren Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger, der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer sozialistischen gesellschaftlichen Beziehungen genannt wird. Es ist daraus der Primat der sozialistischen Ordnung, das heißt des Herrschaftssystems, abzulesen. Können nicht alle Zwecke gleichmäßig oder gleichzeitig erfüllt werden, hat die Stärkung des Herrschaftssystems den Vorrang. Diese Rangfolge relativiert den Satz, der Mensch stehe im Mittelpunkt aller Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 (s. Rz. 35-40 zu Art. 2).

V. Die Strukturprinzipien der Volkswirtschaft: Leitung und Planung

1. Einbettung in die Strukturprinzipien der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung

22 Art. 9 Abs. 3 legt die Strukturprinzipien der Volkswirtschaft fest. Für diese gilt dasselbe wie für ihre Grundlage (s. Rz. 3, 4 zu Art. 9). Auch die Strukturprinzipien können keine anderen sein, als die der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung. Das Prinzip der Gewalteneinheit (s. Rz. 21-32 zu Art. 5) verlangt, daß die Volkswirtschaft so in die Gesellschafts- und Staatsordnung eingeordnet ist, daß ihre Organisation kein selbständiges Dasein führen und sie sich nicht zu einem Machtzentrum außerhalb der Staatsorganisation entwickeln kann. Auch für die Organisation der Volkswirtschaft gilt das Prinzip des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 7-14 zu Art. 2). Die Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung (Art. 2 Abs. 2) verlangt zwingend die Planwirtschaft. Deshalb stellt Art. 9 Abs. 3 Satz 1 ebenfalls nur eine Bekräftigung dar, besonders weil auch nach ihm der Grundsatz der Leitung und Planung nicht nur für die Volkswirtschaft gilt, sondern ebenfalls für alle anderen gesellschaftlichen Bereiche.


2. »Leitung und Planung« statt »Planung und Leitung«

23 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurde in Art. 9 Abs. 3 Sätze 1 und 3 die Wendung »Planung und Leitung« in »Leitung und Planung« geändert. Das geschah überall in der Verfassung (Art. 2 Abs. 2, Art. 41, Art. 44 Abs. 3, Art. 46). Es wird damit deutlich gemacht, daß der Leitung ein höherer Stellenwert zugemessen wird als früher und daß die Planung Bestandteil der Leitung ist (s. Rz. 29 zu Art. 2).


3. Planwirtschaft

Begriff der Planwirtschaft

24 a) Planwirtschaft bedeutet mehr als Wirtschaftsplanung, die wiederum von der Wirtschaftslenkung zu unterscheiden ist. Wirtschaftslenkung gibt es überall dort, wo der Staat in die Wirtschaft mit lenkenden Maßnahmen eingreift sowie die Produktion und den Vertrieb von Sachgütern beaufsichtigt. Wirtschaftsplanung bedeutet, daß der Staat seine Maßnahmen auf die Gesamtwirtschaft unter mindestens teilweiser Einschaltung staatlicher Betriebe erstreckt. Sie ist mit der Fortexistenz von Privatunternehmern vereinbar, jedoch ist ihre Initiative sowohl in bezug auf die Wahl der Rohstoffe als auch hinsichtlich der Produktion, des Lieferanten und des Abnehmers beschränkt. Planwirtschaft besteht dort, wo die gesamte Produktion und der Handel staatlich gelenkt und kontrolliert werden und die Produktionsmittel sich bis auf geringfügige Reste in der Hand des Staates befinden. Diese Unterscheidung wird in Anlehnung an Benvenuto Samson (Grundzüge des mitteldeutschen Wirtschaftsrechts) getroffen, macht aber die Planwirtschaft nicht von der Existenz einer sozialistischen Gesellschaftsordnung abhängig. Diese neue Definition wurde erforderlich, nachdem in der DDR der Begriff der »sozialistischen Planwirtschaft« für die dortige Wirtschaftsordnung gebräuchlich geworden ist (s. Rz. 25 zu Art. 9). Die Übergänge von der einen zur anderen Wirtschaftsordnung sind fließend, so daß die Feststellung, ob die eine noch oder die andere schon vorliegt, nicht einfach zu treffen ist. Das gilt insbesondere für die DDR, in der die Entwicklung der Wirtschaftsordnung in den Prozeß der gesellschaftlich-politischen Umwälzung eingebettet ist.
Benvenuto Samson meinte I960, daß in der DDR noch bis in das Ende der fünziger Jahre nur eine Wirtschaftsplanung bestanden habe. Er verwies dabei auf Art. 21 der Verfassung von 1949 mit seinem Verfassungsauftrag zur Unterstützung der privaten Initiative der Bauern, der Handel- und Gewerbetreibenden (a.a.O., S. 38). Auch Art. 21 der Verfassung von 1949 sprach nur von einem öffentlichen Wirtschaftsplan, der zur Sicherung der Lebensgrundlagen und zur Steigerung des Wohlstandes seiner Bürger vom Staat durch seine gesetzgebenden Organe unter unmittelbarer Mitwirkung der Bürger und dessen Durchführung von den Volksvertretungen zu überwachen war. Indessen war schon damals die private Initiative so weitgehend eingeschränkt, daß sie in der Wirtschaft der DDR nur noch eine untergeordnete Rolle spielte (s. Rz. 20 zu Art. 9). Deshalb ist die Wirtschaftsordnung der DDR in der damaligen Zeit bereits als Planwirtschaft zu bezeichnen.
Im Anschluß an Walter Eucken (Die Grundlagen der Nationalökonomie, S. 79 ff.) wurde die Wirtschaftsordnung von K. Paul Hensel (Einführung in die Theorie der Zentralverwaltungswirtschaft) als »Zentralverwaltungswirtschaft mit beschränkt freier Konsum- und Arbeitsplatzwahl« und von Karl C. Thalheim (Beiträge zur Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsordnung, S. 133 ff, S. 211 ff.) als »Zentralverwaltungswirtschaft sowjetischen Typs« bezeichnet. Die Planung erfaßt den Konsum nicht total. Grundsätzlich besteht auch Freiheit der Arbeitsplatzwahl (s. Erl. zu Art. 24). Ob diese Begriffe nach der Einführung des »neuen ökonomischen Systems« noch voll verwendbar waren, war fraglich geworden, weil die Wirtschaft nicht mehr »administrativ«, sondern mittels »ökonomischer Hebel« geleitet werden sollte (s. Rz. 27, 28 zu Art. 9). Da indessen im entwickelten sozialistischen System der Staat wieder eine hervorragende Rolle spielen und seine leitende, planende und organisierende Tätigkeit Voraussetzung und Wesensmerkmal des Entwicklungsprozesses sein soll (s. Rz. 25 zu Art. 2), kann der Begriff der Zentralverwaltungswirtschaft, wenn er einschränkend mit Epitheta versehen wird, wieder als passend angesehen werden. Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang ein Selbstzeugnis aus der DDR. Hans Kurzweg/Reinhold Zachäus (Vervollkommnung der Planung und sozialistische Demokratie, S. 1013) meinen, die Wirtschaft der sozialistischen Staaten sei weder Zentralverwaltungswirtschaft noch Marktwirtschaft, sondern eine nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus aufgebaute Planwirtschaft. Weil jedoch in der jüngsten Deutung des Begriffs des demokratischen Zentralismus die Verstärkung der zentralen Leitung und Planung gefordert wird (s. Rz. 13 zu Art. 2), kann das zitierte Selbstzeugnis aus der DDR in kritischer Sicht eher als Bestätigung, denn als Widerlegung einer Auffassung gewertet werden, welche die Wirtschaftsordnung der DDR als Zentralverwaltungswirt-schaft ansieht, wenn auch eine nähere Kennzeichnung für unumgänglich zu halten ist.
Das letzte Wort dazu ist der Wirtschaftswissenschaft zu überlassen (s. Rz. 30 zu Art. 9).


Begriff der sozialistischen Planwirtschaft

25 b) Art. 9 Abs. 3 Satz 2 bezeichnet die Volkswirtschaft der DDR ausdrücklich nicht als Planwirtschaft schlechthin, sondern als »sozialistische Planwirtschaft«. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß sie die Planwirtschaft innerhalb der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung ist. Das bedeutet vor allem, daß sie unter der Suprematie der SED steht. Diese fällt die Grundentscheidungen für die Leitung und Planung der Wirtschaft.
Bereits durch das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzbuches der Arbeit der Deutschen Demokratischen Republik (GBA) v. 23.11.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 111) wurde in § 1 des Gesetzbuches der Arbeit der Deutschen Demokratischen Republik v. 12.4.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 27) der Begriff »Planwirtschaft« durch den Begriff »sozialistische Planwirtschaft« ersetzt.


Unterschiedliche Konzeptionen der sozialistischen Planwirtschaft

26 c) Unterschiedliche Konzeptionen der sozialistischen Planwirtschaft. Zur Verwirklichung der sozialistischen Planwirtschaft wurden unterschiedliche Konzeptionen entwickelt. Zunächst war die Planung vor allem Aufgabe der obersten staatlichen Organe. Das Mittel war die zentrale Weisung. Im Jahre 1963 trat eine Wende ein.


Neues ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft

27 d) Ausgehend vom VI. Parteitag der SED (15.-21.1.1963) wurden auf einer Wirtschaftskonferenz des ZK der SED vom 24. und 25.6.1963, an der auch der Ministerrat beteiligt war (Die Wirtschaft 1963, Nr. 26), Grundzüge einer neuen Methode der Planung und Leitung der Volkswirtschaft beschlossen. Sie fand ihren Ausdruck in der Richtlinie für das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft v. 11.7.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 453), die vom Präsidium des Ministerrats beschlossen und am 15.7.1963 vom Staatsrat bestätigt worden war. In ihr wurde heftige Kritik an den bis dahin angewandten Methoden der Planung und Leitung geübt.
Nach der Richtlinie sollte das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft die Anwendung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus (s. Rz. 7, 8 zu Art. 9) und die Leitung nach dem Produktionsprinzip zum Inhalt haben und darauf zielen, die Arbeitsproduktivität maximal zu steigern und den wissenschaftlich-technischen Höchststand in den führenden Zweigen der Volkswirtschaft zu erreichen und mitzubestimmen. Es sollte die organische Verbindung
- der wissenschaftlich fundierten Führungstätigkeit in der Wirtschaft und
- der wissenschaftlich begründeten, auf die Perspektive orientierten zentralen staatlichen Planung
- mit der umfassenden Anwendung der materiellen Interessiertheit in Gestalt des in sich geschlossenen Systems ökonomischer Hebel sein.
Vor allem wurde darauf verzichtet, innerhalb der Planung wie früher [II und IV Verordnung über die Organisation der Planung der Volkswirtschaft v. 27.2.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 125)] mittels Kennziffern und Planauflagen von oben nach unten noch die letzte Einzelheit zu regeln.
Der Richtlinie vom 11.7.1963 wurde erhebliche staatsrechtliche Bedeutung beigemessen. Sie sei nicht nur ein Lehrbuch der politischen Ökonomie des Sozialismus, sondern auch ein Lehrbuch der sozialistischen Staats- und Rechtstheorie und des sozialistischen Staatsrechts. Denn sie konzentriere »die im Programm der SED dargelegte Hauptentwicklungslinie des Staatsrechts in der Etappe des umfassenden Aufbaus des Sozialismus in der DDR« und orientiere sich insbesondere auf die staatsrechtlich zu sichernde Konzentration aller politischen Kräfte für die Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts als des entscheidenden Hebels zur raschen Entwicklung der Produktivkräfte sowie auf die Anwendung ökonomischer Methoden der Leitung unter Ausnutzung eines in sich geschlossenen Systems ökonomischer Hebel für die Planung und Organisation der Volkswirtschaft und auf die Erziehung der Menschen als des Kernstücks wissenschaftlicher Führungstätigkeit, die untrennbar mit dem Ausbau der Rechnungslegung und Kontrolle in allen ihren Formen (ökonomischen, gesellschaftlichen und administrativen) verbunden sei (Gert Egler/Hans-Dieter Moschütz, Staatsrechtliche Aspekte der Wirtschaftskonferenz des ZK der SED und des Ministerrats, S. 1433).

28 An der zentralen Planung änderte sich also grundsätzlich nichts. Geändert wurde die Technik der Planung, also die Methode. Dies zeigte sich in einer Kontroverse in der juristischen Fachliteratur. Uwe-Jens Heuer, der sich besonders für das neue System eingesetzt hatte, vertrat die Meinung, daß Planung und die relative, auf einen bestimmten Bereich beschränkte Selbständigkeit der unteren Einheiten zwei gleichberechtigte unentbehrliche Bestandteile der sozialistischen Wirtschaftsführung sein müßten (Wissenschaftliche Wirtschaftsführung und sozialistisches Recht). Andere Autoren (Heinz Buch/Siegfried Petzold/Gerhard Schüßler, Leitungstätigkeit und sozialistisches Recht) bekämpften die Auffassung von der Gleichwertigkeit des Planes und der »Selbstorganisation« der unteren Einheiten. Auch unter dem neuen ökonomischen System sei der Plan das wichtigste Instrument. Es käme also auf eine planmäßige Gestaltung und nicht auf eine Selbstregulierung der Volkswirtschaft an. Walter Ulbricht meinte dazu: »Es kommt also darauf an, durch die richtige Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus und die Anwendung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft eine gewisse Selbstregulierung im wirtschaftlichen System auf der Grundlage des Plans zu erreichen« (Schlußwort auf der 7. Tagung des ZK der SED zum ersten Punkt der Tagesordnung). Damit wurden Plan und Selbstregelung zur »dialektischen Einheit« erklärt, innerhalb derer das stärkere Element, das heißt also die zentrale Planung, sich durchsetzt.
In der Kontroverse spiegelten sich die unterschiedlichen Auffassungen vom Wesen des demokratischen Zentralismus wider (s. Rz. 12,13 zu Art. 2). Gegen Uwe-Jens Heuer hatte sich damit die Auffassung durchgesetzt, die über den demokratischen Zentralismus die Suprematie der SED durchsetzen will und deswegen den Akzent entschieden auf die zentralistische Komponente des Doppelbegriffs setzt. In diesem Sinne wurde der Satz in der Richtlinie vom 11.7.1963 ausgelegt, demzufolge die Anwendung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft gleichzeitig der weiteren Festigung und Entwicklung dieses Prinzips dienen sollte. In der Organisation der Volkswirtschaft (s. Rz. 24-31 zu Art. 9) wurde das Prinzip freilich insofern anders als früher entfaltet, als Kompetenzen nach unten im Sinne einer Dekonzentration verlagert wurden (s. Rz. 12 zu Art. 2). Kybernetische Gedankengänge (s. Rz. 15-19 zu Art. 2) spielten dabei eine nicht unbeträchtliche Rolle.


Ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft

29 e) Im weiteren Verlauf der Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist, zeigte sich deutlich, wie stark die zentralistische Komponente geblieben war. Es wurde eine zunächst nicht vorgesehene zweite Etappe des neuen ökonomischen Systems eingeleitet. Vorbereitet wurde diese auf der 11. Tagung des ZK der SED (Dezember 1965). Der VII. Parteitag der SED (April 1967) ließ dann sogar die Bezeichnung »neues ökonomisches System« endgültig fallen. Freilich hatte schon das Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 17.4.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 89) das neue System als »ökonomisches System der Planung und Leitung« ohne das Epitheton »neu« bezeichnet. Seitdem wird nur noch vom »ökonomischen System des Sozialismus« gesprochen. Im Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über weitere Maßnahmen zur Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus v. 22.4.1968 GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 223) hieß es dann: »Die Rolle und der Wirkungsgrad der zentralen staatlichen Planung und Leitung in den Grundfragen der Strukturentwicklung und der Effektivität der Volkswirtschaft bei gleichzeitiger Sicherung der Proportionalität ist zu verstärken«, und an anderer Stelle: »Die Planung volkswirtschaftlich strukturbestimmender Erzeugnisse, Erzeugnisgruppen, Verfahren und Technologien (erzeugnisgebundene Planung) und die Konzentration auf diese Aufgabe wird zum Kernstück der zentralen Planung entwickelt. Sie ist der Ausgangspunkt für die Herstellung und Sicherung der erforderlichen Proportionen der erweiterten Reproduktion der Volkswirtschaft und fest mit der komplexen Planung und Bilanzierung der volkswirtschaftlichen Verflechtungsbeziehungen zu verbinden.« Schließlich wurde auf der 9. Tagung des ZK der SED (22.-25.10.1968), sichtlich als Antwort auf die Ereignisse in der CSSR, die Suprematie der SED in der Wirtschaft herausgestellt (insbesondere in Referat von Kurt Hager, Grundfragen des geistigen Lebens im Sozialismus). Günter Mittag (Demokratischer Zentralismus, sozialistische Planwirtschaft und wissenschaftlich-technische Revolution, S. 1473) betonte, das Prinzip des demokratischen Zentralismus sei der einzige richtige Weg zur Verwirklichung der sozialistischen Demokratie, und meinte, der Prozeß der Vergesellschaftung der Arbeit, das sozialistische Eigentum und die Leitung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses nach dem Grundprinzip des demokratischen Zentralismus bildeten eine untrennbare Einheit. Die Eigentumsverhältnisse dürften nicht von der Machtfrage, die eine Klassenfrage sei, getrennt werden. Die Realisierung des gesellschaftlichen Eigentums als sozialistisches Eigentum erfordere daher sozialistische zentrale staatliche Planung. Er machte damit den Zusammenhang und die wechselseitige Bedingtheit der Strukturelemente der Suprematie der SED und des sozialistischen Eigentums an den Produktionsmitteln sowie des Strukturprinzips des demokratischen Zentralismus für den Bereich der Volkswirtschaft deutlich. Wenn er hinzufügte, die ideologische Arbeit sei nicht eine »Zutat«, sondern wesentlicher Bestandteil sozialistischer Leitungstätigkeit (S. 1475), so wurde damit auch für diesen Bereich das Gewicht deutlich, das der ideologischen Indoktrination zugemessen wird.


Kurswechsel

30 f) Obwohl die volle Wirksamkeit des ökonomischen Systems des Sozialismus für die Jahre ab 1971 in Aussicht gestellt worden war [Beschluß des Ministerrates über die Grundsatzregelung für komplexe Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Planung und Wirtschaftsführung für die Jahre 1969 und 1970 v. 26.6.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 433)], trat bereits 1970 ein Kurswechsel ein. In den entscheidenden Fragen der Leitung und Planung der Wirtschaft bedeutet er eine Rückkehr zur zentralen administrativen Wirtschaftssteuerung (DDR Handbuch, Stichwort: Phasen der Wirtschaftspolitik seit 1963, III). Seit dem VIII. Parteitag der SED (15.6.-19.6.1971) steht die sozialistische Planwirtschaft unter dem Zeichen der Verwirklichung der Hauptaufgabe in ihrer Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik (s. Rz. 20-25 zu Art. 2). Sie versucht, ihre Ziele durch Intensivierung, Rationalisierung und Automatisierung zu erreichen. Verbindliche Gestaltung der Planung durch eine zusammenfassende Planungsordnung [Anordnung über die Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1976-1980 v. 20.11.1974 (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 775 a-c); Anordnung über die Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1981-1985 v. 28.11.1979 (GBl. DDR 1979 Sdr. Nr. 1020)] (s. Rz. 38 zu Art. 9), Entwicklung der Kombinate, womit insbesondere seit 1978 eine erneute Konzentration innerhalb der Wirtschaftsordnung verbunden war (s. Rz. 30 zu Art. 42), und Sicherung von Einheit von Plan und Vertrag [Verordnung zur Sicherung der Einheit von Plan und Vertrag bei dem Abschluß und der Erfüllung von Wirtschaftsverträgen v. 26.1.1978 (GBl. DDR I 1978, S. 85)] (s. Rz. 100 ff. zu Art. 42) sollen Mittel dazu sein (Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR - Leiter des Lehrstuhls für Wirtschaftsrecht, Die wirksame Nutzung ...). Ob diese Ziele erreicht sind oder erreichbar sind, muß dem Urteil der Wirtschaftswissenschaft überlassen bleiben. Eine spezielle Bezeichnung trägt die zur Zeit verfolgte Konzeption nicht.


Reformbestrebungen und Verfassung

31 g) Ihren verfassungsrechtlichen Ausdruck fanden die Reformbestrebungen in Art. 9 Abs. 3 Satz 3 a. F. Hier wurde die Verbindung zwischen der zentralen Planung und Leitung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung mit der Eigenverantwortung der sozialistischen Warenproduzenten und der örtlichen Staatsorgane verankert. Gegenüber dem Entwurf erfuhr dieser Verfassungssatz im Text von 1968 eine stilistische Änderung, die jedoch die Bedeutung des ökonomischen Systems mehr hervorhob. Während es im Entwurf hieß: »Im ökonomischen System des Sozialismus ist die zentrale staatliche Planung und Leitung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung verbunden mit der Eigenverantwortung der sozialistischen Warenproduzenten und der örtlichen Staatsorgane«, wurde im Verfassungstext das ökonomische System Subjekt des Satzes. Dieses ist es also, das die Verbindung herstellt, sie wird nicht in diesem hergestellt, wobei offen bleibt, wer dabei tätig wird.
Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurde aus Art. 9 Abs. 3 Satz 3 der Begriff des ökonomischen Systems des Sozialismus getilgt. Es wurde damit dem Umstand Rechnung getragen, daß es für die derzeit geltende Konzeption der Leitung und Planung keine spezifische Bezeichnung gibt. Sachlich hat sich am Verfassungssatz durch die Rückkehr zur grammatikalisch im Passiv gehaltenen Fassung unter Weglassung des Begriffs »ökonomisches System des Sozialismus« nichts geändert. Denn nach wie vor bestimmt Art. 9 Abs. 3 Satz 3 das Verhältnis zwischen der zentralen Leitung und Planung zu den örtlichen Staatsorganen und den Betrieben, denen Eigenverantwortung zuerkannt wird (Art. 41 Satz 1).
Die Art. 41 bis 43 bilden mit dem Art. 9 Abs. 3 Satz 3 eine »organische« Einheit (Bericht der Verfassungskommission, S. 703). Daran hat auch die Verfassungsnovelle von 1974 nichts geändert.
Das Verhältnis zwischen zentraler Leitung und Planung zur Eigenverantwortung der örtlichen Staatsorgane und der Betriebe wurde innerhalb des ökonomischen Systems des Sozialismus kybernetisch erklärt (s. Rz. 16 zu Art. 2). Ebenso, wie die entwickelte sozialistische Gesellschaft in der Literatur als System betrachtet wird (s. Rz. 15 zu Art. 2), wird auch unter den neuen Verhältnissen die Volkswirtschaft der DDR als System angesehen. Wenn das auch nur noch selten geschieht, so heißt es doch z.B. im Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen« (S. 40), das Wirtschaftsrecht sei »Ergebnis und Instrument der Herausbildung und Entwicklung des Systems der Leitung, Planung und ökonomischen Stimulierung«.
Art. 9 Abs. 3 Satz 3 ist eine Grundsatzbestimmung, die der Ausfüllung durch die einfache Gesetzgebung bedarf. Sie legt fest, daß einerseits strikt an der zentralen Leitung und Planung festgehalten wird, beschränkt diese aber auf die »Grundfragen« und überläßt andererseits die Entscheidung in Fragen, die nicht Grundfragen sind, den unteren Einheiten.
Das Festhalten an der zentralen Leitung und Planung bedeutet, daß die oberen Einheiten bis hinauf zum obersten Organ die »Führungsgrößen« setzen und die Kontrolle und die Kompetenz des Eingriffs nicht nur bei Gesetzesverletzungen, sondern auch in Sach- und Fachfragen haben. Es gilt also der Grundsatz der Dekonzentration, nicht der der Dezentralisation (s. Rz. 12 zu Art. 2).
Abgesehen davon läßt die Verfassung für die einfache Gesetzgebung und die praktische Handhabung Spielraum. Die Verfassung deckt die verschiedenen Phasen der Wirtschaftspolitik seit 1968. Der einfachen Gesetzgebung bleibt die Aufgabe, die Kompetenzen der Einheiten auf den verschiedenen Stufen zu bestimmen, die »Entscheidungsfelder« im einzelnen abzugrenzen.


