(1) Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung wählt jede örtliche Volksvertretung ihren Rat und Kommissionen. Die Mitglieder des Rates sollen nach Möglichkeit Abgeordnete sein. In die Kommissionen können auch Mitglieder berufen werden, die nicht Abgeordnete sind.
(2) Der Rat sichert die Entfaltung der Tätigkeit der Volksvertretung und organisiert die Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung in deren Verantwortungsbereich. Er ist der Volksvertretung für seine gesamte Tätigkeit verantwortlich und dem übergeordneten Rat rechenschaftspflichtig. Der Rat ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
(3) Die Kommissionen organisieren die sachkundige Mitwirkung der Bürger bei der Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse der Volksvertretung. Sie kontrollieren die Durchführung der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften sowie der Beschlüsse der Volksvertretung durch den Rat und dessen Fachorgane.


Ursprüngliche Fassung des Artikel 80, Absatz 3 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik:

(3) Die Kommissionen organisieren die sachkundige Mitwirkung der Bürger bei der Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse der Volksvertretung. Sie kontrollieren die Durchführung der Gesetze, Erlasse, Verordnungen und der Beschlüsse der Volksvertretung durch den Rat und dessen Fachorgane.

Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 112
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Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 44

I. Vorgeschichte

1. Verfassung von 1949

1 Art. 141 der Verfassung von 1949 besagte, daß die »ausfiihrenden Organe der Gemeinden und der Gemeindeverbände« zu ihrer Amtsführung des Vertrauens der Vertretungskörperschaften bedurften. Das entsprach den Regelungen der vor Erlaß der Verfassung von 1949 ergangenen Gemeindeordnungen und auch der Kreisordnungen der Länder (s. Rz. 31 zur Präambel). Die ausführenden Organe führten schon damals die Bezeichnung »Räte« mit einem Zusatz entsprechend ihrem Zuständigkeitsbereich (Kreis, Stadt, Gemeinde). Nach Art. 140 Abs. 2 wurden zur Unterstützung der Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände Ausschüsse gebildet.


2. Nach der Einführung des demokratischen Zentralismus

2 Die Veränderung des Staatsaufbaus durch die Einführung des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 3 zu Art. 81) ließ die Bezeichnung »Räte« bestehen. Auch die Organe in den neugebildeten Bezirken und Stadtbezirken bekamen diese Bezeichnung. Die Räte erhielten den Charakter von »vollziehenden und verfügenden« Organen. Mit § 3 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 16.11.1954 (GBl. DDR 1954, S. 915) wurde diesem die Kompetenz gegeben, die Arbeit der Räte der örtlichen Organe der Staatsgewalt zu leiten und ihre Struktur den Erfordernissen der Durchführung der staatlichen Aufgaben anzupassen. § 28 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht v. 18.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 65, Ber. S. 120) unterstellte die örtlichen Räte dem Ministerrat und den jeweils höheren Räten und machte sie diesen rechenschaftspflichtig.
Die Unterstellung der Räte unter den Ministerrat wurde durch § 3 Abs. 2 lit. d des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 8.12.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 865) bestätigt. Die Ordnungen von 1961 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 51);  Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 52); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 75); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen v. 28.6.1961, GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 99); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (Diese Ordnung gilt auch für Gemeinden ab 5 000 Einwohner) v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 123); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 139); Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnngen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken v. 7.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 169)] änderten daran nichts. Nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik v. 17.4.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 89) hatte dieser die Arbeit der Räte der Bezirke auf die Lösung der festgelegten volkswirtschaftlichen Grundaufgaben mit höchstem Nutzeffekt zu konzentrieren, ihre Tätigkeit zu koordinieren und anzuleiten sowie die Durchführung der Beschlüsse zu kontrollieren.
Außerdem machte § 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht v. 18.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 65, Ber. S. 120) die Räte der Volksvertretung für ihre gesamte Tätigkeit verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Damit waren die örtlichen Räte entsprechend einem Einzelaspekt des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 11 und 13 zu Art. 47) »doppelt unterstellt«. Auch daran änderten die Ordnungen von 1961 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 51);  Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 52); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 75); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen v. 28.6.1961, GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 99); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (Diese Ordnung gilt auch für Gemeinden ab 5 000 Einwohner) v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 123); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 139); Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnngen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken v. 7.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 169)] nichts.
§ 28 Abs. 2 des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht v. 18.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 65, Ber. S. 120) nannte die Räte Kollegialorgane. Nach § 35 a.a.O. hatten die Räte ihre Aufgaben u. a. durch ihre Fachorgane zu erfüllen. Die Ausschüsse der örtlichen Volksvertretungen führen seit diesem Gesetz die Bezeichnung »Kommissionen«.
Entsprechend den Bestrebungen zu einer Dekonzentration wurde durch den Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe unter den Bedingungen des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft v. 2.7.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 159) und durch den Beschluß des Staatsrates über die Weiterentwicklung der Haushalts- und Finanzwirtschaft der Städte und Gemeinden vom 15.9.1967 (GBl. DDR I 1967, S. 111) die Stellung der Räte gegenüber den Räten der jeweils höheren Stufen gestärkt. Der Erlaß vom 2.7.1965 festigte ferner die Stellung der Vorsitzenden der Räte, die schon vorher gegenüber der der anderen Mitglieder der Räte hervorgehoben war.


3. Entwurf

3 Art. 83 a.F. wies gegenüber dem Entwurf keine Veränderung auf.


4. Verfassungsnovelle von 1974

4 Durch die Verfassungsnovelle von 1974 wurden in Abs. 3 Satz 2 die Worte »Erlasse, Verordnungen und« durch »und anderen Rechtsvorschriften sowie« ersetzt. Ursächlich dafür war, daß die Normativakte des Staatsrates nicht mehr als Erlaß bezeichnet werden (s. Rz. 34 zu Art. 66).

II. Grundsätzliche Stellung der örtlichen Räte und Kommissionen

1. Keine Veränderung

5 Keine Veränderung. Art. 83 legt die grundsätzliche Stellung der Räte und der Kommissionen fest, wie das bereits in der einfachen Gesetzgebung vor Erlaß der Verfassung von 1968 geschehen war. Ihre entsprechenden Sätze erhielten damit den Rang von formellem Verfassungsrecht. Die Räte und Kommissionen werden zur »Wahrnehmung der Verantwortung« der örtlichen Volksvertretungen bestellt. Soweit die Aufgaben der örtlichen Volksvertretungen nicht von ihnen selbst wahrgenommen werden, sei es, weil das aus praktischen Gründen nicht möglich ist, sei es, weil das nicht opportun erscheint, werden sie von den Räten und Kommissionen erfüllt. Besondere Bedeutung haben dabei die Räte (s. Rz. 11-66 zu Art. 83). Dabei werden wiederum nur Rahmenbestimmungen gegeben, deren Inhalt durch die einfache Gesetzgebung ausgefüllt wird. Nach dem Erlaß der Verfassung geschah das zunächst durch den Beschluß des Staatsrates »Die weitere Gestaltung des Systems der Planung und Leitung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, der Versorgung und Betreuung der Bevölkerung in den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden« - zur Entwicklung sozialistischer Kommunalpolitik - vom 16.4.1970 (GBl. DDR I 1970, S. 39). Seit dem 1.8.1973 bestimmt das
Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 313) die Stellung und Aufgaben der örtlichen Räte (§§ 8 - 13) und die der Kommissionen (§§ 14 und 15).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Am 1.9.1985 trat ein neues Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik v. 4.7.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 213) in Kraft. Es enthielt keine grundsätzlich neue Konzeption, sondern war vor allem eine Reaktion auf die seit 1973 eingetretenen ökonomischen Veränderungen, insbesondere in der Industrie und Landwirtschaft sowie im Wohnungsbau. Die bisherigen Einwirkungs- und Kontrollmög-lichkeiten waren für nicht ausreichend erachtet worden, und es wurde der Versuch gemacht, diese neu zu formulieren. Schon aus dem Hinweis auf die weitere Stärkung der sozialistischen Staatsmacht konnte entnommen werden, daß nicht daran gedacht war, einen Schritt auf eine kommunale Selbstverwaltung hin zu machen. Das Gesetz betonte auch gleich zu Anfang die Suprematie der SED. Der Aufbau der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe blieb unverändert. Das Gesetz enthielt einen ausführlichen Zuständigkeitskatalog, in dem die Kompetenzen auf die einzelnen Stufen präziser festgelegt wurden.
Es blieb aber dabei, daß die jeweils höhere Stufe eingreifen und ihr Ermessen an die Stelle der unteren setzen konnte. Im Aufgabenkatalog war die Gestaltung und der Schutz der Umwelt ausführlich behandelt. An der Funktion und der Stellung der Abgeordneten hat sich nichts geändert, ebensowenig wie am Übergewicht der örtlichen Räte über die Volksvertretungen und des Vorsitzenden über die Mitglieder der Räte (Einzelheiten in ROW 5/ 1985, S. 284-287).


2. Wahl

6 a) Sicherung der Suprematie der SED. Die Bestellung der Räte und Kommissionen erfolgt durch Wahl durch die örtlichen Volksvertretungen der einzelnen Stufen. Mit deren Zusammensetzung nach dem Willen der SED infolge der Gestaltung des objektiven Wahlrechts (s. Rz. 11 und 18 zu Art. 81) ist gesichert, daß auch die örtlichen Räte und die Kommissionen unter der Suprematie dieser Partei stehen.

7 b) Voraussetzung für die Wahl zu den Räten ist das passive Wahlrecht zu den örtlichen Volksvertretungen (Art. 22 Abs. 2). Weitere zwingende Voraussetzungen werden nicht gestellt. Jedoch erfordern manche Ämter eine fachliche Qualifikation, etwa die des Bezirksarztes oder des Kreisarztes (s. Rz. 31-35 zu Art. 83). Es ist auch nicht zwingend vorgeschrieben, daß die Mitglieder der Räte Abgeordnete der örtlichen Volksvertretungen sind. Es besteht dazu lediglich eine Sollvorschrift (Art. 83 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 2 Satz 3 GöV). Die frühere Regelung (Abschnitt I Ziffer 7 b der Ordnungen von 19614), derzufolge in dem Falle, in dem ein Bürger zum Mitglied des Rates gewählt wird, der nicht Abgeordneter der örtlichen Volksvertretung ist, die ihn wählt, dieser die Rechte und Pflichten eines Abgeordneten dieser Volksvertretung erhält, kennt das GöV nicht.

8 c) Voraussetzung für die Wahl zu den Kommissionen ist das passive Wahlrecht zu den örtlichen Volksvertretungen (Art. 22 Abs. 2). Die Mitglieder der Kommissionen sind von der Volksvertretung gewählte Abgeordnete und Nachfolgekandidaten sowie von der Volksvertretung berufene Bürger. Letztere haben in den Kommissionen die gleichen Rechte und Pflichten wie die Abgeordneten und Nachfolgekandidaten.
(Wegen der Einzelheiten s. Rz. 72 und 74 zu Art. 83).

9 d) Die Wahl zu den Räten und den ständigen Kommissionen (s. Rz. 71 zu Art. 83) erfolgt auf die Dauer der Wahlperiode der Volksvertretungen auf deren konstituierenden Tagungen.


3. Abberufung

10 Die Verfassung enthält keine Bestimmung darüber, daß die Mitglieder der Räte und der Kommissionen von den Volksvertretungen ihre Stufe abberufen werden können. Indessen ergibt sich aus der grundsätzlichen Stellung der Räte als vollziehende und verfügende Organe und daraus, daß sie den Volksvertretungen ihrer Stufe verantwortlich sind (s. Rz. 26—29 zu Art. 83), daß eine Abberufung möglich ist.

III. Die örtlichen Räte

1. Stellung

11 Art. 83 Abs. 2 Satz 1 legt die Stellung der örtlichen Räte zweifach fest. Sie haben auf die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen einzuwirken und sind die vollzie-hend-verfügenden Organe in ihrem Territorium. »Die rechtliche Stellung der örtlichen Räte ist Ausdruck der spezifischen Funktion der Räte im Staatsaufbau der DDR: Sie sind ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung der Einheit und Geschlossenheit von Vertretungssystem und Staatsapparat« (Wilhelm Hafemann/Dieter Hösel, Zur Verantwortung der örtlichen Räte ..., S. 805). »Die im GöV fixierten Aufgaben, Rechte und Pflichten der örtlichen Räte entsprechen dieser spezifischen Funktion. Sie umfassen im Grunde genommen zwei Komplexe, die jedoch eine Einheit bilden und sich wechselseitig bedingen. Erstens haben die örtlichen Räte umfangreiche Aufgaben, Rechte und Pflichten bei der Entfaltung der Tätigkeit der Volksvertretungen als arbeitende Körperschaften wahrzunehmen. Zweitens erfüllen sie umfangreiche Aufgaben als vollziehend-verfügende Organe« (Wilhelm Hafemann/Dieter Hösel, a.a.O.). Die beiden eine Einheit bildenden Komplexe führen zu einer Dominanz der örtlichen Räte gegenüber ihren Volksvertretungen. Das ergibt sich aus den Aufgaben, die die örtlichen Räte in bezug auf die Tätigkeit der Volksvertretungen zu erfüllen haben:
a) Die Tagungen der örtlichen Volksvertretungen sind von den Räten gründlich vorzubereiten (§ 8 Abs. 4 Satz 2 GöV).
b) Die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen sind durch die Räte gründlich vorzubereiten (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GöV).
c) Die Tagungen der örtlichen Volksvertretungen werden von den Räten einberufen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 GöV).
d) Ständiges Mitglied der Tagungsleitung ist der Vorsitzende des Rates bzw. der Oberbürgermeister oder Bürgermeister (§ 6 Abs. 3 Satz 3 GöV).

12 Demgegenüber ist die Stellung der örtlichen Volksvertretungen, ihrer Kommissionen und Abgeordneten nur schwach. Die Räte haben weitreichende Kompetenzen (s. Rz. 17-22 zu Art. 83), so daß sie insoweit auf eine Zustimmung der Volksvertretungen nicht angewiesen sind. Im übrigen sollen sie zwar bei der Vorbereitung der Tagungen und der Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen mit den Kommissionen »Zusammenwirken« (§§ 8 Abs. 4 Satz 2, 5 Abs. 3 Satz 1 GöV). Bindende Beschlüsse dürfen die Kommissionen aber nicht fassen (s. Rz. 82 zu Art. 83), so daß sie allenfalls konsultativ tätig werden können. Empirische Untersuchungen, die in der Zeitschrift »Staat und Recht« veröffentlicht wurden (Wilhelm Hafemann/Dieter Hösel, Zur Verantwortung der örtlichen Räte ..., S. 808/809), ergaben, daß insgesamt die in den Bestimmungen des GöV liegenden Möglichkeiten für die Erhöhung der Wirksamkeit der Kommissionen »noch« nicht genügend genutzt würden. Die Verantwortlichkeit und die Rechenschaftspflicht gegenüber den örtlichen Volksvertretungen (§ 8 Abs. 1 GöV) erschöpfen sich im Formalen, weil die Räte es wegen des Einberufungsrechts in der Hand haben zu bestimmen, wann und wie diesen Verpflichtungen nachgekommen wird. Dazu kommt die homogene Zusammensetzung der örtlichen Volksvertretungen unter der Suprematie der SED, ohne deren Willen praktische Konsequenzen aus der Verantwortlichkeit und der Rechenschaftspflicht nicht gezogen werden können. Die homogene Zusammensetzung der örtlichen Volksvertretungen macht die Ausübung des Selbstversammlungsrechts auf Forderung einer Minderheit von einem Drittel der Abgeordneten (§ 6 Abs. 2 Satz 2 GöV) unmöglich.
Wie auf oberster Stufe der Ministerrat über die Volkskammer (s. Rz. 22-27 zu Art. 76), dominieren die örtlichen Räte über die örtlichen Volksvertretungen. Sie sind in den Territorien die faktisch mächtigsten Organe.


2. Aufgabenbereich und Zuständigkeit

13 Der Aufgabenbereich sowie die örtliche, personelle und sachliche Zuständigkeit der örtlichen Räte ergeben sich aus den Bestimmungen für die örtlichen Volksvertretungen.

14 a) Nach dem GöV (§ 8 Abs. 4 Satz 1) leiten die Räte »den staatlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufbau in ihrem Verantwortungsbereich«. Um die formelle Abhängigkeit von den örtlichen Volksvertretungen zu betonen, soll das »im Auftrag der Volksvertretungen« und »auf der Grundlage der Beschlüsse der Volksvertretung« geschehen. Gleichzeitig wird jedoch auch die Einordnung in den Staatsaufbau und damit die Unterordnung unter die zentralen und übergeordneten Organe bestimmt, wenn es zusätzlich heißt, daß die Leitung ihre Grundlage auch in den Beschlüssen der übergeordneten Staatsorgane haben soll (doppelte Unterstellung s. Rz. 26-29 zu Art. 83).

15 b) Die örtlichen Räte sind für die Funktionstüchtigkeit des Staatsapparates in personeller und sachlicher Hinsicht verantwortlich. In ihrer Verantwortlichkeit für die »klassenmäßige Stärkung der örtlichen Staatsorgane« haben sie dafür Sorge zu tragen, daß für verantwortungsvolle Tätigkeiten in den örtlichen Staatsorganen befähigte Bürger, insbesondere aus der Arbeiterklasse gewonnen, rechtzeitig vorbereitet und eingesetzt werden.
Dabei haben die Leiter der Betriebe und Einrichtungen sie zu unterstützen. Die örtlichen Räte sind für die »sozialistische Erziehung und Weiterbildung der Kader« verantwortlich (Verantwortlichkeit für die »Kaderpolitik«, § 13 Abs. 1 Sätze 1, 2, 3 und 5 GöV). Ferner haben die örtlichen Räte die Rationalisierung der Verwaltungsarbeit mit dem Ziel zu organisieren, ihre Aufgaben mit hoher Effektivität zu erfüllen, die Mitwirkung der Bürger an der Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen zu fördern und die unbürokratische Bearbeitung der Anliegen und Anträge der Bürger zu sichern. Sie sind verantwortlich für die Durchsetzung einer wissenschaftlichen Arbeitsorganisation, die exakte Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die Anwendung moderner Mittel und Methoden in der Leitungstätigkeit sowie die Senkung des Verwaltungsaufwandes.
Dabei haben sie mit den Gewerkschaftsleitungen (BGL in den Staatsorganen) zusammenzuarbeiten. Einzelheiten zum Letztgenannten ergeben sich aus dem AGB [§§ 17 Abs. 2, 22 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (AGB) v. 16.6.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 185)] (Verantwortlichkeit für die Arbeit des Staatsapparates, § 13 Abs. 2 GöV).