4. Rechtliche Regelungen unterhalb der Verfassung

Arten der Pläne

32 a) Die Planung findet ihren konkreten Ausdruck in den Plänen. In der Verfassung von 1968/1974 fehlt eine dem Art. 88 der Verfassung von 1949 vergleichbare Bestimmung, wonach der Wirtschaftsplan durch Gesetz beschlossen wird. Tatsächlich wurde unter der Geltung der Verfassung von 1949 in einem Falle (Volkswirtschaftsplan 1964 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Volkswirtschaftsplan 1964 v. 3.10.1963 (GBl. DDR I 1963, S. 143)]) ein Wirtschaftsplan durch Erlaß des Staatsrates beschlossen. Unter der Verfassung von 1968/1974 wird die Form des Gesetzes verwendet [Zuletzt:
Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1981 v. 17.12.1980 (GBl. DDR I 1980, S. 353)].
Früher wurden Perspektivpläne für einen längeren Zeitraum beschlossen (5 oder 7 Jahre). Der letzte Perspektivplan umfaßte die Jahre vom vorzeitigen Ende des Siebenjahrplanes (1959-1965) [Gesetz über den Siebenjahrplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik in den Jahren 1959 bis 1965 v. 1.10.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 703)], der im Jahre 1963 abgebrochen wurde, als das neue ökonomische System der Planung und Leitung eingeführt wurde, bis 1970 [Gesetz über den Perspektivplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik bis 1970 v. 26.5.1967 (GBl. DDR I 1967, S. 65)].
Seitdem wird zwischen langfristigen Plänen und Fünfjahrplänen [Zuletzt: Gesetz über den Fünfjahrplan für die Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR 1976-1980 v. 15.12.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 519)] unterschieden. Die Volkswirtschaftspläne werden jährlich durch formelles Gesetz (s. Rz. 7 zu Art. 49) beschlossen. Die Pläne für die Territorien beruhen auf Beschlüssen der örtlichen Volksvertretungen [§ 7 Abs. 1 lit. c Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Den letzten Fünfjahrplan enthielt das Gesetz über den Fünfjahrplan für die Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR 1986 bis 1990 v. 27.11.1986 (GBl. DDR Ⅰ 1986, S. 449). Volkswirtschaftspläne wurden für 1983 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1983 v. 3.12.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 623)], 1984 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1984 v. 8.12.1983 (GBl. DDR Ⅰ 1983, S. 317)], 1985 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1985 v. 30.11.1984 (GBl. DDR Ⅰ 1984, S. 389)], 1986 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1986 v. 29.11.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 333)], 1987 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1987 v. 27.11.1986 (GBl. DDR Ⅰ 1986, S. 466)], 1988 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1988 v. 18.12.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 285)] und 1989 [Gesetz über den Volkswirtschaftsplan 1989 v. 14.12.1988 (GBl. DDR Ⅰ 1988, S. 311)] beschlossen. Für 1990 kam ein Volkswirtschaftsplan nicht mehr zustande, obwohl eine AO über den terminlichen Ablaufseiner Ausarbeitung wie üblich bestanden hatte [Anordnung über den terminlichen Ablauf der Ausarbeitung des Volkswirtschaftsplanes und des Staatshaushaltsplanes 1990 v. 28.6.1989 (GBl. DDR Ⅰ 1989, S. 175)].


Planungsordnung

33 b) Über die Methodik der Ausarbeitung des jeweiligen Volkswirtschaftsplanes erging bis 1974 jährlich eine Anordnung [Zuletzt: Anordnung über die Methodik zur Ausarbeitung des Volkswirtschaftsplanes 1975 v. 19.3.1974 (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 762/2)]. Ab 1975 wurde jeweils für einen Fünfjahrplanzeitraum der volkswirtschaftliche Planungsprozeß bis in die Betriebe hinein verbindlich und langfristig geregelt. Es handelte sich um die Anordnung über die Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1976-1980 vom 20.11.1974. Mit ihr wurde die eigentliche Planungsordnung, die der Anordnung beigefugt ist, fiir rechtsverbindlich erklärt. Die Planungsordnung bestand aus:
Teil I Festlegung für die Planung des Reproduktionsprozesses der Volkswirtschaft sowie ihrer Zweige und Bereiche (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 775 a),
Teil II Nomenklaturen, Vordrucken und Festlegungen zu ihrer Anwendung (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 775 b) sowie den methodischen Festlegungen für die in reduziertem Umfang planenden Betriebe (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 775 c).
Zu nennen ist ferner die Anordnung über die Rahmenrichtlinie für die Jahresplanung der Betriebe und Kombinate der Industrie und des Bauwesens - Rahmenrichtlinie - vom 28.11.1974 (GBl. DDR 1974 Sdr. Nr. 780).
Für den folgenden Fünfjahrplanzeitraum gelten die Grundsätze der Ordnung der Planung der Volkswirtschaft 1981-1985 und die daraus abgeleitete Planungsordnung 1981-1985 [Vom 28.11.1979 (GBl. DDR 1979 Sdr. Nr. 1020); dazu: Anordnung über die Ergänzung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1981-1985 v. 30.4.1981 (GBl. DDR Ⅰ 1981, S. 148)] sowie die Rahmenrichtlinie für die Planung in den Kombinaten und Betrieben der Industrie und des Bauwesens [Vom 30.11.1979 (GBl. DDR 1979 Sdr. Nr. 1021)].
Die neuen Regelungen verstärken die Rolle des Fünfjahrplanes. Sie schreiben verbindliche, nach Jahren untergliederte und bis an die Betriebe, Kombinate und örtlichen Organe adressierte Planentscheidungen vor. (Eine Ausnahme machen nur die Betriebe, die im reduzierten Umfange planen, also die kleineren Betriebe.)
Es wurden »für alle gesellschaftlichen Bereiche und Volkswirtschaftszweige einheitliche und stabile Bedingungen festgelegt, die die Planungstätigkeit überschaubar machen und dadurch zu einer Erhöhung der Plandisziplin beitragen« (Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR, Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht, Die wirksame Nutzung ..., S. II). Die genannten Rechtsnormen regeln die Erarbeitung, das Treffen, aber auch die Rechtswirkungen der Planentscheidungen.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Für 1986 bis 1990 galten die Grundsätze für die Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR vom 7.12.1984 (GBl. DDR 1984, Sdr. 1190 a bis r). Mit der Anordnung Nr. 3 über die Ergänzung der Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1986 bis 1990 v. 27.2.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 67) waren die als Anlage der AO beigefügten “Festlegungen zur Ausarbeitung und Einreichung der Planentwürfe zum Fünfjahrplan, zu den Jahresvolkswirtschaftsplänen und Staatshaushaltsplänen“ verbindlich geworden. Mit der Anordnung Nr. 4 über die Ergänzung der Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1986 bis 1990 v. 29.2.1988 (GBl. DDR Ⅰ 1988, S. 47) und der Anordnung Nr. 5 über die Ergänzung der Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1986 bis 1990 v. 16.1.1989 (GBl. DDR Ⅰ 1989, S. 79) wurde die Planungsordnung wiederum geändert.


Gegenpläne

34 e) Für die betriebliche Planung war bis Frühjahr 1981 die Arbeit mit den »Gegenplänen« von Bedeutung. Mit der Anordnung zu den Regelungen für die Arbeit mit dem Gegenplan bei der Ausarbeitung der Jahresvolkswirtschaftspläne [Anordnung zu den Regelungen für die Arbeit mit dem Gegenplan bei der Ausarbeitung der Jahresvolkswirtschaftspläne v. 15.7.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 293)] erging eine generelle Regelung der Materie, nachdem zuvor jeweils kurzfristige Regelungen galten [Zuletzt: Anordnung zu den Regelungen für die Weiterführung der Arbeit mit den Gegenplänen in Betrieben und Kombinaten bei der Durchführung des Volkswirtschaftsplanes 1977 v. 3.1.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 4)].Durch die Anordnung über die Ergänzung der Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1981-1985 [Vom 28.11.1979 (GBl. DDR 1979 Sdr. Nr. 1020); dazu: Anordnung über die Ergänzung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1981-1985 v. 30.4.1981 (GBl. DDR Ⅰ 1981, S. 148)] wurden die einschlägigen Bestimmungen ersatzlos aufgehoben. Im Gegensatz zur UdSSR gibt es seitdem in der DDR keine »Gegenpläne« mehr.


Bilanzierungsverordnung

35 d) Weitere bei der Planung zu berücksichtigende Rechtsvorschriften sind die Verordnung über die Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzierung - Bilanzierungsverordnung - v. 20.5.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 377) und die Verordnung über die Baubilanzierung v. 3.6.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 449). Durch diese wird die Einheitlichkeit des Bilanzsystems gesichert, welches Aufkommen und Verteilung der für die Planung entscheidenden ökonomischen Größen zusammenfaßt.

5. Organe der Leitung und Planung der Volkswirtschaft

Ministerrat

36 a) Oberstes Organ der Leitung und Planung der Volkswirtschaft ist der Ministerrat. Seit der Novelle von 1974 ist diese Funktion des Ministerrates in Art. 76 Abs. 2 verfassungsrechtlich festgelegt. Schon vorher hatte § 3 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253) bestimmt, daß dieses Organ »unter Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus die Volkswirtschaft entsprechend den Direktiven der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, den langfristigen Plänen, den Fünfjahr- und Jahresplänen« zu leiten und die »planmäßige proportionale Entwicklung der Volkswirtschaft« zu sichern hat. Der Ministerrat soll durch die zentrale Leitung und Planung die Intensivierung der gesellschaftlichen Produktion insbesondere durch »sozialistische« Rationalisierung bei gleichzeitiger Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen gewährleisten. (Wegen der weiteren im Ministerratsgesetz festgelegten Einzelheiten dazu s. Rz. 30 zu Art. 76).
Bereits vor Erlaß der Verfassung von 1968 war die Planung und Leitung der Volkswirtschaft im einfachen Gesetzesrecht festgelegt worden. Mit Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Planung und Leitung der Volkswirtschaft durch den Ministerrat v. 11.2.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 1) war festgelegt worden, daß sich die Arbeit des Ministerrats und seines Präsidiums auf die festgelegten volkswirtschaftlichen Grundaufgaben beim umfassenden Aufbau des Sozialismus zu konzentrieren habe. Nach § 5 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 17.4.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 89) sollte im Mittelpunkt der Tätigkeit des Ministerrates die Verwirklichung der wirtschaftlich-organisatorischen und der kulturell-erzieherischen Funktion stehen. Er hatte das ökonomische System der Leitung und Planung der Volkswirtschaft und die Organisation der Arbeit ständig zu vervollkommnen und weiterzuentwickeln. Im
Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung und Vereinfachung der staatlichen Führungstätigkeit in der zweiten Etappe des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung v. 14.1.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 53) war dem Ministerrat als Hauptaufgabe die Entscheidung der Grundfragen und der Hauptproportionen zur Entwicklung der nationalen Wirtschaft der DDR, die Leitung der wesentlichen gesellschaftlichen Prozesse der sozialistischen Umwälzung unter den Bedingungen der technischen Revolution in engster Verbindung mit der Lösung der nationalen Aufgaben der DDR übertragen worden. Die Verfassung in der Fassung von 1968 hatte dann in Art. 78 Abs. 2 festgelegt, daß der Ministerrat wissenschaftlich begründete Prognosen auszuarbeiten, die Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus zu organisieren und die planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft zu leiten hatte.
In den Bezirken sind Leitung und Planung Sache der Bezirkstage und vor allem der Räte der Bezirke [§ 20 in Verbindung mit § 8 Abs. 4 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. In den Stadt- und Landkreisen liegen Leitung und Planung bei den Stadtverordnetenversammlungen und den Kreistagen sowie in erster Linie bei ihren Räten [§ 35 in Verbindung mit § 8 Abs. 4 a.a.O. Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313); in von den Bezirkstagen und Räten der Bezirke ausgewählten Städten sind Generalbebauungspläne aufzustellen (§ 49 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 Satz 2 a.a.O. Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. Die örtlichen Organe sind weitgehend an die zentrale Leitung und Planung gebunden.


Arten der zentralen Leitungsorgane: Linienorgane, Funktionalorgane, Stabsorgane

37 b) Der Ministerrat verfugt über zentrale Leitungsorgane. Das Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen« (S. 193) unterscheidet zwischen »Linienorganen«, »Funktionalorganen« und »Stabsorganen«. »Grundsätzlich vollzieht sich die Leitung der sozialistischen Volkswirtschaft in einem spezifischen Liniensystem« (a.a.O., S. 192). Das Liniensystem umfaßt übergeordnete und unterstellte Organe bzw. Einrichtungen. Im Funktionalsystem wird ein Organ grundsätzlich einem höheren Organ unterstellt. »Bezüglich bestimmter Aspekte seiner Tätigkeit, also partiell, haben jedoch auch andere Organe die Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu treffen« (a.a.O., S. 193). Stabsorgane haben beratende Aufgaben. Es gibt jedoch auch nicht selten eine Kombination von zwei und aller drei Typen.


Staatliche Plankommission als Stabsorgan

38 c) Das wichtigste Stabsorgan des Ministerrates ist die Staatliche Plankommission. Sie besteht als zentrales Organ des Ministerrates seit 1950. Ihre gesetzliche Grundlage erhielt sie im Jahre 1952 [Gesetz über die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.5.1952 (GBl. DDR 1952, S. 407)]. Ihre Funktion unterlag dem Wandel. Ursprünglich nur Planungsorgan, war sie vom 15.2.1958 bis zum 5.7.1961 gleichzeitig oberstes Organ für die Leitung der Industrie, des Handwerks und der Dienstleistungsbetriebe [§ 3 Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates in der Deutschen Demokratischen Republik v. 11.2.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 117)]. Mit der Bildung des Volkswirtschaftsrates mit seinen Industrieabteilungen wurde sie auf die Perspektivplanung beschränkt [Nur inhaltlich verkündeter Beschluß des Ministerrates v. 5.7.1961 (»Die Wirtschaft« vom 12.7.1961)].
Nach der Richtlinie für das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft v. 11.7.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 453) hatte der Volkswirtschaftsrat nach den Richtlinien der Staatlichen Plankommission den Jahresplan für die Industrie in allen seinen Teilen auszuarbeiten. Durch Beschluß des Ministerrates vom 22.12.1965 wurde auf Vorschlag des ZK der SED der Volkswirtschaftsrat aufgelöst. Anstelle seiner Industrieabteilungen traten Industrieministerien [»Neues Deutschland« v. 23.12.1965, bestätigt durch Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung und Vereinfachung der staatlichen Führungstätigkeit in der zweiten Etappe des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung v. 14.1.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 53)]. Walter Ulbricht machte dem aufgelösten Volkswirtschaftsrat den Vorwurf, er habe oft Fragen behandelt, die in die Kompetenz des Präsidiums des Ministerrats gehörten (Probleme des Perspektivplanes, Referat auf der 11. Tagung des ZK der SED). Nach dem Staatsratserlaß vom 14.1.1966 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung und Vereinfachung der staatlichen Führungstätigkeit in der zweiten Etappe des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung v. 14.1.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 53)] war die Staatliche Plankommission das Organ des Ministerrats für die Ausarbeitung volkswirtschaftlicher Entwicklungsprognosen und komplexer Lösungen zur effektivsten Gestaltung des volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozesses, für die planmäßige Sicherung der proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft, für die volkswirtschaftliche Optimierung der Planprojekte der Ministerien, der anderen zentralen Staatsorgane und der Räte der Bezirke sowie für die volkswirtschaftliche Bilanzierung der Perspektiv- und Jahrespläne. Walter Ulbricht hatte die Staatliche Plankommission auf der 2. Tagung des ZK der SED am 7.7.1967 als »ökonomischen Generalstab des Ministerrats«, der in die Kommandolinie nicht unmittelbar eingeschaltet sei, bezeichnet (Neues Deutschland vom 8.7.1967).
Die Staatliche Plankommission ist nach ihrem Statut vom 9-8.1973 [Statut der Staatlichen Plankommission - Beschluß des Ministerrates v. 9.8.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 417)] als Organ des Ministerrates für die gesamtstaatliche Planung der Entwicklung der Volkswirtschaft und die Kontrolle der Durchführung der Pläne verantwortlich. Grundlegende Fragen der weiteren ökonomischen und sozialen Entwicklung hat sie dem Ministerrat zu unterbreiten. In Zusammenarbeit mit den Ministerien und den anderen zentralen Staatsorganen und den Räten der Bezirke sowie dem FDGB in Fragen, die den Lebensbereich der Werktätigen betreffen, hat sie die langfristigen Pläne, die Fünfjahrpläne und die Jahresvolkswirtschaftspläne »wissenschaftlich« vorzubereiten, vor dem Ministerrat zu begründen und Alternativen darzulegen. Die Planentscheidungen trifft »in Ableitung von den Plangesetzen der Volkskammer« (Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen«, S. 211) nur der Ministerrat.
Die Staatliche Plankommission hat auch die Kompetenz, das Planungssystem zu vervollkommnen und dafür die Rechtsvorschriften zu erlassen. Das hat sie bei den Planungsordnungen (s. Rz. 33 zu Art. 9) getan. Ihr sind die Bezirksplankommissionen unterstellt. Sie ist daher in diesen Beziehungen Funktional- und Leitungsorgan.

39 Die Bezirksplankommisionen bestehen seit November 1961 in den Bezirken [Nur inhaltlich verkündeter Beschluß des Präsidiums des Ministerrates (Tribüne vom 11. 3. 1961)]. Sie haben die Entwicklung der Zweige und Bereiche der Volkswirtschaft in den Bezirken territorial zu koordinieren. Über sie wirkt die Staatliche Plankommission auf die rationelle Standortverteilung der Produktivkräfte und die gleichmäßige Entwicklung der Arbeitsund Lebensbedingungen und der Produktion in den Betrieben hin. Die Bezirksplankommissionen sind auch Fachorgane der Räte der Bezirke (Lehrbuch »Staatsrecht der DDR«, S. 417).

40 In den Kreisen bestehen Kreisplankommissionen, die sowohl der Bezirksplankommission unterstehen als auch Fachorgane der Räte der Kreise sind. Sie haben für ihren Bereich die Aufgaben, die in den Bezirken Sache der Bezirksplankomission sind. Zuvor hatten diese Aufgabe in den Kreisen die Abteilungen Planung und Bilanzierung der Räte der Kreise, die Anfang November 1961 an die Stelle der damaligen Kreisplankommissionen getreten waren.
Bei der Staatlichen Plankommission besteht seit Anfang 1981 die Staatliche Bilanzinspektion [Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Staatlichen Bilanzinspektion bei der Staatlichen Plankommission v. 15.1.1981 (GBl. DDR Ⅰ 1981, S. 65)]. Sie hat die Aufgabe, die Einhaltung der Verordnung über die Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzierung - Bilanzierungsverordnung - v. 20.5.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 377) sowie die Verordnung über die Baubilanzierung v. 3.6.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 449) (s. Rz. 35 zu Art. 9) insbesondere bei der Vorbereitung und Durchführung von Bilanzentscheidungen zu kontrollieren.


Funktionalorgane, insbesondere das Ministerium für Materialwirtschaft

41 d) Funktionalorgane zur einheitlichen Leitung von Querschnittsaufgaben sind das Ministerium der Finanzen (s. Rz. 74-76 zu Art. 9), das Ministerium für Umweltschutz
und Wasserwirtschaft (s. Rz. 36 zu Art. 15), das Ministerium für Wissenschaft und Technik (s. Rz. 35 zu Art. 17), die Staatsbank der DDR (s. Rz. 79 zu Art. 9), das Komitee der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (s. Rz. 72 ff. zu Art. 80), das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne (s. Rz. 50 zu Art. 80), das Staatssekretariat für Berufsbildung (s. Rz. 51 zu Art. 80), das Amt für Preise (s. Rz. 78 zu Art. 9), das Amt für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung (s. Rz. 61 zu Art. 80), das Amt für Erfindungs- und Patentwesen (s. Rz. 59 zu Art. 80), die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (s. Rz. 68 zu Art. 80), die Staatliche Verwaltung der Staatsreserven (s. Rz. 69 zu Art. 80) und das Staatliche Vertragsgericht (s. Rz. 102, 103 zu Art. 42). Funktionalorgan ist auch das Ministerium für Außenhandel; jedoch ist es gleichzeitig Linienorgan (Zweigleitungsorgan), weil ihm die Außenhandelsbetriebe unterstehen (Lehrbuch »Wirtschafts- und Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen«, S. 212) (s. Rz. 111 zu Art. 9). Als Funktionalorgan ist ferner das Ministerium für Materialwirtschaft zu nennen. Es wurde mit der Auflösung des Volkswirtschaftsrates am 22.12.1965 (s. Rz. 38 zu Art. 9) gleichzeitig mit den Industrieministerien gebildet. Seine Aufgabe besteht in der »Organisierung einer hohen Materialökonomie und effektiven Sekundärrohstoffwirtschaft« sowie der »Koordinierung und Kontrolle der materiell-technischen Versorgung in der Volkswirtschaft« [Statut des Ministeriums für Materialwirtschaft - Beschluß des Ministerrates v. 22.1.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 49)]. Auch dieses ist gleichzeitig Linienorgan; ihm unterstehen nämlich: das Staatliche Maschinenkontor, das Staatliche Kohlenkontor, der VEB MINOL, die WB Altrohstoffe und wissenschaftliche Einrichtungen.


Industrieministerien als Linienorgane

42 e) Linienorgane (Zweigleitungsorgane) sind die Industrieministerien. Ihre allgemeinen Aufgaben werden im Rahmenstatut für die Industrieministerien - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 133) festgelegt. Als solche werden die Verwirklichung der in den Jahres- und Fünfjahrplänen sowie in langfristigen Plänen festgelegten wirtschaftspolitischen Ziele, die Entwicklung der volkswirtschaftlich langfristig bestimmenden Faktoren für das weitere Wachstum der Produktion, die weitere Vertiefung der sozialistischen ökonomischen Integration, die beschleunigte Entwicklung der Produktion von Zuliefererzeugnissen und Ersatzteilen, die Schaffung aller Voraussetzungen zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und die Steigerung des Exports genannt. Vor allem aber werden die Industrieministerien für die planmäßige Organisation des Produktionsprozesses verantwortlich gemacht. Jedem Industrieministerium unterstehen Vereinigungen volkseigener Betriebe (WB) (s. Rz. 84-95 zu
Art. 42) und/oder Kombinate (s. Rz. 29-62 zu Art. 42) und/oder Betriebe (Großbetriebe) (VEB) (s. Rz. 63-83 zu Art. 42). Den WB sind VEB, Kombinate und Einrichtungen unterstellt [§ 34 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB v. 28.3.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 129)]. Kombinate bestehen aus Kombinatsbetrieben oder Betriebsteilen. Sie haben die WB zum größten Teil ersetzt [§ 1 Abs. 3 Verordnung über die Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 355)]. VEB unterstehen einem (zentralen oder örtlichen) Staatsorgan oder einem wirtschaftsleitenden Organ (WB) [§ 31 Abs. 1 Satz 2 a.a.O. Verordnung über die Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 355)].

43 So sind den Räten der Bezirke die »örtliche Industrie« [§ 24 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]sowie Betriebe und Kombinate des Kraftverkehrs, der Kraftfahrzeuginstandsetzung, des Straßenwesens und andere Betriebe des Verkehrswesens [§ 28 Abs. 3 Satz 2  Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)] (s. Rz. 66 zu Art. 9) unterstellt. Die Räte der Bezirke haben als Fachorgane zur Leitung der örtlichen Industrie die Wirtschaftsräte der Bezirke. Den Räten der Kreise sind ebenfalls Betriebe der örtlichen Industrie und vor allem der Versorgungswirtschaft [§ 39 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)], Bau- und Baureparaturbetriebe [§ 40 Abs. 2 Satz 2 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)] sowie Betriebe des Nahverkehrs, des Straßenwesens und andere Betriebe des Verkehrswesens [§ 42 Abs. 2 Satz 2 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)] unterstellt. Den Räten der Städte und/oder Gemeinden können Bau- und Baureparaturbetriebe [§ 58 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)], Betriebe und Einrichtungen der WohnungsWirtschaft [§ 58 Abs. 7 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)] sowie Betriebe des städtischen Nahverkehrs und des Straßenwesens [§ 62 Abs. 1 Satz Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)] unterstehen. So können folgende Varianten des Leitungssystems unterschieden werden:
Ministerium — WB — VEB/Kombinate/Einrichtungen Ministerium - Kombinate (Betriebe des Kombinates)
Ministerium - Großbetriebe
Ministerium - Rat des Bezirks (Wirtschaftsrat) - VEB/Kombinat Ministerium - Rat des Bezirks (anderes Fachorgan) - VEB Ministerium - Rat des Bezirks - Rat des Stadtkreises/Landkreises - VEB Ministerium- Rat des Bezirks - Rat des Stadtkreises/Landkreises - Rat der Stadt/ Gemeinde - VEB
Es bestehen elf Industrieministerien. In den Statuten der einzelnen Industrieministerien sind die jeweiligen Verantwortungsbereiche (Bereiche und Zweige der Volkswirtschaft einschließlich der unterstellten WB, VEB und auch Einrichtungen) aufgeführt. Dabei ist zu beachten, daß der Bildung von neuen Kombinaten, oft durch Umwandlung von WB, seit 1978 (s. Rz. 30 zu Art. 42) in den Statuten noch nicht Rechnung getragen ist. Die Kombinatsbildung ließ jedoch die Verantwortungsbereiche der Ministerien im allgemeinen unberührt.

44 Das Ministerium für Glas- und Keramikindustrie leitet die Industriezweige: Technisches und optisches Glas, Bauglas, Haushalts- und Verpackungsglas, Keramik, Baukeramik, Feuerfestindustrie sowie Kombinate und Betriebe des Glas- und Keramikmaschinenbaus und der Silikatrohstoffindustrie [Statut des Ministeriums für Glas- und Keramikindustrie - Beschluß des Ministerrates v. 4.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 385)].

45 Das Ministerium für Geologie hat den Verantwortungsbereich: Leitung und Planung der Geologie sowie Durchführung von Aufgaben der mineralischen Rohstoff- und Lagerstättenwirtschaft [Statut des Ministeriums für Geologie - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 325)].

46 Zum Verantwortungsbereich des Ministeriums für Erzbergbau, Metallurgie und Kali gehören die Industriezweige Schwarzmetallurgie, Nichteisenmetallurgie, Kali-Industrie sowie VEB Kombinat Metallaufbereitung, ve Metallurgiehandel - ve Außen- und Binnenhandelsbetrieb der DDR, Stahlberatungsstelle Freiberg (Sachs.), Zentralinstitut der Metallurgie, Ingenieurschule für Automatisierung und Werkstofftechnik Hennigsdorf, Ingenieurschule für Walzwerk- und Hüttentechnik Riesa [Statut des Ministeriums für Erzbau, Metallurgie und Kali - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 345)].

47 Der Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kohle und Energie erstreckt sich auf die WB Steinkohle, WB Braunkohle, WB Kraftwerke, WB Energieversorgung, VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe, Staatliche Hauptlastverteilung, Institut für Energetik sowie andere Einrichtungen [
Statut des Ministeriums für Kohle und Energie - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975 S. 346)].

48 Das Ministerium für Chemische Industrie hat folgenden Verantwortungsbereich: die erdölverarbeitende und petrolchemische Industrie, die plast- und elasterzeugende und plast- und elastverarbeitende Industrie, die anorganische und agrochemische Industrie, die Chemiefaserindustrie, die Industrie für fotochemische Erzeugnisse und Aufzeichnungsmaterialien, die färben-, lacke- und anstrichstoffherstellende Industrie, die pharmazeutische Industrie, die kosmetische und Waschmittelindustrie, den Produktionsmittelgroßhandel für chemische Erzeugnisse, den Chemieanlagen- und -apparatebau sowie Einrichtungen, deren Unterstellung zum Verantwortungsbereich in ihrem Statut ausgewiesen ist [Statut des Ministeriums für Chemische Industrie - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 346)].

49 Dem Ministerium für Leichtindustrie sind die WB, Staatlichen Kontore, Kombinate, Betriebe, Institute und Einrichtungen der Industriezweige Textil/Bekleidung, Leder-Kunstleder-Schuhe-Lederwaren, Zellstoff/Papier/Pappe und Verpackung unterstellt [Statut des Ministeriums für Leichtindustrie - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 347)].

50 Dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik unterstehen folgende Industriezweige: Elektronische Datenverarbeitung und Büromaschinen, Nachrichten- und Meßtechnik, Wissenschaftlicher Gerätebau, Automatisierungs- und Elektroenergieanlagen, Automatisierungsgeräte, Bauelemente und Vakuumtechnik, Technische Keramik, Kabel und Leitungen, Elektromaschinenbau, Elektrische Schienentriebfahrzeuge, Elektrische Konsumgüter, Rundfunk und Fernsehen, Institut für Rationalisierung der Elektrotechnik/Elektronik, Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik Berlin-Lichten-berg, Ingenieurschule für Elektronik und Informationsverarbeitung Görlitz, Ingenieurschule für Elektrotechnik und Maschinenbau Eisleben, Ingenieurschule für Feinwerktechnik Glashütte, Ingenieurschule für Elektrotechnik Velten-Hohenschöpping, Ingenieurschule für wissenschaftlichen Gerätebau »Carl Zeiß« Unterwellenborn, Ingenieurschule für Elektrotechnik und Keramik Hermsdorf, Fachschule für Ökonomie Rodewisch, Institut zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen Gotha, VEB Dienstleistungen »Haus der Elektroindustrie« [Statut des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 347)].

51 Zum Ministerium für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau gehören: WB Automobilbau, WB Eisen-, Blech- und Metallwaren, WB Wälzlager und Normteile, VEB Kombinat ASCOBLOC, VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen, VEB Kombinat Impulsa, VEB Kombinat Medizin- und Labortechnik, VEB Kombinat Nagema, VEB Kombinat Spezialtechnik, VEB Weimar-Kombinat, VEB Handelskombinat agrotechnic, VEB Rationalisierung und Projektierung Berlin, Akademie für Aus- und Weiterbildung Breitenfeld, Fachschule für Ökonomie Plauen, Ingenieurschule für Maschinenbau Bautzen, Ingenieurschule für Maschinenbau Leipzig [Statut des Ministeriums für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 348)].

52 Das Ministerium für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau hat den Verantwortungsbereich: Werkzeugmaschinenbau und Werkzeuge, Plast- und Elastmaschinenbau, Textilmaschinenbau, Polygraphischen Maschinenbau, Zeitmeßgeräte, VEB Rationalisierung Karl-Marx-Stadt, Ingenieurschule für Maschinenbau Schmalkalden, Ingenieurschule für Maschinenbau Wildau, Institut für die Ausbildung von Ingenieurpädagogen Karl-Marx-Stadt [Statut des Ministeriums für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 349)].

53 Zum Verantwortungsbereich des Ministeriums für Schwermaschinen- und Anlagenbau gehören: WB Kraftwerksanlagenbau, WB Getriebe und Kupplungen, WB Tagebauausrüstungen, Krane und Förderanlagen, WB Schiffbau, WB Schienenfahrzeuge, WB Bau-, Baustoff- und Keramikmaschinen, WB Gießereien, VEB Schwermaschinenbau-Kombinat »Ernst Thälmann« Magdeburg, VEB Schwermaschinenbau »Karl Liebknecht« Magdeburg, VEB Kombinat Pumpen und Verdichter, VEB Magdeburger Armaturenwerke »Karl Marx« Magdeburg, VEB Kombinat ORSTA-Hydraulik, VEB Kombinat Luft- und Kältetechnik, Zentralinstitut für Schweißtechnik, VEB Industrieanlagen-Ex-port, Forschungszentrum des Schwermaschinen- und Anlagenbaues [Statut des Ministeriums für Schwermaschinen- und Anlagenbau - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 349)].

54 Das Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie leitet a) die ihm unterstellten WB und Staatlichen Kontore der Industriezweige Furniere und Platten, Musikinstrumente und Kulturwaren, Spielwaren, Möbel, Schnittholz und Holzwaren, Öl- und Margarineindustrie, Süß- und Dauerbackwarenindustrie, Tabakindustrie, Hochseefischerei, Getränkeindustrie, Backwaren- und Nährmittelindustrie; b) die bezirksgeleitete Industrie; c) die örtliche Versorgungswirtschaft; d) folgende dem Ministerium direkt unterstellte Einrichtungen: Zentralinstitut des Ministeriums für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie, Institut für Sozialistische Wirtschaftsführung des Ministeriums, Institut für Kommunalwirtschaft, Arbeitswissenschaftliches Zentrum des Ministeriums, Zentralstelle für Berufsausbildung, Zentralstelle für Werbung und Messen, Zentrum für Rationalisierung und Kleinmechanisierung im Handwerk, Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie, Ingenieurschule für Holztechnik, Ingenieurschule für Maschinenbau und Spielzeugformgestaltung [Statut des Ministeriums für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie - Beschluß des Ministerrates v. 12.2.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 146)].


Ministerium für Bauwesen als Linienorgan

55 f) Linienorgan ist auch das Ministerium für Bauwesen. Zu seinem Verantwortungsbereich gehören die zentral- und örtlichgeleitete Bauindustrie, die zentral- und örtlichgeleitete Baumaterialienindustrie, die Bauakademie der DDR, die Staatliche Bauaufsicht, der Produktionsmittelhandel für Baumaterialien, die WB Baumechanisierung und die Baumechanikbetriebe der Bezirke, die Ingenieurschule für Bauwesen und weitere Einrichtungen.94 In den Bezirken bestehen als Fachorgane der Räte der Bezirke Bezirksbauämter [Seit dem Beschluß des Ministerrates über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen v. 14.6.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 437)]. Diese sind auch dem Ministerium für Bauwesen unterstellt.


Leitung und Planung der Landwirtschaft, insbesondere das Ministerium für Land-, Forst-und Nahrungsgüterwirtschaft

56 g) Eine besondere Organisation der Leitung und Planung besteht für die Landwirtschaft. Unter Auflösung des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft wurden durch den Erlaß des Staatsrates vom 11.2.1963 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Planung und Leitung der Volkswirtschaft durch den Ministerrat v. 11.2.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 1)] der Landwirtschaftsrat beim Ministerrat der DDR mit seiner Produktionsleitung als zentrales staatliches Organ zur einheitlichen Leitung, Planung und Organisation der Produktion in der sozialistischen Landwirtschaft, das Staatliche Komitee für Erfassung und Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse beim Ministerrat und das Staatliche Komitee für Landtechnik und materialtechnische Versorgung der Landwirtschaft gebildet, die die einschlägigen Aufgaben des Landwirtschaftsministeriums auf dem Gebiet der Erfassung und des Aufkaufs landwirtschaftlicher Erzeugnisse übernahmen. Die Forstwirtschaft war zunächst der Produktionsleitung des Landwirtschaftsrates unterstellt. Mit Wirkung vom 1.5.1965 wurde dessen Hauptverwaltung Forstwirtschaft in ein Staatliches Komitee für Forstwirtschaft als Organ des Landwirtschaftsrates umgewandelt [Beschluß über die Bildung des Staatlichen Komitees für Forstwirtschaft v. 8.4.1965 (GBl. DDR ⅠⅠ 1965, S. 339)]. In den Bezirken wurden Bezirkslandwirtschaftsräte und in den Kreisen Kreislandwirtschaftsräte jeweils mit Produktionsleitungen gebildet. Sie unterstanden dem für die Landwirtschaft zuständigen Rat beim Ministerrat und waren für die Planung und Leitung der Landwirtschaft in ihren Territorien verantwortlich. Die für die Landwirtschaft zuständigen Räte in den Bezirken und Kreisen waren gleichzeitig Organe der Bezirks- bzw. Kreistage, also nicht der Räte der Bezirke bzw. der Kreise.
Im Zuge des neuen ökonomischen Systems war auch die Organisation der Planung und Leitung der Landwirtschaft verändert worden. Ohne die Planung aufzugeben, wurde das System der Pflichtablieferung landwirtschaftlicher Produkte abgeschafft. Gleichzeitig wurde die Nahrungsgüterindustrie in die Organisation der Landwirtschaft einbezogen [Beschluß über Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1969/70 v. 31.7.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 711); Beschluß über »Maßnahmen zur weiteren Anwendung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und in der Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1971/72« v. 1.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 779)]. Die Räte führten seitdem die Bezeichnung Rat für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft beim Ministerrat bzw. beim Rat des Bezirkes oder Kreises (RLN).
Der Vorsitzende des RLN beim Ministerrat war Mitglied des Ministerrates. Bei ihm bestanden weiter eine Reihe von Komitees, die zum Teil früher Organe des Ministerrats waren: Staatliches Komitee für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Staatliches Komitee für Landtechnik und materiell-technische Versorgung der Landwirtschaft, Staatliches Komitee für Meliorationen, Staatliches Komitee für Forstwirtschaft.

57 Bei der Bildung des neuen Ministerrates am 29.11.1971 (nach der Wahl der Volkskammer am 14.11.1971) wurde als Vorsitzender des Rates für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der »Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft« berufen (Neues Deutschland vom 30.11.1971). Am 1.1.1972 wurde aus der Produktionsleitung des RLN beim Ministerrat das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft gebildet. In dieses wurden das Staatliche Komitee für Erfassung und Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse beim Ministerrat, das Staatliche Komitee für Landtechnik und materiell-technische Versorgung sowie das Staatliche Komitee für Forstwirtschaft eingegliedert (Bericht von Gerhard Grüneberg an die 14. Tagung des ZK der SED vom 5.6.1975, Neues Deutschland vom 7./8.6.1975). Dem Ministerium sind entsprechende Fachorgane bei den örtlichen Räten unterstellt, die »Produktionsleitungen«, die aus den örtlichen RLN herausgelöst wurden.
Das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft ist verantwortlich »für die Leitung und Planung der Nutzung des land- und forstwirtschaftlichen Bodenfonds; der Produktion und Verarbeitung pflanzlicher Erzeugnisse, der Pflanzenzüchtung und des Pflanzenschutzes; der Produktion und Verarbeitung tierischer Erzeugnisse, der Tierzucht und des Veterinärwesens; der Forstwirtschaft; des Landbaus und des Meliorationsbaus; der Instandhaltung der Landtechnik und der Mechanisierung der Pflanzen- und Tierproduktion; des land technischen Anlagenbaus; des Jagdwesens; der Binnenfischerei; der Pferdezucht und des Pferderennsports«. Es hat die weitere Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), der gärtnerischen Produktionsgenossenschaften (GPG) und der anderen sozialistischen Genossenschaften (s. Rz. 13-26 zu Art. 46), der volkseigenen Güter (VEG) (s. Rz. 16 zu Art. 12), der kooperativen Einrichtungen (s. Rz. 32-35 zu Art. 46) sowie der Organe, Kombinate, Betriebe und Einrichtungen der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft zu gewährleisten [Statut des Ministeriums für Land- Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft - Beschluß des Ministerrates v. 4.12.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 753); dazu: Verordnung über die Leitung, Planung und Organisation der Saatgut- und Pflanzgutwirtschaft - Saatgut - und Pflanzgutverordnung - v. 26.10.1978 (GBl. DDR Ⅰ 1978, S. 413)]. In den Bezirken und Kreisen sind die Bezirkstage bzw. Kreistage für die Leitung und Planung der Landwirtschaft und der Nahrungsgüterwirtschaft verantwortlich, die sich dabei der Produktionsleitungen bedienen [§§ 27 und 41 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. Der RLN beim Ministerrat und die RLN bei den Räten der Bezirke und Kreise blieben als aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern bestehende kollektive Beratungsorgane der Räte bestehen [§ 27 Abs. 4 Satz 1, § 41 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Der RLN hatte eine Rahmenarbeitsordnung erhalten [Bekanntmachung der Rahmenarbeitsordnung des Rates für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft v. 11.6.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 177)].


Ministerium für Handel und Versorgung

58 h) Für den Binnenhandel mit Konsumgütern und die Versorgung der Bevölkerung besteht als zentrales Organ des Ministerrates das Ministerium für Handel und Versorgung [Verordnung über das Statut des Ministeriums für Handel und Versorgung v. 2.1.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 7)]. Es ist verantwortlich für die Versorgung der Bevölkerung, die Verwirklichung der »sozialistischen Handelspolitik der Regierung in allen Bereichen des Binnenhandels«, die »Planung und Leitung des gesamten Binnenhandels« und die »planmäßige Qualifizierung von Handelskadern«. Es leitet die Abteilungen Handel und Versorgung der Räte der Bezirke und Kreise an. Für den Großhandel unterstehen ihm die Großhandelsdirektion Textil- und Kurzwaren [Verordnung über die Bildung der Großhandelsdirektion Textil- und Kurzwaren v. 22.10.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 903)], die zentralen Warenkontore für Haushaltwaren, Technik, Möbel und Kulturwaren, Schuhe und Lederwaren [Verordnung zur Bildung zentralgeleiteter Handelssysteme im Großhandel mit Industriewaren v. 16.5.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 339)] mit ihren Großhandelsgesellschäften [Verordnung über die Bildung von Großhandelsgesellschaften v. 10.3.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 183)], das Zentrale Warenkontor Großhandel »Waren täglicher Bedarf« [Anordnung über die Stellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Zentralen Warenkontors Großhandel »Waren täglicher Bedarf« v. 17.4.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 249)] sowie die Zentrale Wirtschaftsvereinigung Obst, Gemüse und Speisekartoffeln. Für letztgenannte bestehen auch auf örtlicher Stufe wirtschaftsleitende Organe. Für den Einzelhandel unterstehen dem Ministerium die Handelsorganisation (HO) Wismut [Anordnung über das Statut der Hauptdirektion Wismut-Handel v. 29.3.1965 (GBl. DDR ⅠⅠ 1965, S. 314) in der Fassung der Anordnung Nr. 2 über das Statut der Hauptdirektion Wismut-Handel v. 4.8.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 429)], die Handelsorganisation (HO) Spezialhandel [Anordnung über das Statut der Hauptdirektion Spezialhandel v. 6.5.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 356)], die Bezirksdirektionen des volkseigenen Einzelhandels (HO) [Anordnung über das Statut der Bezirksdirektionen des volkseigenen Einzelhandels (HO) v. 12.8.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 45)], die Volkseigene Versand- und Warenhaus Vereinigung CENTRUM [Verordnung über die Bildung der Vereinigung Volkseigener Warenhäuser v. 22.10.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 901)]. Schließlich ist ihm die Vereinigung INTERHOTEL, zu der die Spitzenhotels und -gaststätten gehören [Verordnung über die Bildung der Vereinigung INTERHOTEL v. 22.10.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 902); Erste Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung der Vereinigung INTERHOTEL v. 4.1.1965 (GBl. DDR ⅠⅠ 1965, S. 73); Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung der Vereinigung INTERHOTEL v. 17.2.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 159); Dritte Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung der Vereinigung INTERHOTEL v. 4.8.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 429)], unterstellt.
Das Ministerium für Handel und Versorgung hat zu gewährleisten, daß der Verband Deutscher Konsumgenossenschaften (s. Rz. 23 zu Art. 3) seine Aufgaben bei der Versorgung der Bevölkerung erfüllt, und ihn zu unterstützen.