16 c) Die Bedeutung des Aufgabenbereiches ergibt sich aus folgendem:
»Die örtlichen Räte verwalten etwa 37,5% der volkseigenen Grundfonds. Dazu gehören die örtlich geleiteten Betriebe des Bauwesens und des Verkehrs. Sie leiten und planen nahezu die gesamte landwirtschaftliche Produktion. Sie sind verantwortlich für die kontinuierliche, stabile und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung und für die örtliche Versorgungswirtschaft. Die örtlichen Räte verwalten fast alle staatlichen Mittel für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Wohnraumsub-stanz, 75% der Mittel für das Bildungswesen, mehr als 60% der Mittel für das Gesundheits- und Sozialwesen und fast 70% der Mittel für Sport, Kultur und Erholung; sie sind zuständig für die Pflege und Unterhaltung der Oberschulen, der meisten Bibliotheken, Theater, Kinos und Museen, einer ständig steigenden Zahl von Kinderkrippen und -gärten, vieler Klubs und Kulturhäuser, Polikliniken, Ambulatorien und Krankenhäuser, Sportanlagen, Bäder und zahlreicher anderer der Erholung der Bürger dienender Einrichtungen.« (Dieter Hösel/Gerhard Schulze, Zur Verantwortung der örtlichen Räte, S. 867)


3. Kompetenzen

17 Die Verfassung sagt über die Kompetenzen der örtlichen Räte nichts aus. Die Regelung ist der einfachen Gesetzgebung überlassen.

18 a) Sie ist hinsichtlich von Entscheidungen im GöV erfolgt (§ 8 Abs. 5 Satz 1). Danach haben die Räte das Recht, auf der Grundlage der Rechtsvorschriften und der Beschlüsse der Volksvertretung über alle Angelegenheiten, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen, zu entscheiden, soweit nicht die ausschließliche Kompetenz der Volksvertretung gegeben ist. Damit ist die Entscheidungskompetenz der Räte nur in den wenigen Fragen ausgeschlossen, in denen nach dem GöV (§ 7 Abs. 1 und 2) eine ausschließliche Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen gegeben ist (s. Rz. 49 und 51, 52 zu Art. 81).
Ausschließliche Kompetenzen der örtlichen Räte gibt es nicht. Es gibt nur im Verhältnis zu den örtlichen Volksvertretungen konkurrierende Kompetenzen. Den Räten ist es also möglich, jede Frage der Volksvertretung zur Entscheidung vorzulegen, wenn sie diese selbst, aus welchen Gründen auch immer, nicht treffen wollen. Mit ihren Beschlußvorlagen präjudizieren die Räte aber auch in solchen Fällen die Entscheidung der Volksvertretung. Denn die Beschlußvorlage enthält keine Alternative, und eine Abstimmungsniederlage des Rates ist in Anbetracht der Machtstruktur in der DDR nicht denkbar.

19 b) In die Kompetenz der Räte fällt ferner die Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der nachgeordneten Räte bei der Durchführung ihrer Aufgaben. Sie haben sich dabei »auf die Vermittlung der fortgeschrittensten Erfahrungen und die sachkundige Hilfe bei ihrer Anwendung zu konzentrieren« (§11 Abs. 1 GöV).

20 c) Die übergeordneten Räte haben gegenüber den Beschlüssen der nachgeordneten Räte das Aufhebungsrecht. Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 5 zu § 8) kann das geschehen, wenn die Beschlüsse der nachgeordneten Räte »gegen allgemeinverbindliche gesetzliche Bestimmungen verstoßen oder wenn sie sich für die Lösung der gestellten Aufgabe als ungeeignet erweisen und der betreffende Rat nicht bereit ist, den Beschluß selbst aufzuheben«. Der übergeordnete Rat kann also stets sein Ermessen an die Stelle des Ermessens eines nachgeordneten Rates setzen. Er führt die Fachaufsicht über die nachgeordneten Räte.

21 d) Die örtlichen Räte sind kompetent zur Berufung der Leiter der unterstellten Betriebe und Einrichtungen und anderer leitender Mitarbeiter entsprechend den festgelegten Nomenklaturen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 GöV).

22 e) Die Räte werden als Rechtsträger von Volkseigentum für die von ihnen und von ihren nicht rechtsfähigen Einrichtungen genutzten und bewirtschafteten Grundstücken in das Grundbuch eingetragen.


4. Arten der Beschlüsse

23 Die Entscheidungen der örtlichen Räte ergehen als Beschlüsse. Das Lehrbuch »Verwaltungsrecht« (S. 238) weist darauf hin, daß diese in ihrem Inhalt sehr vielseitig sind (s. auch Rz. 8 zu Art. 82). Die Mehrzahl von ihnen ist aufgabenstellender Natur, setzt Ziele und Aufgaben, die die sozialistische Gesellschaft insgesamt oder in dem einen oder anderen Zweig, Bereich oder Territorium innerhalb eines kürzeren oder längeren Zeitraumes erreichen bzw. lösen will. Sie richtet sich entweder an eine Vielzahl von Adressaten oder an einige wenige, manchmal auch an einen einzelnen. Sie enthält Gebote, deren Verletzung in der Regel staatliche Sanktionen nach sich zieht (a.a.O., S. 228/ 229). Beispiele sind Beschlüsse zur Vorbereitung und Durchführung von Plänen. Beschlüsse örtlicher Räte können aber auch normative, das heißt allgemeinverbindliche Regelungen enthalten, z. B. Gebührenordnungen, Badeordnungen, Ordnungen für die Nutzung von Erholungsgebieten, Friedhofsordnungen u.ä. (a.a.O., S. 238). Beschlüsse örtlicher Räte können auch Einzelentscheidungen (Verwaltungsakte) sein, z. B. die Berufung des Leiters eines unterstellten Betriebes oder einer unterstellten Einrichtung.


5. Beschlußfassung

24 a) Art. 83 Abs. 2 Satz 3, wonach der (örtliche) Rat ein kollektiv arbeitendes Organ ist, wird durch das GöV (§ 8 Abs. 3) aufgenommen und ergänzt. Danach ist für die kollektive Tätigkeit, die Vorbereitung der Beschlüsse und deren Durchführung jedes Mitglied des Rates gegenüber der Volksvertretung und dem Rat persönlich verantwortlich.
Die Entscheidungen des Rates werden also von allen Mitgliedern getragen, auch wenn einzelne, was sicher eine Seltenheit ist, einem Beschluß nicht zugestimmt haben sollten. Die Parallele zu Art. 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 hinsichtlich der Arbeitsweise des Ministerrates und der Verantwortlichkeit seiner Mitglieder (s. Rz. 3 und 4 zu Art. 80) liegt auf der Hand. Die kollektive Arbeit des Rates schließt auch hier eine hervorgehobene Stellung des Vorsitzenden nicht aus (s. Rz. 40-45 zu Art. 83).

25 b) Der neuen Deutung des Strukturprinzips des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 13 zu Art. 2) wurde auch im Verhältnis der Räte untereinander insofern Rechnung getragen, als nach dem GöV (§11 Abs. 2) der Rat die nachgeordneten Räte in die Vorbereitung von Entscheidungen, die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung im Verantwortungsbereich der nachgeordneten Räte haben, einbeziehen soll. Der Ministerrat hat die Räte der Bezirke in die Ausarbeitung solcher Beschlüsse einzubeziehen, die die materiellen, sozialen und kulturellen Erfordernisse ihrer Territorien berühren (§ 9 Abs. 1 Satz 2, s. Rz. 26 zu Art. 78). Im Gegensatz zur Einbeziehung nachgeordneter örtlicher Volksvertretungen in die Beschlußfassung übergeordneter Volksvertretungen (s. Rz. 23 zu Art. 82) soll die Einbeziehung nachgeordneter Räte in zunehmendem Maße die Praxis der örtlichen Räte bestimmen (Wilhelm Hafemann/Dieter Hösel, Zur Verantwortung der örtlichen Räte ..., S. 810). Trotzdem brachten die angestellten Untersuchungen nur bescheidene Ergebnisse. Nach ihnen (a.a.O.) sollen im Zeitraum von 18 Monaten die Räte von Städten durchschnittlich siebenmal, die Räte von Stadtkreisen sechsmal und die Räte von Landkreisen viermal in die Vorbereitung von Entscheidungen übergeordneter Räte einbezogen worden sein. »Im Vordergrund stand dabei die Mitwirkung an der Ausarbeitung langfristiger Konzeptionen fiiir die Lösung komplexer Aufgaben.«


6. Doppelte Unterstellung

26 a) Art. 83 Abs. 2 Satz 2 verankert konstitutionell die doppelte Unterstellung der Räte (s. Rz. 11 und 13 zu Art. 47) unter die Volksvertretung ihrer Stufe und den jeweils übergeordneten Rat. Warum im Verhältnis zur Volksvertretung der Begriff »verantwortlich«, im Verhältnis zu dem jeweils höheren Rat der Begriff »rechenschaftspflichtig« verwendet wird, ist unklar. Denn die Rechenschaftspflicht gewährleistet die Verantwortung (s. Rz. 5-9 zu Art. 88). Das GöV (§ 8 Abs. 1) ist dagegen eindeutig. Danach sind die Räte ihrer Volksvertretung und dem übergeordneten Rat für ihre Tätigkeit verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