VI. Verkehrswesen und Post

1. Verfassung von 1949

59 Die Verfassung von 1949 enthielt in Art. 124 eine Kompetenzregelung hinsichtlieh der Verwaltung des Post-, Fernmelde- und Rundfunkwesens, des Eisenbahnwesens, des Straßenwesens und des Wasserstraßenwesens. Deren Verwaltung lag bei der »Republik«. Wegen des Bestehens von Ländern war diese Regelung notwendig und sinnvoll.
Mit der Abschaffung der Länder (s. Rz. 3 zu Art. 81) wurde Art. 124 der Verfassung von 1949 obsolet. Die Verfassung von 1968/1974 enthält (im Gegensatz zur Festlegung des Währungs- und Finanzsystems in Art. 9 Abs. 4, s. Rz. 70-90 zu Art. 9) darüber nichts. In Art. 125 der Verfassung von 1949 war auch die Ordnung der Handelsschiffahrt und die Regelung des Seeverkehrs und der Seezeichen zur Aufgabe der Verwaltung der Republik erklärt worden. Mit der Abschaffung der Länder war diese Bestimmung obsolet geworden.
Die Verfassung von 1968/1974 enthält dazu keine speziellen Bestimmungen. Über die Organisation des Luftverkehrs enthielten bzw. enthalten die Verfassung von 1949 und die Verfassung von 1968/1974 nichts.


2. Ministerium für Verkehrswesen

60 Linienorgan zur Leitung und Planung des Verkehrswesens ist das Ministerium für Verkehrswesen. Zu seinem Verantwortungsbereich gehören: der Eisenbahnverkehr, der Seeverkehr, der Binnenschiffsverkehr, die dem Verkehrswesen zugeordneten Wasserstraßen, der Kraftverkehr und die Kraftfahrzeuginstandhaltung, der städtische Nahverkehr, das Straßenwesen, die zivile Luftfahrt, der Auslandstourismus, die verkehrstypischen Dienstleistungen, die verkehrsmedizinische Betreuung und die Verkehrshygiene [Statut des Ministeriums für Verkehrswesen - Beschluß des Ministerrates v. 14.8.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 621); zuvor: Verordnung über das Statut des Ministeriums für Verkehrswesen v. 18.2.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 155) in der Fassung der Zweiten Verordnung über das Statut des Ministeriums für Verkehrswesen v. 26.1.1961 (GBl. DDR ⅠⅠ 1961, S. 45)]. Organe des Ministeriums, die Aufgaben der staatlichen Verwaltung wahrzunehmen haben, sind u. a. das Seefahrtsamt [Anordnung über das Seefahrtsamt der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.5.1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 146)] (s. Rz. 65 zu Art. 9) und die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation [Verordnung über die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation v. 28.4.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 362)] (s. Rz. 65 zu Art. 9). Unterstellt sind ihm die Hochschule für Verkehrswesen [Verordnung über die Bildung einer Hochschule für Verkehrswesen v. 6.3.1952 (GBl. DDR 1952, S. 215)] (s. Rz. 66 zu Art. 17), die Kraftfahrzeugtechnische Anstalt [Verordnung über die Errichtung einer Kraftfahrzeugtechnischen Anstalt in der DDR v. 29.10.1953 (GBl. DDR 1953, S. 1106)], das Zentrale Forschungsinstitut des Verkehrswesens [Anordnung über das Statut des Zentralen Forschungsinstituts des Verkehrswesens der DDR v. 10.3.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 292)], die Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser-und Grundbau [Statut der Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser- und Grundbau v. 14.7.1954 (ZBl. S. 346)], der Medizinische Dienst des Verkehrswesens [Anordnung über den Medizinischen Dienst des Verkehrswesens der DDR v. 18.11.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 517)] sowie das Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik [Anordnung über das Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik v. 27.12.1963 (GBl. DDR ⅠⅠ 1963, S. 8) ursprünglich Deutsches Reisebüro (DER)].


3. Deutsche Reichsbahn

61 Das Ministerium für Verkehrswesen leitet unmittelbar »das staatliche Eisenbahnunternehmen« [§ 1 Abs. 2 Satz 2 Statut des Ministeriums für Verkehrswesen - Beschluß des Ministerrates v. 14.8.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 621); zuvor: Verordnung über das Statut des Ministeriums für Verkehrswesen v. 18.2.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 155) in der Fassung der Zweiten Verordnung über das Statut des Ministeriums für Verkehrswesen v. 26.1.1961 (GBl. DDR ⅠⅠ 1961, S. 45)]. Dieses trägt noch immer den Namen »Deutsche Reichsbahn« [Anordnung über das Statut der Deutschen Reichsbahn v. 19.11.1960 (GBl. DDR ⅠⅠ 1960, S. 453)]. Die Deutsche Reichsbahn vereinigt in sich den Betrieb der alten »Deutschen Reichsbahn« auf dem Gebiete der DDR und den der früheren privaten und öffentlich-rechtlichen Kleineisenbahnunternehmen sowie Werke für Ausbesserung der Fahrzeuge und für Eisenbahnbau. Sie hat die Betriebspflicht an der Eisenbahn in Berlin (West) einschließlich der S-Bahn, jedoch nicht das Eigentum an ihr.
Bestimmten Organen der Deutschen Reichsbahn obliegen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen
(1) die staatliche Aufsicht über die Betriebsführung, über die Fahrzeuge und über die Anlagen der Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs (sie kontrolliert also sich selbst);
(2) die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit auf Bahngebiet (bahnpolizeiliche Funktion);
(3) die staatliche Aufsicht über andere Bahnen (Werkbahnen, Straßenbahnen, Bergbahnen u. ähnl.);
(4) der Einsatz nicht reichsbahneigener Schienenfahrzeuge. (Damit kann die Deutsche Reichsbahn insbesondere werkeigene Güterwagen nach ihrem Ermessen einsetzen.)
Die Deutsche Reichsbahn ist ermächtigt, mit Eisenbahnen anderer Staaten und internationalen Eisenbahnorganisationen Vereinbarungen und Verträge abzuschließen. Planungsund abrechnungstechnisch umfaßt die Deutsche Reichsbahn die Bereiche
- Eisenbahntransport,
- Fahrzeugausbesserung,
- Eisenbahnbau.
Sie ist regional in Reichsbahndirektionen gegliedert. Weitere Untergliederungen sind die Reichsbahnämter, die örtlichen Dienststellen der Hauptdienstzweige und die Dienststellen der Fahrzeugausbesserung und des Eisenbahnbaues.


4. Luftverkehr

62 Die einschlägigen Bestimmungen über den Luftverkehr sind in den §§ 4 ff. des Gesetzes über die zivile Luftfahrt v. 31.7.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 113) enthalten. Für die staatlichen Aufgaben der zivilen Luftfahrt, insbesondere des Lufttransportes und der Luftaufsicht, ist das Ministerium für Verkehrswesen zuständig. Die zivile Luftfahrt soll in allen ihren Bereichen planmäßig entwickelt werden. Das Flugverkehrsunternehmen der DDR ist die »Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mbH« (Interflug). Hier wurde nicht die Rechtsform eines volkseigenen Betriebes gewählt. Der Vorgänger der Interflug, die ebenso wie das Luftverkehrsunternehmen in der Bundesrepublik den Namen »DEUTSCHE LUFTHANSA« führte, war dagegen volkseigener Betrieb [Beschluß über das Statut der »DEUTSCHEN LUFTHANSA« v. 14.11.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 579)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Mit Wirkung vom 1.2.1984 erging ein neues Gesetz über die Luftfahrt - Luftfahrtgesetz - v. 27.10.1983 (GBl. DDR Ⅰ 1983, S. 277) (Einzelheiten in ROW 2/1984, S. 73).


5. Öffentliche Straßen

63 Öffentliche Straßen sind alle Straßen, Wege und Plätze einschließlich Parkplätze, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr dienen. Ihre Nutzung ist entsprechend der Zweckbestimmung der öffentlichen Straßen und ihrem Straßenbau- und verkehrstechnischen Zustand sowie im Rahmen der Rechtsvorschriften allen Verkehrsteilnehmern gestattet (öffentliche Nutzung). Es bestehen folgende Straßenklassen: Autobahnen und Fernverkehrsstraßen, Bezirksstraßen, Kreisstraßen sowie Stadt- und Gemeindestraßen. Öffentlich sind auch Straßen, die überwiegend den Interessen ihrer Rechtsträger oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienen (betrieblichöffentliche Straßen).
Das Ministerium für Verkehrswesen ist Rechtsträger der Autobahnen und Fernverkehrsstraßen einschließlich der Ortsdurchfahrten von Fernverkehrsstraßen in Städten und Gemeinden bis zu 50 000 Einwohnern. Die Räte der Bezirke sind Rechtsträger der Bezirksstraßen einschließlich der Ortsdurchfahrten in Städten und Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern. Die Räte der Kreise sind Rechtsträger der Kreisstraßen. Die Räte der Städte bzw. Gemeinden sind Rechtsträger der Stadt- und Gemeindestraßen, der Ortsdurchfahrten von Fernverkehrsstraßen in Städten ab 50 000 Einwohnern und der Ortsdurchfahrten von Bezirksstraßen in Städten und Gemeinden ab 10 000 Einwohnern. Den jeweiligen Rechtsträgern obliegt die Kontrolle über die Gewährleistung der öffentlichen Nutzung sowie die Durchführung des Straßenwinterdienstes bzw. über die Sauberhaltung und Beleuchtung der öffentlichen Straßen ihres Verantwortungsbereichs. Die Räte der Städte und Gemeinden haben diese Funktionen auch hinsichtlich der betrieblich-öffentlichen Straßen. Für den Bereich der Fernverkehrsstraßen kann das Ministerium die genannten Aufgaben den Räten der Bezirke übertragen. Dem Ministerium und den Räten der Bezirke sind Einrichtungen und volkseigene Betriebe des Straßenwesens unterstellt, den anderen örtlichen Räten können solche unterstellt werden [Verordnung über die öffentlichen Straßen - Straßenverordnung - v. 22.8.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 515)]. Für das Verhalten im Straßenverkehr gilt die Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr (Straßenverkehrs-Ordnung - StVO -) v. 26.5.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 257).


6. Binnenwasserstraßen

64 Die Organe für die Verwaltung der Binnenwasserstraßen sind das Wasserstraßenaufsichtsamt, die Wasserstraßenhauptämter Berlin und Magdeburg sowie die Wasserstraßenämter und die Oberflußmeistereien [Anordnung über das Wasserstraßenaufsichtsamt der Deutschen Demokratischen Republik v. 30.6.1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 224); Für den Verkehr auf den Binnenwasserstraßen gilt die Binnenwasserstraßen-Verkehrsordnung v. 1.2.1974 (GBl. DDR 1974, Sdr. Nr. 716, S. 13)]. Das Wasserstraßenaufsichtsamt ist das staatliche Kontroll- und Aufsichtsorgan zur Gewährleistung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit in der Binnenschiffahrt sowie für die Verwaltung, Instandhaltung und den Ausbau der dem Ministerium für Verkehrswesen zugeordneten Binnenwasserstraßen und Verkehrsanlagen. Das Lotsenwesen auf den Binnenwasserstraßen ist durch die Anordnung über das Lotsenwesen auf den Binnenwasserstraßen der Deutschen Demokratischen Republik v. 15.6.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 364) geregelt. Alleiniger Frachtführer für den Gütertransport auf den Binnenwasserstraßen der DDR und im Import- und Exportverkehr auf ihnen ist der VEB Deutsche Binnenreederei [§ 19 Verordnung über die Leitung, Planung und Zusammenarbeit beim Gütertransport -Transportverordnung (TVO) - v. 28.3.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 233)].


7. Seefahrt

65 Die die Seefahrt betreffenden staatlichen Aufgaben nimmt das Seefahrtsamt [Anordnung über das Seefahrtsamt der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.5.1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 146)] wahr (s. Rz. 60 zu Art. 9). Ihm obliegt vor allem die Aufsicht über die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Verkehr auf den Seewasserstraßen, in den Seehäfen, auf den inneren Seegewässern und auf den Territorialgewässern (s. Rz. 64 zu Art. 7). Sein Sitz ist Rostock. Die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation [Verordnung über die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation v. 28.4.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 362)] ist das staatliche Organ für Revision und Klassifikation von Schiffen. Ihr Sitz ist Zeuthen. Für die Seewasserstraßen gilt die Anordnung zur Regelung des Verkehrs auf den Seewasserstraßen - Seewasserstraßenordnung - vom 16.5.1968 (GBl. DDR 1969, Sdr. Nr. 587). Der Schiffsverkehr in den Seehäfen ist durch die Seehafenordnung vom 9.8.1962 [Anordnung über den Schiffsverkehr in den Seehäfen der Deutschen Demokratischen Republik - Seehafenordnung - v. 8.9.1954 (GBl. DDR 1962, S. 537)]geregelt. Für das Lotsenwesen auf See gilt die Verordnung über das Lotsenwesen - v. 28.10.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 889). Die drei Seehäfen Rostock-Warnemünde, Wismar und Stralsund werden von VEB betrieben [Anordnung über die Schiffsabfertigung und den Güterumschlag in den Seehäfen - Seehafenbetriebsordnung - v. 10.6.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 316)]. In der Verordnung über die Rettung von Menschenleben und Fahrzeugen aus Seenot und die Behandlung von Strandgut - Strandungsordnung - v. 29.8.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 633) und der Verordnung über den Notaufenthalt von Fahrzeugen in den Gewässern der Deutschen Demokratischen Republik v. 2.6.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 419) sind einschlägige Regelungen enthalten.
Die Seehandelsflotte der DDR befindet sich völlig in der Hand des Staates. Rechtsträger ist der VEB Kombinat Seeverkehr und Hafenwirtschaft - Deutfracht/Seerederei Rostock. Die anteilmäßige Befrachtung, Abfertigung und Klarierung der die Häfen der DDR anlaufenden Hochseeschiffe ist ausschließlich Sache des VEB Deutsche Schiffsmaklerei Rostock. Spezielle Aufgaben erfüllen in Monopolstellung der VEB Bagger-, Bugsier-und Bergungsreederei und der VEB Schiffsversorgung Rostock.
Für Schiffe, deren Rechtsträger oder Eigentümer das Recht zur Führung der Staatsflagge (s. Rz. 91 zu Art. 1) besitzen, und für Schiffsbauwerke, die in der DDR errichtet werden, gilt die Verordnung über die Flaggenführung und Eigentumsrechte an Schiffen und das Schiffsregister - Schiffsregisterverordnung - v. 27.5.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 285). Die DDR verfügt mit dem Seehandelsschiffahrtsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik - SHSG - v. 5.2.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 109) über ein spezielles Gesetz, das die Herstellung und Gestaltung der für die Seeschiffahrt erforderlichen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern und anderen Beteiligten regelt. Seine Bestimmungen sind dispositiv, soweit das Gesetz das nicht ausdrücklich ausschließt. Es ist für den Bereich der DDR an die Stelle u. a. des Vierten Buches des HGB getreten. Ergänzend gelten die Verordnung über zivilrechtliche Verfahren in Schiffahrtssachen - Schiffahrts-Verfahrensordnung - v. 27.5.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 290) und die Verordnung über das Dispacheverfahren v. 27.5.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 298).


8. Örtlichgeleitetes Verkehrswesen

66 In die Planung und Entwicklung des Verkehrs sind die örtlichen Organe eingeschaltet. So haben der Bezirkstag und der Rat des Bezirks die Aufgaben und die Entwicklung des örtlichgeleiteten Verkehrswesens festzulegen und beschließen den Generalverkehrsplan für den Bezirk. Ferner haben sie die Aufgaben des zentral- und örtlichgeleiteten Verkehrs in ihrem Territorium zu koordinieren [§ 28 Abs. 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. Auf der Grundlage des Generalverkehrsplanes legen die Volksvertretung und der Rat des Kreises Maßnahmen zur Organisation des Verkehrswesens und zur effektiven Nutzung aller Transport-, Umschlags- und Beförderungskapazitäten fest. Der Rat des Kreises hat für die ständige Verbesserung des Arbeiterberufs- und des Schülerverkehrs, die Koordinierung der Verkehrsträger sowie die Bestätigung der Linienführung der öffentlichen und betrieblichen Verkehrsmittel zu sorgen [§ 42 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. Die Volksvertretungen und die Räte der Städte und Gemeinden haben den Arbeiterberufs-, Linien- und Schülerverkehr in den Städten und stadtnahen Gebieten durch den koordinierten Einsatz aller Verkehrsträger zu sichern [§ 62 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313)]. Den örtlichen Räten unterstehen Kraftverkehrs- und Kraftfahrzeuginstandsetzungskombinate, Kombinate und Betriebe des Städtischen Nahverkehrs.


9. Transportausschüsse

67 Als beratende Organe zur Koordinierung der Transportaufgaben und Gewährleistung der komplexen Zusammenarbeit der Staatsorgane, der wirtschaftsleitenden Organe, Kombinate und Betriebe auf dem Gebiet des Transportwesens bestehen Transportausschüsse (Zentraler Transportausschuß, Bezirkstransportausschüsse, Kreistransportausschüsse, Stadttransportausschüsse in den Stadtkreisen). Im Zentralen Transportausschuß führt der Minister für Verkehrswesen, in den örtlichen Transportausschüssen der jeweilige Leiter der zuständigen Abteilung bei den Räten den Vorsitz. Den Transportausschüssen gehören Mitarbeiter von Staatsorganen und wirtschaftsleitenden Organen, die Transportaufgaben wahrzunehmen haben, an [§ 5 Verordnung über die Leitung, Planung und Zusammenarbeit beim Gütertransport -Transportverordnung (TVO) - v. 28.3.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 233), Statut des Zentralen Transportausschusses in der Anlage zur Verordnung].


10. Ministerium für Post- und Fernmeldewesen

68 Verantwortlich für das Post- und Fernmeldewesen sowie für die zentrale Leitung der »Deutschen Post« ist das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen [Statut des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 565)]. Sein Verantwortungsbereich umfaßt das Post- und Zeitungswesen, das Fernsprech- und Fernschreibwesen, das Funkwesen sowie die spezifischen Aufgaben der industriellen Produktion im Post- und Fernmeldewesen. Träger des Post- und Fernmeldeverkehrs ist die Deutsche Post [Gesetz über das Post- und Fernmeldewesen v. 3.4.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 365)]. Sie ist eine »einheitliche staatliche Einrichtung«, juristische Person und arbeitet nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung.
Sie ist zuständig
(1) für die Nachrichtenbeförderung durch Postanlagen,
(2) für die Nachrichtenübermittlung durch Fernmeldeanlagen,
(3) für die Beförderung und den Vertrieb fortlaufend erscheinender Presseerzeugnisse.
Sie hat das Monopol,
(1) Postanlagen einzusetzen, zu errichten und zu betreiben,
(2) Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben,
(3) fortlaufende Presseerscheinungen zu befördern und zu vertreiben.
Die Deutsche Post hat auch »Aufgaben der studiotechnischen Produktion, die Übertragung und Abstrahlung von Programmen des Hör- und Fernsehrundfunks sowie Aufgaben für Land-, See- und Flugfunkdienste und für den Amateurfunkdienst wahrzunehmen sowie den Funkkontroll- und Meßdienst und den Funk-Entstörungsdienst durchzuführen« [§ 2 Abs. 1 Ziffer 2 Statut des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 565)].
Sie fuhrt außerdem
- den Postkleingutdienst,
- den Postscheckdienst,
- den Postsparkassendienst,
- den Postgeldübermittlungsdienst durch.
Das Monopol wird durchbrochen: durch das Recht des Ministers für Nationale Verteidigung, Post- und Fernmeldeanlagen zu betreiben und Presseerzeugnisse zu vertreiben, die für die Nationale Verteidigung bestimmt sind, sowie durch das Recht des Ministers des Innern, einen staatlichen Kurierdienst zu betrieben. Der Minister für Post- und Fernmeldewesen kann auch anderen erlauben, die ihm zustehenden Rechte auszuüben. Für den Vertrieb fortlaufend erscheinender Presseerzeugnisse durch andere ist die Zustimmung des Leiters des Presseamtes beim Ministerpräsidenten erforderlich. Er muß
(1) staatlichen Sicherheitsorganen und
(2) zentralen Organen der staatlichen Verwaltung des Verkehrswesens und der Energieversorgung
gestatten, Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben, wenn die Anlagen ausschließlich für die Sicherheit des Staates oder für den innerbetrieblichen Nachrichtenverkehr bestimmt sind.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Am 1.5.1986 trat ein neues Gesetz über das Post- und Fernmeldewesen - v. 29.11.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 345) zusammen mit der Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Post- und Fernmeldewesen - Genehmigung zum Fernmeldeverkehr - v. 29.11.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 354) dazu in Kraft. Näheres wurde geregelt in:
1. AO über den Postdienst - Postanordnung (GBl. DDR I 1986, S. 69)
2. AO über den Vertrieb von Presseerzeugnissen - Postzeitungs-Vertriebsanordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 96)
3. AO über den Fernsprechdienst - Fernsprech-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 133)
4. über den Postscheckdienst - Postscheck-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 102)
5. Postgiroanordnung (GBl. DDR I 1986, S. 87)
6. AO über den Telex-Dienst - Telex-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 166)
7. AO über den Amateurfunkdienst - Amateurfunk-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 121)
8. AO über das Herstellen, Errichten, Betreiben und Ändern von Rundfunkempfängern und Empfangsantennenanlagen für den Hör- und Fernseh-Rundfunk - Rundfunk-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 111)
9. AO über Funkzeugnisse - Funkzeugnis-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 127)
10. AO zum Schutz des Funkempfangs und der Funktion elektrischer und elektronischer Anlagen vor hochfrequenten elektromagnetischen Beeinträchtigungen - Funk-Entstörungs-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 105)
11. AO über den Landfunkdienst - Landfunk-Anordnung - (GBl. DDR I 1986, S. 116)
12. Funk-Anordnung (GBl. DDR Sdr. 1267, S. 33)
13. Seefunk-Anordnung (GBl. DDR Sdr. 1267, S. 6)
14. AO über feste Funkdienste für wissenschaftliche Zwecke (GBl. DDR Sdr. 1267, S. 12)
15. Datenübertragungs-Anordnung (GBl. DDR Sdr. 1268, S. 3)
16. AO über leitungsgebundene Fernmeldeanlagen und den nichtöffentlichen Fernmeldefernverkehr und für das Überlassen von Übertragungswegen (GBl. DDR Sdr. 1268, S. 9)
(Einzelheiten in ROW 3/1986, S. 174, 247 und 1/1987, S. 33)

69 Dem Ministerium sind unterstellt: Bezirksdirektionen, Funkdirektion, Fernmeldeamt der Regierung, Funkkontroll- und Meßdienst - Radiocon -, Hauptpostscheckamt, Hauptwerkstatt für Kraftfahrzeuginstandsetzung, Ingenieurschule »Rosa Luxemburg«, Institut für Post- und Fernmeldewesen, Institut für sozialistische Wirtschaftsführung des Post-und Fernmeldewesens, Organisations- und Rechenzentrum, Postmuseum der DDR, Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zentralamt, Studiotechnik Fernsehen, Studiotechnik Rundfunk, Zeitungsvertriebsamt, Zentralamt für Berufsbildung, Zentralamt für Fernleitungsanlagen, Zentralamt für Materialwirtschaft, Zentrales Postverkehrsamt. Den Leitern der Bezirksdirektionen sind unterstellt: Post- und Fernmeldeämter, Fernmeldeämter, Hauptpostämter, Fernmeldebauämter, Bahnpostämter, Betriebsschulen, Fernamt Berlin, Fernsprechamt Berlin, Postfuhramt Berlin. Dem Leiter der Funkdirektion unterstehen die Funkämter und die Betriebsschule des Funkwesens. Dem Leiter des Hauptpostscheckamtes sind die Postscheckämter, dem Leiter der Hauptwerkstatt für Kraftfahrzeuginstandsetzung sind die Bezirkswerkstätten für Kraftfahrzeuginstandsetzung unterstellt [Anlage zum Statut des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 565)].