27 b) In das System der doppelten Unterstellung sind auch die Räte der Bezirke im Verhältnis zum Ministerrat einbezogen. Der Ministerrat steht an der Spitze der von den Räten gebildeten Pyramide. Er wird indessen nicht nur gegenüber den Räten der Bezirke tätig, sondern gegenüber der Gesamtheit der Räte. Nach dem GöV (§ 9 Abs. 1 Satz 1) ist der Ministerrat nicht nur für die Anleitung und Kontrolle der Räte der Bezirke verantwortlich, sondern hat ganz allgemein »das einheitliche Wirken der örtlichen Räte zur Verwirklichung der Politik des sozialistischen Staates« zu sichern. Ferner hat der Ministerrat »zur Herbeiführung der Übereinstimmung der territorialen und der zweiglichen Entwicklung das Zusammenwirken der zentralen Staatsorgane und der Räte der Bezirke« zu sichern und grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Die Staatliche Plankommission organisiert in seinem Auftrag, »daß bei der Ausarbeitung der Pläne der Zweige und Territorien deren Übereinstimmung herbeigeführt wird, und kontrolliert die Berücksichtigung der territorialen Erfordernisse bei der Plandurchführung«.

28 c) Ausdruck der doppelten Unterstellung ist die Anleitung der nachgeordneten Räte, deren Unterstützung und Kontrolle durch den übergeordneten Rat vom Bezirk abwärts (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GöV, s. Rz. 19 zu Art. 83), ferner die Kompetenz zur Aufhebung von Beschlüssen der nachgeordneten Räte durch den übergeordneten Rat, welche auch dem Ministerrat zusteht [§ 8 Abs. 5 Satz 2 GöV, § 8 Abs. 4 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (MinRG) v. 16.10.1972 (GBl. DDR Ⅰ 1972, S. 253), s. Rz. 14 zu Art. 78].

29 d) Wegen der Dominanz der Räte über die Volksvertretungen ihrer Stufe (s. Rz. 11,12 zu Art. 83) hat in der doppelten Unterstellung der Räte die Unterstellung unter die jeweils übergeordneten Räte bis hinauf zum Ministerrat das weitaus größere Gewicht. Insbesondere die Anleitung und Kontrolle, aus der mittels des Aufhebungsrechts Folgerungen gezogen werden können, sind wirksame Instrumente zur Durchsetzung des zentralen Willens. (Wegen der Verstärkung des Unterstellungsverhältnisses durch das Weisungsrecht der Vorsitzenden der Räte s. Rz. 43 zu Art. 83, durch die Unterstellung der Fachorgane s. Rz. 58 zu Art. 83).


7. Zusammensetzung

30 a) Die Verfassung überläßt die Regelung über die Zusammensetzung der örtlichen Räte der einfachen Gesetzgebung. Generell bestimmt das GöV (§ 8 Abs. 2 Sätze 1 und 2), daß die Räte aus dem Vorsitzenden des Rates, dem Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden, den Stellvertretern des Vorsitzenden, dem Sekretär und den Mitgliedern bestehen. In den Städten und Gemeinden soll sich die Zusammensetzung der Räte nach der Größe der Stadt bzw. Gemeinde richten. Einzelheiten regelt der Beschluß über die Zusammensetzung der Räte der örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik - Auszug - v. 28.2.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 189).

31 b) Der Rat des Bezirkes setzt sich danach zusammen aus:
- Vorsitzender des Rates
- Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates und Vorsitzender der Bezirksplankommission
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für bezirksgeleitete Industrie, Lebensmittelindustrie und örtliche Versorgungswirtschaft und Vorsitzender des Wirtschaftsrates des Bezirks [§ 2 Abs. 2 Satz 1
Statut des Ministeriums für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie - Beschluß des Ministerrates v. 12.2.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 146)]
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates und Produktionsleiter für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Inneres
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Handel und Versorgung
- Sekretär des Rates Mitglied des Rates:
- für Finanzen und Preise
- Bezirksbaudirektor
- für Wohnungspolitik
- für Arbeit und Löhne
- für Verkehrs- und Nachrichtenwesen
- für Umweltschutz und Wasserwirtschaft
- Bezirksschulrat
- für Kultur
- für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
- Bezirksarzt.
Der Rat des Bezirkes umfaßt in der Regel 18 hauptamtliche Mitglieder. Der Rat des Bezirkes kann in begründeten Fällen unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Bedingungen sowie bisher bewährter Regelungen nach Zustimmung des Vorsitzenden des Ministerrates im Rahmen des Stellenplans beschließen:
- Abweichungen von der Zusammensetzung des Rates und der Anzahl seiner Mitglieder;
- Mitglieder des Rates zu Stellvertretern des Vorsitzenden des Rates zu berufen;
- die Leitung der örtlichen Versorgungswirtschaft einem Mitglied des Rates zu übertragen;
- über die Zuordnung der Aufgaben auf dem Gebiet des Erholungswesens an ein Mitglied des Rates.

32 c) Der Rat des Landkreises setzt sich zusammen aus:
- Vorsitzender des Rates
- Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates und Vorsitzender der Kreisplankommission
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates und Produktionsleiter für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Inneres
- Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Handel und Versorgung
- Sekretär des Rates Mitglied des Rates:
- für Finanzen und Preise
- Kreisbaudirektor
- für Wohnungspolitik
- für Arbeit
- für örtliche Versorgungswirtschaft
- für Verkehrswesen, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft
- Kreisschulrat
- für Kultur
- für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
- Kreisarzt.
Der Rat des Landkreises umfaßt in der Regel 17 hauptamtliche Mitglieder. Der Rat des Landkreises kann in begründeten Fällen unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Bedingungen sowie bisher bewährter Regelungen im Rahmen des Stellenplanes beschließen:
- Abweichungen von der Zusammensetzung des Rates und der Anzahl seiner Mitglieder;
- Mitglieder des Rates zu Stellvertretern des Vorsitzenden des Rates zu berufen;
- über die Zuordnung der Aufgaben auf dem Gebiet des Erholungswesens an ein Mitglied des Rates.
Die Entscheidungen bedürfen der Bestätigung durch den Rat des Bezirkes.

33 d) Der Rat des Stadtkreises setzt sich zusammen aus:
- Oberbürgermeister und Vorsitzender des Rates der Stadt
- Erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters
- Stellvertreter des Oberbürgermeisters und Vorsitzender der Stadtplankommission
- Stellvertreter des Oberbürgermeisters für Inneres
- Stellvertreter des Oberbürgermeisters für Handel und Versorgung
- Sekretär des Rates Stadtrat:
- für Finanzen und Preise
- Stadtbaudirektor
- für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft
- für Arbeit
- für örtliche Versorgungswirtschaft
- für Verkehrs- und Nachrichtenwesen
- für Umweltschutz und Wasserwirtschaft
- Stadtschulrat
- für Kultur
- für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
- Kreisarzt.
Für die Zahl der Mitglieder und das Beschlußfassungsrecht gilt dasselbe wie für den Rat des Landkreises.

34 e) In den Stadtkreisen mit Stadtbezirken setzt sich der Rat des Stadtbezirkes zusammen aus:
- Stadtbezirksbürgermeister und Vorsitzender des Rates des Stadtbezirks
- Erster Stellvertreter des Stadtbezirksbürgermeisters
- Stellvertreter des Stadtbezirksbürgermeisters für Planung
- Stellvertreter des Stadtbezirksbürgermeisters für Inneres
- Stellvertreter des Stadtbezirksbürgermeisters für Handel und Versorgung
- Sekretär des Rates Stadtbezirksrat:
- für Finanzen und Preise
- Stadtbezirksbaudirektor
- für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft
- für örtliche Versorgungswirtschaft
- Stadtbezirksschulrat
- für Kultur
- für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
- Stadtbezirksarzt.
Der Rat des Stadtbezirks kann bis zu 14 hauptamtliche Mitglieder umfassen.
Der Rat des Stadtbezirks ist berechtigt, ausgehend von der einheitlichen Stadtentwicklung sowie unter Beachtung der zu lösenden Aufgaben, der Größe und der Einwohnerzahl der Stadtbezirke, Abweichungen von der Zusammensetzung des Rates des Stadtbezirks und der Anzahl seiner Mitglieder im Rahmen des Stellenplanes des Stadtkreises zu beschließen. Der Vorsitzende des Rates des Bezirkes ist darüber zu informieren.
In Berlin (Ost) beschließt der Magistrat über die Zusammensetzung der Räte der Stadtbezirke.
Entsprechend den gegenwärtigen Regelungen in den Stadtbezirken können Mitglieder des Rates als Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates berufen werden.
Die Aufgaben auf dem Gebiet des Erholungswesens sind einem Mitglied des Rates zuzuordnen.

35 f) Der Rat der kreisangehörigen Stadt bei einer Bevölkerungszahl von über 20 000 Einwohnern setzt sich zusammen aus:
- Bürgermeister und Vorsitzender des Rates
- Stellvertreter des Bürgermeisters für Planung
- Stellvertreter des Bürgermeisters für Inneres
- Stellvertreter des Bürgermeisters für Handel und Versorgung
- Sekretär des Rates Stadtrat:
- für Finanzen und Preise
- Stadtbaudirektor
- für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft
- für örtliche Versorgungswirtschaft
- für Verkehrswesen, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft
- für Kultur
- für Jugendfragen, Körperkultur und Sport
- für Gesundheits- und Sozialwesen.
Der Rat der kreisangehörigen Stadt bei einer Bevölkerungszahl von über 20 000 Einwohnern kann bis zu 13 Mitglieder umfassen. Die Aufgaben auf dem Gebiet des Erholungswesens sind einem Mitglied des Rates zuzuordnen.
Ausgehend von den konkreten örtlichen Bedingungen und unter Beachtung der gegenwärtigen Regelungen kann der Rat der Stadt Abweichungen von der Zusammensetzung des Rates der Stadt und der Anzahl seiner Mitglieder festlegen. Sie bedürfen der Bestätigung durch den Rat des Kreises im Rahmen des Stellenplanes.

36 g) Die Räte der Städte mit einer Bevölkerungszahl unter 20 000 Einwohnern sowie die Räte der Gemeinden erarbeiten ausgehend von den zu lösenden Aufgaben, der Einwohnerzahl und den anderen konkreten örtlichen Bedingungen unter Beachtung der für die Städte mit über 20 000 Einwohnern festgelegten Rahmenregelung ihren Vorschlag für die Zusammensetzung des Rates der Stadt bzw. der Gemeinde und lassen ihn vom Rat des Kreises bestätigen.
Die Räte der Städte mit einer Bevölkerungszahl unter 20 000 Einwohnern sowie die Räte der Gemeinden umfassen bis zu 13 Mitglieder (einschließlich der ehrenamtlichen Mitglieder). In den Städten aller Größen und in den Gemeinden können entsprechend den gegenwärtigen Regelungen Mitglieder des Rates als Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates berufen werden.

37 h) In Abhängigkeit von den konkreten örtlichen Verhältnissen, vor allem den politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Aufgaben, können Mitglieder der Räte der Bezirke, der Stadt- und Landkreise, der Stadtbezirke sowie der Räte der Städte und Gemeinden, insbesondere bei unter 20 000 Einwohnern, auch ehrenamtlich tätig sein. In kleineren Gemeinden bis etwa 300 Einwohnern können ehrenamtliche Bürgermeister gewählt werden. Die Entscheidung ist durch den Rat des Kreises zu treffen.

38 i) Zu beachten ist, daß den örtlichen Volksvertretungen kein Einfluß auf die Zusammensetzung der örtlichen Räte eingeräumt wird, obwohl sie die Räte zu wählen haben. Nur die Räte selbst können über Abweichungen befinden, bedürfen aber dazu der Bestätigung eines übergeordneten Organs. Eine Ausnahme macht nur die Abweichung in der Zusammensetzung des Rates des Stadtbezirks. Dabei genügt unter Ausschaltung des Rates des Stadtkreises die Information des Vorsitzenden des Rates des Bezirks. Ein Grund dafür ist nicht erkennbar.

39 j) In Berlin (Ost) führt das vollziehend-verfügende Organ der Stadtverordnetenversammlung die traditionelle Bezeichnung »Magistrat«, ohne daß dieses im GöV festgelegt ist. Der Vorsitzende führt die Amtsbezeichnung »Oberbürgermeister«. Dieser ist, freilich ohne daß es normativ gefordert wird, Mitglied des Ministerrates (s. Rz. 19 zu Art. 79).


8. Die Vorsitzenden der Räte

40 Innerhalb der örtlichen Räte als kollektiv arbeitende Organe (Art. 83 Abs. 2 Satz 3, § 8 Abs. 3 Satz 1 GöV) haben die Vorsitzenden eine hervorgehobene Stellung. Es besteht eine Parallele zur Stellung des Vorsitzenden des Ministerrates (s. Rz. 19-22 zu Art. 80).

41 a) Die Vorsitzenden leiten die örtlichen Räte (§ 10 Abs. 1 Satz 1 GöV). Auch hier bedeutet »Leitung« nicht nur die Führung des Vorsitzes in den Ratssitzungen, sondern die Einflußnahme auf die Arbeit der örtlichen Räte. So sind die Vorsitzenden der örtlichen Räte dafür verantwortlich, »daß die Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse, die Gesetze der Volkskammer und die Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates sowie die Beschlüsse der übergeordneten Volksvertretungen und ihrer Räte ausgewertet und der gesamten Arbeit zugrundegelegt werden« (10 Abs. 1 Satz 2 GöV). Außerdem haben sie die kollektive Arbeit der Räte zu gewährleisten (§ 10 Abs. 1 Satz 3 GöV). Schließlich sind sie für die Arbeit mit den Vorsitzenden der Kommissionen der Volksvertretungen verantwortlich (§ 10 Abs. 1 Satz 5 GöV). Diesen Verantwortlichkeiten könnten die Vorsitzenden der örtlichen Räte nicht nachkommen, wenn sie nicht maßgebenden Einfluß auf die Tätigkeit der örtlichen Räte ausüben könnten.

42 b) Den Vorsitzenden der örtlichen Räte obliegt die Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der nachgeordneten Räte (§ 11 Abs. 3 Satz 1 GöV). Nimmt man hinzu, daß der Vorsitzende des Ministerrates für die Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der Räte der Bezirke verantwortlich ist (§11 Abs. 3 Satz 3 GöV, § 12 Abs. 5 Satz 1 Ministerratsgesetz von 1972), so ergibt sich eine Linie von dorther bis zum Vorsitzenden des Rates der kleinsten Gemeinde (Bürgermeister).

43 c) Die Leitung des eigenen Rates wird durch das Weisungsrecht und das Recht der Kontrolle über die Durchführung gewährleistet. Diese Rechte bestehen gegenüber den Mitgliedern der Räte, den Leitern der Fachorgane der Räte und den Leitern der den Räten unterstellten Betriebe und Einrichtungen (§ 10 Abs. 1 Satz 4 GöV). Zur Durchsetzung von Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der nachgeordneten Räte haben die Vorsitzenden der Räte auch diesen gegenüber ein Weisungsrecht (§ 11 Abs. 3 Satz 2). Der Vorsitzende des Ministerrates hat das Weisungsrecht gegenüber den Vorsitzenden der Räte der Bezirke (§ 11 Abs. 3 Satz 3 GöV, § 12 Abs. 5 Satz 2 Ministerratsgesetz von 1972). Weisungen sind verbindliche Festlegungen von staatlichen Leitern, die innerhalb des staatlichen Leitungsprozesses im Rahmen von Unterstellungsverhältnissen (in besonderen Fällen auf Grund ausdrücklicher Ermächtigung auch außerhalb einer Unterstellung) ergehen (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 242/243).
Der Vorsitzende des Ministerrates ist auch berechtigt, Entscheidungen der Vorsitzenden der Räte der Bezirke aufzuheben, die den Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften widersprechen (§ 12 Abs. 6 Ministerratsgesetz von 1972). Den Vorsitzenden der örtlichen Räte steht zwar dieses Recht gegenüber den Vorsitzenden der nachgeordneten Räte nicht ausdrücklich zu. Es dürfte aber im Weisungsrecht enthalten sein, obwohl auffällig ist, daß es im GöV im Gegensatz zum Ministerratsgesetz von 1972 nicht besonders formuliert ist.
Auf jeden Fall kann aber durch Weisung der Vollzug der Entscheidung des Vorsitzenden eines nachgeordneten Rates verhindert werden. Der GöV-Kommentar (Anm. 3 zu § 11) hebt ausdrücklich hervor, daß das GöV bezüglich des Weisungsrechts des Vorsitzenden keine Abgrenzung vornimmt.

44 d) Die Vorsitzenden der Räte sind Disziplinarbefugte für die Mitglieder der örtlichen Räte [§ 18 Verordnung über die Pflichten, die Rechte und die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter in den Staatsorganen v. 19.2.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S. 163)].

45 e) Es ergibt sich also, daß die Linie vom Vorsitzenden des Ministerrates abwärts bis zum Bürgermeister der kleinsten Gemeinde eine Weisungs-(Befehls)linie ist. Diese durchzieht das Unterstellungsverhältnis innerhalb der Pyramide der Räte und verstärkt dieses.


9. Die Sekretäre der Räte

46 Die Sekretäre der Räte sind für die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Räte verantwörtlich. Sie sollen nicht nur die technischen Gehilfen des Vorsitzenden sein, sondern vor allem die Arbeit der Organe und Einrichtungen des Rates ständig kontrollieren und aufeinander abstimmen. Sie müssen deshalb einen genauen Überblick über die Arbeit des Rates und aller seiner Fachorgane haben (Hans-Ulrich Hochbaum, Die Rechtsstellung ..., S. 44 ff.). Sie haben die Sitzungen der örtlichen Volksvertretungen und der Kommissionen vorzubereiten. Für die Sitzungen des Rates haben sie die Beschlußvorlagen in formeller Hinsicht zu überprüfen. Sie nehmen also eine Schlüsselposition im Rat ein. Die Sekretäre haben auch die Öffentlichkeitsarbeit der Räte zu organisieren und zu koordinieren (GöV-Kommentar, Anm. 2.2. zu § 10).