VII. Währungs- und Finanzsystem

70 Wenn Art. 9 Abs. 4 Satz 1 die Festlegung des Währungs- und Finanzsystems zur Sache des sozialistischen Staates erklärt, so wird damit etwas Selbstverständliches ausgesprochen. Im modernen Staat ist das Währungs-, Geld- und Münzwesen einschließlich der Währungspolitik überall staatliche Angelegenheit. Dasselbe gilt für die Feststellung des staatlichen Finanzbedarfs und der Erschließung der Quellen zu seiner Deckung.
Eine Kompetenzregelung ist Art. 9 Abs. 4 Satz 1 nicht, weil eine Kompetenzverteilung nach Abschaffung der Länder nicht in Frage steht. So dient dieser Verfassungssatz der Bekräftigung und hebt die Bedeutung des Währungs- und Finanzsystems hervor.

1. Währungssystem

Währungssystem eigenen Typs

71 a) Das Währungssystem eines sozialistischen Staates soll einen eigenen Typ darstellen, »der trotz oberflächlicher Ähnlichkeiten mit vorsozialistischen Währungstypen mit diesen nichts gemeinsam« habe. Es gebe jedoch für diesen noch keine exakte Bezeichnung, obwohl sich dessen Struktur und Mechanismus bereits vollkommen ausgebildet hätten (Ökonomisches Lexikon, Stichwort: Währung). Wichtigstes Kennzeichen sei die Aufrechterhaltung der Währungsstabilität durch
(1) die planmäßige Entwicklung des Wertes der nationalen Geldeinheiten entsprechend der ständigen Erhöhung der Arbeitsproduktivität und den vorgesehenen Proportionen zwischen Kaufund Warenfonds der Bevölkerung,
(2) die perspektivische Festlegung der Goldparitäten der sozialistischen Länder bei tendenzieller Übereinstimmung zwischen Goldparität und Goldgehalt,
(3) die steigende Kaufkraft der nationalen Geldeinheiten bei mindestens ausgeglichenem Haushalt, Einhaltung der volkswirtschaftlich gerechtfertigten Bar- und Buchgeldmenge sowie Sicherung des echten Ausgleichs der Zahlungsbilanz sowie
(4) Sicherung und Deckung der Währungen aufgrund der Einheit von materieller und finanzieller Planung. Diese Stabilität nehme den Charakter einer ökonomischen Gesetzmäßigkeit an (Ökonomisches Lexikon, Stichwort: Währungsstabilität).
Die Währungsstabilität ist also gleichzeitig Voraussetzung und Folge der zentralen Leitung und Planung der Volkswirtschaft und einer entsprechenden Gestaltung des Staatshaushalts. Die sozialistischen Währungen sind Binnenwährungen, deren Konvertierbarkeit ausgeschlossen oder doch wesentlich beschränkt ist. Das sozialistische Währungssystem schließt eine strenge Devisenbewirtschaftung ein.


Währungseinheit

72 b) Die Währungseinheit der DDR führt seit dem 1.1.1968 die Bezeichnung »Mark der Deutschen Demokratischen Republik« (Kurzbezeichnung »Mark«, abgekürzt »M«) [Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 1.12.1967 (GBl. DDR ⅠⅠ 1967, S. 805)], die 100 Pfennige hat. Nach der noch vor Gründung der DDR durch Befehl der SMAD [Befehl Nr. 111 der SMAD v. 23.6.1948 (VOBl. für Groß-Berlin I, S. 362)] am 23.6.1948 angeordneten Währungsreform hieß die Währungseinheit zunächst »Deutsche Mark der Deutschen Notenbank«. Ab 1.8.1964 galt als Währungsbezeichnung »Mark der Deutschen Notenbank« [Verordnung über die Erneuerung der Banknoten der Deutschen Notenbank v. 30.7.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 653)].


2. Finanzsystem

Begriff des Finanzsystems im Sozialismus und seine Funktionen

73 a) Unter Finanzsystem wird im Sozialismus die »Gesamtheit der in einem vom sozialistischen Staat geordneten einheitlichen System wirkenden Geldbeziehungen und Geldfonds, die unter Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus bei der Bildung und Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, der Kontrolle über den Reproduktionsprozeß und für die materielle Stimulierung ökonomischer Prozesse vom sozialistischen Staat zur Lösung volkswirtschaftlicher Aufgaben planmäßig eingesetzt werden« (Ökonomisches Lexikon, Stichwort: Finanzsystem), verstanden. Zu ihm gehören
(1) die Finanzen der sozialistischen Betriebe und Wirtschaftszweige,
(2) der Staatshaushalt,
(3) das System des Bankkredits einschließlich der Bargeldzirkulation und des Verrechnungssystems und die sich dabei bildenden Bestände an Buch- und Bargeld,
(4) das Versicherungssystem und
(5) die Finanzen der gesellschaftlichen Konsumtion.
Früher wurden auch dir Finanzorgane zum Finanzsystem gerechnet. Diese Zurechnung ist aufgegeben worden. Immerhin sind sie die Träger des Finanzsystems. Seine Aufgaben lassen sich an ihren Kompetenzen ablesen.
Als Hauptfunktionen des Finanzsystems werden bezeichnet:
(1) die planmäßige Bildung, Verteilung, Umverteilung und Verwendung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts,
(2) die Kontrollfunktion,
(3) die ökonomische Hebelfunktion.


Ministerium der Finanzen als Funktionalorgan

74 b) Organ des Ministerrates - in die Kompetenz des letztgenannten fällt der Beschluß über die Staatsbilanzen und die Entscheidung über die grundsätzlichen Fragen des Finanz-, Währungs- und Kreditwesens sowie der Preise [§4 Abs. 3 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253)] - für die Planung, Bilanzierung und Abrechnung der Staatsfinanzen in ihrer Gesamtheit ist als Funktionalorgan das Ministerium der Finanzen [Statut des Ministeriums der Finanzen - Beschluß des Ministerrates v. 9.1.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 321)]. Zu seinen Aufgaben gehören:
(1) die einheitliche Ausarbeitung, Durchführung und Kontrolle des Staatshaushaltsplanes,
(2) die Erarbeitung der Finanzbilanz des Staates,
(3) Unterbreitung von Vorschlägen zur Ausarbeitung realer, allseitig bilanzierter Jahresvolkswirtschaftspläne, der Fünfjahrpläne sowie zur langfristigen Planung aufgrund eigener Analysen und Berechnungen, Verantwortung für die Übereinstimmung der materiellen und finanziellen Aufgaben im Prozeß der Planung,
(4) aktive Einflußnahme mit Hilfe der Finanzen auf die Verwirklichung der in den Plänen festgelegten wirtschaftspolitischen Ziele zur Erfüllung der Hauptaufgabe (s. Rz. 20-25 zu Art. 2),
(5) Beitrag zur kontinuierlichen Sicherung der Stabilität der Staatsfinanzen und der Währung,
(6) Sicherung der Liquidität des Staatshaushaltes und Erreichung des geplanten Haushaltsüberschusses.

75 Im Rahmen der Aufgaben des Ministeriums der Finanzen hat der Minister für Finanzen spezielle Verantwortlichkeiten. Dazu gehören:
(1) die zur Planung, Bilanzierung und Abrechnung der Staatsfinanzen in ihrer Gesamtheit sowie für die Leitung und Planung des Staatshaushaltes notwendigen Entscheidungen,
(2) die Verpflichtung, den Ministerrat bzw. dessen Vorsitzenden rechtzeitig über volkswirtschaftlich bedeutsame Probleme der Planung, Bilanzierung und Abrechnung der Staatsfinanzen in ihrer Gesamtheit sowie der Leitung und Planung des Staatshaushaltes und über besondere Vorkommnisse in seinem Verantwortungsbereich zu informieren und Lösungsvorschläge zu unterbreiten,
(3) Anleitung und Unterstützung der Leiter der Abteilungen Finanzen der Räte der Bezirke (diesen gegenüber ist er weisungsberechtigt),
(4) Stellungnahmen zu den Planentwürfen bei der Planverteidigung der Minister und der Leiter der anderen zentralen Staatsorgane vor dem Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission,
(5) die Organisation der Durchführung des Staatshaushaltsplanes,
(6) Gewährleistung einer wirksamen Kontrolle der Plandurchführung sowie der komplexen Abrechnung,
(7) ständige Analysen der Entwicklung der Staatsfinanzen und der Erfüllung des Staatshaushaltsplanes in Verbindung mit der Erfüllung der Aufgaben des Volkswirtschaftsplanes,
(8) Gewährleistung der Ausarbeitung der Jahreshaushaltsrechnung,
(9) Weiterentwicklung der Grundsätze und Rechtsvorschriften für die Ausarbeitung, Durchführung und Abrechnung des Staatshaushaltsplanes,
(10) Sicherung der Mitarbeit in den Organen des RGW sowie der Zusammenarbeit mit den Finanzministerien der UdSSR und der anderen Mitgliedsländer des RGW zur Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration (s. Rz. 6 zu Art. 9) auf dem Gebiet der Valuta- und Finanzwirtschaft,
(11) Sicherung der Analyse und Einschätzung der weiteren Entwicklung der Valuta- und Finanzbeziehungen zu anderen Staaten, Erarbeitung von Vorschlägen zur Erhöhung von Valutaeinnahmen und zur sparsamen Verwendung von Valutamitteln,
(12) Vorbereitung, Durchführung und Abrechnung internationaler Zahlungs- und Finanzabkommen, die auf Regierungsebene abgeschlossen werden,
(13) Erarbeitung der Rechtsvorschriften über den Devisenverkehr,
(14) Erarbeitung der Grundsätze und Rechtsvorschriften für die Haushalts- und Finanzwirtschaft der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe (s. Rz. 25 ff. zu Art. 82), Unterstützung der örtlichen Räte bei der Erfüllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Haushalts- und Finanzwirtschaft,
(15) Ausarbeitung der Grundsätze und Rechtsvorschriften für die Finanzwirtschaft der volkseigenen Betriebe, Kombinate und WB und die Gestaltung der Haushaltsbeziehungen zu diesen,
(16) Erarbeitung der Grundsätze und Rechtsvorschriften für die Stellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten der Hauptbuchhalter der VEB, Kombinate und wirtschaftsleitenden Organe als staatliche Kontrolleure über die konsequente Anwendung des Prinzips sozialistischer Sparsamkeit und Sicherung des planmäßigen Einsatzes des materiellen und finanziellen Fonds. (Deshalb hat der Minister der Finanzen das Recht, den Hauptbuchhaltern unmittelbar Kontrollaufgaben zu erteilen und über die Durchführung dieser Aufgaben Berichterstattung zu fordern [§ 16 Verordnung über die Stellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Hauptbuchhalters im ökonomischen Systems des Sozialismus - Hauptbuchhalterverordnung - v. 20.1.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 137)]),
(17) Sicherung der Mitarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung zentraler Maßnahmen auf dem Gebiet der Preise (s. Rz. 78 zu Art. 9) unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer stabilen Entwicklung der Staatsfinanzen sowie der Bilanzierung der finanziellen Auswirkungen,
(18) Regelung der Festlegung, der Berechnung, des Einzugs und der Kontrolle produktgebundener Abgaben (s. Rz. 95, 96 zu Art. 9) sowie der Festlegung, Ausreichung und Kontrolle produktgebundener Zuwendungen und Erlaß der hierfür erforderlichen Rechtsvorschriften,
(19) Gewährleistung der Mitwirkung bei der Ausarbeitung und Durchführung der staatlichen Lohn-, Tarif- und Prämienpolitik sowie von sozialpolitischen Maßnahmen und Regelung ihrer Finanzierung,
(20) Festlegung der Grundsätze für die Verwaltung und Nutzung des Volkseigentums und Kontrolle ihrer einheitlichen Durchsetzung,
(21) Bilanzierung der Forderungen aus Kapitalvermögen und der Verbindlichkeiten des Staates,
(22) Führung des Hauptschuldbuches der DDR,
(23) Erarbeitung der Grundsätze und Rechtsvorschriften über
- die Durchführung der Sach-, Haftpflicht- und Personenversicherung in der DDR einschließlich der Auslands- und Rückversicherung,
- die Besteuerung der Genossenschaften, der Handwerker und anderen Gewerbetreibenden sowie die Besteuerung des Arbeitseinkommens und die anderen Steuern (s. Rz. 97-99 zu Art. 9),
- die Kontrolle über das Aufkommen und die Verwendung von Edelmetallen,
- das Stellenplanwesen,
(24) Sicherung der Forschungstätigkeit sowie der Information und Dokumentation auf dem Gebiete der Finanzen in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Staatsbank (s. Rz. 79 zu Art. 9),
(25) Maßnahmen zur gemeinsamen Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung durch die Finanz-, Bank- und Versicherungsorgane.
Der weitgefächerte Kompetenzbereich des Ministeriums/Ministers der Finanzen zeigt die überragende Bedeutung, welche dieses Funktionalorgan im Rahmen der zentralen Leitung und Planung hat. Es/Er trägt die Verantwortung für das Funktionieren des Finanzsystems in allen Bereichen.

76 Dem Minister der Finanzen sind unterstellt:
- die Staatliche Versicherung der DDR (s. Rz. 81 zu Art. 9),
- das Finanzökonomische Forschungsinstitut,
- der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane,
- der VEB Wertpapierdruckerei der DDR,
- der VEB Münze der DDR,
- der VEB Vereinigte Wettspielbetriebe,
- die Fachschule für Finanzwirtschaft.
Er übt die Aufsicht über die Auslands- und Rückversicherungs-AG der Deutschen Demokratischen Republik (DARAG) (s. Rz. 81 zu Art. 9) aus.


Staatliche Finanzrevision

77 c) Dem Minister für Finanzen untersteht ferner die Staatliche Finanzrevision als Bestandteil des Ministeriums mit Inspektionen in den Bezirken. Mit ihrer Hilfe kommt der Minister für Finanzen seiner Verantwortlichkeit für die regelmäßige Durchführung von Finanzrevisionen in den Staatsorganen und staatlichen Einrichtungen, den VEB, Kombinaten und wirtschaftsleitenden Organen nach. Die Staatliche Finanzrevision hat die Aufgabe, in allen Bereichen der Volkswirtschaft Aufwand und Nutzen der wirtschaftlichen Tätigkeit, insbesondere die Bildung und Verwendung der staatlichen Geldfonds sowie die Verwaltung, Nutzung und Mehrung des Volkseigentums zu kontrollieren [Beschluß über die Aufgaben, die Arbeitsweise und den Aufbau der Staatlichen Finanzrevision v. 12.5.1967 (GBl. DDR ⅠⅠ 1967, S. 329)].


Amt für Preise

78 d) Als Funktionalorgan für die Gewährleistung der staatlichen Preispolitik besteht das Amt für Preise beim Ministerrat [Statut des Amtes für Preise beim Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik - Beschluß des Ministerrates v. 19.2.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 217)].
Es ist verantwortlich für
- die Ausarbeitung der Grundsätze der staatlichen Preispolitik,
- die konsequente Verwirklichung der vom Ministerrat gefaßten Beschlüsse über die Stabilität der Verbraucherpreise,
- die Einhaltung der Staatsdisziplin auf dem Gebiet der Preise.
Ihm wurden vom Ministerrat Aufgaben übertragen bei
- der Bildung und planmäßigen Änderung der Industriepreise in Zusammenarbeit mit den Industrieministerien (s. Rz. 42 zu Art. 9) und den anderen zuständigen zentralen Staatsorganen,
- der Bildung und planmäßigen Änderung der Agrarpreise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (s. Rz. 57 zu Art. 9),
- der Bildung und planmäßigen Änderung der Importabgabepreise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Außenhandel (s. Rz. 108 ff. zu Art. 9) und den Industrieministerien,
- der Bildung der Einzelhandelsverkaufspreise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Handel und Versorgung (s. Rz. 58 zu Art. 9),
- der Bildung der Preise für Dienstleistungen für die Bevölkerung und der Mieten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Staatsorganen.
Das Amt hat ferner Kontrollfunktionen auf dem Gebiete der Preise. Es ist der Garant für die Durchsetzung des Festpreissystems, das integraler Bestandteil der sozialistischen Planwirtschaft ist. Sein Leiter ist Mitglied des Ministerrates und seines Präsidiums, was seine Bedeutung hervorhebt.
Die Kompetenzabgrenzung auf dem Gebiet der Preise zwischen Ministerrat, Leiter des Amtes für Preise, Industrieministern und Generaldirektoren der Kombinate ist im Beschluß über die Leitung und Organisation der Arbeit auf dem Gebiet der Preise v. 14.2.1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 58) festgelegt.


Banken

79 e) Emissionsbank der DDR ist die »Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik«, welche Bezeichnung ab 1.1.1968 die »Deutsche Notenbank« erhalten hatte [Gesetz über die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.12.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 580); zuvor: Gesetz über die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 1.12.1967 (GBl. DDR Ⅰ 1967, S. 132)]. Die Deutsche Notenbank war bis zum 31.12.1967 »Verrechnungszentrum der Volkswirtschaft« sowie das »Zentrum für die Gewährung von Krediten in der Volkswirtschaft« [Gesetz über die Deutsche Notenbank v. 20.12.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 25); davor: Gesetz über die Deutsche Notenbank v. 31.10.1951 (GBl. DDR 1951, S. 991)]. Diese Aufgaben waren dann auf die »Industrie- und Handelsbank der Deutschen Demokratischen Republik« übergegangen. Diese hatte am 1.1.1968 unter Eingliederung der »Deutschen Investitionsbank« [Verordnung über das Statut der Deutschen Investitionsbank v. 9.6.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 405)] ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen [Verordnung über die Bildung der Industrie- und Handelsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 13.12.1967 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 9)]. Mit Wirkung vom 1.7.1974 wurde sie in die Staatsbank eingegliedert [Verordnung über die Eingliederung der Industrie- und Handelsbank der Deutschen Demokratischen Republik in die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 6.6.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 305)]. Die Staatsbank ist das Funktionalorgan für die »Verwirklichung der von Partei und Regierung beschlossenen Geld- und Kreditpolitik in ihrer Gesamtheit«. Nach der Eingliederung der Industrie-und Handelsbank ist sie auch das »Kredit- und Verrechnungszentrum der Volkswirtschaft«. Ihre Aufgabe ist es vor allem, die einheitliche Leitung, Planung, Durchführung und Kontrolle der Geld- und Kreditpolitik »mit hoher Effektivität im volkswirtschaftlichen Maßstab zu sichern und dabei eng mit den anderen Geld- und Kreditinstituten zusammenzuarbeiten«. Darüber hinaus hat sie folgende Aufgaben:
- Erarbeitung der Grundsätze auf den Gebieten des Geldumlaufs, des Kredits, des Zinses, des Zah-lungs- und Verrechnungsverkehrs, der Entgegennahme von Einlagen, insbesondere Spareinlagen, einschließlich des Wertpapierverkehrs, die für die anderen Banken und Sparkassen verbindlich sind (sie ist also »Leitbank«),
- Organisierung des Geldumlaufs,
- Konzentrierung freier Geldmittel der Volkswirtschaft und der Bevölkerung,
- Gewährung kurz- und langfristiger Kredite,
- Beitrag zur Gewährleistung des staatlichen Valutamonopols (s. Rz. 120ff. zu Art. 9),
- Organisation des Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs,
- Durchführung des Reisezahlungsverkehrs,
- »staatliche Kontrolle durch die Mark« gegenüber den VEB, Kombinaten und wirtschaftsleitenden Organen, d. h. Aufsicht über deren Zahlungs- und Verrechnungsverkehr,
- Entgegennahme von freien Geldmitteln der Geld- und Kreditinstitute als Einlagen und Gewährung von Refmanzierungskrediten,
- alleinige Ausgabe von Geldzeichen (Banknoten und Münzen einschließlich Sonder- und Gedenkmünzen),
- Erarbeitung der Kreditbilanz der DDR,
- Gewährung von Krediten zur Finanzierung der Produktion (des »Reproduktionsprozesses«),
- Führung von Konten von VEB, Kombinaten, wirtschaftsleitenden Organen, Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen, des Staatshaushalts und anderer Geld- und Kreditinstitute, Entgegennahme von Einlagen und Durchführung von banküblichen Aufgaben im Aufträge des Kontoinhabers,
- Ausgabe von Wertpapieren,
- einheitliche Gestaltung des Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs,
- Leistung eines aktiven Beitrages für die weitere Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration,
- Ausarbeitung, Durchführung, Abrechnung und Kontrolle der Zahlungsbilanz der DDR.
Der Präsident der Staatsbank ist Mitglied des Ministerrates, was die Bedeutung der Staatsbank hervorhebt.