10. Die Stellvertreter des Vorsitzenden und die Mitglieder der Räte

47 a) Die Stellvertreter des Vorsitzenden und die anderen Mitglieder der Räte leiten die ihnen vom Rat übertragenen Aufgabengebiete (§ 10 Abs. 2 Satz 1 GöV). Nicht die Volksvertretungen bestimmen also, welches Aufgabengebiet die von ihnen gewählten Stellvertreter des Vorsitzenden und Mitglieder der Räte zu betreuen haben, sondern das ist Sache der Räte. Die »Berufung in die Funktion« wird also auch nicht, wie auf der Stufe des Ministerrates (§ 10 Abs. 4 Ministerratsgesetz von 1972, s. Rz. 28 zu Art. 79), durch den Vorsitzenden vorgenommen.

48 b) Die Stellvertreter des Vorsitzenden und die Mitglieder der Räte haben die Aufgabe, durch ihre Anleitung und Kontrolle zu gewährleisten, daß die zu ihrem Aufgabengebiet gehörenden Fachorgane, Betriebe und Einrichtungen die ihnen übertragene Verantwortung für die Durchführung der Beschlüsse »voll wahrnehmen« (§ 10 Abs. 2 Satz 2 GöV).

49 c) Grundsätzlich sind die Mitglieder der Räte (und Stellvertreter der Vorsitzenden) gleichzeitig Leiter eines Fachorgans. Davon abweichende Entscheidungen trifft der zuständige Rat in Abstimmung mit dem übergeordneten Rat bzw. dem zuständigen Ministerium oder dem anderen zentralen Staatsorgan [Ziffer 5 Beschluß über die Zusammensetzung der Räte der örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik - Auszug - v. 28.2.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 189)].

50 d) Im Rahmen ihrer Kompetenz sind Stellvertreter des Vorsitzenden und Mitglieder der Räte berechtigt, Weisungen zu erteilen (§ 10 Abs. 2 Satz 3 GöV).

51 e) Ferner sind die Stellvertreter des Vorsitzenden und die Mitglieder der Räte verpflichtet, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Sie haben »die Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse, die Gesetze der Volkskammer und die Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates sowie die Beschlüsse der Volksvertretung und des Rates vor den Bürgern zu erläutern und mit ihnen ihre Durchführung zu beraten« (§ 10 Abs. 3 GöV).

52 f) Der Erste Stellvertreter des Vorsitzenden eines örtlichen Rates ist allgemeiner Vertreter des Vorsitzenden bei dessen Verhinderung. Er hat in diesem Falle alle Aufgaben, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden wahrzunehmen (GöV-Kommentar, Anm. 2.2. zu § 10).


11. Die Fachorgane der Räte

53 a) Die Fachorgane der Räte sind die eigentlichen Träger der Verwaltung. Sie werden von den Räten gebildet, die deren Aufgaben festlegen und deren Tätigkeit kontrollieren (§ 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 GöV). Sie sind »Struktureinheiten des Staatsapparates, die im Auftrag der jeweiligen Volksvertretung und des Rates ... spezifische Aufgabengebiete des gesellschaftlichen Lebens im jeweiligen Territorium eigenverantwortlich leiten und planen« (GöV-Kommentar, Anm. 1.1. zu § 12). Bestimmung und Bezeichnung der Aufgabengebiete ergeben sich aus dem Beschluß über die Zusammensetzung der örtlichen Räte vom 28.2.1974 (s. Rz. 30 zu Art. 83). In ihrer staatsorganisatorischen Grundform sind sie »Abteilungen« (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 146).

54 b) Die Fachorgane werden nach dem Prinzip der Einzelleitung bei »kollektiver Beratung der Grundfragen des Aufgabengebietes« geleitet (§12 Abs. 1 Satz 3 GöV). Nach dem Beschluß vom 28.2.1974 (s. Rz. 30 und 49 zu Art. 83) sind die Leiter der Fachorgane Stellvertreter der Vorsitzenden der örtlichen Räte oder deren Mitglieder. Ist eine davon abweichende Entscheidung durch den Rat unter Bestätigung durch den übergeordneten Rat bzw. das zuständige Ministerium oder ein anderes zentrales Staatsorgan getroffen worden, beruft sie der Rat nach Abstimmung mit dem übergeordneten Leiter. Er kann sie auch ebenfalls nach Abstimmung mit dem übergeordneten Leiter abberufen (§ 12 Abs. 3 Satz 4 GöV). Die Berufung und die Abberufung bedürfen der Bestätigung der Volksvertretung der gleichen Stufe (§ 7 Abs. 1 lit. e GöV). Leiter von Fachorganen, die nicht einem Rat angehören, sind einem Ratsmitglied unterstellt.

55 c) Die Räte organisieren mit Hilfe der Fachorgane die Erfüllung ihrer Aufgaben (GöV-Kommentar, Anm. 1.1. zu § 12). Die Fachorgane haben die Beschlüsse der Volksvertretungen und der Räte vorzubereiten, durchzufuhren und zu kontrollieren. Die Vorbereitung soll »wissenschaftlich« begründet werden. Die Erfüllung der Beschlüsse soll gründlich eingeschätzt, fortgeschrittene Erfahrungen sollen ausgewertet und mit den Bürgern wichtige Fragen der Beschlußvorbereitung beraten werden. Die Durchführung der Beschlüsse soll »zielgerichtet« organisiert werden. Mit der Kontrolle soll die Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit sowie die Festigung der Sicherheit und Ordnung gewährleistet werden. Die Leiter der Fachorgane werden dafür verantworlich gemacht, daß die Mitarbeiter (Staatsbediensteten) sich gegenüber den Sorgen und Wünschen der Bürger aufmerksam verhalten und deren Angelegenheiten gewissenhaft und sorgfältig bearbeiten.
Sie haben ferner zu sichern, daß in den festgelegten Fristen eine klare Entscheidung getroffen wird (§ 12 Abs. 2 Sätze 3-7 GöV).

56 d) Die Fachorgane sind die Teile des Staatsapparates, in denen die Mehrzahl der Einzelentscheidungen, z. B. Erteilung von Erlaubnissen und Genehmigungen, Auferlegung von Zahlungs- und sonstigen Verpflichtungen, aber auch Entscheidungen über das Rechtsmittel der Beschwerde, getroffen werden.

57 e) Im Aufträge der Räte verwirklichen die Fachorgane die Anleitung und Kontrolle der den Räten unterstehenden Betriebe und Einrichtungen. In den Beziehungen zu diesen Betrieben und Einrichtungen treten die Leiter der Fachorgane als Beauftragte der Räte auf (GöV-Kommentar, Anm. 2.1. zu § 12). In dieser Eigenschaft sind sie berechtigt, im Rahmen der ihnen übertragenen Kompetenz den Leitern der den Räten unterstehenden Betriebe und Einrichtungen Weisungen zu erteilen (§ 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GöV). Indessen sollen zwischen den staatlichen Organen und den LPG weder Unterstellungs- noch Weisungsverhältnisse bestehen (Reiner Arlt/Rolf Steding, Genossenschaftliche Demokratie und staatliche Leitung der Landwirtschaft, S. 713). Wie diese These freilich mit §§ 41 und 61 GöV im Einklang steht, ist schleierhaft. Denn danach hat u. a. der Rat des Kreises das Aufhebungsrecht gegenüber rechtswidrigen Beschlüssen von Mitgliederversammlungen von LPG, und die Vorsitzenden der LPG bedürfen für Maßnahmen, die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben im Territorium haben, der Zustimmung der Volksvertretungen und - was wichtiger ist - der Räte der Städte und Gemeinden und sind den angeführten Volksvertretungen gegenüber über die Durchführung solcher Maßnahmen rechenschaftspflichtig. In der Praxis werden deshalb die LPG vielfach als unterstellt behandelt (dazu auch a.a.O., S. 712).

58 f) Das GöV verfugte erstmals in der Entwicklung der örtlichen Organe der Staatsmacht die doppelte Unterstellung der Fachorgane. Die Fachorgane unterstehen danach ihrem Rat und dem zuständigen Fachorgan des übergeordneten Rates bzw. dem zuständigen Ministerium oder einem anderen zentralen Staatsorgan. Die übergeordneten Leiter leiten die Fachorgane an, unterstützen sie bei der Durchführung ihrer Aufgaben, vermitteln ihnen fortgeschrittene Erfahrungen und beziehen sie in die Entscheidungsvorbereitung ein. Sie haben das Recht der Kontrolle über die Tätigkeit der Fachorgane (§ 12 Abs. 3 Sätze 1-3 GöV). Schon die Formulierungen des GöV zeigen an, daß sich die Unterstellung unter die übergeordneten Fachorgane stärker auswirken soll als die unter den Rat der gleichen Stufe. Außer der Befehlslinie, die zwischen den Vorsitzenden der Räte vom Vorsitzenden des Ministerrates abwärts besteht, existieren also für die einzelnen Fachbereiche weitere Befehlslinien von den Ministerien und zentralen Staatsorganen abwärts bis zu den Fachorganen auf unterster Stufe. So bestehen weitere Möglichkeiten, den zentralen Willen auch im örtlichen Bereich durchzusetzen. Das GöV macht daraus keinen Hehl, wenn es verfügt (§12 Abs. 3 Satz 5), daß zur Sicherung der einheitlichen staatlichen Leitung die übergeordneten Leiter den Leitern der Fachorgane der örtlichen Räte im Rahmen der ihnen übertragenen Kompetenzen Weisungen erteilen können. Es gibt nur eine Ausnahme: In die von den örtlichen Volksvertretungen beschlossenen Pläne darf mit Weisungen nicht eingegriffen werden (§ 12 Abs. 3 Satz 6 GöV). Eine gewisse, aber nur geringe Abschwächung der zentralistischen Struktur der fachlichen Unterstellung bedeutet die Regelung, derzufolge die Leiter der Fachorgane verpflichtet sind, über erhaltene Weisungen den Vorsitzenden des Rates zu informieren (§ 12 Abs. 3 Satz 7 GöV). Rechtlich besteht dann die Möglichkeit, daß dieser von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht. Praktisch wird er sich vor einem Eingriff hüten, da er den Weisungen des Vorsitzenden des ihm übergeordneten Rates untersteht (s. Rz. 43 zu Art. 83).

59 g) Die Fachorgane sind je nach Größe in Sektoren, Sachgebiete oder Referate unterteilt. Zweilen haben auch Referate die Stellung von Fachorganen, z. B. das Referat Jugendfragen [§ 28 Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 215)] in der Abteilung Volksbildung.

60 h) Fachorgane besonderer Art sind die Wirtschaftsräte des Bezirks. Sie sind keine kollektiv arbeitenden Organe, wie ihre Bezeichnung vermuten ließe. Sie werden vielmehr nach dem Prinzip der Einzelleitung bei kollektiver Beratung der Grundfragen geleitet. Ihre Leiter sind die Stellvertreter der Vorsitzenden der Räte der Bezirke für Bezirksgeleitete Industrie, Lebensmittelindustrie und örtliche Versorgungswirtschaft. Sie unterstehen doppelt dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie und den jeweiligen Räten der Bezirke. Sie sind keine zweigspezialisierten Leitungsorgane wie die Kombinate oder WB. »Sie sind territorial wirtschaftsleitende Organe für Industriebetriebe der verschiedensten Industriezweige des Territoriums, soweit diese nicht in das Zweigleitungssystem eingegliedert sind, d. h. diese Betriebe bilden keinen in sich geschlossenen Industriezweig« (Grundriß »Wirtschaftsrecht«, S. 48). Dem Produktionsprinzip wird insofern Rechnung getragen, als ihre Struktureinheiten nach Wirtschaftszweigen organisiert sind (a.a.O.). Hinsichtlich ihrer rechtlichen Stellung unterscheiden sich die Wirtschaftsräte der Bezirke nicht von den übrigen Fachorganen.

61 i) Wegen der Bezirksplankommissionen s. Rz. 39 zu Art. 9. Die Kreisplankommissionen (s. Rz. 40 zu Art. 9) sind Fachorgane der Kreise und unterstehen den Bezirksplankommissionen.

62 j) Wegen der Bezirksbauämter s. Rz. 55 zu Art. 9. Sie werden von den Bezirksbaudirektoren geleitet. Die Kreisbauämter/Stadtbauämter sind Fachorgane der Land-/Stadtkreise. Sie werden von den Kreisbaudirektoren/Stadtbaudirektoren geleitet.

63 k) Wegen der Räte für landwirtschaftliche Produktions- und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN) und ihren Produktionsleitungen s. Rz. 56, 57 zu Art. 9.

64 l) Keine Fachorgane sind die Organe der örtlichen Räte mit Stabsaufgaben (Instrukteurabteilung, Kaderabteilung, Allgemeine Verwaltung usw.).

65 m) In kreisangehörigen Städten mit geringerer Bevölkerungszahl sowie in Gemeinden gibt es in der Regel keine Fachorgane. Hier übt allein der Vorsitzende des Rates des Kreises das Weisungsrecht gegenüber dem Bürgermeister aus. Die Leiter der Fachorgane der Räte der Kreise dürfen den Bürgermeistern Weisungen nicht geben (Lehrbuch »Verwaltungsrecht«, S. 148).

66 n) Bei einigen Fachorganen bestehen besondere Gremien, die entweder Koordinierungsaufgaben haben (Transportausschüsse bei den Abteilungen Verkehr, Straßenwesen, Wasserwirtschaft) [§ 5 Verordnung über die Leitung, Planung und Zusammenarbeit beim Gütertransport -Transportverordnung (TVO) - v. 28.3.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 233)] oder die Verwaltung unterstützen (Jugendhilfeausschüsse und Jugendhilfekommissionen bei den Referaten Jugendhilfe) [§ 4 Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Jugendhilfe (Jugendhilfeverordnung) v. 3.3.1966 (GBl. DDR ⅠⅠ 1966, S. 215)]. Diese sind nicht Kommissionen der örtlichen Volksvertretungen.

IV. Die Kommissionen

67 Die Verfassung bestimmt lediglich, daß die örtlichen Volksvertretungen Kommissionen zu wählen haben (Art. 83 Abs. 1 Satz 1) und legt in großen Zügen deren Aufgaben fest (Art. 83 Abs. 3). Einzelheiten zu regeln überläßt sie der einfachen Gesetzgebung. Sie enthält das GöV (§§ 14 und 15).


1. Die Bildung der Kommissionen

68 a) Nach dem GöV (§ 14 Abs. 1 Satz 1) bilden die örtlichen Volksvertretungen zur Durchführung ihrer Aufgaben für die Dauer der Wahlperiode ständige Kommissionen sowie für die Lösung zeitlich begrenzter Aufgaben zeitweilige Kommissionen.

69 b) Nach Aufhebung der Richtlinie vom 28. 8. 1957 19(s. Erl. IV 4 zu Art. 83 in der Vorauflage) durch das GöV (§ 74 Abs. 2 Ziffer 7) besteht keine normative Regelung darüber, welche Kommissionen auf den einzelnen Stufen zu bilden sind. Sie werden entsprechend den Aufgaben-(Leitungs)bereichen gebildet. Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 1.1. zu § 14) bestehen Ständige Kommissionen für folgende Aufgabenbereiche:
- Planung und Koordinierung
- Haushalt und Finanzen
- Örtliche Versorgungswirtschaft
- Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft
- Handel und Versorgung
- Bauwesen und Wohnungswirtschaft
- Verkehr und Straßenwesen
- Landeskultur und Wasserwirtschaft
- Sozialistisches Bildungswesen
- Gesundheits- und Sozialwesen
- Kultur/kulturelle Massenarbeit
- Jugendfragen/Körperkultur/Sport
- Ordnung, Sicherheit und sozialistische Wehrerziehung.
In einigen Bezirken gibt es Ständige Kommissionen für territoriale Rationalisierung bei den Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen von Stadtkreisen sowie größeren kreisangehörigen Städten. In Erholungsgebieten wird meist eine Ständige Kommission Erholungswesen gebildet.
In den Stadtbezirken, kreisangehörigen Städten und Gemeinden werden artverwandte Aufgabenbereiche zusammengefaßt, so daß es weniger Ständige Kommissionen gibt.

70 c) Zeitweilige Kommissionen werden nach Bedarf gebildet. »Nach den vorliegenden Erfahrungen führt der Einsatz zeitweiliger Kommissionen für die Lösung komplexer Aufgaben zu guten Resultaten, weil diese Form es gestattet, flexibel und operativ auf bestimmte Probleme zu reagieren« (GöV-Kommentar, Anm. 1.2. zu § 14).

71 d) Die ständigen Kommissionen werden für die Dauer der Wahlperiode der Volksvertretungen auf der konstituierenden Tagung der Volksvertretungen gebildet. Die zeitweiligen Kommissionen werden gebildet, wenn es notwendig erscheint, und beenden ihre Tätigkeit mit der Erfüllung ihrer Aufgabe, spätestens mit dem Ende der Wahlperiode der Volksvertretungen, die sie gebildet haben.

72 e) Die Mitglieder der Kommissionen sind von der Volksvertretung gewählte Abgeordnete und Nachfolgekandidaten sowie von der Volksvertretung berufene Bürger (§ 14 Abs. 2 Satz 1 GöV). Warum die Abgeordneten und Nachfolgekandidaten von den Volksvertretungen »gewählt«, die Bürger aber »berufen« werden, ist unklar. Denn in beiden Fällen hat der Akt der Volksvertretung die gleiche Wirkung. Sowohl die »Gewählten« wie die »Berufenen« werden Mitglieder der Kommissionen, wobei ausdrücklich festgelegt ist, daß die berufenen Mitglieder die gleichen Rechte und Pflichten haben wie die Abgeordneten und die Nachfolgekandidaten (§ 14 Abs. 2 Satz 2 GöV), ferner daß sie wie diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben von der beruflichen Arbeit freizustellen sind, die Löhne und Gehälter ihnen weitergezahlt werden und ihnen keine Einkommensminderung widerfahren darf (§ 14 Abs. 4 GöV). Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Abgeordneten und Nachfolgekandidaten ihr Mandat auf eine »Wahl« durch die Bürger zurückführen können, die berufenen Bürger dagegen nicht. Aber die »Wahl« durch die Bürger erfolgte zur Volksvertretung, nicht zu einer Kommission. Die Mitgliedschaft zu einer Kommission auch der Abgeordneten und Nachfolgekandidaten beruht auf einer Wahl durch die Volksvertretungen, die wie die Berufung von Bürgern ein eigener Akt der Volksvertretungen ist, der mit der Wahl der Volksvertretungen durch die Bürger unmittelbar nichts zu tun hat.