80 An Kreditinstituten bestehen weiter: die »Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft« [Beschluß über Maßnahmen zur weiteren Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1969/70 v. 31.7.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 711); Beschluß über »Maßnahmen zur weiteren Anwendung des ökonomischen Systems des Sozialismus in der Landwirtschaft und in der Nahrungsgüterwirtschaft in den Jahren 1971/72« v. 1.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 779); Zweite Verordnung über das Statut der Landwirtschaftsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.12.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 41); Statut der Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik - Beschluß des Ministerrates v. 23.10.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 692)], die mit Wirkung vom 1.10.1968 aus der »Landwirtschaftsbank der Deutschen Demokratischen Republik« [Umbenennung aus »Deutscher Bauernbank« durch Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Planung und Leitung der Volkswirtschaft durch den Ministerrat v. 11.2.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 1) und Anordnung über die Umbenennung der Deutschen Bauernbank in Landwirtschaftsbank der Deutschen Demokratischen Republik v. 15.6.1965 (GBl. DDR ⅠⅠ 1965, S. 513)] gebildet worden war, die »Deutsche Außenhandelsbank AG« (DABA) sowie die »Deutsche Handelsbank AG« (DHB) (s. Rz. 118 zu Art. 9) und auf lokaler Ebene Sparkassen [Statut der Sparkassen der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.10.1975 (GBl. DDR Ⅰ 1975, S. 703)] sowie Genossenschaftskassen für Handwerk und Gewerbe [Anordnung über die Bestätigung des Musterstatutes der Genossenschaftskassen für Handwerk und Gewerbe der DDR und des Statutes des Verbandes der Genossenschaftskassen für Handwerk und Gewerbe v. 16.1.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 63)]. (Wegen des Postscheckdienstes s. Rz. 68 zu Art. 9).
Die Grundsätze für die Kreditgewährung an volkseigene, konsumgenossenschaftliche Betriebe und sozialistische Wohnungsbaugenossenschaften sind in der
Verordnung über die Durchführung der Kredit- und Zinspolitik gegenüber volkseigenen Betrieben, konsumgenosenschaftlichen Betrieben und sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften - Kreditverordnung sozialistische Betriebe - v. 22.12.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 41), die Grundsätze über die Kreditgewährung zur Finanzierung von Investitionen im Bereich der Landwirtschaft in den Anordnungen vom 24.12.1971 und vom 8.11.1972 [Anordnung über die Durchführung der Kredit- und Zinspolitik in der Landwirtschaft - Kreditanordnung Landwirtschaft - v. 24.12.1971 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 722); Anordnung Nr. 2 über die Durchführung der Kredit- und Zinspolitik in der Landwirtschaft - Kreditanordnung Landwirtschaft - v. 8.11.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 793)] geregelt.
Die Grundsätze für die Durchführung des Zahlungsverkehrs und die Führung der dem Zahlungsverkehr dienenden Konten in der Währung der DDR durch die Kreditinstitute und Postscheckämter sind in der Zahlungsverkehrs-Verordnung vom 12.5.1969 [Verordnung über die Regelung des Zahlungsverkehrs - Zahlungsverkehrs-Verordnung - v. 12.5.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 261); dazu: Anordnung über den baren Zahlungsverkehr v. 12.5.1969 v. 12.5.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 263); das Gesetz über die Einführung der Feiertage "Tag der Befreiung" und "Tag der Republik" v. 21.4.1950 (GBl. DDR 1950, S. 355), durch
Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik zur Aufhebung des Gesetzes v. 21.4.1950 über die Regelung des Zahlungsverkehrs v. 12.5.1969 (GBl. DDR I 1969, S. 28) aufgehoben] enthalten. Der Zahlungsverkehr soll sich in erster Linie bargeldlos abwickeln, um den Zahlungsmittelumlauf einzuschränken.


Sach- und Personenversicherungswesen

81 f) Die Sach- und Personenversicherung der volkseigenen Wirtschaft, der übrigen Wirtschaft einschließlich der Landwirtschaft und der Bürger wird von der »Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik« als Monopolunternehmen betrieben [Verordnung über das Statut der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.11.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 941)]. Die Staatliche Versicherung führte bis zum 31.12.1968 die Bezeichnung »Deutsche Versicherungs-Anstalt« (DVA). Sie nahm auch die »Vereinigte Groß-Berliner Versicherungsanstalt«, die bis dahin als Monopolanstalt in Berlin (Ost) bestanden hatte, in sich auf. Die DVA war durch den Zusammenschluß der Landesversicherungsanstalten im Jahre 1952 entstanden [Verordnung über die Errichtung der Deutschen Versicherungs-Anstalt vom 6.11.1952 (GBl. DDR 1952, S. 1185)] (s. Rz. 14 zu Art. 9). Für die Transportversicherung von Importen und Exporten, für die Versicherung von Luft- und Wasserfahrzeugen (ausgenommen Sportboote), Lager- und Verkaufsbeständen außerhalb der DDR, Bargeldbeständen, Schecks, Wechseln, Schuldscheinen und Wertpapieren in fremder Währung ist die »Deutsche Auslands- und Rückversicherungs-AG« (DARAG) zuständig [Anordnung über die Bedingungen für die Pflicht- und freiwilligen Versicherungen der volkseigenen Wirtschaft bei der Deutschen Auslands- und Rückversicherungs-AG v. 19.11.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 957)], die aus der früher sowjetischen »Schwarzmeer und Ostsee Allgemeine Versicherungs-AG« hervorgegangen war und auch für die Rückversicherung im Rahmen des sozialistischen Lagers zuständig ist. Für die volkseigene Wirtschaft, die sozialistischen Betriebe der Landwirtschaft, Nahrungsgüterwirtschaft und Forstwirtschaft und die staatlichen Organe und Einrichtungen besteht für zahlreiche Risiken eine gesetzliche Versicherung [Gesetz über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft v. 15.11.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 355), das das  Gesetz über die Versicherung der volkseigenen Betriebe v. 9.8.1950 (GBl. DDR 1950, S. 830) ablöste; Verordnung über das Statut der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik v. 19.11.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 941) und Anordnungen dazu v. 19.11.1968 (GBl. DDR II, S. 945, 949); Verordnung über die Versicherung der sozialistischen Betriebe der Landwirtschaft, Nahrungsgüterwirtschaft und Forstwirtschaft sowie über die Tierseuchen- und Schlachttierversicherung der Tierhalter v. 25.4.1968 (GBl. DDR ⅠⅠ 1968, S. 307); Verordnung über die Versicherung der staatlichen Organe und staatlichen Einrichtungen v. 18.11.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 679)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Mit Wirkung vom 1.1.1988 erhielt die Staatliche Versicherung der DDR ein neues Statut [Statut der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik - Beschluß des Ministerrates - v. 10.7.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 193)].

3. Der Staatshaushalt

Im Verfassungsrecht

82 a) Über den Staatshaushalt enthielt die Verfassung von 1949 eine Reihe von Sätzen. 82 Art. 121 schrieb vor, daß die Einnahmen und Ausgaben der Republik für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingestellt werden sollten und der Haushaltsplan vor Beginn des Rechnungsjahres durch Gesetz festgelegt würde. Nach Art. 122 hatte der Finanzminister der Volkskammer über die Einnahmen der Republik und ihre Verwendung zur Entlastung der Regierung Rechnung zu legen. Die Rechnungsprüfung sollte durch Gesetz der Republik geregelt werden. Im Wege des Kredits durften nach Art. 123 Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf beschafft werden. Eine solche Beschaffung sowie die Übernahme einer Sicherheitsleistung zu Lasten der Republik durften nur aufgrund eines Gesetzes der Republik erfolgen. Art. 88 sah vor, daß der Haushaltsplan wie der Wirtschaftsplan durch (förmliches) Gesetz zu beschließen sei. Einzelheiten regelte das Gesetz über die Staatshaushaltsordnung der Deutschen Demokratischen Republik v. 17.2.1954 (GBl. DDR 1954, S. 207).
Die Verfassung von 1968/1974 enthält keine speziellen Bestimmungen über den Haushaltsplan. Sie begnügt sich mit der Grundsatzregelung in Art. 9 Abs. 4 über die Festlegung des Finanzsystems durch den sozialistischen Staat, wozu auch die Festsetzung des Staatshaushaltsplanes gehört. Im übrigen überläßt sie die Regelung der einfachen Gesetzgebung. Diese erfolgte durch das Gesetz über die Staatshaushaltsordnung der Deutschen Demokratischen Republik - Kassenordnung des Staatshaushaltes - v. 13.12.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 383) [dazu: Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz über die Staatshaushaltsordnung der Deutschen Demokratischen Republik - Kassenordnung des Staatshaushaltes - v. 1.7.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 341)].


Staatshaushaltsplan und Volkswirtschaftsplan

83 b) Der Staatshaushaltsplan beruht auf der Zielstellung des Volkswirtschaftsplanes und sichert seine Finanzierung. Dieser in der Präambel des Gesetzes über den Staatshaushaltsplan 1965 v. 14.1.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 60) enthaltene Grundsatz gilt generell. Gegenüber dem Volkswirtschaftsplan spielt der Staatshaushaltsplan also nur eine sekundäre Rolle. Die Finanzpolitik ist der Wirtschaftspolitik untergeordnet, die ihrerseits der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung dienen soll. »Der Staatshaushalt der Deutschen Demokratischen Republik ist ein Instrument des sozialistischen Staates zur Planung und Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung. Der sozialistische Staat nimmt im Rahmen der sozialistischen Planwirtschaft mit Hilfe des Staatshaushaltes aktiven Einfluß auf die allseitige Verwirklichung des gesellschaftlichen Systems des Sozialismus« (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Staatshaushaltsordnung).


Einheitlicher Staatshaushalt

84 c) Schon bevor die DDR zu einem Einheitsstaat geworden war, war mit Wirkung vom 1.1.1951 ein einheitlicher Staatshaushalt geschaffen worden, der auch die Haushalte der Länder, nach deren Abschaffung die der Bezirke sowie der Kreise und der Gemeinden umfaßte [Gesetz über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1201)].
Nach § 2 Staatshaushaltsordnung besteht der Staatshaushalt aus
(1) dem zentralen Haushalt, der die Haushalte der zentralen Staatsorgane umfaßt,
(2) den Haushalten der Bezirke und Kreise und
(3) den Haushalten der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände als eigenverantwortlichen Gemeinschaften,
(4) dem Haushalt der Sozialversicherung als selbständigem Bestandteil des Staatshaushalts innerhalb des zentralen Haushalts.


Grundsätze der Haushaltswirtschaft

85 d) Die Haushalte werden im Staatshaushalt organisch miteinander verbunden,
Die Grundsätze für die Haushaltswirtschaft sind
(1) Aufbau auf der Volkswirtschaftsplanung
(2) Planung entsprechend den Perspektiven der Volkswirtschaft
(3) Jährliche Aufstellung (Annalität)
(4) Mitwirkung der Bürger
(5) Ressortmäßige Planung
(6) Vollständigkeit (Einahmen und Ausgaben sowie finanzielle Fonds dürfen nicht außerhalb der Haushalte geführt werden)
(7) Zweckbindung der Einnahmen
(8) Ausgleich bei Veränderungen im Laufe des Planjahres
(9) Anwendung des Prinzips der materiellen Interessiertheit (Haushaltsreste der örtlichen Organe fließen nicht zurück, sondern in einen Fonds der Volksvertretungen, es sei denn, sie seien durch Nichtausführung festgelegter Aufgaben entstanden)
(10) Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung
(11) Erlaubnis zur Aufnahme von Krediten zur Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen
(12) Einheitliche Grundsätze für Gliederung, Dokumentation, Rechnungsführung und kassenmäßige Durchführung
(13) Verantwortlichkeit der staatlichen Organe für die Erfassung, Nutzung und Erhaltung des Volkseigentums
(14) Haushaltsdisziplin
(15) Haushaltskontrolle (§§ 11-23 a.a.O.)
Rechtsansprüche oder Rechtsverbindlichkeiten Dritter gegenüber dem Haushalt eines Staatsorgans werden durch die Staatshaushaltsplanung weder begründet noch aufgehoben.
Auf Einnahmen des Staatshaushalts darf nicht verzichtet werden, soweit nicht Rechtsvorschriften Ausnahmen gestatten (§15 Abs. 4 und 5 a.a.O.).


Entstehen und Durchführung des Haushaltsplanes

86 e) Entstehen und Durchführung des Haushaltsplanes. Wie unter der Geltung der Verfassung von 1949 hat die Volkskammer den Staatshaushaltsplan durch förmliches Gesetz zu beschließen. Mit ihm beschließt sie die Einnahmen und Ausgaben des Staates, die die Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushaltsplanes und die nach dem Prinzip der Eigenerwirtschaftung der Mittel planmäßig zu bildenden Fonds der volkseigenen Betriebe, volkseigenen Kombinate und WB aus dem Gewinn umfassen (§ 3 a.a.O.). Der Ministerrat legt den Entwurf des Staatshaushaltsplanes vor, der vom Minister der Finanzen ausgearbeitet wird (§§ 4 und 5 a.a.O.).
Die Volksvertretungen in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden entscheiden auf der Grundlage der zentralen Planung und Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung »eigenverantwortlich« über die Haushaltswirtschaft in ihrem Verantwortungsbereich (§ 8 Abs. 1 Satz 1 a.a.O.). Sie beschließen den Haushaltsplan für das jeweilige Jahr und damit die Einnahmen und Ausgaben des Haushalts und die aus den zu erwirtschaftenden Gewinnen planmäßig zu bildenden Fonds der unterstellten volkseigenen Betriebe, volkseigenen Kombinate und wirtschaftsleitenden Organe, soweit diese nach dem Prinzip der Eigenerwirtschaftung der Mittel für die erweiterte Reproduktion arbeiten (§ 8 Abs. 3 Satz 1 a.a.O.). Die örtlichen Volksvertretungen unterhalb der Bezirks- und Kreisebene organisieren die Planung und Durchführung der Stadt-und Gemeindehaushalte und sichern die aktive Teilnahme der Bürger daran (§ 9 Abs. 1 a.a.O.).
Die Staatshaushaltsordnung übernahm die Regelungen, die seit dem 1.1.1965 wirksam waren [zuerst §§ 11-18 Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1965 v. 14.1.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 60)]. Bis zum 31.12.1964 waren die örtlichen Volksvertretungen im wesentlichen an die Festsetzungen der jeweils höheren Volksvertretungen bis hinauf zur Volkskammer gebunden. Mit Wirkung vom 1.1.1965 wurden sie ermächtigt, höhere Ausgaben in die Pläne aufzunehmen sowie die Haushaltsreserve zu erhöhen, soweit die Deckung durch gesteigerte Einnahmen gesichert ist. Sie wurden außerdem ermächtigt, die Verteilung der Einnahmen und Ausgaben auf die Aufgabenbereiche, Kapital und Einzelpläne selbst festzulegen. Über die Verwendung von Mehreinnahmen und Einsparungen können sie selbst beschließen oder den Räten die Entscheidung überlassen. Nicht verausgabte Mittel sind dem Rücklagefonds der jeweiligen Volksvertretung zuzuführen, über dessen Verwendung sie zu entscheiden hat. Über die Verwendung der Mittel des Nationalen Aufbauwerks entscheidet die örtliche Volksvertretung allein. Außerdem wurden die Rechte der örtlichen Volksvertretungen zur Übertragung von Haushaltsmitteln erweitert. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Staatshaushaltsordnung haben die örtlichen Volksvertretungen eigene Einnahmen und verfügen über den volkswirtschaftlich effektivsten Einsatz ihrer Mittel mit dem Ziel, das sozialistische Eigentum zu mehren und zu schützen, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürger ständig zu verbessern und das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bürger und ihrer Gemeinschaften zu fördern. Die örtlichen Volksvertretungen legen im Rahmen der Gesetze die Rechte und Pflichten ihrer Räte bei der Durchführung des Haushaltsplanes insbesondere hinsichtlich der Verfügung über die Reserven, der Verwendung von Mehreinnahmen und freien Mitteln aufgrund von Minderausgaben sowie bei der Anwendung der Prinzipien der materiellen Interessiertheit fest (§ 8 Abs. 4 Satz 1 a.a.O.). Damit sind den örtlichen Volksvertretungen nicht unerhebliche Vollmachten übertragen. Es handelt sich aber auch hier lediglich um eine Dekonzentration von Kompetenzen, die vom Prinzip des demokratischen Zentralismus nicht ausgeschlossen wird (s. Rz. 12 zu Art. 2). Ausdrücklich bestimmt § 8 Abs. 3 Satz 3, daß durch die eigenverantwortliche Planung der Haushaltsmittel der Anteil an den Gesamteinnahmen des Staatshaushalts und der planmäßige Kassenbestand nicht verändert werden dürfen.
Die örtlichen Volksvertretungen unterhalb der Bezirks- und Kreisebene sind berechtigt, langfristige Haushaltspläne, unterteilt nach Jahren, aufzustellen und zu beschließen. Sie entscheiden auch über die gemeinsame Finanzierung von Aufgaben und Maßnahmen, die in Zusammenarbeit mit anderen Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie Betrieben, volkseigenen Kombinaten, WB und staatlichen Einrichtungen durchgeführt werden sollen (§ 9 Abs. 2). (Weiteres s. Rz. 25 ff. zu Art. 82)
Hinsichtlich der volkseigenen Betriebe, volkseigenen Kombinate, WB und ihnen gleichgestellten Wirtschaftsorgane bestimmt § 10 a.a.O., daß deren Leiter auf der Grundlage des staatlichen Planes die Wirtschaftstätigkeit nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung, insbesondere der Eigenerwirtschaftung der Mittel für die erweiterte Reproduktion durch die ökonomische Nutzung der vom sozialistischen Staat anvertrauten volkseigenen materiellen und finanziellen Fonds sowie der Kreditmittel für die Erhaltung und Mehrung des Volkseigentums zu organisieren und zu sichern haben, daß die staatlich festgelegten Abgaben und Abführungen termingemäß erwirtschaftet und die Verpflichtungen gegenüber dem sozialistischen Staat vorrangig erfüllt werden. Sie haben zu gewährleisten, daß die aus dem Gewinn planmäßig zu bildenden betrieblichen Fonds erwirtschaftet und mit dem Ziel eingesetzt werden, dem wissenschaftlich-technischen Höchststand entsprechende bedarfs- und weltmarktgerechte Erzeugnisse mit geringsten Kosten und hoher Rentabilität zu produzieren.


Verantwortlichkeit für die Durchführung des Staatshaushaltsplanes

87 f) Der Ministerrat ist für die Durchführung des beschlossenen Staatshaushaltsplanes verantwortlich. Er verfugt über die Mehreinnahmen, die freien Mittel aufgrund von Mindereinnahmen und über die Verwendung der Reserven des zentralen Haushalts. Er kontrolliert die Tätigkeit der Minister und der anderen Leiter der zentralen Staatsorgane sowie der Räte der Bezirke bei der Durchführung der Haushaltspläne und trifft Maßnahmen zur Sicherung der Planerfüllung. Für die Analyse, Abrechnung und Kontrolle des Staatshaushaltsplans und für die Sicherung der Liquidität des Staatshaushaltsplans ist der Minister der Finanzen gegenüber dem Ministerrat verantwortlich und rechenschaftspflichtig (§§ 4 und 5 Abs. 1 und 2 a.a.O.). Bei Nichterfüllung der Aufgaben des Staatshaushaltsplans und bei Verstößen gegen die Haushaltsdisziplin hat er das Recht, Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört die Befugnis, Ausgaben zeitweilig oder endgültig zu sperren, die Haushaltsfinanzierung zeitweilig einzustellen und Konten zu sperren (§ 5 Abs. 3 a.a.O.). Diese Befugnisse stehen ihm auch gegenüber den örtlichen Organen zu.
Im örtlichen Bereich haben die Räte die Durchführung, Abrechnung und Kontrolle der Haushaltspläne im Verantwortungsbereich der Volksvertretung zu organisieren. Sie sind der Volksvertretung für die Liquidität des Haushalts verantwortlich (§ 8 Abs. 6 a.a.O.).


Abrechnung des Staatshaushaltsplanes

88 g) Der Ministerrat ist fiir die Abrechnung des Staatshaushaltsplanes für das jeweilige Jahr gegenüber der Volkskammer verantwortlich und rechenschaftspflichtig (§ 4 Abs. 2 Satz 2 a.a.O.). Die Volkskammer entscheidet über die Entlastung des Ministerrates für die Durchführung des Staatshaushaltsplanes des jeweiligen Jahres (§ 3 Abs. 3 a.a.O.) [zuletzt: Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik über die Bestätigung der Haushaltsrechnung für das Jahr 1980 und Entlastung des Ministerrates v. 26.8.1981 (GBl. DDR Ⅰ 1981, S. 265)].
Im örtlichen Bereich beschließen die Volksvertretungen die Jahreshaushaltsrechnungen und entscheiden über die Entlastung ihres Rates für die Durchführung des Haushaltsplanes (§ 8 Abs. 5 a.a.O.).


Haushalts- und Rechnungsjahr

89 h) Das Haushalts- und Rechnungsjahr ist das Kalenderjahr.


Gesetze über den Staatshaushaltsplan

90 i) Bis auf das Jahr 1964, für das der Staatshaushaltsplan durch Erlaß des Staatrates in Kraft gesetzt wurde [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Staatshaushaltsplan 1964 v. 3.10.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 161)], wurde er jeweils durch förmliches Gesetz der Volkskammer beschlossen [zuletzt: Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1981 v. 17.12.1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 359)].
Die Gesetze über den Staatshaushaltsplan enthielten bis 1959 im wesentlichen lediglich die Schlußzahlen über den Staatshaushalt insgesamt, den Haushaltsplan der Republik, die Haushaltspläne der Bezirke, der Sozialversicherung, aus den Finanzplänen der volkseigenen Wirtschaft die Schlußzahlen der Abführungen an die Haushalte der Republik und der örtlichen Organe sowie der Zuführungen aus diesen Haushalten, den Plan der langfristigen Kredite an die volkseigene Wirtschaft, Bestimmungen über die Finanzierung der Ausgaben der Bezirke, Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden sowie eine Ermächtigung an den Ministerrat, den Staatshaushaltsplan um Preisveränderungen während der Geltungsdauer des Gesetzes zu berichtigen.
Seit I960 werden die Angaben des Gesetzes etwas genauer. Außer den Zahlen über die volkseigene Wirtschaft insgesamt wurden Schlußzahlen über die volkseigene Industrie, die Landwirtschaft, den Handel mit Konsumgütern, die Investitionen, die Kommunalwirtschaft (einschließlich des Wohnungswesens) sowie die Ausgaben für Forschung, Volksbildung, Wissenschaft, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen mitgeteilt. Zahlenangaben über die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung, die Polizei und die Verteidigung fehlen weiter.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Zuletzt: Gesetze über den Staatshaushaltsplan 1986 [Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1986 v. 29.11.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 343)], 1987 [Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1987 v. 27.11.1986 (GBl. DDR Ⅰ 1986, S. 471)], 1988 [Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1988 v. 18.12.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 295)], 1989 [Gesetz über den Staatshaushaltsplan 1989 v. 14.12.1988 (GBl. DDR Ⅰ 1988, S. 318)].