73 f) Über die Zahl der Mitglieder einer Kommission gibt es keine normativen Bestimmungen. Sie steht formal in dem Belieben der Volksvertretungen. Freilich ist anzunehmen, daß es dafür interne Richtlinien gibt. Die Literatur schweigt sich dazu aus.

74 g) Dagegen legt das GöV (§ 14 Abs. 2 Sätze 3 und 4) das Verhältnis von Abgeordneten und Nachfolgekandidaten einerseits und berufenen Bürgern andererseits für die einzelnen Stufen fest. In den Kommissionen der Bezirkstage müssen mindestens zwei Drittel, in den Kommissionen der Kreistage mindestens die Hälfte der Mitglieder Abgeordnete und Nachfolgekandidaten sein. In den Kommissionen der Städte und Gemeinden kann der Anteil der Abgeordneten und Nachfolgekandidaten geringer sein. Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 2 zu § 14) soll bei der Zusammensetzung der Kommissionen darauf geachtet werden, daß ein richtiges Verhältnis zwischen Abgeordneten und Nachfolgekandidaten sowie zwischen Abgeordneten mit langjähriger Erfahrung und erstmals gewählten Abgeordneten besteht und ein entsprechender Anteil von Frauen und Jugendlichen gesichert wird. Mitglieder der Räte dürfen nicht Mitglieder von Kommissionen sein (§ 17 Abs. 1 GöV), weil es zu den Aufgaben der Kommissionen gehört, die Räte zu kontrollieren (GöV-Kommentar, Anm. 1 zu § 17).

75 h) Die Vorsitzenden der Kommissionen müssen Abgeordnete sein. Sie werden nicht von den Kommissionen, sondern von den Volksvertretungen gewählt (§ 14 Abs. 3 GöV).

76 i) Zur Durchführung ihrer Aufgaben können die Kommissionen Aktivs bilden (§ 14 Abs. 5 Satz 1 GöV). Damit werden weitere Bürger in die Arbeit der Kommissionen einbezogen. Sie sollen spezifische Aufgaben der Kommissionen, vor allem auf dem Gebiet der Kontrolle (s. Rz. 79 zu Art. 83), erfüllen. Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 5 zu § 14) haben sich vor allem Aktivs für Preiskontrolle sowie Verkehrssicherheits- und Brandschutzaktivs bewährt. Die Aktivs sind Organe der Kommissionen und werden nur in ihrem Auftrag tätig. Sie werden deshalb von einem Mitglied der Kommission geleitet (§ 14 Abs. 5 Satz 2 GöV).


2. Die Aufgaben der Kommissionen

77 a) Die Kommissionen sind als Organe der Volksvertretungen eine wichtige Organisationsform der Tätigkeit der Volksvertretungen zwischen deren Tagungen. Ihre Tätigkeit gilt als Tätigkeit der Volksvertretungen ebenso wie die Tätigkeit der Räte (s. Rz. 27 zu Art. 81).

78 b) Ihre Aufgaben werden in Art. 83 Abs. 3 allgemein bestimmt: Kontrolle der Durchführung der Normativakte und Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen durch die Räte und deren Fachorgane sowie die Organisation der sachkundigen Mitwirkung der Bürger bei der Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse.

79 c) Das GöV konkretisiert und erweitert zum Teil diese Verfassungssätze. Danach haben die Kommissionen nicht nur die Mitwirkung der Bürger, sondern auch von Vertretern gesellschaftlicher Organisation bei der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse der Volksvertretung zu organisieren (§15 Abs. 1 GöV). Ferner haben sie die Durchführung der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften sowie der Beschlüsse der Volksvertretungen durch die Räte und ihre Fachorgane sowie durch die Betriebe, Kombinate, Genossenschaften und Einrichtungen im Verantwortungsbereich der Volksvertretungen zu organisieren und dabei die Ergebnisse der Volkskontrolle (s. Rz. 78 zu Art. 80) zu nutzen (§15 Abs. 2 Satz 1 GöV). Die nachgeordneten Räte, die Leiter der Fachorgane der Räte und die Leiter der Betriebe und Einrichtungen sind den Kommissionen gegenüber auskunftspflichtig. Die Kommissionen sind berechtigt, die Teilnahme der Mitglieder der Räte, der Leiter der Fachorgane, der Leiter der Betriebe und Einrichtungen sowie der Vorsitzenden der Genossenschaften an ihren Sitzungen zu fordern (§15 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GöV). In der Funktion der Kontrolle liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der Kommissionen, die sich dabei auch der Aktivs bedienen können (s. Rz. 76 zu Art. 83). Es besteht eine Parallele zu den Ausschüssen der Volkskammer (s. Rz. 19 zu Art. 61).

80 d) Ferner haben die Kommissionen das Recht, den Volksvertretungen und den Räten Vorlagen und Vorschläge zu unterbreiten und an Ratssitzungen teilzunehmen, soweit ihren Aufgabenbereich betreffende Fragen oder von ihnen eingebrachte Vorlagen und Vorschläge beraten werden (§ 15 Abs. 3 GöV). Der GöV-Kommentar (Anm. 3 zu § 15) bemerkt dazu, es zeuge von der schöpferischen Verwirklichung dieses Rechts, wenn die Kommissionen in zunehmendem Maße - oft im Ergebnis von operativen Einsätzen und Kontrollen - ihrer Volksvertretung und dem Rat Vorlagen und Vorschläge unterbreiteten. Auch Vorschläge zur Tagesordnung für die Tagungen der Volksvertretungen dürfen von den Kommissionen gemacht werden (GöV-Kommentar, a.a.O.). Über die Behandlung derartiger Vorschläge gilt das für die Vorschläge von Abgeordneten Ausgeführte (s. Rz. 30 zu Art. 81).

81 e) Die Räte haben die Arbeit der Kommissionen zu koordinieren und sie in die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse einzubeziehen (§15 Abs. 4 Satz 1 GöV). Sie haben damit die Möglichkeit, die Arbeit der Kommissionen zu lenken. Ein durchsetzbarer Anspruch der Kommissionen, an den Beschlüssen der Räte mitzuwirken, besteht nicht. Es ist den Räten überlassen, darüber zu befinden, ob und inwieweit sie die Kommissionen in ihre Entscheidungsfindung und die Durchführung ihrer Beschlüsse einbeziehen wollen. Bei der Durchführung vollzieht sich die Einbeziehung vor allem durch die Beteiligung an der Kontrolle.

82 f) Die Kommissionen können keine bindenden Beschlüsse fassen. Die Räte haben lediglich die Verpflichtung, innerhalb von 14 Tagen zu Vorlagen und Vorschlägen der Kommissionen Stellung zu nehmen (§ 14 Abs. 4 Satz 2 GöV). So ist die Tätigkeit der Kommissionen im Verhältnis zu den Räten nur konsultativ. Aber auch das ist nicht ohne Bedeutung, weil so Sach- und Fachkunde artikuliert werden können. Die Räte sind genötigt, sich mit den Vorlagen und Vorschlägen der Kommissionen auseinanderzusetzen, auch wenn sie sie nicht akzeptieren sollten. Empirische Erfahrungen von repräsentativer Bedeutung über die Auswirkungen dieser Regelungen liegen freilich nicht vor.

83 g) Die Kommissionen haben mit den Kommissionen nachgeordneter Volksvertretungen zusammenzuarbeiten (§ 15 Abs. 5 GöV). Es besteht ein Zusammenhang mit der Regelung des § 5 Abs. 5 GöV, demzufolge die nachgeordneten Volksvertretungen in die Ausarbeitung von Entscheidungen einbezogen werden sollen, die die materiellen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse der Bürger ihres Territoriums berühren (s. Rz. 23 zu Art. 82), so daß über die praktischen Auswirkungen dieser Regelung auf das dort Ausgeführte verwiesen werden kann.

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 1160-1180 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅲ, Kap. 4, Art. 83, Rz. 1-83, S. 1160-1180).

Dokumentation Artikel 83 der Verfassung der DDR; Artikel 83 des Kapitels 4 (Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe) des Abschnitts Ⅲ (Aufbau und System der staatlichen Leitung) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 219) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 452). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem neben der allgemeinen Informationsgewinnung darauf ausgerichtet, Einzelheiten über auftretende Mängel und Unzulänglichkeiten im Rahmen des Untersuchungshaft -Vollzuges in Erfahrung zu bringen. Derartige Details versuchen die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung versuchten erneut, ihre Befugnisse zu überschreiten und insbesondere von Inhaftierten Informationen über Details der Straf- tat, über über Mittäter aus der und Westberlin sowie zu den Möglichkeiten, die der Besitz von westlichen Währungen bereits in der eröffnet. Diese materiellen Wirkungen sind so erheblich,-daß von ehemaligen Bürgern im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diensteinheiten. Gewährleistung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der und auch Phasen der Intensivierung feindlicher Angriffe letztlich ihre Reflexion im Verhalten der Verhafteten unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft ist ein schriftlicher Haftbefehl des Richters. Bei der Aufnahme in die Untersudnhaftanstalt sind der Verhaftete und seine von ihm mitgefüfif ten gegenstände zu durchsuchen.

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