VIII. Abgaben und Steuern

1. Grundsätze des Steuerrechts

91 a) Art. 9 Abs. 4 Satz 2 wurde erst nach der Verfassungsdiskussion in den Verfassungstext aufgenommen. Er entspricht Art. 120 der Verfassung von 1949: »Abgaben und Steuern dürfen nur aufgrund gesetzlicher Regelung erhoben werden.« In Art. 9 Abs. 4 Satz 2 fehlt freilich das Wort »nur«. Die Ersetzung der Wendung »aufgrund gesetzlicher Regelung« durch die Wendung »auf der Grundlage von Gesetzen« ist als belanglos anzusehen. In beiden Fällen sind nicht Gesetze im förmlichen Sinne zu verstehen. Denn Abgaben und Steuern werden auch aufgrund von Verordnungen des Ministerrates erhoben.

92 b) Trotz des Fehlens des Wortes »nur« schreibt Art. 9 Abs. 4 Satz 2 das Legalitätsprinzip für die Erhebung von Abgaben und Steuern vor.

93 c) In der Verfassung von 1968/1974 fehlen Bestimmungen, die den Art. 29 und 120 Abs. 2 und 3 der Verfassung von 1949 entsprechen: »Das Vermögen und das Einkommen werden progressiv und nach sozialen Gesichtspunkten unter besonderer Berücksichtigung der familiären Lasten besteuert. Bei der Besteuerung ist auf erarbeitetes Vermögen und Einkommen besonders Rücksicht zu nehmen« (Art. 29), sowie: »Vermögens-, Einkommens- und Verbrauchssteuern sind in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu halten und nach sozialen Gesichtspunkten zu staffeln. Durch eine starke Staffelung der Erbschaftssteuer soll die Bildung volksschädlicher Vermögensanhäufung verhindert werden« (Art. 120 Abs. 2 und 3). Diese Verfassungsbestimmungen entsprachen dem Stand der Entwicklung im Jahre 1949 und hätten durch andere Formulierungen ersetzt werden können. Indessen ist es unterlassen worden, in der Verfassung Vorschriften über die Gestaltung des Abgaben- und Steuersystems aufzunehmen.


2. Subjekte der Besteuerung

94 Nach dem Subjekt der Besteuerung sind vier Hauptgruppen zu unterscheiden: Volkseigene Wirtschaft, Privatwirtschaft, Empfänger von Arbeitseinkommen, sozialistische Genossenschaften und deren Mitglieder.


Abgaben der volkseigenen Wirtschaft

95 a) In der Besteuerung der volkseigenen Wirtschaft sind an die Stelle einer Vielzahl von Einzelsteuern einheitliche Abgaben getreten. Von der volkseigenen Industrie und den volkseigenen Land- und Forstwirtschaftsbetrieben und den volkseigenen Dienstleistungsbetrieben wurde zunächst die Produktionsabgabe erhoben. Sie war für jedes Produkt zu zahlen und bildete einen untrennbaren Bestandteil des Industrieabgabepreises. Ferner wurde die Dienstleistungsabgabe von diesen Betrieben für Dienstleistungen aller Art, darunter für Personen- und Güterbeförderung, Lagerung, Vermietung und Verpachtung, Anfertigung aus dem Material des Auftraggebers und Reparaturen erhoben [Verordnung über die Produktionsabgabe und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Industrie, der volkseigenen Land- und Forstwirtschaft und der volkseigenen Dienstleistungsbetriebe (PDAVO) in der Fassung der Bekanntmachung v. 8.2.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 138)].
Die Produktionsabgabe und die Dienstleistungsabgabe wurden im Jahre 1972 zur produktgebundenen Abgabe vereinigt [Verordnung über produktgebundene Abgaben und Subventionen - PAVO - v. 1.3.1972 (GBl. DDR ⅠⅠ 1972, S. 137)]. Die Sätze sind nach Produkten außerordentlich differenziert. Das System der produktgebundenen Abgaben wird ergänzt durch die Möglichkeit, produktgebundene Subventionen zu gewähren, so daß gewisse Produkte nicht nur mit keiner Abgabe belegt sind, sondern für sie Zuschüsse aus dem Staatshaushalt gewährt werden. So können Preise, etwa für Grundnahrungsmittel, niedrig gehalten werden. Andere Produkte können durch entsprechend hohe Abgaben verteuert werden. Damit werden wirtschaftspolitische Ziele verfolgt (Kaufkraftabschöpfung, Verbrauchslenkung).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Mit der VO über den Beitrag für gesellschaftliche Fonds vom 14.4.1985 (GBl. DDR I 1985, S. 105) sollte außer der Erhöhung der Einnahmen für den Staatshaushalt der rationelle Einsatz der Arbeitskräfte und die Rationalisierung der Wirtschaft gefordert werden. Dieser mußte von allen Betrieben geleistet werden und betrug 70 % des geplanten betrieblichen Lohnfonds. Die 3. VO vom 12.6.1985 (GBl. DDR I 1985, S. 178) dazu erweiterte den Kreis der Beitragsverpflichteten.

96 Mit Beschluß vom 3.3.1966 wurde zunächst für den Bereich einiger WB [Beschluß über Grundsätze für die Einführung der Produktionsfondsabgabe in ausgewählten WB der zentralgeleiteten volkseigenen Industrie v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 261)], später für alle volkseigenen Betriebe der zentral- und bezirksgeleiteten Industrie im Bereich der Industrieministerien, für die zentralgeleiteten volkseigenen Betriebe der Bauindustrie und für die WB [Verordnung über die weitere Anwendung der Produktionsfondsabgabe im Bereich der volkseigenen Industrie und des volkseigenen Bauwesens v. 2.2.1967 (GBl. DDR ⅠⅠ 1967, S. 115)] die Produktionsfondsabgabe eingeführt [Verordnung über die Produktionsfondsabgabe v. 16.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1971, S. 33)]. Sie wird als fester Bestandteil auf die produktiven Fonds (das Kapital) erhoben und steht an erster Stelle der Gewinnverwendung. Die Einführung der Produktionsfondsabgabe bedeutet, daß vom Gewinn ein vom Kapitaleinsatz abhängiger, im voraus festgesetzter Betrag abzuführen ist.
Im verbleibenden Gewinn (Nettogewinn) sollen die »Ergebnisse und Anstrengungen der Betriebe zu systematischer Senkung der Selbstkosten, zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, zur Erhöhung der Produktion von Erzeugnissen mit hoher Qualität und zur rationellen Ausnutzung der produktiven Fonds« zum Ausdruck kommen.
Im Bereich des volkseigenen Handels, der staatlich verwalteten Apotheken, der volkseigenen Gaststätten einschließlich der Hotelbetriebe wurde zunächst die Handelsabgabe erhoben [Verordnung über die Handelsabgabe des volkseigenen Handels v. 24.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957 S. 91) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Handelsabgabe des volkseigenen Handels v. 17.7.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 601)]. Im Jahre 1968 wurde analog zur Produktionsfondsabgabe in der Industrie die Handelsfondsabgabe eingeführt [Verordnung über die Anwendung der Handelsfondsabgabe im Bereich des Ministeriums für Handel und Versorgung v. 24.8.1967 (GBl. DDR ⅠⅠ 1967, S. 685)]. Die Handelsabgabe entfiel damit.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Nach der VO über die Produktionsfondsabgabe vom 14.4.1883 (GBl. DDR I 1983, S. 106) hatten die Betriebe neben der Produktionsabgabe von 6 % der Grund- und Umlaufmittel eine zusätzliche von 6 % der Investitionen, die später als zum geplanten Termin in Betrieb genommen wurden, für die Überschreitung der im Umlaufmittelplan festgelegten Bestände an Material und unfertigen Erzeugnissen sowie für die zu geringe Auslastung der Maschinen zu leisten. Einzelheiten waren in der 1. DB vom 14.4.1883 (GBl. DDR I 1983, S. 107) und in der 2. DB vom 17.10.1885 (GBl. DDR I 1985, S. 319) dazu geregelt (Einzelheiten in ROW 5/1985, S. 292 und 2/1986, S. 125).
Mit der AO über die Handelsfondsabgabe vom 20.12.1885 (GBl. DDR 1985, Sdr. 1221) waren die Planung, Berechnung und Zahlung der Handelsfondsabgabe sowie die Abrechnung und Kontrolle geregelt worden (Einzelheiten in ROW 4/1986, S. 252).


Steuern der Privatwirtschaft

97 b) Die Besteuerung der Privatwirtschaft erfolgt mit Ausnahme des Handwerks durch die allgemein bekannten Steuerarten: Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Kapitalertragssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer [Einkommensteuergesetz i.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970 Sdr., Nr. 670); Verordnung über die Erhebung eines Zuschlages zur Einkommensteuer auf Einkünfte nichttätiger Gesellschafter v. 15.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 712); Körperschaftsteuergesetz i.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970 Sdr., Nr. 671); Gewerbesteuergesetz i.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. 1970 Sdr., Nr. 672); Umsatzsteuergesetz i.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970 Sdr., Nr. 673)]. Die Gestaltung dieser Steuern trägt ausgesprochen klassenkämpferischen Charakter (vgl. Urteil des BVerfG vom 24.1.1961, NJW 1961, S. 653). Die Progression des Einkommensteuertarifs geht bis 90%, des Körperschaftssteuertarifs bis 65%. Es gilt also das Prinzip der Maximalbesteuerung (Adalbert Kitsche, Das Steuersystem, S. 106). Für Handwerker galt seit dem 1.1.1950 eine Pauschalbesteuerung, die an die Stelle der Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe- und Vermögenssteuer auf das Betriebsvermögen getreten war [Gesetz über die Besteuerung des Handwerks v. 12.3.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 262)]. Die Besteuerung richtete sich nach der Art des Betriebes, der Zahl der Beschäftigten und nach Ortsklassen. Die Handwerker wurden in zwei Gruppen, A und B, geteilt. Handwerker mit mehr als drei Beschäftigten hatten die Handwerkssteuer B zu bezahlen, die übrigen die Handwerkssteuer A. Mit Wirkung vom 1.4.1966 wurde die Pauschalsteuer abgeschafft. Seitdem haben die Handwerker eine Gewinnsteuer, eine Umsatzsteuer sowie eine Lohnsummensteuer zu zahlen, letztere, wenn die jährliche Lohnsumme 12 000 M übersteigt [Gesetz über die Besteuerung der Handwerker v. 16.3.1966 (GBl. DDR Ⅰ 1966, S. 71)]. Mit Wirkung vom 1.1.1971 haben industriell produzierende Handwerker eine Produktionsfondssteuer zu zahlen, wenn der Jahresgewinn 12 000 M übersteigt. Die Umsatzsteuer entfällt dann. Außerdem wurde ein Zuschlag zur Gewinnsteuer für diejenigen Handwerker eingeführt, die nicht ausschließlich Reparatur-, Dienst- und Versorgungsleistungen für die Bevölkerung ausführen und deren steuerpflichtiger Gewinn 20 000 M jährlich übersteigt [Verordnung über die Besteuerung der Handwerker v. 15.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 676)].
Mit Wirkung vom 1.1.1976 an wurde privaten Handwerkern, die im Jahre 1975 nicht mehr als einen Werktätigen beschäftigt hatten, gestattet, den Antrag zu stellen, die Handwerksteuer wieder pauschal zu zahlen, unter der Voraussetzung, daß mindestens 70% der Leistungen als Dienst-, Reparatur- und unmittelbare Versorgungsleistungen für die Bevölkerung und gesellschaftliche Einrichtungen in den Wohngebieten ausgeführt werden. Private Einzelhändler und Gastwirte wurden gleichzeitig von der Umsatzsteuer befreit [Verordnung zur Ergänzung von Rechtsvorschriften über die Besteuerung privater Handwerker und Gewerbetreibender v. 5.4.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 193)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Für die Besteuerung der Einnahmen ausländischer Unternehmen und Personen aus der Überlassung von Lizenzen und anderen Nutzungsrechten an Betriebe der DDR galt ab 1.6.1985 anstelle der bis dahin geltenden Bestimmungen vom 25.6.1965 (GBl. DDR II 1965, S. 554) eine neue AO vom 24.4.1985 (GBl. DDR I 1985, S. 169).


Steuern der unselbständig Tätigen

98 c) Die unselbständig Erwerbstätigen zahlen Lohnsteuer durch Lohnabzug. Die Lohnsteuertabelle ist nicht wie in der Bundesrepublik mit der Einkommensteuer identisch [Bekanntmachung über die Verordnung zur Besteuerung des Arbeitseinkommens v. 22.12.1952 (GBl. DDR 1952, S. 1413); Berichtigungen im Sonderdruck Nr. 19/53 des Gesetzblattes - Zentralblattes zur Verordnung über die Verordnung zur Besteuerung des Arbeitseinkommens v. 15.10.1953 (GBl. DDR 1953, S. 1173); 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (2- AStVO.) v. 14.12.1953 (GBl. DDR 1954, S. 9); 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (2. AStVO) v. 26.3.1954 (GBl. DDR 1954, S. 444); 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (2. AStVO) v. 28.10.1954 (GBl. DDR 1954, S. 878); Zweite Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (3. AStVO) v. 14.3.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 190); Dritte Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (4. AStVO) v. 28.5.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 458); Vierte Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (5. AStVO) v. 30.4.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 518); Fünfte Verordnung zur Änderung der Besteuerung des Arbeitseinkommens (6. AStVO) v. 10.3.1960 (GBl. DDR Ⅰ 1960, S. 191)]. Die Lohnsteuer ist günstiger gestaltet als die Einkommensteuer. Die sogenannte freischaffende Intelligenz, zu der aber nicht Steuerberater und selbständige Rechtsanwälte gehören, fällt grundsätzlich unter die günstigere Besteuerung des Arbeitseinkommens [Gesetz zur Änderung der Besteuerung der steuerbegünstigten freischaffenden Intelligenz v. 28.5.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 453); Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz zur Änderung der Besteuerung der steuerbegünstigten freischaffenden Intelligenz v. 6.6.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 564); ab 1.1.1971: Verordnung über die Besteuerung von Berufsgruppen freiberuflich Tätiger v. 15.12.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 690)]. Ein Unterschied besteht nur im Plafond. Dieser beträgt bei den Unselbständigen 20%, bei der freischaffenden Intelligenz 30%. Familienermäßigung wird gewährt. Auch sind die Steuerfreibeträge in der Bundesrepublik höher.


Steuern der sozialistischen Produktionsgenossenschaften, der halbstaatlichen Betriebe und der Kommissionshändler

99 d) Sozialistische Produktionsgenossenschaften und ihre Mitglieder genießen gegenüber den selbständig Tätigen Steuervorteile [Anordnung über die steuerlichen Vergünstigungen für LPG und deren Mitglieder v. 5.8.1952 (GBl. DDR 1952, S. 714); Anordnung über die Verlängerung der steuerlichen Vergünstigungen der LPG und ihrer Mitglieder v. 29.1.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 112); Anordnung über die steuerlichen Vergünstigungen der gärtnerischen Produktionsgenossenschaften und ihrer Mitglieder v. 4.2.1959 (GBl. DDR Ⅰ 1959, S. 116); Anordnung über die steuerlichen Vergünstigungen für Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer und ihre Mitglieder v. 6.8.1959 (GBl. DDR I 1959, S. 653); Gesetz über die Besteuerung der Produktionsgenossenschaften des Handwerks und ihrer Mitglieder - PHG-Steuergesetz - v. 30.11.1962 (GBl. DDR I 1962, S. 119) mit Durchführungsbestimmungen v. 4.12.1962 (GBl. DDR II 1962, S. 777), v. 25.11.1964 (GBl. DDR II 1964, S. 935), v. 14.11.1966 (GBl. DDR II 1966, S. 813), v. 14.8.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 454) und v. 23.12.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 731 und 733); ab 1.1.1971: Verordnung über die Besteuerung der Produktionsgenossenschaften des Handwerks v. 15.12.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 683)]. Entsprechendes gilt für halbstaatliche Betriebe und ihre Gesellschafter hinsichtlich der Tätigkeitsvergütung [Verordnung über die Besteuerung der halbstaatlichen Betriebe und ihrer Gesellschafter v. 7.1.I960 (GBl. DDR I 1960, S. 29), Anordnung v. 5.2.1960 (GBl. DDR 1960, Sdr. Nr. 312), Durchführungsbestimmungen v. 24.2.1960 (GBl. DDR I 1960, S. 158), v. 14.11.1966 (GBl. DDR II 1966, S. 811), v. 14.8.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 453) und v. 23.12.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 723)], Einzelhändler und Gastwirte, die einen Kommissionsvertrag abgeschlossen haben195 (s. Rz. 8-12 zu Art. 14), sowie für Mitglieder von Rechtsanwaltskollegien [§ 1 Verordnung über die Bildung von Kollegien der Rechtsanwälte v. 15.5.1953 (GBl. DDR 1953, S. 725) i.d.F. der Änderungsverordnung v. 18.3.1954 (GBl. DDR 1954, S. 311); Durchführungsbestimmungen v. 31.5.1953 (GBl. DDR 1953, S. 769), v. 28.8.1953 (GBl. DDR 1953, S. 957), v. 5.9.1953 (GBl. DDR 1953, S. 994), v. 23.4.1956 (GBl. DDR I 1956, S. 402), v. 11.7.1956 (GBl. DDR I 1956, S. 596)] (s. Rz. 9-16 zu Art. 102).


3. Erbschaftsteuer

100 Hinsichtlich der Erbschaftsteuer bestimmte zusätzlich zu Art. 120 Abs. 3 der Art. 22 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung von 1949, daß der Anteil des Staates am Erbe durch Gesetz bestimmt wird. Eine entsprechende Bestimmung fehlt in der Verfassung von 1968/1974. Es gilt weiterhin das Erbschaftsteuergesetz vom 22.8.1925 (RGBl. I S. 320). Doch wurden Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze wesentlich verändert [24. Durchführungsbestimmung zur Steuerreformverordnung - Erbschaftsteuer - (ErbStDB 1957) v. 29.4.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 309); Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 678)]. Die Progression wurde erheblich verstärkt. Die Erbschaftsteuer hat fast konfiskatorischen Charakter (Adalbert Kitsche, Das Steuersystem, S. 108).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Mit der AO zur Vermögens- und Erbschaftssteuer vom 2.12.1987 (GBl. DDR I 1987, S. 282) waren am 1.1.1988 erneut Bestimmungen in Kraft getreten, die Deutsche mit Wohnsitz in der alten Bundesrepublik gegenüber Deutschen mit Wohnsitz in der ehemaligen DDR benachteiligten (Einzelheiten in ROW 2/ 1988, S. 120).


4. Grundsteuer, Grunderwerbsteuer, Vermögensteuer

101 Die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer werden nach den vor 1945 geltenden Bestimmungen erhoben, jedoch mit Modifikationen [Verordnung zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften über die Erhebung der Grundsteuer v. 3.2.1955 (GBl. DDR I 1955, S. 128), 2. Verordnung dazu v. 22.9.1960 (GBl. I S. 528); Neufassung des Grundsteuergesetzes und des Grunderwerbsteuergesetzes v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 676 und 677)].  Die Bewertung erfolgt nach dem Bewertungsgesetz i.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 674)]. Entsprechendes gilt für die Vermogensteuer [Anordnung über die Neuveranlagung der Vermögensteuer v. 28.12.1964 (GBl. DDR II 1965, S. 19); Neufassung des Vermögensteuergesetzes v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 674)].


5. Kraftfahrzeugsteuer, Beförderungssteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer

102 Die Kraftfahrzeugsteuer beruht auf der Verordnung vom 16.11.1961 [Verordnung über die Kraftfahrzeugsteuer v. 16.11.1961 (GBl. II S. 505), Durchführungsbestimmung v. 17.11.1961 (GBl. DDR II 1961, S. 506)]. Für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Gütern gilt das Beförderungsteuergesetz [I.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 679)]. Buchmacher von Rennwetten und Veranstalter von Lotterien und Ausspielungen werden nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz [I.d.F. v. 18.9.1970 (GBl. DDR 1970, Sdr. Nr. 680)] besteuert.


6. Zölle

103 Zölle werden bei der Ein- und Ausfuhr von Waren aufgrund des Gesetzes über das Zollwesen der Deutschen Demokratischen Republik vom 28.3.1962 (GBl. DDR I 1962, S. 42) erhoben. Sie spielen wegen des Außenhandelsmonopols des Staates (s. Rz. 108 ff. zu Art. 9) nur eine untergeordnete Rolle.


7. Abgabenhoheit

104 Über die Abgabenhoheit enthält die Verfassung von 1968/1974 keine Bestimmungen. Die Verfassung von 1949 hatte in Art. 119 Abs. 2 die Abgabenhoheit der Republik übertragen. Mit der Schaffung des Einheitsstaates war diese Bestimmung obsolet geworden. Die Abgabenhoheit des Staates schließt eine Reihe von Gemeindesteuern nicht aus. Dazu gehören die Kulturabgabe [Anordnung über die Erhebung der Kulturabgabe v. 18.2.1955 (GBl. DDR II 1955, S. 54)], die Vernügungsteuer [Verordnung über die Erhebung der Vergnügungsteuer v. 18.7.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 381), 2. Verordnung v. 27.5.1964 (GBl. DDR II 1964, S. 559)] und die Hundesteuer [Verordnung über die Erhebung der Hundesteuer v. 18.7.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 385, Ber. S. 544)] sowie die erwähnte Grundsteuer und die erwähnte Kraftfahrzeugsteuer. Die Gemeindegetränkesteuer wird seit dem 24.12.1950 nicht mehr erhoben [Verordnung zur Aufhebung der Gemeindegetränkesteuer v. 22.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1227)].


8. Verteilung des Abgaben- und Steueraufkommens

105 Über die Verteilung des Abgaben- und Steueraufkommens wird jährlich im Staatshaushaltsplan beschlossen. Grundsätzlich fließen die Einnahmen in den Haushalt der Republik. Die örtlichen Räte erhalten daraus Anteile. Die Einnahmen aus bestimmten Abgaben und Steuern stehen diesen jedoch vollständig zu. (Einzelheiten s. Rz. 35-39 zu Art. 82).


9. Gebühren

106 Gebühren, die aus zahlreichen Anlässen erhoben werden, fließen den Organen und Einrichtungen zu, die Leistungen erbringen oder Benutzungen gestatten.


10. Abgabenverwaltung und Zollgebiet

107 Die Abgabenverwaltung ist seit 1950 Sache der Republik [§ 7 Gesetz über die Abgaben der Republik und der übrigen Gebietskörperschaften sowie über die Errichtung einer Abgabenverwaltung der Republik (Abgabengesetz) v. 9.2.1950 (GBl. DDR 1950, S. 130)]. Sie entstand aus der Deutschen Zentralfinanzdirektion, den Landesfinanzdirektionen, den Finanzämtern sowie aus den Hauptzollämtern und Zollämtern. Mit dem Gesetz vom 23.7.1952 [Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.7.1952 (GBl. DDR 1952, S. 613)] wurde die Finanzverwaltung in den Apparat der allgemeinen Verwaltung eingegliedert. Die Aufgaben der Deutschen Zentralfinanzdirektion wurden vom Ministerium der Finanzen, die Aufgaben der Landesfinanzdirektionen und der Finanzämter von den Unterabteilungen Abgaben in den Abteilungen Finanzen der örtlichen Räte übernommen. Letztere sind auch zuständig für den Einzug der Sozialversicherungsbeiträge [Verordnung über die Zahlung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung an die Finanzämter v. 14.12.1950, GBl. DDR 1950, S. 1195)].
Die Aufgaben der Hauptzollämter und Zollämter wurden zunächst auf das am 28.8.1952 gebildete Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) [Verordnung über die Errichtung eines Amtes für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs v. 28.8.1952 (GBl. DDR 1952, S. 817)] übertragen. Im Zollgesetz vom 28.3.1962 (GBl. DDR I 1962, S. 42), das am 30.4.1962 in Kraft trat, wird das Amt als Zollverwaltung bezeichnet. Diese erhebt nicht nur die Zölle, sondern kontrolliert auch die Ein- und Ausfuhr von Waren und den grenzüberschreitenden Devisen- und Geldverkehr. Ihr stehen umfangreiche Kompetenzen zur Kontrolle und Durchsuchung, einschließlich der körperlichen Durchsuchung von Personen, zu. Sie ist zentrales Organ mit nachgeord-neten Dienststellen (Zolldienststellen), also nicht in die allgemeine Verwaltung eingegliedert. Sie hat Untersuchungsorgane im Sinne der StPO [§ 88 Strafprozeßordnung der Deutschen Demokratischen Republik v. 12.1.1968 (GBl. DDR I 1968, S. 49) in der Fassung v. 19.12.1974 (GBl. DDR I 1975, S. 62)]. Die Zollverwaltung untersteht dem Minister für Außenhandel (s. Rz. 108 ff. zu Art. 9).
Das Zollgebiet wird vom Territorium der DDR gebildet. Es wird von der Zollgrenze umschlossen, die mit der Staatsgrenze (einschließlich der Demarkationslinien gegenüber der Bundesrepublik und Berlin [West]) übereinstimmt (§ 1 Zollgesetz). Zollexklaven und -inklaven gibt es nicht.

IX. Das Außenwirtschaffsmonopol

1. Begriffe

108 a) Staatliches Monopol ist nach Art. 9 Abs. 5 die Außenwirtschaft als die Gesamtheit der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der DDR und anderen Staaten. Nach dem Ökonomischen Lexikon (Stichwort: Außenwirtschaft) umfassen diese alle Sphären der Reproduktion und werden vor allem vermittelt durch den Außenhandel, die internationalen Zahlungs- und Kreditbeziehungen, den internationalen Kapitalverkehr, die internationale wissenschaftlich-technische und Produktionszusammenarbeit, die internationale Spezialisierung und Kooperation der Produktion, die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Planung, Forschung, Investitionstätigkeit, Absatztätigkeit, Ausbildung, Nachrichten- und Transportwesen und den Tourismus. Innerhalb der sozialistischen Staatengemeinschaft werden die außenwirtschaftlichen Beziehungen mehr und mehr so vertieft und ausgebaut, daß sie weit über den Außenhandel hinausgehen. Deshalb hat die Verfassung von 1968/1974 nicht nur den Außenhandel, sondern die Außenwirtschaft und in ihr den Außenhandel und die Valutawirtschaft zum staatlichen Monopol erklärt.

109 b) Das Wesen dieses Monopols besteht in der Leitung der gesamten Außenwirtschaftsbeziehungen durch den sozialistischen Staat. Auch für dieses Monopol gilt das Strukturprinzip des demokratischen Zentralismus. Das bedeutet, daß nicht unbedingt ein zentrales staatliches Organ das Monopol auszuüben braucht, sondern daß Kompetenzen auf dem Gebiete der Außenwirtschaftsbeziehungen auf untere Organe verlagert werden können, ohne daß dadurch jedoch die zentrale Planung und Leitung in Frage gestellt werden darf. Eine derartige Dekonzentration wird sogar erforderlich, wenn die außenwirtschaftlichen Beziehungen über den Außenhandel hinaus auf andere Gebiete erweitert werden.

2. Normative Grundlagen, Organe

Entwicklung

110 a) Entwicklung. Das Außenhandelsmonopol hatte durch Gesetz vom 9.1.1958 [Gesetz über den Außenhandel der Deutschen Demokratischen Republik v. 9.1.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 69); in der Fassung der Verordnung der Zweiten Verordnung über die Durchführung des Außenhandels v. 16.4.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 287)] eine normative Grundlage erhalten, nachdem es zuvor schon in Wirklichkeit bestanden hatte. Lenkung und Leitung des Außenhandels auf der Grundlage der staatlichen Monopols nach den von der Volkskammer und den vom Ministerrat festgelegten Grundsätzen der Außenhandelspolitik waren dem Minister für Außenhandel und Innerdeutschen Handel [Beschluß über das Statut des Ministeriums für Außenhandel und Innerdeutschen Handel v. 7.2.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 127)] übertragen worden.


Ministerium für Außenhandel

111 b) Bei der Neubildung des Ministerrates nach den Volkskammerwahlen vom 2.7.1967 wurde das Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel in Ministerium für Außenwirtschaft umbenannt. Damit wurde deutlich gemacht, daß auch der innerdeutsche Handel als Außenhandel betrachtet wird. Am 23-11.1973 wurde dieses wieder in Ministerium für Außenhandel umbenannt [Bekanntmachung über die Umbenennung des Ministeriums für Außenwirtschaft in Ministerium für Außenhandel v. 23. 11. 1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 539)]. Nach seinem Statut [Statut des Ministeriums für Außenwirtschaft - Beschluß des Ministerrates v. 9.8.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 420)] ist dieses Ministerium das zentrale Organ zur Wahrung des staatlichen Außenhandelsmonopols der DDR. Es hat entsprechend den bestehenden Rechtsvorschriften weitere Aufgaben auf dem Gebiet der Außenwirtschaft zu lösen. Es ist verantwortlich für die einheitliche Leitung, Planung, Durchführung und Kontrolle des Außenhandels. Es wirkt auf die Gestaltung der anderen Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben und Planauflagen auf dem Gebiet des Außenhandels sowie zur Einhaltung der Handelsund Zahlungsbilanzen und anderer damit im Zusammenhang stehender zentraler Bilanzen ein. Es ist vor allem in engem Zusammenwirken mit den zuständigen zentralen Staatsorganen (Staatliche Plankommission, Ministerium der Finanzen, Staatsbank der DDR, Ministerium für Wissenschaft und Technik, Industrieministerien, Ministerium für Verkehrswesen, Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten) verantwortlich für den Export und den Import von materiellen Erzeugnissen und Leistungen sowie wissenschaftlich-technischen Ergebnissen und Leistungen auf der Grundlage der staatlichen Aufgaben und Planauflagen. Insoweit ist es Funktionalorgan. (Wegen der Verantwortlichkeit des Ministeriums für Außenhandel für die Devisenkontrolle an den Zoll- und Staatsgrenzen der DDR s. Rz. 120 ff. zu Art. 9).


Leitung und Durchführung des Außenhandels

112 c) Einzelheiten über die Leitung und Durchführung des Außenhandels regelt die Verordnung vom 9.9.1976 [Verordnung über die Leitung und Durchführung des Außenhandels v. 9.9.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 421)]. Danach obliegt den VEB und den Kombinaten die planmäßige Entwicklung von Erzeugnissen und Leistungen sowie von wissenschaftlich-technischen Leistungen und Ergebnissen für den Export, die von hoher Qualität, marktgerecht, absatzfähig und rentabel sein sollen. Für den Export und den Import sind dagegen die Außenhandelsbetriebe verantwortlich. Diese unterstehen dem Ministerium für Außenhandel. Insoweit ist das Ministerium auch Linienorgan. Die Außenhandelsbetriebe sind in ihrer Mehrzahl volkseigen. Es gibt jedoch noch einige mit der Rechtsform der GmbH. Sie wikkeln ihre Geschäfte im eigenen Namen, jedoch auf fremde Rechnung ab. Seit 1964 können auch volkseigenen Betrieben und Kombinaten Außenhandelsfunktionen übertragen werden [Zweite Verordnung über die Durchführung des Außenhandels v. 16.4.1964 (GBl. DDR ⅠⅠ 1964, S. 287); Verordnung über die Durchführung des Außenhandels v. 9.1.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 89)]. Diese Regelung ist durch die Verordnung vom 9.9.1976 übernommen worden.
Die Generaldirektoren der Außenhandelsbetriebe können vom Minister für Außenhandel berechtigt werden, die Befugnis zur Vorbereitung, zum Abschluß und zur Abwicklung von Export- und Importverträgen im eigenen Namen mit Partnern außerhalb der DDR VEB, Kombinaten und (nur für den Export) Exportkontoren zu übertragen.


Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen

113 d) Mit der Aufgabe, zur Entwicklung des Außenhandels und der anderen Beziehungen auf dem Gebiete der Außenwirtschaft beizutragen, besteht das Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen der Deutschen Demokratischen Republik [Bekanntmachung über die Bildung des Amtes für Außenwirtschaftsbeziehungen der Deutschen Demokratischen Republik v. 27.4.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 294)].


Staatliche Außenwirtschaftsinspektion

114 e) Das Instrument der Kontrolle der Einhaltung des staatlichen außenwirtschaftlichen Monopols ist als Organ des Ministeriums für Außenwirtschaft die Staatliche Außenwirtschaftsinspektion [Verordnung über die Inspektionstätigkeit auf dem Gebiet der Außenwirtschaft v. 15.4.1970 (GBl. DDR ⅠⅠ 1970, S. 419)].


Kammer für Außenhandel

115 f) Seit 1952 besteht die Kammer für Außenhandel, die sich aus am Außenhandel beteiligten oder interessierten Betrieben und Institutionen mit Sitz in der DDR zusammensetzt. Sie wird als »gesellschaftliche Organisation des Außenhandels« bezeichnet. Sie hat die Aufgabe, die auswärtigen Wirtschaftsbeziehungen der DDR anzubahnen, zu vertiefen, zu entwickeln und zu fördern. Die Dienstaufsicht über sie obliegt dem Ministerium für Außenhandel. Die Kammer für Außenhandel unterhält ein Schiedsgericht zur Regulierung von Streitigkeiten aus Außenhandelsangelegenheiten (DDR Außenwirtschaft 1974, Beilage zu Nr. 48, S. 3 ff.).


Handelsvertretungen

116 g) Dem Ministerium für Außenhandel unterstehen die Handelsvertretungen und Handelspolitischen Abteilungen der Vertretungen der DDR in anderen Staaten. Im Einvernehmen mit dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten kann der Minister für Außenhandel den Konsuln der DDR operative Aufgaben auf dem Gebiet des Außenhandels übertragen [Gesetz über den Aufbau und die Funktion der konsularischen Vertretungen der Deutschen Demokratischen Republik (Konsulargesetz) v. 22.5.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 313)].


Die weiteren dem Ministerium für Außenhandel unterstellten Organe und Einrichtungen

117 h) Ferner unterstehen dem Ministerium für Außenhandel die Zollverwaltung der DDR (s. Rz. 107 zu Art. 9), das Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR, Außenhandelsbetriebe [Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Außenhandelsbetriebe v. 10.1.1974 (GBl. DDR I 1974, S. 77)], Dienstleistungsbetriebe des Außenhandels, das Leipziger Messeamt226, das Zentrum für Information und Dokumentation der Außenwirtschaft, das Forschungsinstitut beim Ministerium für Außenhandel, die Fachschule für Außenwirtschaft »Josef Orlopp«.


Deutsche Außenhandelsbank und Deutsche Handelsbank

118 i) Mit der finanziellen Abwicklung von Export- und Importgeschäften sind die Deutsche Außenhandelsbank AG (DABA) und die Deutsche Handelsbank AG (s. Rz. 80 zu Art. 9) betraut.


Gesetz über internationale Wirtschaftsverträge

119 j) Die DDR verfügt mit dem Gesetz über internationale Wirtschaftsverträge -GIW - vom 5.2.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 61) über ein spezielles Gesetz, das auf internationale Wirtschaftsverträge und damit zusammenhängende Rechtsverhältnisse anzuwenden ist, sofern die Partner das Recht der DDR vereinbart haben oder Bestimmungen des maßgeblichen Kollisionsrechts auf das Recht der DDR verweisen. Die Bestimmungen des Gesetzes werden nicht angewendet, soweit in völkerrechtlichen Verträgen, an denen die DDR beteiligt ist, etwas anderes festgelegt ist. Das ist beim RGW der Fall, innerhalb dessen Allgemeine Bedingungen (ALB/RGW 1968/1975 [Bekanntmachung v. 29.12.1975 (GBl. DDR II 1973, S. 277)], AKB/RGW 1973 [Bekanntmachung v. 15.11.1973 (GBl. DDR II 1973, S. 257)], AMB/RGW 1973 [Bekanntmachung v. 15.12.1973 (GBl. DDR II 1973, S. 277)]) gelten. Das GIW enthält weitgehend dispositives Recht.


3. Valutawirtschaft

Aufnahme in den Verfassungstext

120 a) Der Begriff »Valutawirtschaft« wurde erst nach der Verfassungsdiskussion von 1968 in den Text eingefügt.


Valutamonopol

121 b) Das Valutamonopol ist das aus dem Außenhandelsmonopol resultierende alleinige Recht des sozialistischen Staates, alle Geldbeziehungen mit dem Ausland zu erfassen, zu planen, zu lenken und operativ mit dem Ziel durchzuführen, das Außenhandelsmonopol zu sichern, das Finanzsystem gegen »spontane Einflüsse des kapitalistischen Weltmarktes abzuschirmen und die Beziehungen mit den sozialistischen Staaten planmäßig zu gestalten« (Ökonomisches Lexikon, Stichwort: Valutamonopol).


Normative Grundlagen des Valutamonopols

122 c) Das Valutamonopol erhielt erstmals durch Verordnung vom 17.7.1952 eine normative Grundlage [Verordnung über die Aufstellung von Valutaplänen v. 17.7.1952 (GBl. DDR 1952, S. 616]. Dessen Regelungen wurden durch das Devisengesetz vom 8.2.1956 [Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Devisengesetz) v. 8.2.1956 (GBl. DDR Ⅰ 1956, S. 321); Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Zuständigkeit, Abgrenzung, Gebühren und Rechtsmittel) v. 22.3.1956, GBl. DDR Ⅰ 1956, S. 324); Neunte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Behandlung von Zahlungsmitteln und anderen Devisenwerten ein-, aus- und durchreisender Devisenhändler) v. 19.6.1956 (GBl. DDR Ⅰ 1956, S. 547); Zehnte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Behandlung von Zahlungsmitteln und anderen Devisenwerten ein-, aus- und durchreisender Devisenhändler) v. 30.11.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 653); Elfte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Verfügungsmöglichkeiten über Devisenausländerkonten B bei der Deutschen Notenbank) v. 19.4.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 482); Dreizehnte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (Finanzielle Erleichterungen im Reiseverkehr) v. 23.6.1965, GBl. DDR ⅠⅠ 1965, Nr. 41 v. 5.6.1965, S. 513)] und seine Durchführungsbestimmungen ergänzt. Seit dem 1.1.1974 gilt das Devisengesetz v. 19.12.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 574).


Verantwortung für das Valutamonopol

123 d) Nach diesem leitet der Ministerrat die planmäßige Gestaltung der internationalen Währungs- und Devisenbeziehungen der DDR und entscheidet in grundsätzlichen Fragen der Gewährleistung des Valutamonopols des Staates. Er hat die Aufgaben der Staatsorgane, staatlichen Einrichtungen, wirtschaftsleitenden Organe, Kombinate und Betriebe bei der Planung und Durchführung des Umlaufs von Devisenwerten zu regeln. Dem Minister der Finanzen obliegt es, die Durchführung des Devisengesetzes und die Kontrolle darüber zu organisieren. Er gewährleistet die Erarbeitung der erforderlichen Rechtsvorschriften und erläßt Durchführungsbestimmungen [Von dieser Ermächtigung hat der Minister der Finanzen Gebrauch gemacht: Erste Durchführungsbestimmung — Allgemeine Bestimmungen, Zuständigkeit, Reiseverkehr; Zweite Durchführungsbestimmung - Reiseverkehr mit den Mitgliedstaaten des RGW; Dritte Durchführungsbestimmung - Zahlungen und Devisenwerte von Deviseninländern; Vierte Durchführungsbestimmung - Einkünfte von Devisenausländern, Devisenausländerkonten; Fünfte Durchführungsbestimmung - Rechte und Pflichten der Staatsorgane, staatlichen Einrichtungen, wirtschaftsleitenden Organe, Kombinate und Betriebe sowie der gesellschaftlichen Organisationen - sämtlich v. 19.12.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 579, 582, 584, 586, 588)]. Der Minister für Außenhandel ist für die Devisenkontrolle an den Zoll- und Staatsgrenzen der DDR verantwortlich.


Devisenbewirtschaftung

124 e) Das Valutamonopol wird durch die Devisenbewirtschaftung garantiert. Grundsätzlich bedarf der Umlauf von Devisenwerten außerhalb der Valutapläne oder, soweit nichts anderes festgelegt ist, der vorherigen Genehmigung. Der Begriff des Devisenwertes ist weit gefaßt. So fallen unter diesen nicht nur Geldzeichen, Schecks, Akkreditivs, Kreditbriefe, Wechsel, Zahlungsaufträge und -anweisungen, Guthaben und ähnliches, sondern auch andere Vermögenswerte wie Edelmetalle, Edelsteine, Perlen sowie auch Grundstücke und bewegliche Sachen von Deviseninländern im Devisenausland. Es bestehen umfangreiche Anmelde- und Anbietungspflichten. Zahlungen in das Devisenausland oder aus dem Devisenausland dürfen nur über die Staatsbank der DDR oder über dafür zugelassene Kreditinstitute oder unter deren Mitwirkung geleistet oder empfangen werden. Zahlungen an Devisenausländer dürfen nur auf ein Konto bei der Staatsbank geleistet werden. Devisenausländerkonten werden als Devisenausländerkonto A (Beträge aus Arbeitseinkommen, Stipendien oder aus Umtausch resultierende Beträge) und Devisenausländerkonto B geführt. Über ein B-Konto darf nur für bestimmte Zwecke verfügt werden (Sperrkonto). Die Aus- und Einfuhr von Zahlungsmitteln der Mark aus dem oder in das Gebiet der DDR sind verboten.
Gegenüber der vor dem 1.1.1974 geltenden Regelung sind gewisse Lockerungen zu verzeichnen. Während bis dahin Deviseninländer über ihre Vermögenswerte im Devisenausland nur mit Genehmigung verfügen durften, sind sie jetzt unter grundsätzlicher Beibehaltung dieser Regelung berechtigt, anläßlich ihres Aufenthaltes im Devisenausland über ihre dort befindlichen Guthaben bis zu einem Gegenwert von 500 M zum Zwecke des Transfers in die DDR genehmigungsfrei zu verfügen. Die Anbietungspflicht von Deviseninländern für Bargeld anderer Währung als der M gilt nicht, wenn es zur Bezahlung von Waren und Leistungen bei Einrichtungen der DDR verwendet werden kann oder soll, die zur Annahme dieses Bargeldes von Bürgern der DDR berechtigt sind (Intershop, Interhotel und andere). So konnte sich die DM der Deutschen Bundesbank fast zu einer Zweitwährung in der DDR entwickeln.


Keine Sonderregelungen für den Zahlungsverkehr mit der Bundesrepublik Deutschland mehr

125 f) Sonderregelungen für den innerdeutschen Zahlungsverkehr, wie sie bis zum 31.12.1973 galten [Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 15.12.1950 (GBl. DDR 1950, S. 1202); Zweite Durchführungsbestimmung zu dem Gesetz zur Regeung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 1.10.1951 (GBl. DDR 1951, S. 897); Dritte Durchführungsbestimmung zu dem Gesetz zur Regeung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 12.5.1954 (GBl. DDR 1954, S. 495); Anordnung über die geltende Fassung der Richtlinien zum Gesetz zur Regeung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 5.3.1955 (GBl. DDR ⅠⅠ 1955, S. 105); Anordnung Nr. 2 über die geltende Fassung der Richtlinien zum Gesetz zur Regeung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs v. 19.4.1958 (GBl. DDR ⅠⅠ 1958, S. 115)], gibt es nach Erlaß des Devisengesetzes v. 19.12.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 574) nicht mehr. Auch die Bundesrepublik gilt für die DDR als Devisenausland.
(Wegen der Vereinbarungen über den Transfer von Unterhaltszahlungen und aus Guthaben s. Rz. 71 zu Art. 1).

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 288-350 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅰ, Kap. 2, Art. 9, Rz. 1-125, S. 288-350).

Dokumentation Artikel 9 der Verfassung der DDR; Artikel 9 des Kapitels 2 (Ökonomische Grundlagen, Wissenschaft, Bildung und Kultur) des Abschnitts Ⅰ (Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 206) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 436). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Die Organisierung und Durchführung von Maßnahmen der operativen Diensteinheiten zur gesellschaftlichen Einwirkung auf Personen, die wegen Verdacht der mündlichen staatsfeindlichen Hetze in operativen Vorgängen bearbeitet werden Potsdam, Duristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Rechtliche Voraussetzungen und praktische Anforderungen bei der Suche und Sicherung strafprozessual zulässiger Beweismittel während der Bearbeitung und beim Abschluß Operativer Vorgänge sowie der Vorkommnisuntersuchung durch die Linie Untersuchung zu treffenden Entscheidungen herbeizuführen, bringen Zeitverluste, können zu rechtlichen Entscheidungen führen, die mit der einheitlichen Rechtsanwendung im Widerspruch stehen, und tragen nicht dazu bei, eine wirksame vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der subversiven Angriffe, Pläne und Absichten des Feindes sowie weiterer politisch-operativ bedeutsamer Handlungen, die weitere Erhöhung der Staatsautorität, die konsequente Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die weitere Festigung des Vertrauensverhältnisses der Bürger zur sozialistischen Staatsmacht, besonders zum Staatssicherheit , die objektive allseitige und umfassende Aufklärung jeder begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen gehören demzufolge die subversiv-interventionistische Politik des imperialistischen Herrschaftssystems gegen den realen Sozialismus, das staatliche und nichtstaatliche Instrumentarium zur Durchsetzung dieser Politik und die von ihm angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen letztlich erklärbar. Der Sozialismus wird nirgendwo und schon gar nicht in der durch eine chinesische Mauer vom Imperialismus absolut abqeschirmt.

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